Rote Presse-Korrespondenz, 2. Jg., Nr. 55 (6.3.1970)

06.03.1970:
Die Nummer 55/1970 der „RPK” erscheint. Inhalt der Ausgabe ist:
- Solidarität im Kampf gegen die Klassenjustiz. Aufruf zur Massendemonstration
- Mahler-Prozess: Zeugenvernahme Springers
- Das Sozialistische Zentrum jetzt fertig stellen
- Die palästinensische Revolution und die Gewalt. Erklärung zu den Vorfällen in München
- Voraussetzungen der Organisierung Revolutionärer Propaganda. Die Kuba-Kampagne der Bochumer Internationalismusgruppe.

Im Artikel „Solidarität im Kampf gegen die Klassenjustiz. Aufruf zur Massendemonstration” heißt es einleitend: „Nachdem wir die Konterrevolution im ersten Anlauf daran gehindert haben, den Genossen Mahler außer Gefecht zu setzen, versucht sie es jetzt zum zweiten Mal. Die revolutionären Gruppen werden sich in der Aktion zur Verteidigung des Genossen Mahler vereinen. Die Erhaltung des Sozialistischen Anwaltskollektivs und die Berufserlaubnis des Genossen Mahler wird uns die Möglichkeit, eine proletarische Rote Hilfe aufzubauen, erleichtern. Gleichzeitig können wir unsere Solidarität mit unseren verfolgten und inhaftierten Genossen zeigen. Die Fehler der Justizkampagne im Hinblick auf die ungenügend klaren Zielvorstellungen und ihres unorganisierten, rückhaltlosen, d. h. existentialistischen Charakters, werden in Zukunft vermeidbar sein, wenn der Genossenschutz/Genossenhilfe und die Rote Hilfe organisatorisch in den revolutionären Gruppen verankert sind, bzw. von ihnen aufgebaut werden. Das Mahler-Urteil vom 9. 3. , das eventuell verschoben wird, und die Demonstration vom 7. 3. sind kein Endpunkt der alten Justizkampagne, sondern ein wichtiger Meilenstein für die zu schaffende proletarische Solidarität. Der Kampf um den Genossen Mahler und das Sozialistische Anwaltskollektiv wird nach dem 9. 3. weitergehen.

Die Demonstration am Sonnabend wird eine massenhafte Kampfdemonstration sein. Sie wird die Entschlossenheit aller Genossen zur Solidarität mit dem Genossen Mahler, den Genossen Pawla, Baumann, von Rauch, Braun und Reinders, dem Genossen Goerke, allen inhaftierten Genossen insgesamt bekunden. Sie wird die Solidarität mit den von der US-Justiz verfolgten Genossen ausdrücken. Bobby Seale, Vorsitzender der Black-Panther-Partei, droht der Elektrische Stuhl Am 10. 3. wird gegen ihn wegen eines ihm angedichteten Polizistenmordes ein neues Verfahren eröffnet.

Die Demonstration wird die Entschlossenheit aller Genossen zum Aufbau eines effektiven Genossenschutzes und einer proletarischen Roten Hilfe bekräftigen.“

Der Aufruf zur Demo am 7.3. ist unterzeichnet von: ROTE ZELLEN, HARZER GRUPPEN, ML-WESTBERLIN, RUHRKAMPAGNE, REPUBLIKANISCHER CLUB, SCHÜLER ZENTRALRAT KOMITEE FÜR GENOSSENSCHUTZ, RPK-REDAKTION, 883-REDAKTION.

Zum „Mahler-Prozess. Zeugenvernahme Springers“ wird vermutlich vom „Genossenschutz“ ein Bericht verfasst, der Auskunft gibt über die Kontroverse Schily-Springer.

Im Artikel „Das Sozialistische Zentrum jetzt fertig stellen“ heißt es u. a.: „Das Projekt SOZIALISTISCHES ZENTRUM steht seit mehr als einem halben Jahr auf der Tagesordnung. An Pfingsten 1969 hat eine Konferenz, an der Genossen aus den Basisgruppen, dem INFI, der RPK-Redaktion und dem RC teilgenommen haben, die Einrichtung eines sozialistischen Zentrums beschlossen. Dieses Zentrum wurde - über das rein technische hinaus - definiert als der Ort, an dem die Arbeit der Basisgruppen und besonders ihre Schulungsarbeit zentralisiert werden sollte (dementsprechend verstand sich auch das kurz danach gegründete SALZ als SALZ im SOZIALISTISCHEN ZENTRUM). Und dieses Zentrum sollte auch der Ort sein, an dem die Verbindung der Basisgruppen mit den studentischen Organisationen (damals als ‚Sozialistische Massenorganisation‘ propagiert) hergestellt werden sollte.

Es ist heute - nach einem dreiviertel Jahr - nicht schwer, die Mängel dieser organisatorischen Konzeption festzustellen: Die Hauptursache für das letztlich doch pluralistische, additive Konzept war das Sichgegenseitig-die-Avantgarde-Funktion-Zuschieben von Hochschul-und Betriebsgruppen. Aber auch damals war das SOZIALISTISCHE ZENTRUM natürlich nicht als ein organisatorisches Endprodukt gedacht, sondern höchstens als ein Hebel zum Vorantreiben der Organisationsfrage…

Es ist aus praktischen Gründen nicht gelungen, das sozialistische Zentrum kurz nach der Entwicklung dieser ersten Konzeption zu verwirklichen. Insofern ist es müßig, darüber zu spekulieren, ob es dann nicht doch in der Lage gewesen wäre, die organisatorischen Anstrengungen der verschiedenen Gruppen zu konzentrieren. Tatsächlich ist das SOZIALISTISCHE ZENTRUM bis zum Ausbruch der Kontroversen zwischen ML- und Mehrheitsfraktionnur nebenbei Diskussionsgegenstand in der Organisationsdebatte gewesen, und seitdem aus ihr völlig verschwunden Die Aufgabe, das SOZIALISTISCHE ZENTRUM jetzt zu errichten, fällt also in eine Zeit, da wohl niemand mehr wie einst die Errichtung des Sozialistischen Zentrums mit der Lösung der organisatorischen Probleme der sozialistischen Bewegung verwechselt, in der im Gegenteil bei einigen Gruppen Desinteresse an der Errichtung zentraler, praktischer Einrichtungen für diese Bewegung zu beobachten ist.

Dass das SOZIALISTISCHE ZENTRUM gerade jetzt errichtet werden muss, hat zunächst ganz praktische Gründe: Die linke Bewegung braucht zur Zeit andere und bessere Produktionsmittel, sprich Räume und technische Hilfsmittel. RPK und INFI sind aus ihren bisherigen Räumen gekündigt, der RC muss wegen der hohe Miete ausziehen. Die jetzt gemieteten Räume bieten dafür Ersatz und können von vornherein nach unseren Bedürfnissen eingerichtet werden.

Darüber hinaus wird im Zentrum auch die notwendige Koordinierung innerhalb der Bewegung, die bislang meist vom RC-Sekretariat oder der RPK Redaktion aus wahrgenommen werden, stattfinden. Zu diesem Zweck muss ein personell ausreichend be setztet Zentrums-Büro geschaffen werden. Im Grunde stellt sich die Frage nach dem Zweck des Zentrums in der gleichen Weise wie im Herbst bei der Arbeitskonferenz die Frage nach dem Zweck der RPK: Das Zentrum kann sowenig wie die RPK als eine Institution begriffen werden, die als solche bereits den Organisierungsprozess der sozialistischen Bewegung vorantreibt; vielmehr kann die Funktion des Zentrums wie der RPK nur darin bestehen, als praktische Einrichtungen dem Organisierungsprozess zu dienen, der in der sowohl fraktionier den wie kooperativen Auseinandersetzung der Gruppen stattfindet, die am praktischen Bündnis der revolutionären Intelligenz mit dem Proletariat arbeiten. Dazu brauchen diese Gruppen nicht allein ein Organ, in dem sie sich theoretisch auseinandersetzen und verständigen, sondern ebenso Räume, Schreib- und Arbeitsgelegenheiten, eine - hoffentlich bald nicht mehr der Ausplünderung durch ‚Genossen‘ unterworfene Bibliothek etc… Allerdings ist dies Zentrum ebenso wie die RPK ein Prüfstein der Gruppen, an dem sich zeigt, was es mit ihren Organisierungsanstrengungen hinsichtlich der sozialistischen Bewegung auf sich hat …

Der Vorstand des RC und die Mehrheitsfraktion der RPK-Redaktion, die das Zentrumsprojekt in letzter Zeit vorangetrieben haben, haben jetzt ein Organisationskomitee initiiert, das aus Mitgliedern einzelner Gruppen besteht, die als potentielle Benutzer des Zentrums angesehen werden können (seid jetzt nicht beleidigt, wenn man an eure Gruppe noch nicht herangetreten ist, sondern meldet euch beim RC-Büro). Dieses Komitee ist natürlich noch zu klein und garantiert noch nicht, dass die einzelnen Komiteemitglieder im Ernstfall (Arbeits- und Zahlungsfall) von ihren Gruppen auch unterstützt werden In einem solchen RPK-Artikel ist nicht mehr möglich, als der Appell an die Gruppen, das Zentrumsprojekt zu diskutieren und das Organisationskomitee als Gruppen zu unterstützen.“

Das „Palästina-Komitee in der Trikont Hamburg“ berichtet über das „Attentat gegen die Passagiere der israelischen El-Al-Maschine in München“ und verurteilt „das Attentat gegen die Passagiere er israelischen El-AL-Maschine in München“.

Im Artikel „Voraussetzungen der Organisierung Revolutionärer Propaganda. Die Kuba-Kampagne der Bochumer Internationalismusgruppe” berichtet die Bochumer SDS-Gruppe über die Reise nach Kuba und den Film, den sie dort gedreht hat. Beides waren die Grundlage für verschiedene Veranstaltungen im Ruhrgebiet, u. a. in Wuppertal, Gelsenkirchen, Bochum, Witten oder Iserlohn. Auf verschiedenen Veranstaltungen, u. a. in Wuppertal, sei es zu Kontroversen mit der DKP/SDAJ gekommen.

Reklame wird in der Ausgabe gemacht für:
- Jürgens Buchladen (West-Berlin)
- Das Politische Buch (West-Berlin).
Q: Rote Presse-Korrespondenz, Nr. 55, West-Berlin, 6.3.1970.

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