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Kommunistischer Bund (KB) - Kritikfraktion

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 12.4.2006


Materiallage

Hier werden nur einige wenige Materialien vorgestellt.

Die Organisationen

Es geht hier nur um den Kommunistischen Bund (KB), dessen Kritikfraktion und später indirekt auch um dessen Zentrumsfraktion.

Wichtige Themen und Ereignisse

Der Kommunistische Bund (KB), früher gehässig KB-Nord geheißen, hat seine regionale Beschränkung damals recht erfolgreich durchbrochen, sich durch die Öffnung zu den neuen sozialen Bewegungen bundesweit Bedeutung verschafft. Von Spaltungen blieb der KB bis zu den hier dargestellten verschont. Zuletzt erfolgte Ende 1971/Anfang 1972 der Verlust der großen Mehrheit der Hamburger Hochschulgruppe, die sich später dem KBW anschloss, wodurch der Grundstein für eine heftige Befehdung durch den KB gelegt wurde. Seitdem aber hatte das LG des KB kaum Einbußen zu beklagen gehabt, von einzelnen örtlichen Schlappen wie in Cuxhaven einmal abgesehen. Der KB hatte sich programmatisch zwar nur diffus geäußert, aber eventuell gerade dadurch auch seine Einheit zu bewahren gewusst - im Gegensatz zu allen anderen Kaderlinien. Inhaltlich aber war längst eine deutliche Abwendung von kommunistischer Propaganda feststellbar, die Themen der Bürgerinitiativen beherrschten die Veröffentlichungen des KB. Die Widersprüche in der Krisendebatte des KB, die den hier dargestellten Entwicklungen voranging, entzündeten sich nicht zuletzt an dieser Frage.

Die Kritikfraktion vollzog den logisch-konsequenten Schritt aus dieser Entwicklung und beteiligte sich an der grünen Wahlbewegung, noch bevor die Mehrheit des KB dies ebenfalls tat, analysierte sie doch die Kaderstruktur des KB als maßgeblich für eine zwangsläufig eintretende Entwicklung zur Bedeutungslosigkeit.

Die Geschichte der Kritikfraktion oder Strukturfraktion ist nur kurz. Der KB selbst berichtet relativ umgehend von ihrer Herausbildung (vgl. 4.6.1979, 25.6.1979), kritisiert deren Bruch der Organisationsdisziplin in ../../NOR/HBG/Bergedorf.shtml" target="_blank">Hamburg-Bergedorf.

Das Leitende Gremium (LG) des KB garantiert nun in seinen 'Thesen' (vgl. Juli 1979) zwar das Recht zur fraktionellen Organisierung, eine Besonderheit im Vergleich zu allen ML-Gruppen, von denen sich der KB ja damals schon weit entfernt hat, beharrt aber andererseits auch auf der Organisationsdisziplin, vermag dafür offenbar Zustimmung bei einer breiten Mehrheit der Mitgliedschaft zu gewinnen.

Die Kritikfraktion legt einen Gegenentwurf vor (vgl. 14.9.1979), beharrt darin aber nicht ausdrücklich auf der Teilnahme von Nichtmitgliedern, sondern lediglich auf dem Recht zur fraktionellen Organisierung innerhalb des KB.

Auf der Delegiertenkonferenz des KB/Gruppe Hamburg (vgl. 25.9.1979), was auch damals beim KB etwa einem kleinen Parteitag gleichgekommen sein dürfte, tritt neben der Kritikfraktion nun bereits eine zweite und größere Fraktion, die Zentrumsfraktion auf, die mit Austritt droht.

Zunächst aber vollzieht die Kritikfraktion den Austritt aus dem KB (vgl. 25.10.1979), trifft sich aber bald mit KB-Mehrheit und Zentrumsfraktion innerhalb der Bunten Liste Hamburg wieder (vgl. 1.12.1979).

Auch die Zentrumsfraktion verlässt bald den KB in Richtung Grüne (vgl. Jan. 1980), während das LG des KB sich zum Marxismus bekennt (vgl. 4.1.1980).


Auszug aus der Datenbank "Materialien zur Analyse von Opposition" (MAO)

04.06.1979:  Nach eigenen Angaben tritt im KB erstmals eine 'Kritik-Fraktion' in Erscheinung. Dies ist die erste Fraktion innerhalb des KB und leitet auch die erste Spaltung ein.

Ein Positionspapier ist von 39 Mitgliedern und 6 Ehemaligen des KB, vermutlich zumeist aus Hamburg, unterzeichnet:"
Unter den Unterzeichnern waren 6 Mitglieder der AG Zivildienst; 3 aus Hamburg-Bergedorf; 7 aus Hamburg-Altona; 7 aus dem ÖTV-Bereich; 3 aus der RGW-Kommission; 2 aus dem Jugendbereich." In der Folge führt die 'Kritik-Fraktion' mehrere halböffentliche Treffen gemeinsam mit Ex-Mitgliedern des KB durch.

Michael Steffen berichtet:"
Anfangs rechneten sich der als 'Kritikfraktion' bezeichneten Gruppe etwa vierzig Mitglieder des Bundes sowie einige 'Ehemalige' aus unterschiedlichen Bereichen in Hamburg zu, darunter solche, die dem KB seit Gründung angehört hatten, Kader der zweiten Anleitungsebene und Intellektuelle, die aktiv an der Theoriebildung 'in bestimmten Sektoren' mitgearbeitet hatten", wobei es sich um die Texte zur Stalinfrage gehandelt haben soll.
=Arbeiterkampf Nr.156,Hamburg 25.6.1979,S.52;
Unser Weg Nr.31,Hamburg Feb. 1980;
Steffen, Michael: Geschichten vom Trüffelschwein - Politik und Organisation des Kommunistischen Bundes 1971 bis 1991. Marburg 2002, S. 247.


25.06.1979:  Der KB gibt seinen 'Arbeiterkampf' (AK) Nr.156 (vgl. 11.6.1979, 9.7.1979) heraus.
Berichtet wird u.a. von der Herausbildung der Kritikfraktion im KB (vgl. 4.6.1979). Dazu heißt es im Artikel "Struktur-Debatte und Fraktionierung im KB" der AK-Redaktion (S.56) u.a.:"
Ausgehend von einer fraktionellen Gruppe im KB, die zunächst etwa 30 namentlich genannte Mitglieder umfaßte (heute gewiß mehr als das Doppelte ausmachen dürfte), sind dem oppositionellen Zusammenschluß mittlerweile etliche 'ehemalige' (KBler) beigetreten bzw. wurden hinzugezogen. Es charakterisiert das Selbstverständnis der Fraktionisten wohl am besten, daß im Hamburger KB-Bezirk Bergedorf Leitungsmitglieder von einer Vollversammlung ... ausgeschlossen, Unorganisierte jedoch eingeladen werden sollten. Es ist völlig eindeutig, daß (namentlich) die führenden Köpfe der Kritik-Fraktion auf eine Vergrößerung ihres Kreises innerhalb und außerhalb des KB - sprich die Bildung einer neuen, anderen Organisation - hinsteuern und dafür auch eine Spaltung des KB zumindest in Kauf nehmen wollen."

Es wird auch die Stellungnahme der Kritikfraktion im KB abgedruckt (S.56f). Diese Fraktion ist ein "oppositioneller Zusammenschluß ... Ehemaliger des KB" aus dem Raume Hamburg und darüber hinaus:"
Dieser Beitrag ist Produkt eines - wenn man so will - fraktionellen Zusammenschlusses eines Teils der unterzeichnenden Genossen. Wir verlangen als solcher von daher sofortigen Abdruck im Zentralorgan unserer Organisation, dem Arbeiterkampf."
Die Genossen konstatieren:"
Nach einem Jahr Krise und Krisendebatte im KB ist die Situation in der Organisation von Resignation, allgemeiner Abschlaffungstendenz, Zerfahrenheit und Unübersichtlichkeit gekennzeichnet. Die Diskussion über die Krise findet nicht mehr zentral, wie anfangs der Debatte statt, sondern in Form von einzelnen Personen oder Gruppen um ihre jeweiligen konkreten Fragen, Vorkommnisse etc. und auch immer häufiger in Gestalt von Interventionen des LG bzw. einzelner seiner Mitglieder. Die Organisation - jedenfalls ist das aus unserer Perspektive nicht anders zu erkennen - droht in den meisten Bereichen sich stark zu reduzieren, ja tendenziell zu zerfallen. Eine richtungsweisende, zentrale Auseinandersetzung um die in der ersten Phase der Krisendebatte aufgeworfenen Probleme findet nicht statt ... Eine begründete Vorstellung zur weiteren Arbeit bzw. Entwicklung der Organisation liegt seitens des LG bis dato nicht vor. Zunächst hatte das offenbar den Grund, möglichst viele Kritiken blühen zu lassen, um politische Schwachstellen besser erkennen zu können. Einen vorläufigen Abschluß der Krisendebatte sollten dann die beiden Kongresse darstellen. Nach dem anfänglichen Schwung des Vor-Kongresses ist inzwischen aber die Luft wieder raus. Die Kongreßvorbereitung läuft auf Sparflamme, viele der in diesem Rahmen diskutierten Themen betreffen ohnehin allgemeinpolitische Fragen (Faschismusfrage, Stalinfrage, Internationalismus etc.) und führen (naturgemäß) nicht zur Diskussion der konkreten Praxis der Genossen oder nur ansatzweise." Der aktuelle Rechenschaftsbericht des LG würde "nicht eine Aufarbeitung der Arbeit an der Basis und auch nicht der organisatorischen Entwicklung des KB" leisten. "Die Debatte um die organisatorischen Fragen, um die angewandten Methoden der organisatorischen Arbeit und ihre Auswirkungen auf die Entwicklung des KB's, die Arbeitsbereitschaft und Initiative der einzelnen Genossen etc. findet so gut wie nicht statt. Im Gegenteil, wo diese Debatte von der Basis gefordert wird, da ist sie nach Ansicht von LG-Genossen 'ungeeignetes Terrain' zur 'Verwischung' der eigentlichen politischen Differenzen u.a.m. ... Es ist daher nicht verwunderlich, daß es häufig zunächst organisatorische Fragen sind, an denen sich politische Differenzen festmachen, an denen sie aufbrechen ... Der organisatorische Zustand des KB, seine innere Arbeitsweise, wie auch die Methoden, wie im bündnispolitischen Bereich gearbeitet wird, hängen eng mit dem Selbstverständnis der Mehrheit der Organisation, speziell der Leitung zusammen. Die Lösung dieser Frage führt uns zwangsläufig zur Diskussion um die künftige organisatorische Gestalt des KB, um seinen organisatorischen Zustand, um sein politisches Selbstverständnis in der Linken (ist es der Parteiansatz?), kurz um die Perspektive zur Überwindung der Krise im positiven Sinne, wie generell zur Diskussion um eine neue Perspektive linker Politik." Folgende Vorstellungen "vom Zustand und der Entwicklung des KB" würden in der Organisation (einschließlich des LG) vorherrschen:"
Die Krise ist keine Krise des KB allein, sondern eine Krise der Linken in ganz Westeuropa ... Die radikaldemokratischen Massenbewegungen der letzten Jahre haben den KB mit einem Potential überschwemmt, das sich zwar politisch engagieren will, aber zu großen Teilen nicht fähig und nicht willens ist ... kommunistische Politik zu machen und den daraus sich ergebenden politischen Anforderungen zu genügen ... Die Krisendebatte hat nun vor allem ein aus diesen Kreisen genährtes Potential hervorgebracht, das sich - anstatt die zentralen politischen Differenzen zu diskutieren - darauf verlegt hat, Stimmung zu machen, Gerüchte zu verbreiten, mit Lügen hausieren zu gehen etc., mit einem Wort kein politisches Interesse mehr an der Entwicklung der Organisation hat, sondern seinen Frust mit obigen Methoden - speziell auch gegen die Leitungsebene austobt ... Es scheint insgesamt eine Tendenz vorzuherrschen, zum einen abzuwarten, bis diese Leute ihren Endkampf geführt haben und von sich aus das Feld räumen, zum anderen hier und dort durch massive Interventionen, gegen die Widerstand zwecklos erscheinen soll, diesen Prozeß zu beschleunigen." Kritisiert wird desweiteren, daß sich das LG "selbst in seinen bisherigen Äußerungen zur Krise in keiner Weise miteinbezogen hat ... Es ist ihm nicht einmal eingefallen, im Rechenschaftsbericht ... in irgendeiner Weise seine Aktivitäten einer kritischen Bilanz zu unterziehen ... Wir sind bezüglich der Krise ebenfalls der Ansicht, daß es sich um eine Krise der Linken, und zwar in ganz Westeuropa, handelt. Eine Krise, die ihre wesentliche Ursache darin hat, daß es den linken Organisationen und Gruppierungen der Nach-Apo-Zeit nicht gelungen ist, ein brauchbares Konzept und brauchbare Methoden zur wirkungsvollen und kontinuierlichen Bekämpfung des Kapitalismus zu entwickeln. Zehn Jahre nach der Bildung der Organisationen der Neuen Linken ist der Kapitalismus trotz ökonomischer relativer Talfahrt in Westeuropa ideologisch nahezu stabiler als vorher ... Wir haben insgesamt die Befürchtung, daß der KB so, wie bislang die Diskussion verläuft, und was sie als bisherige (dürftige) Ergebnisse hervorgebracht hat, in Sachen Krise der Linken nicht die notwendige vorantreibende Rolle einlösen kann, die er bei drei wesentlichen Hürden in der Entwicklung der Linken bewies: in der Auseinandersetzung um die Entwicklung der VR China und der Frage der sog. weltrevolutionären Zentren (SU, China) ... in (gewisserweise damit zusammenhängend) der Auseinandersetzung um die Neuauflage der Vaterlandsverteidigung ... in der Faschismusfrage."
Einen weiteren Makel sehen die Genossen im konkreten "organisatorischen Zustand unserer Organisation". Der eingeschlagene Weg würde ein "Weg des Gesundschrumpfens zur Kaderorganisation als ein Fehler mit katastrophalen Folgen" sein. "Deutlichstes Beispiel der jüngsten Zeit ist etwa die Abtrennung des Schüler-SSB von der Schirmherrschaft des KBs ... Das ist ein Defizit in der Organisationsfrage und erfordert gerade auf diesem Gebiet ausführliche und gründliche Auseinandersetzung. Und es zeigt sich ebenfalls ein allgemeines bewußtseinsmäßiges Defizit in der praktischen Verarbeitung der gescheiterten sozialistischen Versuche des sog. realen Sozialismus auf. Diesem Manko mit dem 'Gesundschrumpfen' zu begegnen, wird keine Kaderorganisation hervorbringen, sondern einen kleinen, unterwürfigen Sektiererhaufen, der trotz derzeitiger theoretischer Potenz in die Isolation geraten muß ... Die Krisendebatte in unserer Organisation gerät allerdings mehr und mehr in das Fahrwasser einer falschen Disziplin, der Fiktion, der Farce ... Niemand hat eigentlich eine theoretische Vorstellung von Disziplin, geschweige denn von der Kaderorganisation ... was ist das, wer ist dazu prädestiniert? ... Mehr und mehr haben wir auch den Eindruck, daß das LG sich gerade auf diese Vertreter, vorwiegend aus der zweiten und dritten Anleitungsebene, stützt, um in ihrem Sinne zu retten, was zu retten ist bzw. den Prozeß des Hinausdrängens der Stimmungsmacher, Zweifler etc. zu beschleunigen. Dieser schon frühzeitig (Anfang Juni 78 nach unseren Recherchen) seitens der Leitung mit 'Gesundschrumpfen' umschriebene Prozeß ist in Wirklichkeit ein Krankschrumpfen in die Kaderstrukturen, wie sie von KPD, KBW, KPD/ML und anderen Sekten vor uns mit verheerenden Konsequenzen durchexerziert wurden, in genau die Strukturen, von denen sich der KB gerade positiv in den letzten Jahren abgehoben hat."
=Arbeiterkampf Nr.156,Hamburg 25.6.1979

Juli 1979:  Vom LG des KB werden, laut AK, "Thesen zur Bildung von Fraktionen im KB" vorgelegt. Den Thesen zufolge sind Fraktionen "ein wichtiges Instrument bei der Klärung politischer Kontroversen im KB". Sie verpflichten aber zur "Einhaltung der Organisationsdisziplin". Nach Aussagen des KB würden 85% der Mitglieder den "Thesen" zustimmen, 10% stimmten dagegen und 5% enthielten sich. Diese Thesen wurden, laut Z, ca. Ende des Monats wegen der Kritik-Fraktion (vgl. 4.6.1979) vorgelegt.
=Arbeiterkampf Nr.165,Hamburg 29.10.1979,S.52;
Z Nr.0,Hamburg 14.12.1979


14.09.1979:  Laut KB legt seine Kritik-Fraktion ihre Vorstellungen zur Fraktionsarbeit dar:"
Jedes Mitglied des KB hat das Recht, aufgrund politischer Differenzen, die von ihm als gravierend angesehen werden, eine Fraktion zu bilden. Die Bildung einer solchen Fraktion ist der Organisation umgehend mitzuteilen ...
Fraktionen sind besondere Einheiten im KB. Sie haben das Recht zu geschlossenen Sitzungen. Fraktionen bringen ihre Positionen über die zentralen Publikationen und eigene Veröffentlichungen in die Diskussion ein. Alle Berichte und Protokolle über politische grundsätzliche Fragen müssen für alle Genoss(inn)en und Fraktionen einsichtig sein, um sich einen Überblick über die veröffentlichten Beiträge hinaus verschaffen zu können. Wir haben ein Interesse daran, die gesamte Organisation über die Arbeitsergebnisse unserer Fraktion zu informieren und eine solidarische und fruchtbare Auseinandersetzung zur Überwindung der Krise zu führen. Alle anderen Einheiten der Organisation sollen in gleicher Weise Rechenschaft über ihre Arbeit ablegen. Interne Papiere und Informationen verbleiben im Kreise der Mitglieder und Fraktionen."
=Arbeiterkampf Nr.165,Hamburg 29.10.1979,S.52

25.09.1979:  Im KB findet, nach eigenen Angaben, "die zweite Delegiertenkonferenz der Hamburger Ortsgruppe statt. Die Delegierten waren in den Zellen, Bereichen, Bezirken und Kommissionen entsprechend den dortigen Mehrheitsverhältnissen gewählt worden. Ungefähr 90 der Delegierten stimmten mit der Mehrheit, 25 bis 30 mit der ZL. Ungefähr 10 Delegierte kamen von der sog. 'Kritik-Fraktion' oder sympathisierten mit ihr. Auf der 2. DK wurde nahezu einstimmig, mit Unterstützung der ZL, ein Beschluß zur repräsentativen Besetzung und demokratischen Wahl von Anleitungsgremien gefaßt ...

Von der Mehrheit des LG wurden auf der DK die 'Thesen zur Fraktionsbildung im KB (Teil II)' vorgelegt (vgl. 23.9.1979,d.Vf.) ... Im Mittelpunkt der 2. DK stand die Frage einer Selbstkritik der ZL wegen ihrer Spaltungsdrohung vom 22.8. ... Die ZL war auch auf der 2. Hamburger DK zu einer Selbstkritik nicht bereit. Sie war zudem nicht bereit, vor der Organisation offenzulegen, welche Denkmodelle ... in ihrem Kreis hinsichtlich eventuellem Austritt, Abspaltung, Fraktionsbildung oder Vollstreik gegen die Organisation ... im Gespräch waren. Dieses selbstherrliche Verhalten der ZL erregte bei der Mehrheit der Delegierten stärksten Protest".

Hauptpunkt der "Thesen zur Fraktionsbildung im KB (Teil II)" ist u.a. "die Feststellung daß es sich bei dem Zusammenschluß der ZL bereits um eine Fraktion im Sinne der (vom gesamten LG getragenen) 'Thesen I' (zur Kritik-Fraktion) handelt, also mit den entsprechenden Rechten und Pflichten einer Fraktion". Diese "Thesen" werden von einer LG-Mehrheit (80%) zur Diskussion gestellt.
=Arbeiterkampf Nr.163 und 165,Hamburg 1.10.1979 bzw. 29.10.1979,S.45 bzw. S.52

25.10.1979:  Laut KB tritt die Kritik-Fraktion (vgl. 4.6.1979, 14.9.1979) aus dem KB aus. Die Austrittserklärung ist von 22 Hamburger Genoss(inn)en unterzeichnet. Die Unterzeichner stammen aus dem Bezirk Bergedorf, der AG Zivildienst, dem Bezirk Eimsbüttel, aus Altona, aus Wandsbek, Steilshoop, Lehrer-Bereich und RGW-Kommission. In der Austrittserklärung wird u.a. betont, daß eine Auseinandersetzung um die von ihnen aufgeworfenen Fragen, im KB nicht möglich gewesen sei. Weiter wird formuliert, "daß auch der KB als bekanntermaßen undogmatische ML-Organisation der neuen Linken nicht über den Schatten der unreflektiert übernommenen Kader- und Avantgardestrukturen der Partei Lenins und Stalins zu springen in der Lage ist. Auch in den Strukturen des KB gibt es keinen Platz für eine im Sinne wirklicher Meinungsbildung und kontroverser Diskussion wünschenswerte Fraktionsarbeit".
Die Kritik-Fraktion sieht die Ursache der Organisationskrise des KB in den inneren Strukturen des KB, die undemokratisch seien. "Sie will die kommunistischen Organisationsprinzipien und die Erfahrungen der revolutionären Arbeiterbewegung insgesamt in Frage stellen."
=Arbeiterkampf Nr.165,Hamburg 29.10.1979,S.52

01.12.1979:  In Hamburg beginnt die dritte zweitägige Vollversammlung (VV) der Bunten Liste (BL) Hamburg.

Der KB berichtet:"
Diskussionsthemen sollten die Bundestagswahlen und die Strukturen der BuLi sein. Vorgesehen war außerdem die Neuwahl des Vorstandes ... Zu einem Eklat kam es jedoch bei den Vorstandswahlen. Hintergrund hierfür waren grundverschiedene Auffassungen über die grüne Partei und die Frage, wie sich die BuLi dazu stellen soll. Zusätzliche Brisanz bekam die Auseinandersetzung durch die Fraktionierung im KB."

Auf dem Kongreß sei "insbesondere von der Gruppe um Jürgen Reents (ZL-Fraktion des KB) die Parole ausgegeben worden, der KB betreibe hier brutale Machtpolitik und wolle die BuLi spalten bzw. liquidieren ... Grundsätzlich ist dagegen festzustellen, daß solche Auseinandersetzungen wie innerhalb der BuLi in ähnlicher Weise in allen bunten und alternativen Listen laufen. Tatsache ist aber auch, daß sie anderswo nicht in dieser Schärfe und in dieser totalen Konfrontation ausgetragen werden ... Noch einen Schritt weiter ging die ZL-Fraktion auf der BuLi VV, wo die Gruppe um Jürgen Reents behauptete, der KB habe zur Majorisierung seine Mitglieder angekarrt und betreibe brutale Machtpolitik. Bei diesen Tiraden kam es dann auch zu rührenden Verbrüderungsszenen mit der früheren 'Kritik-Fraktion' des KB, die schon zu den Grünen übergetreten ist".
=Arbeiterkampf Nr.168, 169 und 171,Hamburg 10.12.1979, 14.1.1980 bzw. 11.2.1980,S.4, S.48 bzw. S.50;
Unser Weg Nr.32,Hamburg 1980,S.*;
Z Nr.0,Hamburg 14.12.1979,S.15


Januar 1980:  Vermutlich im Januar gibt die Zentrumsfraktion im KB ihre Zeitschrift 'Z' Nr.1 (vgl. 14.12.1979, 1.2.1980) heraus.
In "KB gespalten" berichtet darüber (vgl. 17.12.1979 Hamburg, 22.12.1979) Wi., Mitglied der Fraktionsleitung. Dargelegt wird auch das eigene Verständnis der Fraktionsrechte (eigene Disziplin, Leitung, Kasse und Publizistik). Eingegangen wird auch auf die bereits abgespaltene Kritik- oder Struktur-Fraktion (30 Mitglieder), die sich an der Diskussion des KB-Statuts gebildet habe.
=Z Nr.1,Hamburg 1980

04.01.1980:  Nach einem Bericht des KB beginnt sein 1. Kongreß, der bis zum 6.1.1980 dauert:"
Der 1. Tag des Kongresses wird eingeleitet mit einem Referat des Leitenden Gremiums (LG) des KB zur "Krisenentwicklung im KB und dem Zusammenhang zur Krise der Linken insgesamt". Darin heißt es u.a.:"
Die Krise im KB ist seit den ersten Diskussionen im Sommer 1978 in ein neues Stadium getreten, Hatten wir es damals vor allem mit individuellen Austritten zu tun (die allerdings ein erhebliches Ausmaß angenommen haben), sind seit Sommer 1979 erstmals gruppenweise Abspaltungen zu verzeichnen. Zuerst die Kritikfraktion, die heute politisch und ideologisch gänzlich im grünen Lager angesiedelt ist, dann die ZL-Gruppe, die mit fast 200 Genossen die Organisation verließ. Wir sehen dies als Teil eines Umgruppierungsprozesses in der gesamten revolutionären Linken. Das Scheitern einer Reihe von ML-Gruppen wird heute umstandslos mit dem Scheitern des Marxismus-Leninismus gleichgesetzt. Dies zusammen mit dem Aufkommen der grünen Bewegung, die gegenwärtig eine größere Anziehungskraft besitzt als die revolutionären Gruppen, hat zu einem verhängnisvollen Auflösungsprozeß geführt. Unter dem Vorwand, den Marxismus für die heutige Zeit neu zu entwickeln, bzw. zu aktualisieren, werden gegenwärtig grundlegende Erkenntnisse des Marxismus in Frage gestellt (Frage des Staates als Klassenstaat, die Notwendigkeit der eigenständigen Organisierung der Revolutionäre etc.).
Wir vertreten dagegen, daß nicht der Marxismus gescheitert ist, sondern die westdeutsche ML-Bewegung an ihren sektiererischen Fehlern. Darüberhinaus zeichnet sich die gegenwärtige Debatte durch ein sehr kurzfristiges Geschichtsverständnis aus, wobei aus aktuellen Niederlagen und Schwierigkeiten auf die Niederlage der revolutionären Bewegung insgesamt geschlossen wird. Dies führt auch dazu, daß Errungenschaften der Linken in den vergangenen zehn Jahren über Bord geworfen werden. Wir sehen deshalb eine unserer wesentlichen Aufgaben darin, die grundsätzlichen Erkenntnisse des Marxismus gegen diesen Auflösungsprozess zu verteidigen, ebenso die Errungenschaften der verschiedenen sozialen und demokratischen Bewegungen der Vergangenheit. In diesem Sinne werden wir wieder einmal gegen den 'Strom der Zeit' schwimmen."
=Unser Weg Nr.32,Hamburg 1980;
Arbeiterkampf Nr.169,Hamburg 14.1.1980,S.46ff


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