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München: Hugo Lanz und die KPD/ML

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 10.11.2007

Hugo Lanz ist offenbar einer der frühesten Münchener Marxisten-Leninisten, tritt so in dieser, natürlich wie immer nur arg verkürzten Darstellung, als Freund der VR China innerhalb der damals noch überfraktionellen APO-inspirierten Arbeiterbasisgruppen (ABG) München auf (vgl. 18.2.1969), kritisiert anhand des Ussuri-Konflikts wiederholt die DKP (vgl. 8.5.1969, 20.5.1969) und zeichnet ein Jahr später presserechtlich verantwortlich für die KPD/ML in München (vgl. Juni 1970). So weit so gut.

Nun aber gibt es innerparteiliche Kritik, von der sich die konkurrierende KPD/ML-ZB zunächst noch abgrenzt (vgl. 16.2.1971), während die KPD/ML-ZK Hugo Lanz nun als 'Agenten' ausmacht, sich selbst zumindest öffentlich im Fadenkreuz des Klassenfeindes sehend, während die interne Diskussion offenbar doch differenzierter verläuft (vgl. Juni 1971).

Diese politischen Differenzen aber sind, auch personell, längst bereinigt, als der sog. 'Münchner Kommunisten-Prozess' beginnt (vgl. 5.3.1972), während dessen die Münchner Arbeiterbasisgruppen (ABG), in offenbarem Gegensatz zur KPD/ML-ZB, der KPD/ML-ZK in ihrem Eifer der Enttarnung angeblicher konterrevolutionär-imperialistischer Machenschaften des Hugo Lanz keineswegs zu folgen vermögen (vgl. 29.3.1972, Apr. 1972, 17.4.1972).

Auch die große Demonstration gegen den abtrünnigen Hugo Lanz bleibt so allein den beiden Münchener KPD/MLs vorbehalten, wobei die hohe gemeldete Teilnehmerzahl vermuten lässt, dass diese zumindest die südbayrischen Freunde zur Hilfe herbeiriefen (vgl. 15.4.1972). Der Prozess gegen die vier Erwachsenen endet offenbar trotz vorbereitender Repressalien mit Freispruch (vgl. 17.4.1972, 19.4.1972), von der Verhandlung gegen die drei jugendlichen Täter wurde nichts als der geplante Termin kund (vgl. 15.6.1972). Für die KPD/ML-ZK stellte die Angelegenheit offenbar eine wichtige Lehre dar. Fraglich bleibt, welche. Die KPD/ML-ZB zieht Parallelen zum Bochumer Spreti-Prozess gegen Klaus Dillmann (vgl. 20.5.1972).

Siehe auch: KPD/ML (München): 'Münchner Kommunistenprozess. Deutsche Richter: Sie richten solange gegen das Volk, bis das Volk sie richtet. Der Agent Lanz oder: Wie man aus Kommunisten Kriminelle macht' (1972) (von Dietmar Kesten)



Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

18.02.1969:
In der 'apo press' München Nr.6 (vgl. 11.2.1969, 25.2.1969) richtet sich Hugo Lanz (späteres Mitglied der KPD/ML-OG München) gegen die Angriffe von Mitgliedern der DKP, die ihn und seine Genossen wegen Werbeaktionen für die 'Peking Rundschau', "als objektive Helfer der DKP (ML)" verleumden würden.
=apo press Nr.6,München 18.2.1969

08.05.1969:
Die DKP bringt die Nr.6 ihrer 'Unsere Zeit' (UZ) heraus (vgl. 1.5.1969, 15.5.1969). Aus München in Bayern erscheint zur "Provokation am Ussuri" auf Seite 8 ein Leserbrief von Hugo Lanz, später Mitglied der KPD/ML-ZK:"
Schönauer (Artikel in UZ Nr.1 - d. Red.) schwant Furchtbares: Die VR China hemmt die Lieferungen nach Vietnam. Nachdem er vorher von einer 'schweren wirtschaftlichen Krise' sprach und sowjetische Quellen wissen wollen, daß das chinesische Transportsystem 'weitgehend zusammengebrochen ist' komme ich zu folgender Überlegung: Stimmt das, so handelt die sowjetische Führung unverantwortlich, wenn sie Hilfe für Vietnam durch die VR China leitet. Warum erfolgt der Nachschub für Vietnam nicht auf dem wesentlich billigeren und ebenso schnellen Seeweg von Wladiwostok nach Haiphong? Die VR China hätte dann nicht die geringsten Einflußmöglichkeiten auf die Transporte."
=Unsere Zeit Nr.6,Essen 8.5.1969

20.05.1969:
In München erscheint die 'apo press' Nr.18 (vgl. 13.5.1969, 28.5.1969). Hugo Lanz vom Club Eugen Levine veröffentlicht einen Leserbrief, der sich mit einem Beitrag eines DKP-Mitgliedes, zum chinesisch-sowjetischen Konflikt am Ussuri beschäftigt.
=apo press Nr.18,München 20.5.1969

Juni 1970:
Frühestens im Juni 1970 erscheint eine Broschüre des Kreisverbandes München der KPD/ML-ZK "Parteiaufbau - Schulung - Klassenanalyse - Eine Stellungnahme der KFML" (Schweden), in der u.a. betont wird, daß die schwedische KFML mit der dänischen KFML, der HMLS Finnland und der SUF(ML) Norwegen zusammenarbeit. Verantwortlich zeichnet Hugo Lanz.
=KPD/ML-KV München:Parteiaufbau-Schulung-Klassenanalyse - Eine Stellungnahme der KFML,o.O. (München) o.J.

16.02.1971:
Auf Antrag des Parteikomitees der OG München der KPD/ML-ZK wird das KPD/ML-ZK Mitglied Hugo Lanz aus der Partei ausgeschlossen. Als Gründe werden Unterschlagung von Parteigeldern sowie individualistische und fraktionistische Tätigkeit genannt. Diese Vorwürfe macht sich auch die KPD/ML-ZB zu eigen. Lanz war u.a. verantwortlich für die Broschürenreihe "Aus der marxistisch-leninistischen Weltbewegung".

Im Verlauf der Auseinandersetzungen dringen, laut MLZ Hamburg, KPD/ML-ZK Mitglieder in die Wohnung von H. Lanz ein, überfallen ihn und rauben ihm einen Teil seiner Wohnungseinrichtung. Am 19.2.1971 berichtet auch die 'SZ' darüber. Der Vorfall führt später zu einem Prozeß (vgl. 17.4.1972).

Die KPD/ML-ZB berichtet zunächst:"
HINWEIS

Laut einer kürzlich in der bürgerlichen Presse erschienenen dpa-Meldung sollen Mitglieder der 'KPD/ML'-München eines ihrer ehemaligen Mitglieder 'überfallen' haben. Das ZB der KPD/ML weist in diesem Zusammenhang darauf hin, daß es sich dabei nur um Mitglieder der Gruppe 'Roter Morgen' Hamburg handeln kann".
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.16,Bochum 27.2.1971,S.12;
Der Funke Nr.4,Hamburg 1971,S.24;
Rote Fahne Nr.7,Bochum 3.4.1972,S.5


Juni 1971:
Die Nr.6 des 'Roten Morgens' (RM) der KPD/ML-ZK (vgl. Mai 1971, Juli 1971) enthält den Artikel "Die Taktik der Bourgeoisie in der heutigen Phase der Klassenkämpfe gegenüber der KPD/ML. Senator Neubauer als Bombenleger. Darin wird u.a. ausgeführt:"
Nicht alle Agenten in der Partei entlarven sich so schnell wie Dressel, wie der Fall Hugo Lanz in Müchen anschaulich beweist. Auch die Aufnahme von Lanz in die Partei erfolgte im Zuge des Gründungsopportunismus recht sorglos, obwohl es auf Grund der Rolle die Lanz vor Gründung der OG München im Kreise der Linken spielte, Anlaß zu Bedenken hätte geben müssen. Inwieweit Lanz als Agent eingeschleust wurde ..., oder ob er sich erst im Zuge seiner Entlarvung vom objektiven zum subjektiven Agenten entwickelte, ist noch nicht restlos geklärt. Auf Antrag des Parteikomitees München (Ortsgruppe) der KPD/ML wurde Hugo Lanz am 16.2.1971 von der Mitgliederversammlung aus der Partei ausgeschlossen. Als Gründe für den Ausschluß wurden genannt Unterschlagung von Parteigeldern, individualistische und fraktionistische Tätigkeit. Die Überprüfung dieser Vorwürfe durch Genossen der Zentrale ergab, daß die Vorwürfe der Münchener OG in allen Punkten gerechtfertigt sind. Hugo Lanz, der anfangs für die Herausgabe der Broschürenreihe 'Aus der marxistisch-leninistischen Weltbewegung' verantwortlich war, beging schwere Verstöße gegen die Prinzipien des demokratischen Zentralismus, indem er sich bei der Auswahl der Artikel nicht von der politischen Linie der Partei, sondern von seinem eigenen Profitinteresse leiten ließ und eine Kontrolle durch die zuständigen Parteiorgane umging. Auch der (bürokratische) Versuch der OG München, ihn durch die Einrichtung einer zentralen Redaktion besser zu kontrollieren, umging er und stellte sein Treiben, ihm genehme Broschüren, von denen er sich großen Umsatz versprach, unter dem Namen der Partei erscheinen zu lassen, nicht ein. Als Beauftragter für den Literaturvertrieb mißachtete oder sabotierte er alle zentralen Beschlüsse und baute in Konkurrenz zum Zentralen Literaturvertrieb der Partei ein 'eigenes Unternehmen' auf Bundesebene auf. Das eingenommene Geld wirtschaftete Lanz durch Kontenmanipulation in die eigene Tasche. Fest steht, daß Lanz eine Summe von mindestens 8 362,56 DM Parteigelder unterschlagen hat. Wahrscheinlich aber handelt es sich um die doppelte Summe, da Lanz zahlreiche Belege und Unterlagen vernichtete und kaum Buch führte. ... Seinen Unterschlagungen versucht er jetzt ein ideologisches Mäntelchen umzuhängen, um sich in andere Gruppen wie die der Roten Fahne Tübingen (KAB/ML,d.Vf.) einzuschleichen. ... Hugo Lanz hat 7 (sieben) Genossen, die nach Vereinbarung Parteimaterialien bei ihm abholen sollten, in eine Falle gelockt und wegen Raub und Erpressung angezeigt. Als 'Beweismaterial' lieferte er der Polizei sein ganzes Wissen über die Organisationsstruktur der Partei, über personelle Verhältnisse, lieferte er politische Unterlagen zur 'Überprüfung von Fingerabdrücken'. In Presseerklärungen nennt er die KPD/ML eine 'kriminelle Vereinigung von Politgangstern'. Dieser Schritt ist ungeheuerlich. Um seine Frechheit auf die Spitze zu treiben, versucht er jetzt die Partei zu erpressen. Wie der Agent Dressel, versucht auch Lanz in der Partei zu bleiben bzw. wieder hineinzukommen. ... Hier wird mit aller Deutlichkeit klar, daß es sich bei Lanz nicht um einen kleinen Fisch handelt, der sich am Parteieigentum bereichert, weil er keine Lust zum Arbeiten hatte, sondern um einen Agentprovokateur übelster Sorte. ... Die neuen Maßnahmen der Bourgeoisie gegen die Kommunistische Partei sind eben diese: Man will uns zu Kriminellen abstempeln, uns durch die Verbreitung von Lügenmärchen vor dem Proletariat unglaubwürdig machen. ... Wir stehen heute am Anfang eines Kampfes, in dessen Verlauf der Klassenfeind zu immer schwereren Waffen greifen wird.

Kommunisten als die Vorhut des Proletariats müssen die zukünftige Entwicklung einschätzen könne, sich schon jetzt entsprechend darauf vorbereiten. Die Bolschewisierung der Partei, der konsequente ideologische Kampf, die strikte Einhaltung der Prinzipien des demokratischen Zentralismus - das sind unsere schärfsten Waffen im Kampf gegen das schwerste Geschütz der Bourgeoisie: Die bürgerlichen Agenten, die die KP von innen her zersetzen und zerstören sollen. ... Jeden Schlag den die Bourgeoisie gegen uns führt, müssen wir umkehren und als Waffe gegen sie selbst benutzen. Jeder Schlag der Bourgeoisie, wenn wir ihn richtig beantworten, hilft uns, den Massen zu zeigen, wozu der Klassfeind fähig ist, wie verrottet und morsch er ist."

Von der Redaktionssitzung für diese Nummer berichtet der Landespresseverantwortliche NRW (vgl. Mai 1971, Juli 1971):"
SENATOR NEUBAUER ALS BOMBENLEGER. Endfassung von E nach Redaktionsschluß. Der erste Teil (mit Ausnahme Bayern) war der Redaktion vorgelesen und gebilligt worden. Über den 2. Teil entspann sich eine heftige Auseinandersetzung um die Beurteilung der Person HL."
=KPD/ML-ZK-LPV NRW:Bericht des LPV NRW (K) und RM-Redkoll-Mitglied über seine Tätigkeit im RM-Redkoll von Dezember 1970 bis November 1971,o.O. o.J.,S.6f;
Roter Morgen Nr.6,Hamburg Juni 1971;
KPD/ML-ZK-OG-München:Der Rote Morgen: Die Stimme der Arbeiterklasse,München o.J. (Juni 1971),S.2;
Der Druckerei Arbeiter Nr.4,München Sept. 1971,S.9f;
KPD/ML-ZK Augsburg:Kommunismus?,Augsburg o.J. (Juni 1971),S.1f


05.03.1972:
Die KPD/ML-ZB berichtet heute aus München, dort seien sieben Genossen der KPD/ML-ZK wegen schwerem Raub und gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Diese Anklage soll allein "auf der Aussage des Spitzels Hugo Lanz" beruhen, der "eine zeitlang als Agent der Bourgeoisie in der Gruppe Roter Morgen tätig war. Hugo Lanz war Literatur-Verantwortlicher der Gruppe Roter Morgen (GRM) für Bayern und Herausgeber einer Schriftenreihe der GRM. Wegen Unterschlagung von Parteigeldern und Fraktionsmacherei wurde er im Februar 1971 aus der GRM ausgeschlossen. Mit ihm wurde vereinbart, daß er alle Dokumente und Unterlagen der GRM zurückgeben sollte. Hugo Lanz erklärte sich einverstanden. Das Material wurde von den jetzt angeklagten Genossen abgeholt. Doch inzwischen hatte sich Lanz nicht nur als Saboteur und Fraktionsmacher, sondern auch als Spitzel und Agent der Bourgeoisie entlarvt. Er lieferte dem Staatsapparat Unterlagen über die Organisation der GRM und selbstgesammelte Gerüchte und Verleumdungen über angebliche kriminelle Vergehen von Mitgliedern der GRM ... Er beschuldigte die Genossen, die das Material abgeholt hatten, ihm die Dokumente gestohlen und durch Anwendung von körperlicher Gewalt zur Herausgabe gezwungen zu haben.

Hugo Lanz entpuppte sich damit eindeutig als Agent, Provokateur in den Reihen der GRM, dessen Aufgabe es war, die Arbeit zu sabotieren, der Bourgeoisie Einblick in die Organisation zu verschaffen und einzelne Genossen dem Staatsapparat auszuliefern. Die bürgerliche Justiz griff begierig die Aussagen dieses Elements auf. Um die sieben Genossen der GRM einlochen zu können, verdrehte sie die Tatsachen, wie es ihr paßte. Die GRM wurde praktisch beschuldigt, ihr rechtmäßiges Eigentum gestohlen zu haben ... Die Klassenjustiz tut alles, was der marxistisch-leninistischen Bewegung und allen fortschrittlichen Kräften schadet und auf der anderen Seite alles, was der Monopolbourgeoisie nützt ... Das Verbot der revolutionären Organisationen soll schrittweise erfolgen, indem man sie zunächst kriminalisiert. Dazu reichen Spitzelaussagen und Verdrehungen von Tatsachen aus. Nach seinem Ausschluß aus der GRM nannte Lanz sie in Erklärungen eine 'kriminelle Vereinigung von Politgangstern'. Und genau nach dieser Devise handelt jetzt die Klassenjustiz. Die Methode der Kriminalisierung wird bewußt angewandt. Sozialdemokratie und offene Reaktion arbeiten sich dabei in die Hände ... Der Prozeß gegen die sieben Münchener GRM-Mitglieder ist also Teil der Maßnahmen zur Vorbereitung des Verbots der marxistisch-leninistischen Organisation. Dagegen muß ein entschlossener Kampf geführt werden. Dieser Kampf muß sich gegen die zunehmende Faschisierung des Bonner Staates richten, die von der Sozialdemokratie im Verein mit der offenen Reaktion vorangetrieben wird. Partei und Jugendverband in München führen deshalb einen entschiedenen Kampf zur Unterstützung der sieben angeklagten Kommunisten. Dieser Kampf kann nicht getrennt werden von dem ideologischen Kampf mit anderen ML-Organisationen um die richtige politische Stoßrichtung: gegen die Sozialdemokratie als Wegbereiterin des Faschismus".
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.18,Bochum 5.3.1972,S.*

29.03.1972:
Die ABG veröffentlichen eine Stellungnahme zum Lanz-Prozeß (vgl. 17.4.1972) unter dem Titel "Übelste Verhöhnung der Demokraten und Kommunisten". U.a. wird ausgeführt:"
Es ist die Pflicht aller Kommunisten und anderer Demokraten gegen die zunehmende Verfolgung der Kommunisten und aller Demokraten, gegen alle Angriffe auf unsere bürgerlichen Freiheiten, gegen die verschärfte Klassenjustiz, gegen die Militarisierung des Unterrrichts an Schulen und Hochschulen, gegen die Bürgerkriegsvorbereitungen aller Art usw., womit die Herrschenden in unserem Land zur Unterdrückung der wiedererstarkenden Arbeiterbewegung eine neue faschistische Gewaltherrrschaft vorbereiten, entschlossen und in einer Front zu kämpfen. Umso entschiedener muß das Vorgehen der Gruppe 'Roter Morgen' (KPD/ML-ZK,d.Vf.) und der 'Gruppe Rote Fahne Bochum' (KPD/ML-ZB,d.Vf.) verurteilt werden, die im Zusammenhang mit einem Prozeß gegen sieben Angehörige dieser Gruppen die demokratische und antifaschistische Bewegung auf das Unverfrorenste zu mißbrauchen und hinters Licht zu führen versuchen. Im vorigen Jahr hatte die 'Gruppe Roter Morgen' sieben ihr damals angehörende junge Leute zu Hugo Lanz geschickt, der einige Tage zuvor aus der Gruppe ausgetreten war. Hugo Lanz erstattete Anzeige, weil diese sieben Leute ihn verprügelt und bestohlen hätten. Die Gruppe 'Roter Morgen' und die Gruppe 'Rote Fahne Bochum' sammeln heute Unterschriften gegen den Prozeß und planen eine oder zwei ... Demonstrationen für einen Freispruch in diesem Prozeß, den sie als 'Münchner Kommunistenprozeß' auszugeben versuchen. Wir sind der Ansicht, daß die Gruppe 'Roter Morgen' und die 'Gruppe Rote Fahne Bochum', indem sie im Zusammenhang mit ihren üblen Affären vom 'Münchener Kommunistenprozeß' zu reden wagen, die Geschichte der Arbeiterbewegung und die hervorragenden Vertreter der Arbeiterklasse aufs Schlimmste zu verhöhnen suchen ... Wir verurteilen das Vorgehen der 'Gruppe Roter Morgen' und der 'Gruppe Rote Fahne Bochum' schärfstens und sehen es als unsere Pflicht an, alle Kommunisten und anderen Demokraten von dem heuchlerischen Betrugsmanöver dieser 'linken' Sektierer zu warnen, die sich damit in opportunistischer Weise an die demokratische Bewegung anzuhängen versuchen, aber nicht um sie zu stärken, sondern um sie zu schwächen und zu spalten."

Die Erklärung wird unterstützt vom Zentralkollektiv der Roten Schülerfront (RSF) und dem Zentralkollektiv des Kommunistischen Hochschulbundes
(Marxisten-Leninisten) (KHB/ML).

Die KPD/ML-ZK (vgl. 23.5.1972) berichtet u.a. über diese Erklärung (vgl. 15.4.1972):"
Schon in den vergangenen Wochen, bei den Prozeßvorbereitungen, war klar geworden, wie sehr die Bourgeoisie uns fürchtete. Mit allen Mitteln hatte sie versucht, uns einzuschüchtern oder abzuwiegeln. Die Polizei wollte mit harten Schlägen verhindern, daß unsere Agitation und Propaganda der Klassenjustiz die Maske vom Gesicht riß. Die Parole 'Freispruch' wurde als 'Nötigung des Gerichts' hingestellt. Genossen, die Plakate klebten, wurden erkennungsdienstlich (ED,d.Vf.) behandelt, ein Sympathisant der Roten Garde (RG,d.Vf.) beim Plakatieren sogar mit vorgehaltener Pistole festgehalten. Staatsanwalt und Richter hatten versucht, die angeklagten Genossen einzuwickeln, hatten versichert, daß alles nicht so schlimm werden würde, in der Hoffnung, unsere vier Genossen würden opportunistisch stillhalten.

Und als das alles nichts nützte, als 1 200 Plakate und 4 000 Aufkleber, als 80 000 Flugblätter forderten: Freispruch, da hetzten uns die Kapitalisten die Revisionisten auf den Hals. An diesem Prozeß zeigte sich eindeutig, wer auf der Seite der Arbeiterklasse stand und wer zur Agentur der Kapitalisten in der Arbeiterbewegung gehört! Die Revisionisten, allen voran der Zirkel der Arbeiterbasisgruppen, begannen, uns aktiv zu bekämpfen. Systematisch wurden unsere Plakate überklebt oder heruntergerissen. Außer der Gruppe Rote Fahne Bochum weigerten sich alle, mit uns gegen die Klassenjustiz zu kämpfen. Die Arbeiterbasisgruppen behaupteten schließlich sogar, Hugo Lanz sei ein guter Marxist-Leninist, und es wäre nicht ihre Aufgabe, zu entscheiden, wer vor Gericht lügt, der Polizeiagent oder die Kommunisten.

Wenn der Kampf sich zuspitzt, wenn die Frage klipp und klar gestellt wird: Für die Arbeiterklasse, oder nicht, da zeigen diese Herren, auf wessen Seite sie stehen. Dann heißt ihr Hauptfeind plötzlich nicht mehr 'Kapital', wie sie sonst schreien, da heißt er 'Kommunismus'!"
=Kommunistische Studenten Zeitung Nr.6,München 1972,S.18;
Roter Morgen Nr.10,Hamburg 23.5.1972,S.8


April 1972:
Die ABG geben die Nr.22 ihrer 'Kommunistischen Arbeiter Zeitung' (vgl. 3.3.1972, 2.5.1972) heraus, in der u.a. die KPD/ML-ZB und die KPD/ML-ZK wegen deren Kampagne zum Hugo Lanz Prozeß angegriffen werden.
=Kommunistische Arbeiter Zeitung Nr.22,München Apr. 1972

03.04.1972:
In der Nr.7 ihrer 'Roten Fahne' (vgl. Apr. 1972, 17.4.1972) berichtet die KPD/ML-ZB u.a. aus Bayern über den Lanz-Prozeß in München. Hugo Lanz sei im Februar 1971 aus der Münchner KPD/ML-ZK ausgeschlossen worden, wobei die Begleitumstände dieses Vorganges nun zu einem Prozeß mit sieben Angeklagten führen (vgl. 17.4.1972).
=Rote Fahne Nr.7,Bochum 3.4.1972

15.04.1972:
Laut der KPD/ML-ZB demonstrieren wahrscheinlich in München ca. 500 bis 600 Menschen gegen den Prozeß gegen sieben KPD/ML-ZKler, denen u.a. vorgeworfen wird, ein Mitglied der KPD/ML-ZK, Hugo Lanz, "überfallen, beraubt und schwer mißhandelt (zu) haben" (vgl. 29.3.1972, 17.4.1972).

An der Demonstration, die von der KPD/ML-ZK organisiert wurde, beteiligt sich auch die Ortsgruppe der KPD/ML-ZB. Die ABG nehmen nicht teil.

Im Anschluß wird eine Veranstaltung durchgeführt.

Die KPD/ML-ZK (vgl. 23.5.1972) berichtet (vgl. 29.3.1972, 17.4.1972):"
Die Kapitalistenklasse und ihre Justiz planten mit diesem Prozeß einen vernichtenden Schlag gegen die Organisation, die sie am meisten fürchtet, die die größte Gefahr für sie darstellt: Die Partei des Proletariats. Unter dem Vorwand, Räuber und Schläger vor Gericht zu stellen, versuchte sie, die KPD/ML als eine Verbrecherorganisation vor den Massen abzustempeln. Aber bei diesem massiven Angriff auf die Partei erlitt sie eine jämmerliche Niederlage. An den drei Prozeßtagen vom 17.-19.4. verlor die Klassenjustiz die Prozeßführung vollkommen aus der Hand. Der Prozeßsaal im Münchner Justizpalast wurde zum Gericht über die westdeutschen Imperialisten.

Der Prozeß begann mit einer Demonstration und Veranstaltung, zu der der Landesverband Bayern am 15.4. aufrief. Unter der Kampfeslosung 'Freispruch für die Kommunisten' schlossen sich etwa 400 Freunde und Genossen unter roten Fahnen zusammen. Noch niemals habe wir die ideologische Kraft, die organisatorische Stärke der Partei so bewußt erlebt wie an diesem Tag! Jeder konnte es spüren: Hier marschierte die Vorhut der westdeutschen Arbeiterklasse, hier marschierten die kühnsten Kämpfer der sozialistischen Revolution, von denen es in einem alten Arbeiterlied heißt:

Wenn unser Gesang durch die Straßen braust, dann zittert der Feind vor der Arbeiterfaust!

DIE ANGST DER HERRSCHENDEN

Ja, der Klassenfeind zitterte! Vor diesem Prozeß! Ein Riesenaufgebot an PoPos (K14,d.Vf.) schlich neben dem Demonstrationszug her und versuchte, abzuwiegeln. Sie bildeten sich ein, daß wir auf ihre Phrasen hereinfallen würden: Das ist doch gar kein politischer Prozeß, hier gehts doch um einen 'Überfall', das ist ein Kriminaldelikt." ...

Aber weder die harten Schläge der Polizei, noch die hinterhältigen Täuschungsmanöver der Justiz, und erst recht nicht die Mobilisierung der Revisionisten konnten die Partei und die angeklagten Genossen vom Kampf abhalten und einschüchtern. So wurde der Münchner Kommunistenprozeß nicht nur ein glänzender Sieg über die Klassenjustiz, er wurde auch ein Sieg über den modernen Revisionismus!

ANGEKLAGT: DIE KAPITALISTENKLASSE

Auf der Veranstaltung eröffnete Genossin Christiane den Prozeß mit einer langen Anklageschrift gegen die Kapitalistenklasse. 'Nicht wir Kommunisten sitzen am Montag vor Gericht', erklärte sie, 'sondern diese Blutsauger und Unterdrücker, diese Räuber und Mörder.' Das ZK der KPD/ML sicherte den angeklagten Genossen in einer Grußbotschaft die volle Unterstützung der Partei zu und forderte sie auf, kühn als Kommunisten zu kämpfen.

Nach diesen Worten ging ein unbeschreiblicher Jubel durch die Versammlung. Genossen aus Berlin, Bochum, Hamburg, Giessen, Würzburg und anderen Städten überbrachten die solidarischen Kampfesgrüße der werktätigen Massen aus ganz Westdeutschland. Da gab es keine Scheu mehr vor dem Mikrophon, wie wir sie auf vielen Veranstaltungen beobachtet hatten. Viele Freunde und Genossen ergriffen spontan die Gelegenheit, um die ungeheuren Verbrechen der Kapitalistenklasse anzuprangern. Sie sprachen der Partei des Proletariats, der KPD/ML, ihr volles Vertrauen aus und versicherten den angeklagten Genossen ihre Solidarität. Als gegen Ende der Veranstaltung das Lied 'Im Kerker zu Tode gemartert...', Lenis Lieblingslied angestimmt wurde, erhoben sich alle spontan von den Plätzen. Mit geballter Faust, voll ungeheurem Ernst, schworen wir den Angeklagten und allen Verfolgten und Unterdrückten der Welt:

WIR WISSEN, DASS MORGEN DIE FREIHEIT DIE KERKERMAUERN ZERSTÖRT!

Weinend vor Freude über die Solidarität und den Kampfesmut, den dieser Abend bewiesen hatte, gelobte die Genossin Lilo im Namen aller Angeklagten, die Partei würdig zu vertreten, nicht zu schwanken, und den Angriff des Klassenfeindes zurückzuschlagen."
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.31,Bochum 26.4.1972,S.*;
Rote Fahne Nr.10,Bochum 15.5.1972,S.14;
Roter Morgen Nr.10,Hamburg 23.5.1972,S.8


17.04.1972:
In dieser Woche geben in München die ABG die Nr.8 ihrer Stadtzeitung 'Roter Anzeiger' (vgl. 20.3.1972, Mai 1972) heraus. Zur KPD/ML-ZK heißt es:"
Im gesamten Stadtgebiet kann man an allen Ecken und Enden Plakate der Gruppe 'RM' (KPD/ML) kleben sehen", die sich dem Hugo Lanz Prozeß widmen. Die ABG fühlen sich allerdings nicht zur Solidarität genötigt, wissen sie doch, "daß die Gruppe 'RM' so gut wie nie zu finden war ... beim Kampf gegen ... BVG, ... die Nazis in NPD und CSU, bei den Demonstrationen gegen das Berufsverbot im Öffentlichen Dienst, gegen die Gleichschaltung von Funk und Fernsehen usw. ..., daß es sich ... nicht um Kommunisten handelt, sondern um Gauner und Provokateure."
=Roter Anzeiger Nr.8,München Apr. 1972

17.04.1972:
Laut der KPD/ML-ZB soll "am 17.April in München ein Prozeß gegen sieben Kommunisten beginnen, die wegen 'schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung' angeklagt sind" (vgl. 15.4.1972, 19.4.1972).

Laut der KPD/ML-ZK sind aber nur die vier Erwachsenen angeklagt, gegen die drei Jugendlichen wird später verhandelt (vgl. 15.6.1972).

Die KPD/ML-ZB schreibt:"
Die Anklage beruht auf den Aussagen des früheren Literatur-Verantwortlichen der Gruppe Roter Morgen in Bayern, Hugo Lanz. Im Februar 1971 war er aus der Organisation ausgeschlossen worden (vgl. 16.2.1971,d.Vf.), nachdem ihm Unterschlagungen und Fraktionsmacherei nachgewiesen worden waren. Mit ihm wurde vereinbart, daß er alle Dokumente, Gelder und Unterlagen zurückgibt. Das Material wurde von den jetzt angeklagten Genossen abgeholt. Inzwischen zeigte sich, daß Lanz sich zu einem wirklichen Agenten entwickelt hatte. Er lieferte an den Staatsapparat gesammeltes Material über die Organisation und einzelne Genossen. Er beschuldigte die Genossen, daß sie ihm das Material mit Gewalt geraubt hätten. Die bürgerliche Justiz griff diese Aussage begierig auf: So hatte sie einen Vorwand, gegen die Kommunisten vorzugehen. In Wirklichkeit geht es nicht nur um die 7 Kommunisten. Hier soll ein Schlag gegen die marxistisch-leninistische Bewegung und vor allem gegen die Gruppe Roter Morgen geführt werden. Die Anklageschrift zeigt klar, daß hier die Organisation selbst auf die Anklagebank gezerrt werden soll. ... Worum geht es der Bourgeoisie? Die Marxisten-Leninisten sollen mit Hilfe von Spitzelaussagen zu einer kriminellen Organisation abgestempelt werden. So nannte Lanz die Gruppe Roter Morgen in einer Presseerklärung eine 'kriminelle Vereinigung von Politgangstern' ... Weiter soll mit dieser Hetze der Kriminalisierung das Ansehen der Kommunisten bei den Massen in Verrruf gebracht werden. Die Marxisten-Leninisten sollen in einem Atemzug mit der anarchistischen Baader-Meinhof-Gruppe (Rote Armee Fraktion) genannt werden, die ja von der ganzen bürgerlichen Presse als Kriminelle abgestempelt worden sind ... Der Lanz-Prozeß und die Verleumdungskampagne sind eine reale Gefahr für die Marxisten-Leninisten. Es ist notwendig, gegen alle diese Maßnahmen und Verbotsvorbereitungen den Kampf aufzunehmen und die Partei zu verteidigen ... Darum hält die KPD/ML es für notwendig, einen breiten und umfassenden Kampf gegen diese Verbotsvorbereitungen und besonders den Lanz-Prozeß zu führen, der die Hetze vor dem Roten 1. Mai verstärken soll. Folgende Losungen sind für uns die feste Grundlage jedes Bündnisses: Weg mit dem KPD-Verbot! Freiheit für die Marxisten-Leninisten! Kampf der Klassenjustiz! Freispruch der 7 Kommunisten! Kampf der Sozialdemokratie - Dem Steigbügelhalter des Faschismus!. ... Das sind die drei Losungen, auf deren Grundlage die KPD/ML Bündnisse für diesen Prozeß und für den weiteren Kampf gegen die Klassenjustiz eingehen wird."

Die KPD/ML-ZK (vgl. 23.5.1972) berichtet:"
IM KAMPF DAS KÄMPFEN LERNEN

Die angeklagten Genossen haben ihr Versprechen vollkommen erfüllt. Gestützt auf die Solidarität der Partei, im Bewußtsein, daß sie hier die KPD/ML und die gesamte westdeutsche Arbeiterklasse vertreten mußten, rissen sie schon in den ersten Prozeßstunden dem Gericht mutig die liberale Maske vom Gesicht. Bereits ihre Lebensläufe waren glänzende Beispiele für kommunistische Agitation vor Gericht. Vom Richter, der sie immer wieder unterbrach, ließen sie sich nicht beirren.

Genosse Herrmann, der z.Zt. seinen Wehrdienst bei der Bundeswehr ableistet, trat auf in Uniform, geschmückt mit dem ROTEN MORGEN-Abzeichen (RM,d.Vf.) und dem albanischen Aktivistenabzeichen. Er entlarvte die Bundeswehr als Instrument imperialistischer Angriffskriege und des Bürgerkriegs. Damit bewährte er sich als mutiger Vorkämpfer des antimilitaristischen Kampfes der Partei in der Bundeswehr. Er bewies anhand seiner eigenen Erfahrungen, daß die Kapitalistenklasse vor ihrem Herrschaftsinstrument Bundeswehr zittern muß. Denn diese Armee, die gegen das Volk kämpfen soll, besteht aus Arbeiter-und Bauernsöhnen, aus Söhnen des Volks, deren Widerstand gegen den Militarismus wächst, die nicht gewillt sind, auf ihre eigenen Klassenbrüder zu schießen. Die Rede des Genossen Herrmann war eindrucksvoll genug, um sofort seinen Kompaniechef zu moblisieren. Noch am gleichen Tag erhielt er ein Telegramm, daß er nicht in Uniform vor Gericht erscheinen dürfe.

Genosse Wolf war wegen des Prozesses, ohne gültiges Urteil, nicht zu seinem medizinischen Staatsexamen zugelassen worden. Er zeigte, daß die Kapitalisten aus Profitgier die Lebensbedingungen des Proletariats, die Gesundheit der werktätigen Bevölkerung ruinieren, daß nur im Sozialismus ein menschenwürdiges Leben möglich ist. So berichtete er, daß im Rüstungsbetrieb Krauss-Maffei (IGM-Bereich,d.Vf.) allein in einem einzigen Jahr in der Beizerei drei Arbeiter an Lungenkrebs gestorben waren, weil den Kapitalisten der Einbau einer Absaugungsanlage zu teuer war.

Genossin Christiane entlarvte in ihrem Referat vollkommen den modernen Revisionismus und seinen Hauptvertreter in Westdeutschland, die DKP. 'Wie kann eine Partei die Massen zum Sieg führen, die sich aus Angst vor der Illegalität auf den Boden des Grundgesetzes (GG,d.Vf.) stellt? Die vom 'friedlichen Übergang' faselt und die Notwendigkeit des bewaffneten Kampfes der Volksmassen leugnet? Die alle wahren Revolutionäre, alle Marxisten-Leninisten bekämpft?

'Ich bin froh', rief die Genossin aus, 'daß ich 1968, als ich vor der Entscheidung stand, zur KPD/ML gegangen bin und nicht zur DKP. Sonst hätte ich nicht für, sondern gegen die Arbeiterklasse gearbeitet!'

Zuletzt stellte Genossin Lilo eindringlich dar, daß die Arbeiterklasse die revolutionäre Klasse ist, die alle anderen Volksschichten zur Revolution führen wird. 'Wer hat das Haus erbaut, in dem wir heute stehen und in dem angeblich 'Recht' gesprochen wird? Wer hat den Stoff hergestellt, aus dem diese lächerlichen Talare geschneidert sind? Wer hat die elektrischen Leitungen verlegt? - Nein, nur zum Schein haben die Kapitalisten die Entwicklung von Gesellschaft und Wirtschaft so fest in der Hand! Tatsächlich sind es die werktätigen Massen, auf deren Schultern die Last der Produktion ruht! Von ihrem Willen, nicht vom Willen einer Handvoll Geldsäcke und Ausbeuter, hängt die Zukunft ab!' Weiter popagierte die Genossin die Kommunistische Partei, entlarvte das Lügengeschwätz der Zirkeläuptlinge (ABG, d.Vf.) und schloß unter donnerndem Beifall der Zuschauer mit den Worten: 'Es lebe der Kampf für Sozialismus und Kommunismus!

Es lebe die KPD/ML!'

Nach Verlesen der Anklageschrift erhob sich der Genosse Wolf: 'Wir haben die Anklage gehört. Sie ist falsch, und der Staatsanwalt weiß das. Wir sitzen hier auf der Anklagebank, nicht weil wir den Agenten Lanz überfallen hätten, sondern WEIL WIR KOMMUNISTEN SIND!' In einer glänzenden Rede entlarvte der Genosse den politischen Charakter dieses angeblichen Kriminellenprozesses, zeigte, daß dieser Prozeß nicht Ausdruck der Stärke, sondern der Schwäche der Bourgeoisie ist. 'Haupttendenz ist Revolution!', erläuterte er, 'auch dieser Prozeß wird den Massen zeigen, daß wir den Klassenfeind notwendig bekämpfen müssen, um ihn letzlich endgültig zu zerschlagen. Dieser Prozeß ist ein Teil des Klassenkampfes in der Bundesrepublik und in Westberlin!'

NIE ZURÜCKWEICHEN - AUS FEHLERN LERNEN

Die KPD/ML hat in ihrer jungen Geschichte noch niemals einen größeren Prozeß geführt. Die angeklagten Genossen haben nie zuvor vor Gericht gestanden. Trotz des hervorragenden Kampfes am ersten Prozeßtag führte die mangelnde Erfahrung dazu, daß wir einige Fehler machten. Aber wieder zeigte es sich: Die vier Genossen kämpften nicht allein! Hinter ihnen stand die Partei, standen die ganzen werktätigen Massen. Und die Kommunistische Partei ist in der Lage, Fehler zu erkennen, zu bekämpfen und zu überwinden. Täglich wurden die Erfahrungen des vorhergehenden Prozeßtages zusammengefaßt. Wir analysierten die Taktik des Gerichts, wir untersuchten unser eigenes Auftreten wir erkannten, welche Fehler gemacht worden waren und überwanden sie nach dem Prinzip Kritik - Selbstkritik.

WIE WAR DIE TAKTIK DES GERICHTS?

Ursprünglich bestand die Taktik des Gerichts darin, unsere Genossen, wenn irgendwie möglich, zu verurteilen, als 'Kriminelle' abzustempeln. Ganz 'nebenbei' wollte das Gericht noch 'beweisen', daß die KPD/ML diesen angeblichen Raubüberfall angezettelt habe. So behauptete der Richter mehrmals scheinheilig: die Partei sei ihm völlig egal, und stellte dann im nächsten Satz die Frage: 'Wie ist ihre Organisation eigentlich aufgebaut?' Darüberhinaus versuchte der Richter von Anfang an, unsere Genossen einzuschüchtern. Er fuhr ihnen über den Mund, schnitt ihnen das Wort ab, verbot ihnen, zu sprechen. Wer sich an den Reichstagsbrandprozeß (vgl. **.**.193*,d.Vf.) erinnert, wer die Verhöre des Genossen Dimitroff vor dem faschistischen Reichsgerichtshof gelesen hat, der kennt fast wörtlich die Ausfälle, mit denen der Richter im Münchner Kommunistenprozeß versuchte, die Erklärungen der Angeklaagten abzuwürgen: 'Sie haben hier nicht über den Krieg in Vietnam zu sprechen, das hat mit der Sache nichts zu tun!', 'Ich dulde hier keine Parteipropaganda!', 'Ich verbiete ihnen, aus diesem Prozeß eine kommunistische Propagandaveranstaltung zu machen!'.

Aber bereits am Ende des ersten Prozeßtages stellte sich für Richter und Staatsanwalt heraus, daß das die falsche Taktik gewesen war. Hier hatten sie keine Einzelkämpfer vor sich, die sich einschüchtern ließen, mit denen man schlittenfahren konnte. Hier hatten sie es mit Vertretern der Kommunistischen Partei zu tun! Anstatt verängstigt auf der Anklagebank zu sitzen, wie sich der Richter das wohl gwünscht hatte, traten ihm unsere Genossen mutig entgegen und schleuderten ihm ihre Anklagen ins Gesicht. Auch sonst nutzten sie jede Gelegenheit, um diesen korrupten Vertretern des Staatsapparats die Maske vom Gesicht zu reißen. Selbst in scheinbaren Kleinigkeiten zeigte es sich, welch gewaltiger Unterschied besteht zwischen den bestochenen Kadern der Bourgeoisie und den Vorkämpfern des Proletariats. Als z.B. der Staatsanwalt nach einer achtstündigen Sitzung beantragte, weitere Zeugenvernehmungen auf den nächsten Tag zu verschieben, weil er ermüdet sei, erhob sich Genosse Wolf und erklärte: 'Von uns aus kann die Sitzung weitergehen. Wir Kommunisten sind noch ganz andere Sachen gewohnt!'

Deshalb entschloß sich der Richter, überall dort, wo die bürgerliche Strafprozeßordnung (StPO,d.Vf.) den Angeklagten eine Stellungnahme gestattete, also im Anfangs- und Schlußwort, unsere Genossen ungestört reden zu lassen. Das Gericht gab sich dabei alle Mühe, seinen Zorn zu verberegn und möglichst gelangweilt auszusehen. Der Richter putzte auffällig an seiner Brille, die Richterin alberte herum, der Beisitzer malte Männchen usw."

Eingegangen wird auf diesen Prozeß auch in:
- NRW durch die Marxisten-Leninisten (ML) Bochum (vgl. März 1973).
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.31,Bochum 26.4.1972,S.*;
ML Bochum:Schlag zu und schon geht es los. Die KPD/ML und der Klassenkampf in der BRD,Bochum o.J. (1973),S.56;
Rote Fahne Nr.7,Bochum 3.4.1972,S.5;
Roter Morgen Nr.10,Hamburg 23.5.1972,S.8


19.04.1972:
Laut der KPD/ML-ZB geht in München ein Prozeß gegen sieben KPD/ML-ZKler, der sog. Hugo Lanz Prozeß, mit einem Freispruch zu Ende (vgl. 17.4.1972):"
Worum ging es? Die Anklage lautete auf schweren Raub und Körperverletzung. Die sieben Angeklagten, sämtlich Angehörige der Gruppe 'Roter Morgen', sollen angeblich gemeinsam im Februar 1971 das ehemalige Mitglied der Gruppe 'Roter Morgen', Hugo Lanz, überfallen und ausgeraubt haben. Diese ganze Räubergeschichte entlarvte sich sehr schnell als Märchen. Denn Hugo Lanz hatte Parteigelder als Literaturverantwortlicher unterschlagen und war deshalb ausgeschlossen worden. Die Angeklagten hatten nur rechtmäßiges Parteieigentum an sich genommen. ... Aber dem Staatsanwalt und dem Richter ging es ... darum, den Beweis zu führen, daß die sieben Münchener Kommunisten 'Kriminelle' sind, die Gruppe 'Roter Morgen' - und damit alle marxistisch-leninistische Organisationen - 'kriminelle Vereinigungen', die nach Paragraph 129 des Strafgesetzbuches zu verbieten sind. ... In geschickter Zusammenarbeit mit Richter und Staatsanwalt verleumdete Hugo Lanz die Gruppe 'Roter Morgen'. Er habe nach seinem Ausschluß dauernd Angst gehabt, daß er überfallen werde, weil in der Gruppe 'Roter Morgen' schon öfters über solche Möglichkeiten gesprochen worden sei. Vor einiger Zeit habe er einen Brief aus Hamburg erhalten. Dort sei die Rede von einem Menschen gewesen, der im Auftrag des Vorsitzenden der Gruppe 'Roter Morgen', Aust, überfallen worden sei. Die Angeklagten deckten das schmutzige Geschäft auf, daß Lanz in Absprache mit dem Gericht und der politischen Polizei betrieb. Sie bewiesen, daß es hier um einen Prozeß geht, der die marxistisch-leninistische Bewegung schwächen soll. ... Während des Prozesses zeigte sich aber auch die Schwäche der jungen marxistisch-leninistischen Bewegung. Die Aussagen von Lanz wurden ja erst dadurch möglich, daß dieser Agent so lange unentlarvt in der Gruppe 'Roter Morgen' tätig sein konnte. Das ist eine ernste Warnung für die gesamte marxistisch-leninistische Bewegung, sich stärker auf die Volksmassen zu stützen und solche bürgerlichen Elemente und Agenten wie Lanz schneller zu entlarven. ... Der Freispruch, den das Gericht aussprechen mußte, weil Lanz sich in zu große Widersprüche verwickelte, war ein Sieg, der durch das mutige Auftreten der Angeklagten erreicht wurde."

Die KPD/ML-ZK (vgl. 23.5.1972) berichtet:"
SIEG DES VOLKES
FREISPRUCH IM MÜNCHNER KOMMUNISTENPROZESS

Der Münchner Kommunistenprozeß wurde zum Bumerang für den Klassenfeind. Es ist uns gelungen, diesen Schlag der Bourgeoisie in einen glänzenden Sieg der Partei zu verwandeln. Die ideologische Einheit und die bolschewistische Disziplin in der Partei, der Kampfesmut der angeklagten Genossen Christiane, Liselotte, Herrmann und Wolfgang, haben das Lügengespinst des Polizeiagenten Hugo Lanz zerfetzt, haben der Klassenjustiz einen Freispruch abgerungen."
=Rote Fahne Nr.10,Bochum 15.5.1972,S.14;
Roter Morgen Nr.10,Hamburg 23.5.1972,S.8


20.05.1972:
Im Papier einer Abteilung bei der KPD/ML-ZB NRW zum 'Spreti-Prozeß' in Bochum (vgl. 18.5.1972, 30.8.1973) gegen u.a. Klaus Dillmann heißt es:"

PROZESS GEGEN DILLMANN U.A. (BSZ-SPRETI) IN BOCHUM AM 18.5.1972

I. Politische Bedeutung des Prozesses
II. Unsere politischen Aufgaben
III. Vorgehen der Justiz
IV. Unser Vorgehen
V. Einschätzung und Schlußfolgerungen

I. POLITISCHE BEDEUTUNG

Der Prozeß sollte nach dem Lanz-Prozeß, nach dem RF-Prozeß und zusammen mit weiteren anstehenden Prozessen ein Schlag gegen die marxistisch-leninistische Bewegung sein, besonders ihre Presse. Die konkreten Ziele des Prozesses sollten sein:
- die Propaganda für den proletarischen Internationalismus unter Strafe zu stellen, dabei besonders den Internationalsmus der Tat, der am konsequentesten von der KP bestritten wird, die den Kampf gegen die Bourgeoisie im eigenen Land führt,
- die Propaganda für den revolutionären, gewaltsamen Umsturz unter Strafe zu stellen,
- die Marxisten-Leninisten und die KP als Kriminelle hinzustellen, die die beiden ersten Punkte begehen, die also 'Morde' unterstützen und sie dabei gleich in Verbindung mit der 'Baader-Meinhof-Gruppe' (RAF,d.Vf.) zu bringen.

Diese allgemeinen Punkte wurden aktualisiert und präzisiert durch folgende aktuellen Ereignisse:
- den Aufschwung des Volkskrieges in Vietnam und die gewaltige Bewegung auch in der BRD zur Unterstützung des Volkskriegs und die führende Rolle, die die KPD/ML dabei immer mehr spielt.
- Weiter die Bombenattentate der letzten Tage, die der Bourgeoisie natürlich ein willkommener Anlaß sind, diese Anarchistenanschläge mit der ML-Bewegung in Verbindung zu bringen (siehe dazu auch die FAZ vom 16.5., in KND 37) (vgl. 20.5.1972,d.Vf.).

Der enge Zusammenhang des Vorgehens der Justiz zum einen über Tatbestände aus dem kriminellen Bereich (Paragraphen 140, 138 des StGB stammt aus dem Teil des StGB, der sich mit kriminellen Delikten, nicht mit politischen Straftaten beschäftigt), zum anderen mit dem klaren politischen Zusammenhang und Ziel (Spreti, 3. Welt) zeigen deutlich das zweigleisige Vorgehen, zeigen auch die Schwäche der Bourgeoisie, daß sie es nicht wagt, nur politische Fragen reinzubringen, zeigen auch die Schwäche der Bourgeoisie bzw. Stärke der ML-Bewegung, daß es der Bourgeoisie nicht gelingt, dann alles über kriminelle Delikte zu machen (wie bei Lanz in München)."
=N.N. (KPD/ML-ZB NRW):Prozeß gegen Dillmann u.a. (BSZ-Spreti) in Bochum am 18.5.1972,o.O. 20.5.1972

15.06.1972:
Die KPD/ML-ZK (vgl. 23.5.1972) berichtete, daß heute in München die Verhandlung gegen die drei jugendlichen Angeklagten im Hugo Lanz- bzw. 'Münchner Kommunistenprozeß' (vgl. 19.4.1972) stattfinden soll.
=Roter Morgen Nr.10,Hamburg 23.5.1972,S.8

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