Berliner Extra-Dienst, 1. Jg., Nr. 57, West-Berlin, 2. Dezember 1967
02.12.1967:
Der "Berliner Extra-Dienst" (BED) Nr. 57 erscheint mit einer Extra-Dokumentation: "Betrifft: Reisebericht eines bundesdeutschen Politikers".
Artikel der Ausgabe sind:
- "Propaganda-Aktion: kein Ballon mehr nach drüben"
- "Hotel Kurfürstendamm: NPD-Schlägertrupp gegen jüdische Bürger"
- "IG Metall: Solidarisch mit den Studenten West-Berlins"
- "KPdSU: Verärgert über Moskauer Zeitungsartikel"
- "BRD und Polen: Gemeinsame Bischofskonferenz in Österreich?"
- "GSG: Sickerts Erpressungsversuche gescheitert"
- "Katholisches Zentralorgan. Start im Februar 1968"
- "Springer-Blätter: Werben mit Fritz Teufel"
- "Hinweise der Redaktion"
- "Hinweise des Republikanischen Clubs"
- "Martin Buchholz: Extra Report"
- "Extra-Dokumentation"
- "Junge Linke West-Berlin: Forderung nach Aktionsprogramm"
- "Dietrich Kittner: Vorschlag für ein Volksermächtigungsgesetz"
Berichtet wird u. a. über die Ballon-Propaganda des SPD-Ostbüros. Diese wurde Ende Oktober eingestellt, über NPD-Schläger gegen jüdische Bürger West-Berlins, über die IG Metall, die sich solidarisch mit den West-Berliner Studenten zeigt. Eine Solidaritätsadresse hat u. a. den Wortlaut: "Mit tiefer Bestürzung haben die unterzeichneten Gewerkschafter von dem empörenden Freispruch des Berliner Kriminalobermeisters und prämierten Scharfschützen Kurras Kenntnis genommen, der den Studenten Benno Ohnesorg erschossen hat. Während Kurras von Anfang an auf freiem Fuß war, wird der Demonstrant Fritz Teufel in Untersuchungshaft gehalten. Wir sehen in diesem ebenso schändlichen wie verhängnisvoll Urteil eine alarmierende Parallele zu der politischen Justiz in der Weimarer Republik. Professor Gumbel hat in seinen Dokumentarbänden deutlich gemacht, wie sehr damals die politische Linke und Rechte mit zweierlei Maß gemessen wurden. Gumbels Werke sollten heute demonstrativ in den Buchhandlungen, Klubs und Studentenräumen ausgelegt werden. Die Berliner Ereignisse lassen ahnen, wie verhängnisvoll sich eine zusätzliche Notstandsgesetzgebung in den Händen dieser Obrigkeit auswirken müsste. Da das Berliner Landgericht den Tatbestand nicht aufgeklärt und seine politischen Hintergründe bewusst ausgeklammert hat, erscheint uns eine öffentliche Untersuchung des Todes von Benno Ohnesorg notwendig. Aus Protest gegen dieses Urteil sprechen wir dem AStA der Freien Universität und der Technischen Universität sowie der Witwe von Benno Ohnesorg unsere Solidarität aus". Unterzeichner sind u. a. Vorstand Georg Benz, Jacob Moneta, Chefredakteur der 'Metall'.
Berichtet wird weiter über den DGB-Vorsitzenden Walter Sickert. Dazu meint der "Gewerkschaftliche Arbeitskreis im Republikanischen Club: "Der Gewerkschaftliche Arbeitskreis im Republikanischen Club hat folgende Stellungnahme abgegeben: Der Bruch zwischen dem DGB und der GSG hat seine Ursache in der unterschiedlichen Einschätzung der politischen Realitäten in West-Berlin. Während es der Landesbezirksvorsitzende W. Sickert immer noch für richtig hält-sogar im Gegensatz zur politischen Führung der Stadt-an der Politik des kalten Krieges festzuhalten, gibt es in den DGB-Gewerkschaften zahlreiche Mitglieder, die um die Existenz ihres Arbeitsplatzes besorgt sind. Sie können-im Gegensatz zu Herrn Sickert- eine Änderung der politischen und wirtschaftlichen Situation nur in einer Änderung der Politik zur DDR sehen. Der Gewerkschaftliche Arbeitskreis im RC unterstützt die Politik der GSG und wird der GSG die Möglichkeit geben, im Interesse der Arbeitnehmer dieser Stadt ihre Arbeit fortzusetzen".
Am 2.12. soll im SDS-Zentrum mit Mitgliedern des SDS und der Falken-Gruppe 'Spartakus' eine Diskussion mit Alain Krivine über die "Auswirkungen der Kolonialrevolution auf die französische Jugendbewegung" stattfinden. Vertreter des AStA an der FU wollen am 8.12. mit jungen Gewerkschaftern über Politik diskutieren. Am 6.12. soll in der Evangelischen Kirchengemeinde Zehlendorf ein Podiumsgespräch über "Die studentischen Unruhen in West-Berlin - Nur eine studentische Unruhe?" stattfinden. Am 4.12. Will Ingeborg Küster (Hannover) im RC einen Vortrag über Kuba halten. Im Extra-Report berichtet Martin Buchholz über "Polizisten in Moabit" und über Fritz Teufel. In der Extra-Dokumentation: "Betrifft: Reisebericht eines bundesdeutschen Politikers" wird über Bundesinnenminister Lücke berichtet, der vom 9.-14.9. nach Persien reiste, "um seine Kaiserliche Majestät hinsichtlich seines betrüblichen Bundesrepublik-Aufenthaltes zu beruhigen".
Q: Berliner Extra-Dienst, 1. Jg., Nr. 57, West-Berlin, 2. Dezember 1967.