Berliner Extra-Dienst, 2. Jg., Nr. 8, West-Berlin, 27. Januar 1968

27.01.1968:
Der Berliner Extra-Dienst (BED) Nr. 8 erscheint mit einer Extra-Dokumentation: "West-Berlin: Internationale Vietnam-Konferenz am 17./18. Februar".
Artikel der Ausgabe sind:
- "Mehrheitswahlrecht: Wehner will INFAS-Chef 'Hängen' sehen'"
- "SPD-Funktionär Wesemann: BND-Agent in Paris?
- "Evangelische Jugend: Skandal vermieden"
- "Sitzstreik: Anmeldung nicht erforderlich"
- "Mainzer Karneval: Die Reaktion marschiert"
- "SPD Schöneberg: Geld für Jusos gesperrt"
- "Witz der Woche"
- "Zitat der Woche"
- "Linker Kindergarten: In West-Berlin vor der Gründung"
- "DDR-Lyriker: Hamburger Stipendium ausgeschlagen"
- "Schütz antwortet nicht: Keine Diskussion im Betrieb"
- "Falken: Rechter Gegenskandal für Gleitze"
- "Mahler: Dieses Verfahren war ein Wendepunkt"
- "Angeklagte: Aufstand gegen Nazi-Generation"
- "Organisieren wir den Ungehorsam gegen die Nazi-Generation"
- "Personalien"
- "Mitteilungen des Republikanischen Clubs"
- "Extra-Auslese"
- "Extra-Dokumentation"
- "Extra-Report"
- "Bücherstube im Republikanischen Club"

Berichtet wird u. a. über die "Auseinandersetzung um die Wahlrechtsfrage in der SPD", über die Gründung eines linken Kindergartens, wozu eine politisch aktive Frauengruppe aufgerufen hat, um "schon jetzt Möglichkeiten für eine antiautoritäre Erziehung der Kinder zu schaffen". Berichtet wird weiter über den 'Africa-ADDIO'-Prozess. Urteil: "Geldstrafe in Höhe bis zu 300,- DM wegen 'Auflaufs' sowie einige Freisprüche gegen die an den 'Afrika-ADDIO"-Protesten Beteiligten". Mahler erklärte: "Ich bin es mir als Bürger und Anwalt schuldig, mich mit der Tat der Angeklagten zu solidarisieren". Biographische Daten gibt es über: Herbert Wehner, Jürgen Guttenberger. Am 31.1. spricht im RC der West-Berliner Korrespondenz der "Observer", Neal Asherson.

Die "Internationale Vietnam Konferenz" findet am 17./18.2. statt. Dazu wird in der Extra-Dokumentation eine "Erklärung" veröffentlicht. Dazu heißt es: "Vietnam ist das Spanien unserer Generation. Wir dürfen nicht durch Schweigen oder Neutralität gegenüber dem revolutionären Kampf des vietnamesischen Volkes Schuld auf uns laden. Daher begrüßen wir die Initiative der jungen Generation, die dazu beiträgt, die Weltmeinung gegen die US-amerikanische Intervention in Vietnam und die dadurch verursachte Vernichtung des vietnamesischen Volkes zu mobilisieren. Wir solidarisieren uns mit den Streiks, die ein Ende dieser Intervention fördern und mit all denen, die amerikanische Bürger, welche ihren Militärdienst verweigern oder aus ihm desertieren, unterstützen.

Wir begrüßen deshalb auch diese vom SDS einberufene Konferenz junger sozialistischer Gruppen aus den verschiedenen Ländern Europas zur Unterstützung des Kampfes gegen die amerikanische Intervention in Vietnam und die Quisling-Regierung in Saigon und setzen uns für das Recht des vietnamesischen Volkes ein, seine Zukunft selbst zu bestimmen".
Der Aufruf ist u. a. unterzeichnet von: Dr. Johannes Agnoli, Ingeborg Bachmann, Reinhard Baumgart, Prof. Ernst Bloch, Nicolas Born, Prof. Noam Chomsky, Franz Josef Degenhardt, Hans Magnus Enzensberger, Jacomo Feltrinelli, Prof. Ossip K. Flechtheim, Prof. Helmut Gollwitzer, Prof. Wilfried Gottschalch, Hans Werner Henze, Prof. Herbert Marcuse, Jean Paul Sartre, Peter Schneider, Bernward Vesper-Triangel, Dr. Klaus Wagenbach, Gunilla Weiss, Peter Weiss, Peter Paul Zahl.

Im "AUFRUF ZUR INTERNATIONALEN VIETNAM KONFERENZ IN WEST-BERLIN" wird ausgeführt: "Der Kampf des vietnamesischen Volkes ist grundlegend für die internationale Arbeiterbewegung. Eine entscheidende Konfrontation findet zwischen der internationalen Revolution und Gegenrevolution statt. Verzweifelt versucht der Imperialismus zu beweisen, dass er in der Lage ist, jede revolutionäre Bewegung zu vernichten. Unterstützt wird er hierbei von seinen eigenen Internationalen Organisationen, wie z. B. der aggressiven NATO. Der Sieg des vietnamesischen Volkes wäre ein epochaler Beweis für die Unüberwindbarkeit des revolutionären Volkskrieges und des Sozialismus in der ganzen Welt. Die Aufgabe eines jeden Revolutionärs ist es, nicht um einen Kompromissfrieden mit dem Imperialismus auf Kosten der vietnamesischen Revolution zu bitten, sondern auf der Grundlage des FNL-Programms mit aller Kraft für den Sieg der vietnamesischen Revolution zu arbeiten. Der Imperialismus zielt darauf ab, mit seinen Aggressionen in Vietnam, Lateinamerika, Griechenland, usw. die internationale Konstellation der Kräfte zu seinen Gunsten zu verändern. Er versucht, der Entwicklung der Weltrevolution ein Ende zu machen und die Errungenschaften der Arbeiterbewegung in Gefahr zu bringen. Die Aufgabe der revolutionären Jugendbewegung in der ganzen Welt ist es, den Imperialismus in seinen jeweils verschiedenen Erscheinungsformen, so auch den westdeutschen Imperialismus, an jedem Ort und mit allen Mitteln anzugreifen, um die internationale Konterrevolution zu schwächen. Kriterium dieses Kampfes muss das jeweils spezifische Bewusstsein der Massen in den verschiedenen Ländern sein! Die amerikanische Aggression gegen Vietnam betrifft direkt die europäische Arbeiterklasse in ihrem Kampf für den Sozialismus. Deshalb darf Westeuropa nicht eine ruhige Zone für den Imperialismus werden, sondern muss von einem entschlossenen antikapitalistischen und antiimperialistischen Kampf bestimmt werden. (…) Alle Organisationen, die sich entschlossen haben, gegen den Imperialismus zu kämpfen, müssen eine Einheitsfront aufbauen, um den endgültigen Sieg der vietnamesischen Revolution zu erreichen, müssen jeder sektiererischen Politik, die in letzter Konsequenz dem Imperialismus hilft, entschieden entgegentreten. Deshalb hat sich der Sozialistische Studentenbund entschlossen, am 17./18. Februar 1968 in West-Berlin ein internationales Treffen und eine Demonstration zu organisieren. Er ruft alle Jugendorganisationen, die bereit sind, gegen den US-Imperialismus zu kämpfen, auf, an dem Treffen und an der Demonstration teilzunehmen".
Im Extra-Report wird über "chemische und bakteriologische Kampfmittel" berichtet, die die USA in Vietnam einsetzen. Der "chemische Krieg" gehe bis auf 1961 zurück. In der "Bücherstube" des RC sind jetzt u. a erhältlich: Fidel Castro: "Über Che Guevara", Flechtheim: "Westdeutschland am Wendepunkt".
Q: Berliner Extra-Dienst, 2. Jg., Nr. 8, West-Berlin, 27. Januar 1968.

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