Roter Sachsenwerker - Betriebszeitung der Sachsenwerk-Betriebsgruppe, Jg. 3, Nr. 14, Feb. 1973

26.02.1973:
In Regensburg gibt die Betriebsgruppe AEG Sachsenwerk der SBG der ABG ihren 'Roten Sachsenwerker' Nr. 14 (vgl. Dez. 1972, März 1973) mit sechs Seiten DIN A 4 unter Verantwortung von Klaus Grenzheuser in der Goldene Bärenstr. 5 heraus.
Der Leitartikel zu den VLK-Wahlen (VLW) der IGM (vgl. März 1973), "Vertrauensleutewahlen - Wir dürfen jetzt nicht schlafen" ist zunächst gleichlautend mit der 'Arbeitersache' der SBG im IGM-Bereich (vgl. 26.2.1973) bis zu "damit unser Lohn wieder steigt" und fährt sodann fort:"
Vor allem dürfen wir uns nicht auf Zimmermann, Braun und Ziegler verlassen und müssen jetzt fordern, dass die Listen von jeder Abteilung jedem von uns bekannt werden. Am besten in einer IGM-Mitgliederversammlung auf Betriebsebene.

IGM-MITGLIEDERVERSAMMLUNG FÜR UNS

Jetzt sind wir an der Reihe und das heißt, jeder von uns muß bereit sein, V-Mann zu werden. Jetzt ist es an der Zeit in unseren Abteilungen die Kollegen zu unterstützen, die auch wirklich unser Vertrauen verdienen.

Kollegen, lassen wir es auf keinen Fall zu, daß Zimmermann und Ziegler lauthals schreien: Da sieht man es wieder, wir müssen bestimmen, denn es stellt sich keiner zur Wahl, die Arbeiter sind zu faul um sich für ihre Interessen einzusetzen.

LASSEN WIR UNS NICHT BETRÜGEN

Kollegen gebt acht, damit uns nicht der gleiche Schwindel wie bei Kronseder, Neutraubling passiert. Da wählten die alten Vertrauensleute die neuen Vertrauensmänner und die Kollegen hatten wieder nichts zu sagen (IGM-Bereich - vgl. Feb. 1973, d.Vf.).

Kollegen, diese Chance ist unsere Chance, die lassen wir uns nicht entgehen, denn am besten vertreten wir unsere Interessen selbst.

JETZT DARÜBER DISKUTIEREN

Darum müssen Kollegen in den Vertrauenskörper, die mit uns an der Drehbank stehen oder mit uns arbeiten. Auf keinen Fall können wir Karrieristen wie Ziegler gebrauchen. Der hat seine Dienst für die Sachsenwerk-Kapitalisten getan, darum bekommt er jetzt auch einen neuen Posten. Ihr könnt sicher sein, daß Ziegler seine 2 000 DM nach Hause trägt und keinen Akkord und korrupte Meister als Vorgesetzte hat. Er ist es, der auf unsere Kosten Pöstchen einheimst, auf Rationalisierungskurse fährt und die dann hoch lobt, weil es dem Kapital nützt und ihn nicht betrifft.

Kollegen, bald muß Schluß sein mit solchen Verrätern!

Im März da wählen wir!

Im März geben wir den Ton an!

Wir werden unsere Vertrauensleute wählen.

Wir machen die Gewerkschaft wieder zur Kampforganisation der Arbeiterklasse!"

Berichtet wird von den Fahrpreiserhöhungen in Regensburg (vgl. 21.2.1973, 22.2.1973), den Steuererhöhungen der Bundesregierung (vgl. 18.2.1973), eingegangen auf den 75.Geburtstag von Bertolt Brecht (vgl. 10.2.1898) und auf die Währungskrise speziell der USA (vgl. 12.2.1973, 24.2.1973), wozu genaueres in der nächsten 'KAZ' (vgl. März 1973) stehe. Aufgerufen wird zur Vietnamveranstaltung des VKfFuB Regensburg (vgl. 2.3.1973), zum Prozeß gegen Himmelmeyer bei Siemens (vgl. 28.2.1973) und zum 1.Mai des DGB (vgl. 26.2.1973).

Zur Metall- bzw. Stahltarifrunde (MTR bzw. STR) der IGM heißt es:"
NOCHMALS NEIN ZU 8,5%

Die Rechnung war eindeutig: mindestens 60 Pfg. pro Stunde oder 11%. Deshalb gibt es auf das Lohndiktat von 46 Pfg. oder 8,5% nur eine richtige Antwort: STREIK.

- Zwei Tage ruhte in den Hoesch-Hüttenwerken Dortmund die Arbeit (vgl. 8.2.1973, d.Vf.). Viele tausend Arbeiter zogen, trotz strömenden Regens, wie im Herbst 1969 durch die Straßen und forderten 14 Pfg. mehr. Gegen den unerbittlichen Widerstand der Stahl-Bosse und trotz der Weigerung von Loderer und der IGM-Führung, diesen Streik zu unterstützen, konnten die Hoesch-Stahlwerker sich 5 Pfg. mehr erkämpfen.

- Ebenfalls zwei Tage lang streikten die Klöckner-Kollegen in Bremen (vgl. 29.1.1973, d.Vf.). Sie setzten durch ihre geschlossene Aktion nach dem 8,5% Lohnraub-Abschluß die 11% voll durch.

- Denselben Erfolg errangen die Arbeiter von Ford Köln (vgl. Jan. 1973, d.Vf.). In einer Betriebsvereinbarung wurden die auf 11% fehlenden 2,5% festgelegt.

Kollegen, für uns ist der 8,5% Abschluß genau so wenig tragbar. Die Metaller von Hoesch, Klöckner und Ford geben das richtige Beispiel!

Das sind Beispiele, die jeden Kollegen überzeugen müssen, unorganisiert in die Tarifrunde heißt - Lohndiktat.

Die Kollegen der drei Werke haben ihren Lohn durchgesetzt, weil sie mit guten Vertrauensleuten in die Tarifrunde gegangen sind, weil sie Vertrauensleute hatten, die am gleichen Strang ziehen, und vor allem, die nicht der Gewerkschaftsführung in den Arsch kriechen.

Darum wählen wir im März auch unsere Vertrauensleute, die unsere Sache vertreten, die unsere Sorgen und Nöte kennen, die auch unverschämten Meistern ein Ständchen blasen, solche, die unser Vertrauen genießen!

Auf zur Wahl!"

Aus dem eigenen Werk wird berichtet:"
ZIEGLER STEIGT AUF

Ziegler hat jetzt einen guten Posten in der Fertigungssteuerung bekommen. Die Sachsenwerk-Kapitalisten zeigen sich jetzt dankbar für seine Taten. So wie die Unternehmerverbände den Loderer und andere Gewerkschaftsführer für ihre maßvollen Forderungen in der Tarifrunde loben, so loben die Sachsenwerk-Kapitalisten die Zusammenarbeit mit der Gewerkschaftsführung im Betrieb und befördern den Ziegler, den konsequentesten Verfechter der Betrugspolitik der SPD- und Gewerkschaftsführung.

Das ist der Dank der Kapitalisten dafür, daß Ziegler bisher die Vertrauensleute auf undemokratische Weise bestimmt hat, daß er verhindert, daß aktive Kollegen in die Gewerkschaft kommen. Das ist der Dank dafür, daß Ziegler uns weismachen will, daß das BVG eine große Errungenschaft ist, daß er den miesen 8,5% Abschluß verteidigt, daß er womöglich uns jetzt noch erzählt, die Steuererhöhungen seien nur zu unserem Besten. Sicher, solche Leute wie Ziegler können die Kapitalisten brauchen, denn mit Leuten, die bei kleinen Sachen groß tönen, was sie für die Arbeiter tun und bei wichtigen Sachen den Kapitalisten nicht weh tun, können Wunnicke, Kutschke und Co. gut zusammenarbeiten."

Gefordert wird:"
WEG MIT DEN STEMPELUHREN

Sicher ist es gut, daß die Kolleginnen und Kollegen, die hinten bei Friegon arbeiten, jetzt nicht mehr durch den ganzen Betrieb rennen müssen, weil bisher beim Eingang bei Friegon keine Stempeluhren waren.

Viel besser wäre es aber gewesen, wenn sich bei dieser Gelegenheit der Betriebsrat dafür eingesetzt hätte, daß die Stempeluhren ganz wegkommen.

Weg mit den Stempeluhren! Wie wir schon oft gefordert haben. Die Arbeiter wollen genauso wenig bespitzelt werden wie die Angestellten."

Berichtet wird auch:"
MEHR LOHN

Als Köhler sich darüber wundert, daß ihm so viele Leute weglaufen, sagte Möhring: Man sollte unseren Leuten mehr Stundenlohn geben, dann bleiben sie auch hier. Köhler prahlte mit den hohen Sozialleistungen.

Kollegen, schaut in eure Lohntüte, ob ihr die Sozialleistungen seht."

Ebenfalls berichtet wird:"
BÖSL

Immer wieder berichten uns Kollegen, daß er ihnen mit seinen weisen Erklärungen und seinem Wichtiggetue auf die Nerven geht. Z.B. wenn er die Gewerkschaftsbeiträge kassiert. Bei jeder Gelegenheit bläht er sich auf. Der Frosch bläht sich solange auf, bis er platzt."

Bekanntgegeben wird auch:
FAHRTENSCHREIBER SIND WEG

Die Fahrtenschreiber bei den Mulis sind wieder abmontiert.

Das ist ein Erfolg! Der Protest gegen die Fahrtenschreiber hat gewirkt, besonders, daß ein Kollege bei der Betriebsversammlung diese Sache zur Sprache gebracht hat. Die Kapitalisten und ihre Handlanger tun jetzt so, als wenn die Fahrtenschreiber sowieso nur kurze Zeit dranbleiben sollten. Aber wenn die Kapitalisten schon über 900 DM für so ein Ding ausgeben, hätten sie bestimmt gerne die Kollegen jetzt weiter überwacht, damit sich die Anschaffung für sie auch richtig lohnt. Aber auch jetzt haben die Fahrtenschreiber den Kapitalisten schon so viel Material geliefert, daß sie wissen, wie sie künftig noch mehr Profit aus den Mulifahrer rausholen können.

Passen wir jetzt auf! Die Kapitalisten und solche Rationalisierungsfachleute wie Ziegler wollen uns jetzt erzählen, daß die Auswertung der Fahrtenschreiber ergeben hat, daß keine neuen Mulis gebraucht werden. Lassen wir uns aber nichts vormachen! Die Mulifahrer wissen am besten, ob neue Mulis gebraucht werden oder nicht.

Deswegen: Mehr Mulis zur Entlastung der Mulifahrer!

Passen wir auf, daß Geräte wie die Fahrtenschreiber nicht demnächst an Drehbänken angebracht werden."

Auf der 'Kämpfenden Jugend' (KJ) Seite wird zu den JVL festgestellt:"
WIR BRAUCHEN JUGENDVERTRAUENSLEUTE

Bald sind bei uns im Sachsenwerk wieder Vertrauensleutewahlen.

Lehrlinge, wir haben nicht nur die Möglichkeit, für uns Jugendvertrauensleute zu wählen, sondern es ist für uns notwendig, um unsere Rechte durchsetzen zu können. Vertrauensleute sind nicht an das reaktionäre BVG gebunden, sie haben die Möglichkeit, offen unsere Forderungen zu vertreten.

Vertrauensleute können nur die Fortschrittlichsten von uns sein, denn sie haben keinen Kündigungsschutz (dies trifft für uns Lehrlinge nicht zu) und sie müssen ihre Sitzungen in ihrer Freizeit abhalten, sie müssen also bereit sein, ihre Zeit für die Interessen der Kollegen einzusetzen.

Jugendvertrauensleute sind eine starke Waffe in dem Kampf der Lehrlinge.

Auf diese Waffe können wir nicht verzichten.

Darum fordert vom Betriebsrat die WAHl der Jugendvertrauensleute!"

Die KJ berichtet auch:"
UNS WIRD NICHTS GESCHENKT

Wie es sich im Betrieb herumgesprochen hat, bekamen die beiden Starkstromelektrikerlehrlinge, denen anfangs die Zahlung der Bücher verweigert wurde, Druck vom Geldner, weil die Sache im Roten Sachsenwerker gestanden hat.

Kollegen: Wenn wir etwas durchsetzen wollen, dann müssen wir mit dem harten Widerstand der Kapitalisten rechnen.

Wenn wir Angst vor Repressalien hätten, würden wir in den Tarifrunden nie einen Pfennig mehr bekommen."

Berichtet wird auch über die MTR:"
ERGEBNISSE DER TARIFRUNDE FÜR UNS

Die Ergebnisse der Tarifrunde stehen jetzt fest. Für uns Lehrlinge steigen die Vergütungen um 40 - 55 DM (gefordert waren von der Gewerkschaft 55 ? 85 DM, in Regensburg 120 DM)!

Der Unterschied zwischen denen unter und denen über 18 Jahren fällt weg, sodaß dadurch für die Jüngeren von uns 70 - 85 DM mehr drin sind.

Im Höchstfall wären dies also 70 - 85 PLUS 40 - 55 DM GLEICH 110 - 140 DM.

Damit wir im nächsten Jahr unsere Forderungen besser durchsetzen können, brauchen wir die Jugendgruppe. Deshalb müssen wir den Kampf in der Jugendgruppe verstärkt führen, damit wir unseres Gewerkschaftsorganes nicht beraubt werden."

Aufgerufen wird auf der KJ-Seite zur nächsten Sitzung der IGM-JG (vgl. 28.2.1973), wobei allerdings der Termin ungenannt bleibt, und zur Anti-Strauß-Aktion in Vilshofen (vgl. 7.3.1973).
Q: Roter Sachsenwerker Nr. 14, Regensburg Feb. 1973

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