Klassenkampf - Zeitung des Bundes Kommunistischer Arbeiter, Jg. 3, Betriebsräte-Wahlen, 2. März 1972

02.03.1972:
Der Bund Kommunistischer Arbeiter (BKA) Freiburg gibt seinen 'Klassenkampf' (vgl. 23.2.1972, 20.3.1972) mit zwei Seiten DIN A 4 ohne presserechtlich Verantwortlichen zu den BRW heraus:"
BETRIEBSRÄTE-WAHLEN

Nach der Verabschiedung des Betriebsverfassungsgesetzes (BVG, d.Vf.) stehen jetzt vom 1. MÄRZ BIS ZUM 31. MAI die BETRIEBSWAHLEN, anschließend die JUGENDVERTRETERWAHLEN (JVW, d.Vf.) vor der Tür.

Die Kapitalisten und ihre Parteien entwickeln in der Öffentlichkeit und hinter den Kulissen eine hektische Betriebsamkeit, um zu verhindern, daß solche Betriebsräte gewählt werden, deren Verpflichtung nicht dem 'Betriebsfrieden', sondern den Interessen der Belegschaft gilt. Der Chef der 'Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände' (BDA, d.Vf.) Eicheler sagte im Norddeutschen Rundfunk (NDR - vgl. **.*.1972, d.Vf.): Unsere Sorge geht zur Zeit darum, daß die Betriebe möglichst reibungslos zu arbeiten in der Lage sind, und daß das Zusammenspiel zwischen Unternehmer und Betriebsrat funktioniert.' Und die bürgerlichen Parteien, ob CDU oder SPD, zeigen mit voller Offenheit, daß sie ihre ganze Kraft zu mobilisieren bereit sind, um den Kapitalisten zu dienen, um jede wirkliche Interessenvertretung der Arbeiter und Angestellten im Betrieb zu verhindern.

CDU und SPD bestätigen sich gegenseitig, daß man gegen die sogenannten 'linksradikalen Kräfte' zusammenarbeiten müsse. Die CDU hielt letzten Sonntag (vgl. 27.2.1972, d.Vf.) in Offenburg ihre 'Bundesbetriebsrätekonferenz' ab, wo Barzel, Katzer und Filbinger vor mehreren hundert CDU-Betriebsratsmitgliedern gegen die Kommunisten im Betrieb hetzten und dabei nicht nur Kommunisten, sondern alle fortschrittlichen Kräfte meinten. Wie schon oft, mobilisiert die CDU die Katholische Kirche als ihre Hilfstruppe: so erklärte das Bistum Essen vor wenigen Tagen (vgl. 21.2.1972, d.Vf.), der Betrieb dürfe nicht zum 'Tummelplatz radikaler und revolutionärer Gruppen' werden. Es müßten Persönlichkeiten in den Betriebsrat gewählt werden, die ihre Arbeit aus 'christlicher Grundhaltung' zu tun gewillt seien. Die SPD, der ein Großteil der Betriebsräte angehört, erließ einen Aufruf (vgl. S1.*.1972, d.Vf.), der es den sozialdemokratischen Arbeitern verbieten soll, zusammen mit kommunistischen Arbeitern für den Betriebsrat zu kandidieren. Brandt persönlich lädt 60 Betriebsräte nach Bonn ein (vgl. 20.1.1972, d.Vf.), die SPD organisiert plötzlich sogenannte 'Arbeitnehmerkonferenzen', um ihre eigenen Reihen zu schließen.

Dieser mit viel Aufwand geführte Kampf um die eigenen Positionen - und gegen Kommunisten und alle fortschrittlichen Kräfte im Betrieb, ist Teil der allgemeinen Angriffe der Kapitalistenklasse und ihres Staates auf die wirtschaftliche und politische Situation der Arbeiterklasse und jeden Ansatz von fortschrittlicher Bewegung in der Arbeiterklasse.

Die Kapitalisten haben gemerkt, daß viele Arbeiter den steigenden Krisenlasten eine WACHSENDEN KAMPFBEREITSCHAFT entgegensetzen. Die Kapitalisten sehen, daß die Arbeiter wieder bereit sind, für ihre Rechte gegebenenfalls auch zu kämpfen. IN DIESER SITUATION ist es deshalb für sie entscheidend, die BETRIEBSRATSPOSTEN mit den 'RICHTIGEN' LEUTEN zu besetzen. Die Kapitalisten brauchen Betriebsräte, die bereit sind, 'zum Wohle des Betriebs' alle Maßnahmen der Geschäftsleitungen gegen die Arbeiter und Angestellten mit ihrer Unterschrift abzudecken; die also JA sagen, wenn es für die Kapitalisten gilt, Kurzarbeit einzuführen, Akkordsätze zu erhöhen, kaputtgemachte Kollegen rauszuwerfen, kranke Kollegen unterzubezahlen, klassenbewußte Kollegen auf die Straße zu setzen…

Im Kampf gegen jeden fortschrittlichen Ansatz im Betrieb, versuchen die bürgerlichen Parteien, voran die SPD, ihr 'WÄHLERRESERVOIR' für die Land- und Bundestagswahlen (LTW bzw. BTW, d.Vf.) zu organisieren. Rüstungsminister Schmidt (vgl. S1.*.1972, d.Vf.) sagte dies ganz offen: Die SPD müsse die Betriebsratswahlen als 'Auftakt für den Bundestagswahlkampf 1973' begreifen. In den Betriebsratswahlen müsse 'die Basis für den Wahlerfolg 1973' geschaffen weren. Das '20 MILLIONEN HEER DER ARBEITER UND ANGESTELLTEN' (BRANDT), ist für die SPD als Stimmvieh von Interesse - während die SPD-Betriebsräte dafür sorgen sollen, daß dieses 'Stimmvieh' auf die Durchsetzung seiner eigenen Interessen zugunsten der SPD-Regierung verzichtet.

Weder CDU noch SPD geht um die Interessen der Arbeiter und Angestellten. Beide versuchen nur, mehr Einfluß über die Arbeiter zu bekommen, um so ihre 'Grundlage für den Wahlerfolg' zu legen, und sie versuchen gleichzeitig, alle klassenbewußten Arbeiter und Angestellten zu verleumden und aus den Betriebsräten rauszuhalten.

HINTER DEN KULISSEN!

Hinter den Kulissen tut sich einiges, um die Betriebsräte in der Hand der 'bewährten Kräfte' zu halten, oder, wo dies nicht mehr möglich ist, weil diese vor den Kollegen zu sehr abgewirtschaftet haben, 'neue' Kandidaten zu finden, die mit Sicherheit 'genauso wenig Ärger' machen werden. Die alten Betriebsräte mauscheln teilweise schon seit einiger Zeit Listen zurecht, wobei einiger Streit zwischen den PÖSTCHENJÄGERN entsteht, weil die Betriebsratsposten jetzt durch die ganztägigen FREISTELLUNGEN (bei 300 - 600 'Arbeitnehmer' 1 Betriebsratsmitglied, bei 1 0001 bis 2 000 'Arbeitnehmer' 2 Betriebsräte) 'attraktiver' gemacht worden sind. Doch diejenigen, für die der Betriebsratsposten ein neuer Beruf geworden ist, die schon ganz scharf auf Freistellung und Büro sind, werden niemals Interessenorgane der Arbeiter und Angestellten sein, sie vertreten ausschließlich ihre eigenen Interessen - und dienen den Kapitalisten. Derartige Betriebsräte, ob alt oder neu, sollen sich um einen Posten im Personalbüro bewerben, aber nicht als Betriebsrat kandidieren.

RHODIA (CPK-Bereich, d.Vf.): Die gewerkschaftliche Mitgliederversammlung soll erst Ende März stattfinden. Doch bis dahin steht die Liste der SPD-Betriebsräte Schnabel und Kenk schon längst, die dann nach deren Vorstellung von den Mitgliedern nur noch 'bestätigt' zu werden braucht. Es scheint so, als ob Betriebsratsvorsitzender Schnabel diesmal nicht mehr auf den Vorsitz im Betriebsrat scharf ist, er hat ja den Sitz im Aufsichtsrat. Für diese Annahme spricht, daß Schnabel nicht mehr wie früher wie ein balzender Auerhahn durch die Büros stolziert, um Stimmen zu sammeln. Aber wenn Schnabel den Vorsitz 'abgibt', heißt das nicht, daß was besseres kommt!

INTERMETALL (IGM-Bereich, d.Vf.): Bei Kurzarbeit, Entlassungen und 'Sozial'-Plan hat sich Betriebsratsvorsitzender Hellinger als fähiger Mitarbeiter von Personalchef Gündel erwiesen. Die Interessen der Belegschaft hat er nicht vertreten! Die Mitglieder des ehemaligen Vertrauensleutekörpers der IG Metall müssen eine Gesamtmitgliederversammlung fordern, wo die Betriebsratsliste aufgestellt wird.

HELLIGE (IGM-Bereich, d.Vf.): Auch Betriebsratsvorsitzender Berger hat sich in den vergangenen Jahren zu Genüge als 'vertrauensvoller Mitarbeiter' der Geschäftsleitung entlarvt. Es ist aber nichts damit gewonnen, wenn jetzt ein 2. Pferd aus dem Stall des alten Betriebsrates Vorsitzender werden will. Auch bei HELLIGE kommt es darauf an, daß eine Mitgliederversammlung der IGM einberufen wird und dort (NICHT INTERN IM ALTEN BETRIEBSRAT!) über die Liste bestimmt wird.

Ähnlich sieht es in vielen Betrieben aus. In Betrieben wie bei HÜTTINGER (IGM-Bereich, d.Vf.), wo bisher noch kein Betriebsrat bestand, geht die Schieberei so weit, daß der Unternehmer direkt versucht, Abteilungsleiter und ähnliches in den Betriebsrat zu lotsen.

MITGLIEDERVERSAMMLUNGEN EINBERUFEN!

Der Aufstellung von 'Mauschellisten' können wir begegnen, wenn wir durchsetzen, daß die Listen für die Betriebsratswahl auf betrieblichen Mitgliederversammlungen der Gewerkschaft aufgestellt werden. Dort müssen wir dann so stark sein, daß die HANDLANGER DER GESCHÄFTSLEITUNG RUNTER VON DER LISTE - UND KLASSENBEWUSSTE KOLLEGEN AUF DIE LISTE KOMMEN. In Betrieben, wo es nicht möglich ist, gewerkschaftliche Mitgliederversammlungen einzuberufen, müssen die fortschrittlichen Kollegen untereinander besprechen, wer Betriebsrat werden soll und eine Liste aufstellen, die von mindestens einem Zehntel der Wahlberechtigten
unterzeichnet sein muß (Kollegen, wenn ihr zur Betriebsratswahl konkrete Fragen habt, wendet euch an uns.). Wo immer es geht, müssen wir unsere ganze Kraft entfalten, damit die alten und neuen Handlanger der Geschäftsleitung nicht zum Zug und klassenbewußte Arbeiter und Angestellte in den Betriebsrat kommen.

ABWAHL ALLER BETRIEBSRÄTE, DIE HANDLANGER DER GESCHÄFTSLEITUNG SIND!AUFSTELLUNG DER WAHLLISTE AUF DER BETRIEBLICHEN GEWERKSCHAFTSVERSAMMLUNG!
KLASSENBEWUSSTE ARBEITER UND ANGESTELLTE IN DEN BETRIEBSRAT!"
Q: Klassenkampf Betriebsräte-Wahlen, Freiburg 2.3.1972

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