KJVD: Kämpfende Jugend, Jg. 5, Nr. 6, Juni 1976

Juni 1976:
Der Kommunistische Jugendverband Deutschlands (KJVD) der KPD gibt die Nr. 6 seiner 'Kämpfenden Jugend' (KJ - vgl. Mai 1976, Juli 1976) heraus. Darin heißt es zur DDR und Sowjetunion, dass „besonders in der DDR und der Sowjetunion versucht werde, den „Rückstand im Fußball aufzuholen“. Weiter heißt es:"
Und so wird den Spielern in der DDR und in der Sowjetunion schon das richtige eingebläut … nämlich verschärfter Kampf bis aufs Messer, Konkurrenz, Erringung der Vorherrschaft gegenüber den anderen Nationen. Nicht auf sportliche Leistung, das solidarische Zusammenspiel beider Mannschaften kommt es also an, sondern darauf, wie mit allen Mitteln Punkte „geschunden“ werden können, die die Grundlage für den Profit sind. In diesem Klima der Konkurrenz und der Profitjagd, des Siegers um jeden Preis, werden die Spieler physisch und psychisch aufgerieben. Der Trainer ist für diese neurotischen Profitsportler-Naturen eine Art Blitzableiter. Er muss außerdem die Spieler bei Laune halten, sie für ihre künftigen Kämpfe mobilisieren … So haben die Länder im Einflussbereich des Sozialimperialismus die imperialistischen Sportmethode nicht nur kopiert, sondern sogar noch überboten …“

Es erscheint der Artikel:„
Lattek, Weisweiler, Merkel- womit sie die Traumgagen verdienen

Kaum war das erste Spiel zwischen Borussia Mönchen Gladbach und Real Madrid am 5. März abgepfiffen, ging die Hackerei erst richtig los. Netzer, früher selber Gladbach-Spieler, über Gladbachs Trainer Lattek: „Udo Lattek hat in diesen neunzig Minuten viele Fehler gemacht … Die Kräfte waren falsch eingeteilt. Nach 45 Minuten Tempo war später der Akku leer!“ Und Helmut Schön, Bundestrainer: „Wenn eine Mannschaft vor 70.000 begeistert mitgehenden Zuschauern 2:0 vorne liegt, und dieses Spiel doch nicht gewinnt, dann stimmt irgend etwas nicht mit der Elf!“ Aber was hat Udo Lattek denn falsch gemacht? Der Mann war doch gar nicht auf dem Spielfeld!?

Zwei Monate später hat sich das Blatt gewendet. Borussia siegt wieder, selbst Berti Vogt steht fest an der Seite von Lattek. Schon wieder ein Wunder, hervorgerufen vom Mann am Spielfeldrand? Nichts lässt die kapitalistische Sportpresse so im Dunkeln wie das, was die Fußballtrainer wirklich mit den Mannschaften treiben. Wie das Training aussieht und was für ein Verhältnis zwischen Mannschaft und Vereinsvorstand und Trainer herrscht. Kapitalistische Fußballvereine sind keine Vereinigungen mehr, in denen sich Sportler zum gemeinsamen Sport treffen, sondern vielmehr Unternehmen, die von dem Profit, den ihre Fußballmannschaft einbringt, abhängig sind. Die Präsidenten der Vereine sind Manager mit entsprechendem Gehalt. Der wahre Kaiser vom FC Bayern, sein Präsident Neudecker, „Meineid“-Siebert von Schalke 04 oder Dr. Krohn vom HSV sind deshalb auch dazu übergegangen, die Zusammensetzung der Mannschaften teilweise selbst zu bestimmen, sogenannte Spielereinkäufe selbst vorzunehmen, so wie es das Profitinteresse vorschreibt. Die Trainer sind in diesem Geschäft Vollzugsgehilfen, die die Spieler auf Erfolg zu trimmen haben. Wie geht das vor sich?

Der Trainer muss die Mannschaft schleifen.

Unter anderem auf Initiative von Sepp Herberger, der die Nazi-deutsche Fußballmannschaft ab 1936 trainiert hatte, wurde in Köln die Deutsche Sporthochschule gegründet. Diese Sporthochschule dient der Trainerausbildung, der medizinischen Untersuchung zur Entwicklung geeigneter Trainingsmethoden und Spieltaktik. Die Mitarbeiter beobachten Spielabläufe und untersuchen dabei, wie viel und was für welche Bewegungen von einzelnen Spielern (Verteidiger, Läufer, Stürmer) beim Spiellauf vorgenommen wird.

Auf dieser Grundlage wird ein Trainingsprogramm entwickelt, das diesem Spielablauf gerecht wird: Sprint mit Ball, Sprint ohne Ball, Eckenschuss, Schuss aus der Drehung und die Fähigkeit 90 Minuten hartes Spiel mitzumachen. Die Trainingspläne sind so entwickelt, dass sie einen Profispieler die ganze Woche beschäftigen … die Folge dieser Schinderei: Häufige Trainingsverletzungen, Sehnenzerrungen, Sehnenrisse, Meniskusschäden und anderes. Diese Verletzungen bei Training und Spiel werden bewusst in Kauf genommen; denn beim kapitalistischen Sport stehen Millionenbeträge auf dem Spiel

Die wichtigste Aufgabe eines Trainers ist die Bestimmung der Spieltaktik; denn für die Schleiferei hat er in der Regel einen sogenannten Konditionstrainer. Der Trainer bestimmt, in welcher Weise gegen bestimmte Mannschaften gespielt wird … Diese Entwicklung ist selbst Ausdruck des „harten Geschäfts“, das der Profi-Fußball geworden ist. 11 Spieler einer Profi-Mannschaft sind gleichzeitig 11 Konkurrenten …

Sie konkurrieren untereinander in der Höhe ihrer Gehälter, sie buhlen gegeneinander um die Gunst des Trainers oder des Vereinspräsidenten, und alle stehen in Konkurrenz zu den Einzelspielern, die in die Stammmannschaft möchten. Für Freundschaft oder Fairness bleibt da kein Platz mehr. Technisch und konditionell gut getrimmte Spieler wie Beckenbauer und Müller in München oder auch Johann Cruyff beim FC Barcelona spielen dann in der Mannschaft der Primadonna. Will der Trainer in Ruhe sein Geld verdienen, ist er gezwungen, auf diese Spieler besonders einzugehen. So wird die gesamte Mannschaftstaktik umgemodelt, auf die Spitzenspieler der jeweiligen Clubs ausgerichtet. Das Kollektiv ist zerschlagen. Diese Ausrichtung der Fußballtaktik auf bestimmte Spieler, die Degradierung der Mannschaft zu Vollzugsgehilfen ist charakteristisch für den imperialistischen Fußballsport geworden.

Darüber hinaus werden dann noch Tricks entwickelt, um die Fußballregeln, sinnvoll wie unsinnige, geschickt auszulegen und in die taktischen Überlegungen mit einzubeziehen. Herberger fing damit an, die Spieler darauf auszurichten, mit vorgestrecktem Bein in den Lauf des gegnerischen Lauf zu springen, um ihn vom Ball zu trennen, die sog. „Herberger-Sichel“. Dann werden Foul und unfaires Spiel einkalkuliert. Wenn der gegnerische Sturm die eigene Mannschaft überspielt hat, eignet sich sehr gut ein Handspiel, um den Spielfluss zu stoppen. Zwar bekommt der Gegner den Freistoß, aber die eigene Mannschaft kann sich sammeln.

Eine große Perfektion herrscht darin, nach einem Zweikampf sich irgendwelche Körperteile zu halten, als angeblichen Nachweis dafür, dass sie unfair gerempelt wurden. Kollektive Mittel, um den Gegner zu stoppen, ist auch die „Abseits-Falle“. Wenn ein Spieler allein vor dem gegnerischen Tor steht, nur den Torwart vor sich, und ihm wird von hinten der Ball zugespielt, befindet er sich im „Abseits“. Deshalb üben die Verteidigerreihen vieler Mannschaften, wie man sich schnell vom Tor entfernt, falls ein gegnerischer Spieler allein vor dem Tor stehen sollte. Mit sportlichem Wettkampf hat das nichts zu tun …“
Q: Kämpfende Jugend Nr. 6, Köln Juni 1976

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