Werner Figgen

Beiträge zur Biographie 1969 bis 1974

Von Jürgen Schröder, Berlin, 3.1.2012

Werner Figgen war in dem hier betrachteten Zeitraum einer der wichtigsten Landespolitiker der SPD, für die er zunächst als Arbeits- und Sozialminister, dann als Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales in der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen tätig war.

In dieser Funktion war er Ansprechpartner für durch Stilllegungen von Arbeitsplatzverlusten betroffenen Belegschaften (vgl. 30.6.1969, 19.10.1970), aber auch für diejenigen Bürger, die die Errichtung öffentlicher Einrichtungen wie etwa von Krankenhäusern forderten (vgl. 27.10.1969) oder sich wie die Umschüler in sozialen Notlagen befinden (vgl. 26.11.1970).

Von Seiten der DGB-Führung erfährt Werner Figgen wiederholt wohlwollende Erwähnung (vgl. 14.11.1969, März 1971), bei den Linken allerdings wird Figgen eher kritisch gesehen, gilt er doch als einer derjenigen, die sich zwecks der Zurückdrängung der Linken für die Stärkung der betrieblichen Aktivitäten der SPD engagieren (vgl. Apr. 1970, 30.9.1970, 25.1.1971). Er selbst besucht wiederholt wichtige Betriebe des Landes (vgl. Mai 1970). Vor allem aber engagiert Figgen sich in verschiedenen Tarifrunden als sog. 'politischer Schlichter'.

Diese Tätigkeit Werner Figgens beginnt spätestens mit der Metalltarifrunde (MTR) 1970, in der Figgen als Schlichter auftritt (vgl. Juli 1970, 2.10.1970, 21.10.1970, 23.10.1970, 24.10.1970, 28.8.1971), und die als erste Metalltarifrunde nach den Septemberstreiks 1969 von großer Bedeutung für die weitere Entwicklung der Lohnauseinadersetzungen war, wobei die Kritik von links vor allem darauf hinweist, dass durch die Figgensche Schlichtung vor allem die Gewerkschaften Zugeständnisse machten, Figgen selbst sich offenbar die Durchsetzung des staatlichen Lohndiktats zum Ziel gestellt habe (vgl. 26.10.1970, 27.10.1970).

Bei den betroffenen Metallarbeitern trifft das Ergebnis der Schlichtung zwar überwiegend auf Ablehnung, aber diese ist nicht groß genug um den Verlauf der Tarifrunde noch zu verändern (vgl. 30.10.1970), ist doch offenbar auch die IG Metall-Führung für einen Abschluss (vgl. 31.10.1970, 7.11.1970).

Umgehend wird Figgen daher des Verrats geziehen, zumindest bei jenen, die damals noch Hoffnungen in die Sozialdemokratie setzen bzw. die wie die Junge Garde (vgl. Nov. 1970) und die KPD/ML-Zentralbüro bzw. ihr KJVD (vgl. 23.11.1970, Jan. 1971, 30.4.1971) an diesen Hoffnungen mit ihrer Agitation anzuknüpfen suchen.

Innerparteilich ist Werner Figgen bei den Jusos seines Bezirks Westliches Westfalen offenbar recht unbeliebt, was sich schon im Herbst 1970 andeutet, wo die mangelnde innerparteiliche Demokratie auch Figgen angelastet wird (vgl. 21.9.1970), was aber keineswegs die Stärkung seiner innerparteilichen Position im SPD-Landesverband NRW als einer der beiden Stellvertreter des Landesvorsitzenden Heinz Kühn verhindert (vgl. 5.12.1970).

Neben seinen partei- und landespolitischen Aktivitäten ist Figgen auch noch Herausgeber der 'Westfälischen Rundschau', die von den damals in der der 'Aktion Widerstand' (AW) organisierten Nationalsozialisten und sonstigen Rechtsradikalen bekämpft wird (vgl. 10.2.1971).

Auch die Kritik von links an Figgen aber verstummt keineswegs, verleiht Figgen doch das Bundesverdienstkreuz an Brandi von den Hüttenwerken Oberhausen (HOAG - vgl. 18.5.1971, 24.5.1971) und auch beim Giftmüllskandal von Bochum-Gerthe wird Figgen offenbar als mitschuldig erachtet (vgl. 30.8.1971), ist er doch auch für den Umweltschutz zuständig.

Heftige linke Kritik aber entzündet sich vor allem an Figgens erneuter Schlichterrolle in der Chemietarifrunde (CTR) 1971 des Bezirks Nordrhein, der damals als kampfstärkster Bezirk der IG Chemie gilt (vgl. 9.6.1971, 12.6.1971, 15.6.1971, 16.6.1971, 21.6.1971, 23.6.1971, 29.6.1971, 3.7.1971).

Auch im Bereich des Steinkohlenbergbaus aber engagiert sich Figgen, nicht nur bei der schleichenden Stilllegung der RAG-Zechen (vgl. 30.6.1971), was ihm auch bei Opel Bochum (vgl. 4.9.1971) im Metallbereich vorgeworfen wird, wo er für die Metalltarifrunde 1971 zunächst wiederum als Schlichter in der Diskussion ist (vgl. 23.10.1971, 1.11.1971). Dazu aber kommt es nicht, Werner Figgen wird dafür aber wenig später erneut als Schlichter tätig in der Steinkohlen-Bergbautarifrunde (BETR) 1972, in die die KPD/ML-Zentralbüro, wie hier von der Schachtanlage Minister Stein /Fürst Hardenberg in Dortmund dokumentiert, massiv intervenierte, zumindest im Vergleich zu allen sonstigen linksradikalen Interventionen in Bergbautarifrunden (vgl. 17.6.1972, 20.6.1972, 21.6.1972, 22.6.1972, 12.7.1972, Aug. 1972).

Werner Figgen engagiert sich anschließend im Bundestagswahlkampf, wie hier aus Dortmund berichtet wird (vgl. 15.10.1972, 26.10.1972), befasst sich aber auch weiter mit dem Umweltschutz, wobei seine Bemühungen beim Vorstand der Dortmunder Hoesch Hüttenwerke auf Anklang zu stoßen scheinen (vgl. März 1973), während die Marxisten-Leninisten (ML) Dortmund in ihrer 'Roten Front' heftig gegen ihn bzw. sein Ministerium polemisieren (vgl. 2.3.1973) und auch der Kommunistische Jugendverband (KJV) der KPD ihm falsche Zufriedenheit mit den Verhältnissen vorwirft (vgl. Juni 1973), der Kommunistische Jugendbund (KJB) Dortmund von dem durch ihn als undemokratisch erachteten Richtlinien für Jugendtreffs berichtet (vgl. 8.5.1974).

Jenseits der linksradikalen Kritik an Werner Figgen gibt es aber auch innerparteilich Widerstand bei den Dortmunder Jungsozialisten, die sich deutlich gegen Werner Figgens Kandidatur zum Landesvorsitzenden aussprechen (vgl. 22.8.1973, 23.8.1973, 3.9.1973), ohne dass dies aber seinen Erfolg dabei verhindert hätte.

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

30.06.1969:
Für den 'EXI' berichtet Hans Bender aus Olpe:"
KONZERN AUF DEM RÜCKZUG

'Das wird ja immer unangenehmer', rief - laut 'Westfälische Rundschau' ((WR,d.Vf.) 1. Juli 1969) - Prokurist Latta von der 'Rothe Erde Schmiedag AG' (Dortmund) angesichts des heranrückenden Demonstrationszuges. Er hatte begriffen, daß die Aktion Stillegung schief ging und der schwarze Peter bei der Rothe Erde hängen bleiben würde. Die Belegschaft der Betriebe Olpe und Lütringhausen (?,d.V*.) des Hammer-Werks Ruegenberg war im Anmarsch. Viele brachten ihre Frauen und Kinder mit und mehrere andere Metallbetriebe hatten sich ihnen angeschlossen. Vor kurzem hatte die örtliche Presse ausposaunt - aus 'gut informierter Quelle' -, daß beide Werke am 30. September stillgelegt werden sollen. (Beileibe nicht vor den Bundestagswahlen! (BTW - vgl. 28.9.1969,d.Vf.)) Die Empörung richtete sich gegen den Hoesch-Konzern, dem das Hammer-Werk über die Rothe Erde angeschlossen ist. Auf den selbst gebastelten Transparenten hieß es: 'Mutter Hoesch läßt ihre Kinder verhungern'; 'Heute wir - morgen ihr'; 'Für Hoesch holten wir hohe Summen - warum will man uns jetzt verdummen?'; 'Stadtväter was nun?'; 'Das Kapital ist zu beklagen, lebt nur von roten Zahlen'; 'Ist der Menschenhandel noch nicht tot?'; 'Sagt uns endlich die Wahrheit!'; 'Wir fordern Erhaltung unserer Betriebe'; 'Wer ist der Sündenbock?'; 'Sieht so unsere Mitbestimmung aus?'; 'Rotterdam ja, Olpe nein!' Die überfüllte Stadthalle Olpe erlebte ihre stürmischste Protestkundgebung. An der Stirnwand die Hauptlosung: 'Die Erhaltung unserer Arbeitsplätze am Ort ist der beste Sozialplan!'

Es geht hier um Struktur-, Mitbestimmungs- und Konzernpolitik zugleich. Der Kreis Olpe hat in letzter Zeit 3 000 Arbeitsplätze verloren - nun sollten weitere weiße Stellen in der Infrastruktur entstehen. Was die Aktion der 250 Betroffenen für den Mitbestimmungs-Konzern Hoesch so brisant machte, war die Massenbasis: Ganz Olpe war dabei und alle Institutionen sahen sich gezwungen - zumindest verbal - gegen den Konzern und für die Erhaltung der Arbeitsplätze Stellung zu nehmen. Belegschaftsangehörige in der Diskussion: 'Hier wird mit gezinkten Karten gespielt'; 'Das geht nicht mit rechten Dingen zu.'

Eine eigenartige 'Volksfront', die sich hinter sie stellt: Bürgermeister Enders (CDU): 'Auch für den Hoesch-Konzern muß gelten: Nicht den Menschen zur Arbeit bringen, sondern die Arbeit zum Menschen. Man kann unsere Menschen nicht einfach in andere Betriebe verpflanzen, wo sie wieder in der untersten Lohngruppe anfangen müssen.'

SPD-Bundestagsabgeordneter Martin Wendt: ' Wir können uns nicht gefallen lassen, daß immer mehr Betriebe abwandern.' Er habe sich deswegen an die SPD-Minister Schiller, Figgen und Kassmann gewandt.

In ihrer Ausgabe vom 30.6.1969 brachte die 'Westfälische Rundschau' unter der Überschrift 'SPD-Delegation erbat wirksame NRW-Soforthilfe; Die Minister Kassmann und Figgen über Olper Probleme informiert; 250 Arbeitsplätze in den beiden Hoesch-Werken noch in Gefahr' einen Bericht, der zeigt, welches Ausmaß die Angelegenheit inzwischen angenommen hatte: 'Die für den heutigen Montagnachmittag (30.6.), 14 Uhr 30, in der Olper Stadthalle geplante Protestversammlung der beiden Belegschaften der Rothe Erde-Schmiedag AG Olpe/Lütringhausen dürfte weiteren Aufschluß über das Schicksal der rund 250 Arbeitsplätze geben, die - so der Wille des Hoesch-Konzerns - am 30.September 1969 für den Wirtschaftsraum Olpe verlorengehen werden. Trotz Erklärungen der Betriebe, der Gewerkschaften und der Kommunalpolitiker besteht nach wie vor noch Unklarheit…

Eben aus dieser Ungewißheit heraus versuchte der Vorstand der Olper SPD mit Unterstützung des SPD-Bundestagsabgeordneten Martin Wendt mit kompetenten Ministern des Landes Nordrhein-Westfalen über dieses für den heimischen Raum so schwerwiegende Problem zu sprechen. Die bisherigen SPD-Stadtverordneten Paul Palmer, Hubert Schrage und Alois Adler sowie der 2. Vorsitzende, Herbert Ganady, sprachen mit dem Arbeits- und Sozialminister Werner Figgen und mit dem Wirtschaftsminister Fritz Kassmann. Unter anderem nahmen an diesem Gespräch auch MdB Martin Wendt und das Mitglied des Gesamtvorstandes der IG Metall, Willi Michels, teil. Michels, Bundestagsabgeordneter und Mitglied des Aufsichtsrates der Hoesch AG, konnte zu dieser Sachdebatte wichtige Beiträge geben.

Überraschend kam für die Olper Delegation aus dem SPD-Ortsverein die Äußerung von Willi Michels, daß hier Direktoren sehr voreilig mit fast konkret scheinenden Mitteilungen operiert hätten. Eine evtl. Schließung des Olper Werkes mit der unrentabel gewordenen Kugelproduktion steht erst am morgigen Dienstag (1. Juli) in einer Aufsichtsratssitzung zur Debatte. Ferner betonte Michels, daß eine Beschlußfassung über die eventuelle Schließung nicht im Aufsichtsrat vollzogen werde. Es steht lediglich fest, daß die Kugelproduktion eingestellt werden soll.

Laut Aufsichtsratsmitglied Willi Michels wird in Erwägung gezogen, die Arbeitsplätze im Werk Olpe durch die Aufnahme einer anderen Produktion zu erhalten. Zum Flanschenwerk Lütringhausen erklärte Michels: 'Eine Schließung dieses Werkes steht nicht zur Debatte.'

…Zum Problem der Erhaltung der Arbeitsplätze (Hoesch-Werke) versprach Wirtschaftsminister Kassmann, gegebenenfalls über Finanzhilfen mit Hoesch zu verhandeln.

…Minister Figgen, der gestern den Besuch von Bundeswirtschaftsminister Schiller erwartete, versprach, mit dem Bundeswirtschaftsminister die ihm vorgetragenen Olper Industrieprobleme zu erörtern.'"
Quelle: Express International Nr. 77,Frankfurt 25.7.1969,S.6

27.10.1969:
In Dortmund erscheinen vermutlich in dieser Woche eine Reihe von Flugblättern der Kandidaten der DKP zu den Kommunalwahlen (KW - vgl. 9.11.1969), jeweils unter Verantwortung des betreffenden Kandidaten. Im Wahlbezirk 24 kandidiert Rudi Skott:"
Verehrte Bürgerinnen, verehrte Bürger!

Ein gemeinsames Anliegen aller Bewohner des Verwaltungsbezirks Lütgendortmund, Bövinghausen und Westrich ist der versprochene Neubau eines Krankenhauses anstelle des alten, baufälligen, von Bergschäden zersetzten evangelischen Spitals.

Weil die SPD-Kommunalpolitiker zwar den guten Willen haben, neue und moderne Straßen, Schulen und Krankenhäuser zu bauen, es aber nicht ausführen, weil ihnen von der Landes- und Bundesregierung soviel Finanzmittel entzogen wurden, daß sie es nicht können. So blieb auch das Versprechen des in NRW amtierenden Arbeits- und Sozialministers Figgen: 'Das Krankenhaus wird 1969 gebaut!' unerfüllt. Mit Mehrheit hat die SPD im Rat der Stadt Sitz und Stimme, im Lande NRW steht sie in der Regierungsverantwortung und bis vor kurzem war sie im Bund Mitglied der Großen Koalition. Jetzt, nach den Bundestagswahlen, stellt die SPD selbst die Regierung. In der Regierungserklärung jedoch gab es keinerlei Hinweise dafür, daß die Rüstungslasten gekürzt werden. Die Städte werden also nicht mehr Finanzen bekommen. Nach wie vor wird von 'oben' eine Politik gemacht, die nicht auf die Erfordernisse 'unten' orientiert ist."
Q: Skott, Rudi:Wählt am 9. November DKP Deutsche Kommunistische Partei,Dortmund o.J. (1969)

14.11.1969:
Am 16.10.1969 wurde vom Vorstand der IGBE für den 14.11.1969 zum Gewerkschaftstag 1969 (vgl. 23.6.1968, 10.4.1970) nach Dortmund (Kleine Westfalenhalle) eingeladen. Den Geschäftsbericht des Vorstandes gibt Karl van Berk, als Ehrengast spricht Walter Arendt zu den Delegierten, Adolf Schmidt hält die Fest- und die Abschlußansprache, Ehrengast der Veranstaltung ist auch Dr. Gustav Heinemann (SPD,d.Vf.). Weitere Ehrengäste sind: Heinz Oskar Vetter (DGB Vorsitzender), Heinrich Sondermann (SPD, OB der Stadt Dortmund), Heinrich Guthermut, Hans Katzer (CDU, Bundesarbeitsminister a.D.), Rudi Nickels und Werner Figgen (SPD, Arbeitsminister von NRW).
Q: Einheit Nr. 20, 21, und 23,Bochum 16.10.1969, 1.11.1969 bzw. 1.12.1969,S.*,S.* bzw. S.1

April 1970:
Für die DKP berichtet Werner Finkemeier vermutlich aus dem April:"
SPD WÜRDIGT DKP-EINFLUSS

SPD-BEZIRKSPARTEITAG WESTFALEN-WEST

Gegen starke kommunistische Aktivität in den Betrieben gäbe es kein besseres Argument, als wirtschaftliche Sicherheit und fortschrittliche Gesetze. Das sagte der wiedergewählte SPD-Bezirkschef, NRW-Sozialminister Werner Figgen, den 300 Delegierten des Bezirksparteitages in Gelsenkirchen.

Die SPD fühlte sich den Werktätigen in besonderer Weise verpflichtet. Von dieser Grundhaltung her bestimme sich die Arbeit der SPD.

Ein in letzter Zeit ungewöhnliches Bekenntnis zur Arbeiterklasse und eine unerwartete Anerkennung für die vorwärtstreibende Wirkung der DKP-Arbeit aus prominenter Quelle. Die Kommunisten haben diese Wirkung beabsichtigt. Soziale Sicherheit und fortschrittliche Gesetze spielen in der Zielsetzung der DKP eine wichtige Rolle.

Allerdings - wenn Figgen den Mund spitzt, muß er auch pfeifen.

Die Delegierten sprachen sich für Vermögensbildung aus. Sie wollen, daß 50 Prozent der privaten Kapitalgewinne in einen überbetrieblichen Sozialfonds eingebracht werden. Dieser Fond soll demokratisch kontrolliert und von Arbeitnehmervertretern verwaltet werden. Seine wesentliche Aufgabe: Mitentscheidung der Werktätigen über Investitionen und Produktionen der Betriebe.

Diese Gedanken gehen sicherlich weit über die bisher aus diesem Kreis bekanntgewordenen Vorstellungen hinaus. Der Plan läßt Fragen offen, aber er ist diskutabel. Marx äußerte einmal den Gedanken, es wäre am besten, die ganze (kapitalistische) Bande auszukaufen. Soll der Fond dazu ein Grundstock werden? Selbst mit genügend Geld wären die Kapitalisten hierzulande nicht ohne weiteres auszukaufen. Wirksame Mitentscheidung über Investition und Produktion lassen sich nur über die erkämpfte Mitbestimmung erreichen. Dabei könnte ein solcher Fond unter Umständen ein Hilfsmittel nebenbei werden.

Ein Gesetzentwurf über die Ausdehnung der Mitbestimmung auf alle Großunternehmen soll schnell vorgelegt werden. Das forderten denn auch die Delegierten in Gelsenkirchen, obwohl Bundessozialminister Arendt folgenden Weg konzipiert hatte: Erst Verbesserung des Betriebsverfassungsgesetzes (BVG, d.Vf.), dann Ausarbeitung von Vorstellungen zur Durchsetzung der Mitbestimmung. Ein langer Weg; zu lang.

Den Delegierten, die zuvor Bundeswirtschaftsminister Schiller heftig kritisierten, weil er kein Wort zur Preisentwicklung und ihrer Eindämmung sagte, schüttete Bundesfraktionschef Wehner Wermut in den Wein: Sie sollten keine allzuhochgeschraubten Forderungen stellen. Die SPD müsse auf die immer größer werdende Identität ihrer Politik mit den Interessen breiter Bevölkerungskreise achten. Soziale Reformen könnten angesichts der bestehenden Mehrheitsverhältnisse nur Schritt für Schritt verwirklicht werden.

Was heißt das? Von sozialen Reformen profitieren breiteste Bevölkerungskreise - mit Ausnahme der Großindustriellen und was das Machtverhältnis dazu angeht: Über 80 Prozent der Bevölkerung lebt von Lohn und Gehalt."
Q: Unsere Zeit - Ausgabe NRW Nr. 17, Essen 25.4.1970, S.16

Mai 1970:
Laut 'Werk und Wir' stattet vermutlich im Mai der NRW-Arbeits- und Sozialminister Werner Figgen (SPD) in Begleitung von Arbeitsdirektor Dr. Günter Sieber und dem Betriebsratsvorsitzenden Albert Pfeiffer, der Westfalenhütte einen Besuch ab.
Q: Werk und Wir Nr. 6, Dortmund Juni 1970, S.85

Juli 1970:
Der KJVD der KPD/ML-ZB (vgl. Juni 1971) berichtet über den SPD-Arbeitsminister von NRW, Figgen, bzw. die Metalltarifrunde (MTR) der IGM:"
Minister Figgen war einer der ersten, die sich für Schillers Lohndiktat einsetzten. Schon im letzten Juli meinte er, 7 - 8% mehr Lohn seien genug für die Metallarbeiter."
Q: Der Kampf der Arbeiterjugend Nr. 6, Bochum Juni 1971, S.10

21.09.1970:
Die DKP berichtet vermutlich aus dieser Woche:"
JUSOS SIND KEINE BEFEHLSEMPFÄNGER
HARTE KRITIK AN KÜHN UND FIGGEN

Die Landeskonferenz der Jungsozialisten (JUSOS) in Leverkusen übte harte Kritik an der innerparteilichen Demokratie der SPD. Die Jungsozialisten forderten eine viel stärkere Beteiligung an den Entscheidungen über SPD-Landespolitik in Nordrhein-Westfalen. Ein Diskussionsredner sagte unter dem stürmischen Beifall der 139 Delegierten: 'Die Landespolitik wird vielfach unter dem Ausschluß der parteipolitischen Öffentlichkeit betrieben. Die Minister legen fest und kein Mitglied besitzt das Recht und die Information, um mitmachen zu können.'

Das NRW-Programm der SPD sei zum Beispiel lediglich von Ministerpräsident Kühn und einigen anderen Experten ausgearbeitet worden. Damit sei die ganze SPD zu 'Befehlsempfängern' degradiert worden. Um das künftig zu verhindern, soll der Landesparteitag der SPD, das höchste Beschlußgremium im Lande sein. Dort sollen die Koalitionsfragen, das Wahlprogramm und der Haushaltsplan der Partei verabschiedet werden. Bisher geschah das nicht. Außerdem soll die Landtagsfraktion der SPD dem Landesparteitag rechenschaftspflichtig sein.

Der Parteivorstand der SPD und die Bundesregierung wurden aufgefordert, die Befreiungsfront in Mozambique gegen die portugiesische Kolonialmacht politische und finanziell zu unterstützen. Deshalb müsse die Bundesregierung die Kreditbürgschaft von 400 Millionen DM an westdeutsche Konzerne für den Cabora-Bassa-Staudamm zurückziehen. Dieser Staudamm mitsamt den geplanten Riesenkraftwerken diente nur Portugal und Südafrika (Azania, d.Vf.). Mit einem Seitenhieb auf Ministerpräsident Kühn und Landeswahlleiter Figgen wurde von der Landeskonferenz kritisch vermerkt, daß auf dem SPD-Landesparteitag am 4.12.1970 Anträge und Diskussionen überhaupt nicht vorgesehen seien.

Neuer Landesvorsitzender der JUSOS wurde der Leiter der Oberhausener Volkshochschule (VHS, d.Vf.) Manfred Dammayer (31). Er löste Dr. Antwerpes ab, der vier Jahre lang den Vorsitz innehatte und in Leverkusen nicht mehr kandidierte. Die Rote-Punkt-Aktion in Leverkusen wurde unterstützt."
Q: Unsere Zeit - Ausgabe NRW Nr. 40, Essen 3.10.1970, S.15

30.09.1970:
Die Nr. 37 des 'KND' der KPD/ML-ZB (vgl. 25.9.1970, 3.10.1970) erscheint. In "SPD will sich an der Basis organisieren" wird u.a. bekanntgegeben:"
Daß der SPD die 'Basis' verlorengeht, hatte Figgen schon vor einem halben Jahr erkannt, als er zu einem verstärkten Engagement der SPD in den Betrieben, zur Förderung von Betriebsgruppen und -zeitungen aufforderte.

Um ihren schwindenden Einfluß in der Arbeiterklasse zu kompensieren, sucht die Sozialdemokratie nach neuen Mitteln, die Massen und das eigene Fußvolk an sich zu binden. Jetzt will sie auf unterster Ebene versuchen, 'Kontakt-Gruppen' zu organisieren, die dann zu 'Basisgruppen der Demokratie' werden sollen. In diesen Gruppen, die noch kleinere Einheiten als die Ortsvereine bilden, soll der 'Willensbildungsprozeß von unten nach oben' gefördert werden. In diesen Gruppen will man Personen verschiedener 'Schichten' zusammenbringen, diskutieren lassen und dazu führen, daß sie Anteil am politischen Geschehen 'oben' nehmen. Ein solchen Experiment führt ein Herr Friedrich in seinem SPD-Bezirk Franken durch und erfreut sich dabei finanzieller und freundschaftlicher Unterstützung von Brandt und Wehner." Dies laufe auf die Schaffung einer Volksgemeinschaft und das Betreiben der Versöhnung der Klassen hinaus.
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 37, Bochum 30.9.1970

02.10.1970:
Laut KPD/ML-ZB erscheint in NRW frühestens heute während der anlaufenden Schlichtung bei den Metalltarifverhandlungen (MTR) durch Figgen ein zentrales Flugblatt vom Landesverband NRW der KPD/ML-ZB herausgegeben, welches aber ideologische Abweichungen aufweise, für die Peter Weinfurth verantwortlich gemacht wird (vgl. 30.10.1970).
Q: Der Parteiarbeiter Nr. 1, Bochum Jan. 1971

19.10.1970:
Der DKP Kreisvorstand Dortmund gibt frühestens in dieser Woche eine Ausgabe seines 'Lüfter' (vgl. 12.10.1970, 8.3.1971) für die Belegschaft der Zechen Zollern und Germania mit 4 Seiten DIN A 4 unter Verantwortung von Werner Groß heraus. Als Leitartikel dient ein:"
BRIEF AN DEN MINISTER

Deutsche Kommunistische Partei
Kreisvorstand Dortmund

Herrn Minister Werner Figgen

4 Düsseldorf
Landesregierung

Betr.: STILLEGUNG DES ZENTRALSCHACHTES GERMANIA IN DORTMUND

Sehr geehrter Herr Minister!

Sie gehören als Vertreter der Landesregierung dem Aufsichtsrat an, der in Kürze (vgl. 15.10.1970, d.Vf.) dem Vorstandsbeschluß der Ruhrkohle AG (RAG - vgl. **.**.1970, d.Vf.), die Schachtanlage Germania stillzulegen, zustimmen soll.

Wir ersuchen Sie, Ihren ganzen Einfluß dahin geltend zu machen, daß dieser Beschluß im Aufsichtsrat nicht gefaßt wird.

Es widerspricht den Grundprinzipien der Demokratie und den volkswirtschaftlichen Interessen, daß der Profit das einzige Leitmotiv für strukturpolitische Maßnahmen sein soll.

Wir sind der Meinung, daß nach Lage der Dinge keinerlei Anlaß besteht, den Strukturwandel im Energiebereich mit staatlichen Mitteln zu beschleunigen.

In einer sich entwickelnden Wirtschaft wächst der Energiebedarf. An dem Zuwachs können alle Energieträger, vor allem aber die heimische Kohle beteiligt sein.

Noch in jüngster Zeit wurden Millionen in die Anlage investiert, weil man sehr wohl einen lohnenden Abbau der Kohle errechnet hatte. Das beweist auch der bis 1973 reichende Kohlegewinnungsplan für die Schachtanlage Germania.

Wer heute behauptet, gestern falsch gerechnet und geplant zu haben, kann für sich in Anspruch nehmen, jetzt eine richtige Entscheidung treffen zu wollen. Die Unfähigkeit der Konzerne ist wohl nirgendwo so deutlich sichtbar, wie hier im Ruhrbergbau.

Alles das geht seit Jahren und wieder, trotz Sozialplan, auf Kosten der Bergleute und ihrer Familien.

Nach unserer Überzeugung ist die Erhaltung der Schachtanlage der beste Sozialplan für die Belegschaft und die beste Lösung für alle Bevölkerungsteile, die vom Bergbau abhängig sind und davon leben.

GLÜCKAUF!

gez. Werner Groß
Vorsitzender"
Q: Lüfter Brief an den Minister, Dortmund o.J. (1970)

21.10.1970:
Die Nr. 43 des 'KND' (vgl. 17.10.1970, 24.10.1970) der KPD/ML-ZB erscheint. In NRW (vgl. 19.10.1970) wolle sich SPD-Arbeitsminister Figgen in die Tarifrunde einschalten und versuchen, das 'abgebrochene Gespräch zwischen den Tarifpartnern' wieder in Gang zu bringen. Die IGM habe lautstark den Schlichter angegriffen und damit versucht von ihrem eigenen Angebot, welches eine Lohnerhöhung von nur 10% vorsah abzulenken. Für die Lehrlinge der Eisen- und Stahlindustrie wurde eine Erhöhung der 'Ausbildungsvergütungen' für diejenigen, die ihre Lehre unter 18 Jahren begannen, auf 190 DM im ersten, 220 DM im zweiten, 260 DM im dritten und 310 DM im vierten Lehrjahr vereinbart. Für diejenigen, die mit über 18 Jahren begannen gibt es 230 DM im ersten, 260 DM im zweiten, 300 DM im dritten und 350 DM im vierten Lehrjahr.
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 43, Bochum 21.10.1970

23.10.1970:
In der Metalltarifrunde von NRW (vgl. 19.10.1970, 30.10.1970) wird eine Einigung erarbeitet, die eine Lohnerhöhung von 11% nach einer Vorweganhebung des Zeitlohns (bisher 4, 38 DM) und des Akkordlohns (bisher 4, 46 DM) auf 4, 54 DM vorsieht.

Die KPD/ML-ZB berichtet:"
Der herauskommende Ecklohn beträgt dann 5, 04 DM. Das sind für die meisten Metallarbeiter nicht mehr als 50 Pfennig Lohnerhöhung. Da aber in der Metallindustrie bereits ziemlich hohe übertarifliche Löhne gezahlt wurden, werden viele Arbeiter am Monatsende nicht mehr Geld in der Tasche haben, als vor dem Tarifabschluß, denn je mehr die Konjunktur nach unten geht, desto mehr werden die übertariflichen Leistungen gestrichen.

Figgen erklärte zur Einigung:
'Beide Seiten haben bei dem Kompromiß, der ausgehandelt worden ist, ihr Gesicht wahren können. Ich bin froh, daß meine Premiere als Tarifschlichter so erfolgreich verlaufen ist.' und 'ein Arbeitskampf wäre das Letzte, was sich unsere Wirtschaft im Moment erlauben könnte.'"

Für die DKP kommentiert Heinz Czymek die MTR der IGM:"
GEFÄHRLICHER TRUGSCHLUSS

Die Verhandlungsführer der IG Metall von Nordrhein-Westfalen haben in der politischen Schlichtung, die unter Regie des Arbeitsministers Figgen stand, einem Ergebnis zugestimmt, das weit unter der ursprünglichen Gewerkschaftsforderung liegt und somit keineswegs den Erwartungen der Metallarbeiter entspricht.

Man muß sich fragen, aus welchem Grunde die Verhandlungsführung der IG Metall einem erneuten Gespräch mit den Unternehmern zustimmte, ohne das Ergebnis der Urabstimmung abzuwarten. Denn mit der Streikbereitschaft der 1, 2 Millionen Metallarbeiter in Nordrhein-Westfalen im Rücken, wäre die ursprüngliche Forderung der Gewerkschaften sicherlich ohne Abstriche durchzusetzen gewesen. So bleibt die Vermutung, daß führende IG-Metaller aus der Überlegung handelten, ein konsequenter Lohnkampf, ein Streik gar, könne der sozialdemokratisch geführten Regierung schaden, mithin müsse eine 'politische Schlichtung' hingenommen werden, im Interesse der Stützung der Regierung.

Darin steckt ein gefährlicher Trugschluß. Die Gewerkschaften können sozialdemokratische Regierungen nicht stützen, wenn sie auf Kampfmaßnahmen, die sich ja gegen das Großkapital richten, verzichten. Dadurch wird die Unruhe der Arbeiter, deren berechtigte Forderungen nicht verwirklicht werden, nur noch vergrößert. Die arbeitenden Menschen haben doch einen berechtigten Anspruch darauf, einen größeren Anteil an den von ihnen geschaffenen Werten in Form von Lohn zu erhalten. Das wollen die Unternehmer nicht zulassen. Also blieb der Gewerkschaft nur die Chance, ihre Forderungen durch Kampfmaßnahmen zu verwirklichen. Diese Chance wurde nicht genutzt.

Der 'politische Schlichter' Figgen brachte also eine 'Einigung' zustande, bei der fast ausschließlich die Gewerkschaftsvertreter Federn lassen mußten. Mithin wird dieses Ergebnis nicht nur Kritik an der Haltung der IG Metall, sondern zugleich Kritik an der Haltung einer sozialdemokratischen Regierung auslösen, die sich als Anwalt der Unternehmerinteressen erwies. Eine solche Verhaltensweise muß dazu beitragen, die Basis sozialdemokratischer Regierungstätigkeit noch mehr zu verringern.

Die IG Metall hat beschlossen, die Metallarbeiter selbst in einer Urabstimmung über das Ergebnis zu befragen. Das ist ein Gewinn. Denn die Ablehnung des Verhandlungsergebnisses durch die Metallarbeiter würde nicht nur diesen faulen Kompromiß vom Tisch wischen, sondern zugleich das wirksamste Druckmittel sein, die Unternehmer zu weiteren Zugeständnissen zu zwingen. In Baden-Württemberg wurde ebenfalls eine Urabstimmung durchgeführt (vgl. **.10.1970, d.Vf.). Die Metallarbeiter von Nordrhein-Westfalen und ihre Kollegen in Baden-Württemberg repräsentieren eine solche Macht, die ohne jeden Zweifel imstande wäre, die 15prozentige Lohnforderung ohne Abstriche durchzusetzen."

Berichtet wird auch in:
- Baden-Württemberg in Mannheim durch die KPD/ML-ZK im IGM-Bereich (vgl. 26.10.1970).
Q: KPD/ML-ZK-OG Mannheim: Gewerkschaftsführung: Lakai des Kapitals!, Mannheim o. J. (Okt. 1970), S.1; Unsere Zeit Nr. 44, Düsseldorf 31.10.1970, S.2;Presse Nr. 2, Bochum o.J. (27.10.1970), S.1;Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 45, Bochum 26.10.1970, S.1f

24.10.1970:
Die Nr. 44 des 'KND' (vgl. 21.10.1970, 26.10.1970) der KPD/ML-ZB erscheint. In NRW habe SPD-Arbeitsminister Figgen einen Vermittlungsvorschlag von 12, 5% Lohn- und Gehaltserhöhung gemacht, um einen Streik zu verhindern. Dieser Vorschlag sei sowohl von den Kapitalisten als auch von den 'IGM-Bonzen' wenigstens als Verhandlungsvorschlag akzeptiert worden. Allerdings kam es in NRW jüngst noch zu Streiks in Unna (vgl. 19.10.1970) und Mülheim (vgl. 20.10.1970).
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 44, Bochum 24.10.1970

26.10.1970:
Die DKP berichtet aus dieser Woche von der Metalltarifrunde (MTR) der IGM:"
DAS LOHNDIKTAT IST ZU DURCHBRECHEN

METALLER ENTSCHEIDEN IN URABSTIMMUNGEN / BELEGSCHAFTEN IN NRW: 11 PROZENT REICHEN NICHT!

Stuttgart / Bremen / Bochum. UZ. - Etwa 1, 7 Millionen Metallarbeiter stehen in dieser Woche vor Urabstimmungen. In Nordwürttemberg/Nordbaden (NB/NW, d.Vf.) und in Bremen dürfte eine große Mehrheit bereit sein, für die 15-Prozent-Forderung in den Streik zu treten. In Nordrhein-Westfalen erfolgt am Freitag die Abstimmung über das Verhandlungsergebnis von elf Prozent, das in der 'politischen Schlichtung' mit Arbeitsminister Figgen (SPD, d.Vf.) zustande kam. Viele Belegschaften haben sich gegen dieses Angebot ausgesprochen. …
Der Vorstand der IG Metall hat zu den Urabstimmungen bemerkt: 'Den Arbeitgebern und der Öffentlichkeit muß bewiesen werden, daß es unmöglich ist, Tarifverträge gegen den Willen der Mitglieder der IG Metall aufzuzwingen.' Der zweite Vorsitzende der IG Metall, Eugen Loderer, bezeichnete es in der vergangenen Woche als Ziel seiner Gewerkschaft, dafür zu sorgen, daß das Sozialprodukt anders verteilt werde: 'Wir erklären ganz offen: Wir wollen an die Gewinne der Unternehmer heran!'

Das Ergebnis in Nordrhein-Westfalen wird von einem großen Teil der Metallarbeiter als unbefriedigend angesehen. Wie nie zuvor sah sich die Verhandlungskommission daher einer harten Kritik der Großen Tarifkommission ausgesetzt. Die Delegierten aus den Betrieben bemängelten vor allem, daß noch vor der Urabstimmung erneut mit den Unternehmern verhandelt wurde. Deshalb sei es erforderlich, die Mitglieder selbst über das Ergebnis abstimmen zu lassen. Mit einer Mehrheit von 116 zu 27 Stimmen wurde die Absetzung der für Mittwoch vorgesehenen Urabstimmung und die Ansetzung einer Urabstimmung für Freitag mit der Fragestellung beschlossen:

'Bist Du bereit, dem Gesprächsergebnis vom 23.Oktober zuzustimmen? Wenn Du mit Nein stimmst, mußt Du bereit sein zu streiken.'

Ganz ohne Zweifel ist dieser Beschluß der Tarifkommission Ausdruck für den wachsenden Einfluß der Mitglieder auf die Tarifbewegung, den die IG Metall akzeptiert.

Mit einer äußerst knappen Mehrheit ging dagegen die Abstimmung über das Verhandlungsergebnis aus. Nur 73 von insgesamt 168 anwesenden Mitgliedern der Tarifkommission hielten das Elf-Prozent-Angebot für annehmbar, 69 Kommissionsmitglieder lehnten es ab. Mehr als 46 Stimmberechtigte müssen sich also der Stimme enthalten oder an der Abstimmung nicht teilgenommen haben.

Ein namhafter Gewerkschafter der Tarifkommission zur UZ: 'Mit den Warnstreiks haben wir die 7 Prozent der Unternehmer vom Tisch gefegt; die Ankündigung einer Urabstimmung riß die 10-Prozent-Mauer; mit dem Ergebnis der Urabstimmung hätten wir auch ein wesentlich besseres Ergebnis durchsetzen und das Lohndiktat der Konzerne vollständig durchbrechen können.'

In mehreren Verwaltungsstellen wurde das Ergebnis ebenfalls als unzureichend abgelehnt.

Gegenüber der UZ erklärte der Opel-Betriebsratsvorsitzende (des Werkes Bochum, d.Vf.) Günther Perschke: 'Das Ergebnis befriedigt uns nicht. Die Belegschaft ist unruhig.' Diese Meinung kam auch in zahlreichen Telegrammen der Belegschaften an die Tarifkommission zum Ausdruck. Sie verlangen: 'Nein zu den elf Prozent, damit die 15 Prozent durchgesetzt werden.'"
Q: Unsere Zeit Nr. 44, Düsseldorf 31.10.1970, S.1

26.10.1970:
Für die DKP berichtet E. R. vermutlich aus dieser Woche von der MTR der IGM aus Mülheim:"
Die gegenwärtige Metall-Tarifbewegung sei die erste gewesen, die von der gesamten Mitgliedschaft getragen wurde. Die Tragik liege in der Wende, die sie nun genommen habe. Es sei zu befürchten, daß nunmehr ein großes gewerkschaftspolitisches Vertrauenskapital verspielt werde. Das erklärte der 1. IG Metall-Bevollmächtigte von Mülheim-Ruhr, Herbert Sandvoss, auf einer außerordentlichen Vertrauensleuteversammlung noch vor der Urabstimmung in Nordrhein-Westfalen über das 11-Prozent-Angebot der 'politischen Schlichtung' unter Landesarbeitsminister Figgen (SPD, d.Vf.).

Damit traf Sandvoss den Nagel auf den Kopf."
Q: Unsere Zeit Nr. 45, Düsseldorf 7.11.1970, S.1

27.10.1970:
In Bochum gibt die Opel-Betriebsgruppe der KPD/ML-ZB 'Die Presse' Nr. 2 (vgl. 28.9.1970, 22.1.1971) laut einer handschriftlichen Datierung heute mit folgenden Leitartikel heraus":
11%-ANGEBOT - GEMEINER VERRAT DER SPD-REGIERUNG UND DER GEWERKSCHAFTSBONZEN

Die SPD zittert vor jedem einheitlichen Kampf der Arbeiterklasse; denn immer mehr Kollegen haben die arbeiterfeindliche Lohnraubpolitik der SPD-Regierung durchschaut; Lohnleitlinien, Steuererhöhungen, Zwangssparen getarnt als 'Vermögensbildung', nichts gegen Preistreiberei und Mietwucher, aller für die Absicherung der Kapitalistenprofite; genau wie die CDU: Politik fürs Kapital nur mit der verlogenen Heuchelei; mehr für die Arbeiter tun zu wollen.

Doch unsere berechtigten Forderungen werden abgewiegelt. SPD-Minister Figgen nutzte sofort die gute Verbindung zu den SPD-hörigen Gewerkschaftsbürokraten aus und brachte sie mit den Kapitalisten an einen Tisch - zum Gemauschel hinter verschlossenen Türen. Unsere berechtigte Empörung über den gesamten Verlauf der Tarifrunde soll nun mit einem Prozent mehr als schon vorher angeboten war, niedergeschlagen werden. Mit ihrer 'Beruhigungspolitik' – so nannte SPD-Betriebsrat Perschke auf einer Betriebsversammlung (vgl. S2.**.19**, d.Vf.) selbst schon seine Arbeit als Betriebsrat - dürfen uns die IGM-Bonzen diesmal nicht mehr hereinlegen.

VERHINDERN WIR DEN VERRAT DER GEWERKSCHAFTSFÜHRUNG!
MACHEN WIR MIT DER KPD/ML DIE GEWERKSCHAFT ZUR KAMPFORGANISATION DER ARBEITERKLASSE
ORGANISIERT EUCH IN DER BETRIEBSGRUPPE DER KPD/ML"
Q: Die Presse Nr. 2, Bochum o.J. (27.10.1970)

30.10.1970:
In der nordrheinwestfälischen Metallindustrie führt die IGM in der MTR eine Urabstimmung über den Einigungsvorschlag von 11% Lohnerhöhung durch (vgl. 23.10.1970, 2.11.1970), die ursprünglich für den 28.10 geplant war. Hierbei kommt es, laut KPD/ML-ZB, zu folgenden Ergebnissen: Insgesamt befürworteten von den über 500 000 organisierten Metallern 33, 5% den Kompromiß, während 51, 2% dagegen waren und über 15% nicht abstimmten oder sich der Stimme enthielten.

Dazu schreibt die KPD/ML-ZB:"
Die Funktion der SPD als Partei des Monopolkapitals wird mit keinem Wort erwähnt. Das 'Zusammenspiel' von Unternehmern und Arbeitsminister Figgen wird bedauert, weil dadurch 'die sozialdemokratische Regierung ihre Basis in der Bevölkerung geschwächt hat' und damit der sozialen Demagogie der CDU noch mehr Raum gegeben hat. Die eigentliche Partei des Monopolkapitals ist aber laut D'K'P die CDU/CSU: 'Mit Nein stimmen, das heißt Strauß, Barzel und den Hintermännern in der Industrie, die ihren sozial-reaktionären Kurs durchsetzen wollen, eine Niederzulage beizubringen!'"

Bekannt wurde uns auch die bei Klöckner Hagen verbreitete:"
STELLUNGNAHME DER DKP ZUR LOHNBEWEGUNG DER METALLER

Die Tarifbewegung in der Metallindustrie in NRW ist für 1970 abgeschlossen. Sie hat sowohl für die eisenschaffende als auch für die verarbeitende Industrie nicht den erreichbaren Erfolg für die Arbeiter und Angestellten gebracht.

Da die Lehren aus dieser Tarifbewegung auch für die Kollegen der eisenschaffenden Industrie von Interesse sind, möchten wir die Erklärung der DKP zum Abschluß des Tarifvertrages in der verarbeitenden Industrie hiermit zur Kenntnis bringen.

Die Tarifbewegung in der Metallverarbeitung unseres Landes führte zu einem unbefriedigenden Ergebnis, das nicht den Forderungen, den Möglichkeiten und der vorhandenen Kampfbereitschaft der Metallarbeiter entspricht.

Wie kaum zuvor wurde diese Tarifbewegung von der breiten Mitgliedschaft getragen. Von der Entwicklung der Forderungshöhe an durch alle Phasen der Lohnrunde 1970 waren die Betriebsbelegschaften der bestimmende Faktor.

Warnstreiks, an denen sich Hunderttausende Metallarbeiter beteiligten, fegten die provokativen Unternehmer-'Angebote' von 7 und 10 Prozent vom Tisch. Getragen von dieser Kampfbereitschaft wurde auch das unternehmerfreundliche Schlichtungsangebot eindeutig abgelehnt. Mit überwältigender Mehrheit beschloß die Große Tarifkommission die Urabstimmung über die Ausgangsforderung von 15 Prozent.

Dann schaltete sich der sozialdemokratische Landesarbeitsminister Figgen als sogenannter 'politischer Schlichter' ein. Ausgehend von der irrigen Annahme, ein Arbeitskampf sei ein 'nationales Unglück' und schwäche die Position der Regierungen in Düsseldorf und Bonn, 'erschlichtete' Figgen den Unternehmern 4 Prozent.

Der 11 Prozent-Kompromiß schwächte aber in der Tat die Position der Regierungen in Bonn und Düsseldorf bei der Arbeiterschaft und stärkte die Position der Konzern-Bosse, die eng mit allen Rechtskräften von der CDU/CSU bis hin zur NPD darauf hinarbeiten, die SPD-geführten Regierungen in Nordrhein-Westfalen und im Bund selbst zu stürzen.

Das haben auch große Teile der Metallarbeiterschaft erkannt. Mit Mehrheit lehnten sie den faulen Figgen-Kompromiß ab. Damit wandten sie sich auch gegen die den Unternehmern dienenden Methoden der politischen Schlichtung, die praktisch zur Aushöhlung der Tarifautonomie führt. Lohnfragen sind Machtfragen! Und die müssen auch glaubhaft durch Einsatz gewerkschaftlicher Kraft gelöst werden.

Der in der Urabstimmung deutlich gewordene Mitgliederwille hat im eindeutigen Beschluß des IG Metall-Vorstandes, den Figgen-Vorschlag von 11 Prozent als bindend zu betrachten, nicht seinen Niederschlag gefunden. Damit sich der Vorstand leider über die Mehrheitsentscheidung in unserem Lande hinweggesetzt. Die Gefahr besteht, daß damit ein großes gewerkschaftspolitisches Vertrauenskapital verspielt werden kann.

Große gesellschaftspolitische Reformen stehen auf der Tagesordnung. Sie können nur durch starke, einheitlich handelnde und kampfbereite Gewerkschaften durchgesetzt werden. Das setzt voraus, daß der Mitgliederwille stärker als bisher Grundlage aller Entscheidungen wird. Nicht Austritte aus der Gewerkschaft, sondern Ausbau der innergewerkschaftlichen Demokratie schafft die Voraussetzung, die wachsenden Klassenauseinandersetzungen zu bestehen.

Der Tarifvertrag ist abgeschlossen, aber die Lohnbewegung ist noch nicht zu Ende. Angesichts wachsender Arbeitshetze in den Betrieben, weiterer Preis- und Mieterhöhungen und der anhaltenden Gewinnexplosion der Unternehmer kommt auf die Betriebsräte, Vertrauensleutekörper und Belegschaften die Aufgabe zu, dafür zu sorgen, daß jetzt zumindest die 11 Prozent voll auf den Effektivlohn ausgezahlt werden.

Die in den Warnstreiks und in der Urabstimmung sichtbar gewordene Kampfbereitschaft muß dabei in die Waagschale geworfen werden."

Die 'Werk und Wir' der Hoesch Hüttenwerke AG Dortmund berichtet:"
Im Tarifkonflikt in der nordrhein-westfälischen Metallindustrie - er betraf die Mitarbeiter unserer weiterverarbeitenden Gesellschaften - haben die Tarifpartner nach Genehmigung der Urabstimmung durch den Vorstand der IG Metall ein Ergebnis akzeptiert, das auf einen Einigungsvorschlag von Werner Figgen, dem nordrhein-westfälischen Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales, zurückging.

Dieses Ergebnis wurde nach der Urabstimmung am 30.Oktober 1970 von beiden Seiten genehmigt, obgleich 51 v.H. der bei der Urabstimmung abgegebenen Stimmen den Vergleich ablehnten (für einen Streik hätten allerdings mehr als 75 v.H. Nein-Stimmen abgegeben werden müssen)."

Die DKP berichtet:"
Der Essener IGM-Bezirksleiter Manowski erklärte, der Gewerkschaftsvorstand müsse nun laut Satzung dem Schlichtungsergebnis zustimmen. Aber so einfach ist die Sache nicht. Schon allein die Koppelung der Streikfrage mit dem Figgen-Vorschlag und nicht mit der Ausgangsforderung von 15 Prozent ist auf scharfe Kritik gestoßen. Eine eindeutige Fragestellung hätte zweifellos genau wie in Nordwürttemberg-Nordbaden (NB/NW, d.Vf.) zu einem gleich hohen Streikvotum geführt. Zwar schreibt die Satzung aus gutem Grund für den Arbeitskampf eine 75-Prozent-Mehrheit vor, aber weder in der Satzung noch in der Schlichtungsordnung ist der 'politische Schlichter' vorgesehen.

Hier liegt das eigentliche Problem. Die Schlichtungsprozedur war gescheitert. Der nächste Schritt wäre der Arbeitskampf gewesen. Warnstreiks, an denen insgesamt Hunderttausende beteiligt waren, demonstrierten den Kampfwillen der Metaller. Der volle Erfolg lag greifbar nahe. Da schaltete sich nach einer schlechten Sitte ein sogenannter 'politischer Schlichter' ein. Das ist im Grunde eine Aushöhlung der Tarifautonomie. Lohnfragen sind Machtfragen. Und die müssen notfalls auch glaubhaft durch Einsatz gewerkschaftlicher Macht gelöst werden.

Die 'politischen Schlichter' spekulieren offensichtlich auf das verbreitete Vorurteil, der Streik sei ein nationales Unglück. Gehen die Gewerkschaften darauf ein, kommt das heraus, was ein IGM-Vertrauensmann in Bochum auf einer Konferenz in die Worte faßte: 'Der Minister Figgen hat den Unternehmern vier Prozent 'erschlichtet'.' Und dann passiert es auch, daß zahlreiche Vertrauensmännerkörper sich weigerten, die mit 73 gegen 69 Stimmen von 168 Tarifkommissionsmitgliedern gefaßte Empfehlung, dem Figgen-Ergebnis zuzustimmen, vor ihren Betrieben zu verteilen. Bei Drucklegung dieser Ausgabe stand die Stellungnahme des IG-Metall-Vorstandes noch aus. Angesichts der Mehrheit der ablehnenden Stimmen in NRW müßte er auf erneute Verhandlungen mit den Unternehmern drängen. Schon rechnen Bezirksleiter mit weiteren Spontanstreiks. Stimmt der Vorstand nur einfach zu, dann tritt mit Sicherheit das ein, was Herbert Sandvoss (vgl. Mülheim - 26.10.1970, d.Vf.) das Verspielen gewerkschaftlichen Vertrauenskapitals nannte. Und daran können nur die Unternehmer interessiert sein."
Q: Presse Nr. 2, Bochum o.J. (27.10.1970), S.1; Rebell Nr. 1, Tübingen Dez. 1970, S.6;Werk und Wir Nr. 11, Dortmund Nov. 1970, S.310f;Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 45, 47 und 48, Bochum 26.10.1970, 4.11.1970 bzw. 7.11.1970, S.2, S.1f bzw. S.2;Hasper Gold, Hagen o.J. (Nov. 1970), S.1f;Unsere Zeit Nr. 45, Düsseldorf 7.11.1970, S.1f

31.10.1970:
Die Nr. 46 des 'KND' (vgl. 26.10.1970, 4.11.1970) der KPD/ML-ZB erscheint. Über die MTR in NRW wird festgestellt:"
In NRW versuchten die rechten Gewerkschaftsführer, mit allen Mitteln die Zustimmung der Metallarbeiter zu ihrem Verrat zu erzwingen. So hat Brenner demagogisch erklärt, mit dem Vermittlungsergebnis von Figgen sei die Forderung der IGM 'nahezu erfüllt'. … Diese Täuschungsmanöver konnten es aber nicht verhindern, daß sich die Widersprüche innerhalb der Gewerkschaft weiter zuspitzten. Die Betriebsräte und Vertrauensleute von Unna und Mülheim haben gegen das Einigungsergebnis protestiert. … Die Kapitalisten haben inzwischen versucht die Arbeiterklasse zu spalten. Sie haben Firmentarifverträge abgeschlossen, um die geschlossene Kampfbereitschaft aufzubrechen. In Herne und Unna haben sich mehrere Betriebe verpflichtet, mehr Lohn zu zahlen, als der Einigungsvorschlag vorsieht. In Unna wurden 'Hausverträge' abgeschlossen, die eine 15%-ige Lohn- und Gehaltserhöhung und eine 15%-ige Erhöhung der 'Ausbildungsvergütungen' ohne jegliche vorherige Anhebung des Ecklohns enthalten. Diese Firmentarifverträge müssen von der Arbeiterklasse entschieden bekämpft werden."
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 46, Bochum 31.10.1970

November 1970:
Im November streiken, laut RFO Saarland, 1 000 bei Babcock Oberhausen.

Die Junge Garde (JG) der IAK zieht "Wegweisende Erfahrungen aus dem Kampf der Lehrlinge in Oberhausen", in denen es u.a. heißt"
Die Weigerung der Gewerkschaftsbürokraten, den Kampf der Lehrlinge zu unterstützen, zeigt deutlich, auf wessen Seite sie stehen. Um ihre eigenen Privilegien nicht zu gefährden, die sie als Dank für die friedliche Zusammenarbeit mit den Unternehmern und ihrer Regierung erhalten, scheuten sie schon nicht davor zurück, den über 500 000 streikenden Arbeitern durch schnelle Kompromißabschlüsse, Verhinderung von offiziellen Streiks und übelste Manipulation bei den Urabstimmungen in den Rücken zu fallen.

Die SPD und unter deren massiven Einfluß Stehende (vgl. Eingreifen Figgens in die Tarifverhandlungen in NRW und das plötzliche Umfallen der Verhandlungskommission) sind eher bereit, diejenigen zu verraten, auf deren Kosten sie leben und deren Interessen sie eigentlich vertreten sollen: die Arbeiterklasse, als den konsequenten Kampf gegen das Kapital und seine politischen Vertreter zu organisieren."
Q: Junge Garde Nr. 5, Bochum Dez.1970/Jan.1971, S.10ff; Rote Fahne - Hadir Nr. 5, St. Ingbert 15.12.1970

07.11.1970:
Die Nr. 48 des 'KND' der KPD/ML-ZB (vgl. 4.11.1970, 11.11.1970) erscheint. In NRW "versuchen die IGM-Führer jetzt, ihren Verrat an den Forderungen der Arbeiterklasse doch noch als Erfolg zu verkaufen, um ihren Einfluß, der durch das Verhandeln mit Figgen eine schwere Schlappe erlitten hat, wiederzugewinnen. Sie führen in den Betrieben eine 'Aufklärungsaktion' durch, bei der sie mit vielen Zahlentricks den Arbeitern vorrechnen, daß die ausgemauschelten 11% doch 13% oder eigentlich sogar 15% sind. So behaupten sie, daß der Ecklohn eines Zeitlohnarbeiters von bisher 4, 38 DM auf 5, 04 DM erhöht wird, unterschlagen aber dabei, daß 16 Pfennig davon auf übertarifliche Lohnbestandteile angerechnet werden können. Die Kapitalisten erklären zu der 'Aufklärungsaktion', die IGM habe die alten 'Arbeitgeber-Argumente' übernommen. Auch Brenner hat erklärt, die Forderungen der IGM seien 'fast auf den I-Punkt' erfüllt worden.

Auch dem 'letzten Mann' müsse deshalb die Einsicht vermittelt werden, daß das Ergebnis 'durchaus akzeptabel ist'."
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst, Nr. 48, Bochum, 7.11.1970.

23.11.1970:
Die Nr. 4 der 'Roten Fahne' der KPD/ML-ZB (vgl. 26.9.1970, 7.12.1970) erscheint. Im Leitartikel "Trotz Kampfbereitschaft der Metaller - Verrat der SPD-Führer" wird zum 10% Abschluß in der Metalltarifrunde (MTR) u.a. ausgeführt:"
Die vier Millionen Metall- und Stahlarbeiter sind angetreten, um der Lohnraubpolitik der SPD-Regierung einen kräftigen Schlag zu versetzen. Sie waren bereit für 15% zu kämpfen. Fast 400 000 Metaller streikten für ihre Forderungen. Die sieggewohnten Kapitalisten erschraken und wichen zurück. Doch die Schlichter der SPD, die Figgen, Kirrlinger und Hoschnik holten die 10%-Kastanien für die Krupps und Thyssens aus dem Feuer. Das war die Fortsetzung der Lohnraubpolitik mit anderen Mitteln. Das war der Verrat der SPD-Führer … . Wenn man das Ergebnis der Tarifkämpfe kurz zusammenfassen will, dann war es: Verrat! Verrat der Gewerkschaftsführer, die auf Biegen und Brechen einen Streik verhindern wollten; Verrat der SPD-Führer, die mit allen Mitteln die Lohnraubpolitik der SPD-Regierung sichern wollten. … Die SPD-Führer und ihre Kumpanen in der IGM-Spitze sind Schlichter fürs Kapital und Spalter der Arbeiterklasse. … Die Kampfkraft der Arbeiterklasse war groß, doch die SPD-Schlichter und Spalter haben sie geschwächt. Das ist eine weitere wichtige Lehre aus den Tarifkämpfen. Nur gegen die SPD- und rechten Gewerkschaftsführer ist ein Sieg der Arbeiterklasse möglich und bleibt die Einheit der Arbeiterklasse gewahrt."
Q: Rote Fahne Nr. 4, Bochum 23.11.1970

26.11.1970:
In Düsseldorf demonstrieren, laut KPD/ML-ZB, 2 000 Umschüler vor dem Arbeits- und Sozialministerium für die sofortige Zahlung einer Teuerungszulage (TZL) von 350 DM und eine Erhöhung der Ausbildungsbeihilfe um 15%.

Für die DKP berichtet Wolfgang Schröder u.a. von heute:"
KINDER HUNGERN
TAUSENDE UMSCHÜLER STREIKEN GEGEN NOT UND ERPRESSUNG

In NRW gibt es gegenwärtig rund 8 000 Umschüler, die entweder durch kapitalistische Rationalisierung, wie im Bergbau (IGBE-Bereich, d.Vf.) oder durch Krankheit, Arbeitsunfall oder Kriegseinwirkungen einen anderen Beruf erlernen müssen. Das Alter schwankt zwischen 20 und 45 Jahren, die meisten sind verheiratet und haben Kinder. Die Mehrzahl dieser Familien lebt jedoch am äußersten Rande des Existenzminimums, ihr Einkommen liegt nicht selten unter dem offiziellen Fürsorgesatz. Mehr als ein Viertel aller Umschüler scheidet aus finanziellen Gründen vorzeitig aus - die Lehrgänge dauern zwischen sieben und achtzehn Monaten - und muß dann entweder als schlecht entlohnter Hilfsarbeiter arbeiten oder wird auf Rente gesetzt. Die Versprechungen der Arbeitsämter über 'Überbrückungshilfen' - sie sollen angeblich 90 Prozent des früheren Nettolohnes betragen - erweisen sich beim näheren Hinsehen als Bluff. Die Geduld der Umschüler in NRW ist jedenfalls erschöpft. Seit einer Woche wird in fast allen NRW-Ausnbildungszentren gestreikt. Es begann in Gelsenkirchen, die Umschüler in Essen, Bochum, Dortmund, Köln und Düsseldorf folgten. Am vergangenen Donnerstag zogen über 1 400 Umschüler zum Düsseldorfer Landtag und zum Landesarbeitsamt. Sie forderten eine einmalige Teuerungszulage (TZL, d.Vf.) von 350 DM für alle Umschüler. Im Vorjahr versprach zwar die Landesregierung eine einmalige zusätzliche Leistung von 200 DM, zahlte aber nur einem Drittel das Geld aus.

Außerdem wurde von den Demonstranten eine einheitliche finanzielle Regelung für alle Umschüler verlangt sowie eine generelle Erhöhung um 15 Prozent rückwirkend ab 1.1.1970 und eine Dynamisierung ihrer Unterstützung, ähnlich wie bei den Renten gefordert. Sie wollen aber nicht bis 1975 darauf warten, sondern diese Verbesserungen sollen sofort geschehen. Die Umschüler sind mit Recht darüber empört, daß die Bemessungsgrundlage für ihre jetzigen Unterstützungen oft bis in das Jahr 1965 zurückreicht und außerdem die niedrigeren Einkommen bei Krankheit oder Arbeitslosigkeit mit herangezogen werden. Und wenn ihre Frauen mitarbeiten, dann werden ihre Hungerstipendien noch um den Verdienst der Frau gekürzt. Und das alles erfolgt nach den Buchstaben des Gesetzes.

Sie wandten sich an Kühn und Figgen (SPD, d.Vf.) um Hilfe. Antwort: das ist eine Bundesangelegenheit, wir können nichts tun, geht nach Bonn. In Bonn erklärte man ihnen: Das Gesetz werde bald geändert. Aber NRW sei ein reiches Land und könnte die 350 DM bezahlen.

Nachdem sie von Pontius zu Pilatus geschickt wurden und sich nur Vertröstungen und Gesetzestexte anhören mußten, traten die Gelsenkirchener in den Streik. Die erste Reaktion des Gelsenkirchener Arbeitsamtsvertreters Fink: 'Wenn Ihr nicht in fünf Minuten den Unterricht wieder aufnehmt, werden Euch sämtliche Unterstützungen ab sofort gestrichen.' Selbst diese Erpressung nutzte nichts. Der Streik dehnte sich aus. Einige Schicksale der Umschüler verdeutlichen, warum selbst ungesetzliche Handlungen der Arbeitsämter den öffentlichen Protest der Umschüler heute nicht mehr aufhalten können."
Q: Unsere Zeit - NRW Nr. 49, Düsseldorf 5.12.1970, S.16; Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 55 und 57, Bochum 2.12.1970 bzw. 9.12.1970, S.5 bzw. S.7

05.12.1970:
Die KPD/ML-ZB berichtet vermutlich von diesem Wochenende:"
Auf dem ersten Parteitag der SPD in NRW zerbrachen sich Kühn und Konsorten die Köpfe darüber, wie sie 'Vertrauen und Zustimmung' bei ihren Wählern zurückgewinnen können. Man entschloß sich zu einer 'Kampagne der tausend Veranstaltungen'. So will man beweisen, daß die SPD eine 'aktive' Partei ist.

Kühn glaubt das Rezept zu kennen, mit dem er die Krise der SPD beseitigen kann. Wörtlich sagte er, die SPD müsse es lernen, 'ihre Politik besser zu verkaufen'. Er trifft den Nagel auf den Kopf. Da die SPD Politik gegen die Arbeiterklasse und die werktätige Bevölkerung macht und es den Arbeitermassen immer klarer wird, wessen Partei die SPD ist, kann die SPD ihre Politik nur noch mit den Mitteln des kapitalistischen Reklamebetrugs an den Mann bringen.

Auf diesem Parteitag wurde die NRW-SPD zwecks Stärkung der 'Schlagkraft' zentralisiert.

Die vier bisher autonomen Parteibezirke wurden zu einem einheitlichen Landesverband zusammengefaßt, an dessen Spitze ein Vorsitzender (Kühn), zwei Stellvertreter (einer davon ist Figgen) und ein 15 Mitglieder starker Landesvorstand steht."
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 58, Bochum 12.12.1970, S.3f

Januar 1971:
Der KJVD der KKPD/ML gibt seinen 'Der Kampf der Arbeiterjugend' (KDAJ - vgl. Dez. 1970, Feb. 1971) Nr. 1 heraus. Im Leitartikel heißt es:"
MASSENENTLASSUNGEN, KURZARBEIT: MIT DEN KOLLEGEN DEN KAMPF AUFNEHMEN!

Die SPD-Regierung macht systematisch den Lohnraub der Kapitalisten mit. Im August (vgl. 11.7.1970, d.Vf.) hat sie uns die 10% mehr Lohnsteuer aus der Tasche gezogen, in der Metalltarifrunde (MTR, d.Vf.) hat sie sich hinter die Gewerkschaftsführer gesteckt, hat sie mit Figgen in NRW und Koschnik in Bremen selbst dafür gesorgt, daß die Metaller nur 11% mehr Lohn bekamen. Hier konnten die Gewerkschaftsführer und die SPD ihre Mauscheleien mit den Kapitalisten noch nicht so offen zugeben, weil sie die Kampfbereitschaft der Metaller fürchteten."
Q: Der Kampf der Arbeiterjugend Nr. 1, Bochum Jan. 1971

25.01.1971:
Die KPD/ML-ZB berichtet vermutlich aus dieser Woche:"
JAHRESHAUPTVERSAMMLUNG DER SPD-BETRIEBSGRUPPE RHEINSTAHL-HENSCHEL IN KASSEL

Um die sozialdemokratischen Arbeiter an die verräterische Parteispitze zu fesseln, will die SPD ihre Betriebsarbeit aktivieren (Was von NRW-SPD-Arbeitsminister Figgen bereits vor einem Jahr gefordert und von Wehner und Konsorten kräftig unterstützt wurde)."
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 9, Bochum 3.2.1971, S.3

10.02.1971:
Die KPD/ML-ZB berichtet von der Aushebung der Deutsch-Sozialen Aktion in NRW (DSA - vgl. 14.2.1971), die auch folgende Aktion organisiert habe:"
AKTION WIDERSTAND STÜRMT SPD-ZEITUNG

Am 10.2. sind Mitglieder der Aktion Widerstand (AW, d.Vf.) in Dortmund in den Innenhof der 'Westfälischen Rundschau' eingedrungen (Die WR ist eine SPD-Zeitung und wird von Figgen, SPD-Sozialminister von NRW, herausgegeben). Die Faschisten beschimpften in Sprechchören die SPD-Regierung und die Westfälische Rundschau und beschmierten Bürgersteig, Wände und Hofgelände mit dem Zeichen der AW.

Die Polizei hat gegen diesen faschistischen Anschlag nichts unternommen: Die Besatzung eines Polizeifahrzeugs sah bei der Aktion zu, ohne dagegen einzuschreiten oder auch nur die Namen der Demonstranten festzustellen. (Dabei hatte die Polizei schon vormittags gewußt, daß sich die Faschisten anläßlich einer Schiller-Veranstaltung in Dortmund zu einer Kundgebung sammeln wollten)." Anführer der Gruppe war, laut KPD/ML-ZB, der Bundeswehr-Unteroffizier Wiehagen aus Dülmen.
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 13, 14 und 15, Bochum 17.2.1971, 20.2.1971 bzw. 24.2.1971, S.4, S.2 bzw. S.6

März 1971:
Die IGBE (vgl. 1.4.1971) berichtet vermutlich aus dem März:"
FÜR WEITERE 35 000 BERGLEUTE BVS-GESETZ

Das dritte Änderungsgesetz zum Bergmannsversorgungsschein ist verabschiedet. Es soll in Kürze verkündet werden. Über Einzelheiten und Verbesserungen berichtet die 'Einheit' ausführlich auf S.8.

Werner Figgen (SPD, d.Vf.), Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, hatte den Gesetzentwurf vorgelegt. Gegenüber der 'Einheit' erklärte der Minister: 'Die schwere, kräfteverzehrende bergmännische Arbeit rechtfertigt die Sonderstellung des Bergmanns im Bereich der sozialen Sicherheit.'

Der Minister betonte, daß er als zuständiges Ressortminister des größten bergbautreibenden Landes in der Bundesrepublik den sozialen Belangen des Bergmanns stets größte Aufmerksamkeit gewidmet und sich - meist erfolgreich - für die Erhaltung und den Ausbau dieser Sonderstellung des Bergmanns eingesetzt habe.

Figgen fuhr fort: 'Landtag und Landesregierung sind sich darin einig, daß die vom Land Nordrhein-Westfalen gewährte besondere soziale Betreuung der Bergleute immer beobachtet und notfalls ausgebaut werden muß.'

Das neue Gesetz, so Werner Figgen, beseitige die rechtliche Unsicherheit, die seit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG, d.Vf.) für etwa 2 000 nicht auf Pflichtplätzen beschäftigte Bergmannsversorgungsschein-Inhaber bestanden habe. Darüber hinaus bringe das Gesetz wesentliche Erleichterungen für die Erlangung des Bergmannsversorgungsscheines.

Das werde zur Folge haben, daß voraussichtlich weitere 35 000 Bergleute eine Erteilung des Scheines beantragen könnten.

Minister Werner Figgen nahm gerade die jüngsten Verbesserungen für die Bergleute im sozialen Bereich zum Anlaß, der 'IGBE für ihre wertvollen Anregungen und die gute Zusammenarbeit mit meinen Mitarbeitern und mir zu danken.'"
Q: Einheit Nr. 7, Bochum 1.4.1971, S.1

30.04.1971:
Die Betriebsgruppen Hamel, Jäger und Winkhaus der KPD/ML-ZB (IGM-Bereich - vgl. 31.5.1971) berichten:"
1.MAI-VERANSTALTUNG DES DGB IN MÜNSTER

Die wenigen Arbeiter, die gekommen waren, konnten von den rechten Gewerkschaftsführern wieder große Worte: wie energisch sie die Lohnleitlinien ablehnen würden, wie hart man gegen das Kapital kämpfen würden. Auf der Mai-Veranstaltung der spanischen Kollegen im DGB-Haus ging DGB-Chef Hettwer sogar soweit zu sagen: 'Mir ist das Kommunistische Manifest auch lieber als das Godesberger Programm der SPD!'

Als die Herren Gewerkschaftsführer auf den Gegensatz zwischen ihren Worten und ihren Taten angesprochen wurden, wußten sie eine Antwort:

Die Arbeiter sind schuld. Die sind zu dumm, um zu kämpfen.

Doch: Wo waren die Herren Gewerkschaftsführer als im vergangenen Herbst hunderttausende Metaller für volle 15% streikten? Sie haben mit Flick, Beitz und Figgen zusammengehockt, um den 11%-Verrat auszumauscheln!

Ihre Pöstchen in Aufsichtsräten, SPD- und Gewerkschaftsapparat sind diesen Kampfeshelden wohl doch lieber als das Kommunistische Manifest und die Arbeiterinteressen!"
Q: Roter Metall Arbeiter Nr. 6 und 7, Münster o.J. (30.4.1971) bzw. o.J. (1971), S. 9f bzw. S.8f

30.04.1971:
Die Nr. 6 des 'Roten Metall Arbeiters' - Zeitung der Betriebsgruppen Hamel, Jäger und Winkhaus Münster der KPD/ML-ZB (vgl. 12.4.1971, 10.5.1971) erscheint. Der zweite Artikel berichtet über:"
WUCHEREI BEI 'SOZIAL'-MIETEN!

Viele Kolleginnen und Kollegen mußten es am eigenen Leib erfahren: Vor drei Wochen kündigten verschiedenen Wohnungsbaugesellschaften in Münster eine drastische Erhöhung der Mieten an! Mietsteigerungen für 'Sozial'- Wohnungen.

WAS STECKT DAHINTER?

Erstens: War für die Gesellschaften die Fünf-Jahresfrist abgelaufen, wo sie sich an einen festgelegten Niedrigwert für 'Sozial'-Mieten halten müssen. Das sind Wohnungen, die aus unseren Steuergeldern finanziert werden.

Zweitens: Haben die Regierungen fast aller Länder Westdeutschlands (außer Bremen) die Mietsobergrenzen im 'sozialen' Wohnungsbau kräftig heraufgetrieben. Bei einer 80 qm Wohnung ergeben sich dadurch 'Sozial'mieten von 216-368 DM im Monat.

SPD-FÜHRER: DIE ÜBELSTEN LOHNRÄUBER!

In NRW wurde die Obergrenze um 30 Pfg. auf 3, 50 DM/qm heraufgeschraubt!

Das sind also die 'inneren Reformen', die uns die Regierung Kühn vor den Wahlen versprochen hat!

Nicht nur, daß uns der SPD-'Sozial'minister Figgen in der letzten Lohnrunde (MTR, d.Vf.) unsere 15% Forderung auf 11% heruntergeschlichtet hat, auch bei den Preisen - vorher bei Milch, Post und Bahn, jetzt bei den Mieten - betätigen sich die rechten SPD-Führer als die übelsten Lohnräuber im Dienste des Kapitals."
Q: Roter Metall Arbeiter Nr. 6, Münster o.J. (30.4.1971)

18.05.1971:
Der KJVD der KPD/ML-ZB (vgl. Juni 1971) berichtet:"
SCHLICHTER FIGGEN EHRT KAPITALISTEN

Am 18.5. verlieh der Arbeitsminister der SPD/FDP-Regierung in NRW, Figgen, das Bundesverdienstkreuz an Dr. Hermann Brandi.

Brandi ist der Vorsitzende des 'Arbeitgeberverbandes' der Eisen- und Stahlindustrie. Was hat der Arbeitsminister eines Landes für einen Grund, einen Kapitalisten zu ehren?

Nach einer Meldung der Westfälischen Rundschau (WR - vgl. S105.1971, d.Vf*) vor allem deshalb, weil es ihm 'wesentlich mitzudanken sei, daß die Tarifauseinandersetzungen der Stahlindustrie (STR der IGM, d.Vf.) während der letzten zehn Jahre am Verhandlungstisch gelöst worden seien.'

Bei einer Lobrede auf den Kapitalisten Brandi hat Minister Figgen eins vergessen: seine eigenen Verdienste herauszukehren. Denn er hatte z.B. im letzten Jahr entscheidenden Anteil daran, daß es nicht zum geschlossenen Streik für die Durchsetzung der 15% kam.

Er war es, der sich in der letzten Metalltarifrunde (MTR, d.Vf.) als Schlichter anbot.

Er war es, der zusammen mit den Gewerkschaftsführern dafür sorgte, daß den Kollegen von den geforderten 15% vier 'abgeschlichtet' wurden. Minister Figgen war einer der ersten, die sich für Schillers Lohndiktat einsetzten. Schon im letzten Juli (vgl. Juli 1970, d.Vf.) meinte er, 7 - 8% mehr Lohn seien genug für die Metallarbeiter.

Sein erster Beitrag zur Metalltarifrunde in diesem Jahr ist das offene Lob für einen Kapitalisten. Figgen wird auch in diesem Jahr voll auf der Seite der Kapitalisten stehen."
Q: Der Kampf der Arbeiterjugend Nr. 6, Bochum Juni 1971, S.10

24.05.1971:
Die KPD/ML-ZB berichtete von den Hüttenwerken Oberhausen (HOAG) über die gestrigen Verlautbarungen:"
Daraufhin verteilte die KPD/ML-Betriebsgruppe am Montag morgen ein zweites Extrablatt des 'Roten Hüttenarbeiters', in dem auf die weiterbestehende Gefahr der Krisenmaßnahmen hingewiesen wurde und nochmal die Forderungen gegen die Angriffe propagiert wurden. Zwei Parolen machten besonders das Komplott von Kapitalisten und SPD-Regierung deutlich:

BRANDI, SOHL UND SCHILLER - ARBEITSPLATZKILLER!

VON SPD-MINISTER FIGGEN BEKAM BRANDI EINEN ORDEN FÜR DAS ARBEITSPLÄTZEMORDEN!
(Brandi hatte in der letzten Woche das Bundesverdienstkreuz von Figgen verliehen gekriegt - Anmerkung der KND-Redaktion)".
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 40, Bochum 26.5.1971, S.2

09.06.1971:
Die KPD/ML-ZB berichtet vermutlich von Mitte bis Ende dieser Woche über die Chemietarifrunde (CTR) Nordrhein (vgl. 8.6.1971, 12.6.1971):"
Die 'Friedensbemühungen' haben inzwischen schon begonnen: Die Landesregierung von NRW hat den SPD-ARBEITS- UND SOZIALMINISTER FIGGEN ALS POLITISCHEN SCHLICHTER FÜR NORDRHEIN BESTIMMT - denselben Figgen, der im letzten Jahr 'erfolgreich' die 11% für Metall in NRW durchgesetzt hat."
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 45, Bochum 12.6.1971, S.12

12.06.1971:
Die KPD/ML-ZB berichtet u.a. spätestens von heute über die Chemietarifrunde (CTR) Nordrhein (vgl. 9.6.1971, 14.6.1971):"
In NORDRHEIN setzen die rechten Führer ihre Manöver fort. Sie unterstützen weiterhin die Streiks in den Kleinbetrieben, tun aber nichts zur Ausweitung der Streikbewegung und zur Herstellung der geschlossenen Kampffront der Chemiearbeiter, sondern 'überlassen alles den Kollegen'. In einer Anzeige, die in der 'Westdeutschen Allgemeinen Zeitung' (WAZ, d.Vf.) veröffentlicht wurde, fordern sie zwar zu Arbeitskampfmaßnahmen auf, beschränken diese Aufforderung jedoch auf Montag, den 14.6. (…). Sie geben sich in dieser Anzeige wie auch schon bei der Großveranstaltung in Köln (… (vgl. 8.6.1971, d.Vf.)) äußerst radikal: 'Arbeitnehmer, die mehr Dmokratie wollen, die mehr soziale Sicherheit wollen, die eine gerechtere Einkommensverteilung wollen, die auch im Jahre 1971 stärker am Wirtschaftswachstum beteiligt werden wollen, die das Lohndiktat der Arbeitgeber brechen wollen, machen den Montag zu einem KAMPFTAG, um den Unternehmern zu beweisen, daß sie weder im Jahre 1971 noch in Zukunft bereit sind, sich einem Diktat der Unternehmer zu beugen!' Doch diesen scheinradikalen Phrasen stehen ihre Abwiegelungs- und Spaltungsmanöver in den Betrieben (…) und ihre Schlichtungsbemühungen hinter den Kulissen gegenüber: Während die Chemiekapitalisten ihre Fronten verstärken und die IG-Chemie-Führer jetzt sogar arbeitsgerichtlich auf Zahlung der durch die Kampfmaßnahmen entstandenen Schäden verklagt haben, erklären sich die IG-Chemie-Führer zum weiteren Herabdrücken ihrer Forderungen bereit; nachdem sie schon während der Schlichtung auf 9% heruntergegangen waren, sagte IG-Chemie-Vorsitzender Hauenschild jetzt gegenüber dem 'Kölner Stadtanzeiger' (KStA, d.Vf.), es wäre der Schlichtung 'dienlich gewesen, wenn die Unternehmer in der Bundesschlichtung ÜBER DIE 5% hinausgegangen wären'! Das heißt, die IG-Chemie-Führer sind bereit, einem Ergebnis, das knapp über 5% liegt, zuzustimmen!

Wenn sie am Dienstag bei Figgen ein solches Ergebnis aushandeln, werden sie es schwer haben, die Streikbereitschaft der Kollegen zu brechen. Die zweite Großkundgebung, die sie für Mittwoch nach Köln einberufen haben, wird dann wohl ins Wasser fallen."
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 46, Bochum 16.6.1971, S.5

15.06.1971:
In der Chemietarifrunde (CTR - vgl. 14.6.1971, 16.6.1971) Nordrhein soll, laut KPD/ML-ZB, die politische Schlichtung beim NRW-Arbeits- und Sozialminister Figgen (SPD) stattfinden.
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 46, Bochum 16.6.1971, S.5

16.06.1971:
Die KPD/ML-ZB berichtet von gestern und heute von der Chemietarifrunde (CTR - vgl. 15.6.1971, **.6.1971) Nordrhein:"
In NORDRHEIN haben sich IG-Chemie-Führer und Kapitalisten bei den Schlichtungsverhandlungen mit dem Arbeits- und Sozialminister Figgen (SPD, d.Vf.) am Dienstag und Mittwoch noch nicht geeinigt. Die rechten
GEWERKSCHAFTSBONZEN SIND MIT IHREN FORDERUNGEN JETZT BEREITS AUF 7, 8% AB 1. JUNI, ALSO 6, 5% FÜR'S GANZE JAHR HERUNTERGEGANGEN! Die Chemiekapitalisten 'bieten' genau wie in Hessen 6, 5% ab 1. Juni an!"
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 47, Bochum 19.6.1971, S.6

21.06.1971:
Die KPD/ML-ZB berichtet aus dieser Woche und der letzten Woche von der Chemietarifrunde (CTR), "in Nordrhein sind die Schlichtungsversuche von Figgen in der letzten Woche gescheitert, diese Woche wird hinter den Kulissen weiter verhandelt".
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 48, Bochum 23.6.1971, S.11

23.06.1971:
Die KPD/ML-ZB berichtet von Zermürbungstaktik und Ablenkungsmanövern der CPK-Führer in der CTR in Hessen (vgl. 21.6.1971) und:"
Genauso heißt es in einer Anzeige der IG Chemie Nordrhein, die am 23.Juni in der Westdeutschen Allgemeinen (WAZ, d.Vf.) veröffentlicht wurde:
'Warum Chemiestreik in Nordrhein?

1) Weil die Chemieunternehmer durch ihr Verhalten den Streik provoziert haben.

7) Weil die Chemieunternehmer trotz Vermittlung des Arbeitsministers Figgen gegenüber der IG Chemie Papier Keramik auf Befragen ausdrücklich ablehnten, einen Gesamtvorschlag über Löhne und Gehälter, 13.Monatseinkommen und Ausbildungsvergütungen zu unterbreiten.'

Nicht mit einer Zeile wird hier das Lohndiktat der SPD-Regierung erwähnt (die IG-Chemie-Führer prangern lediglich an, daß die Kapitalisten sogar noch unter 'den Orientierungsdaten' abschließen wollten), nicht mit einem Wort wird auf den Charakter der Schlichtungsversuche der SPD-Führer eingegangen, die doch eins der Mittel zur weiteren Einschränkung der Unabhängigkeit der Gewerkschaften sind."
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 49, Bochum 26.6.1971, S.4f

29.06.1971:
Die KPD/ML-ZB berichtet von der Chemietarifrunde (CTR) der CPK:"
Hinter den Kulissen treiben die SPD-Führer ihre Schlichtungsversuche voran und versuchen so, den Kampf der Chemiearbeiter zu brechen. Die Schlichtungsbemühungen von Figgen in Nordrhein, die am Dienstag noch zu keiner Einigung geführt haben, beruhen laut Wirtschaftsminister Riemer auf einem Kabinettsbeschluß der nordrhein-westfälischen Landesregierung! (Westfälische Rundschau (WR, d.Vf.) 30.6.).

Diese Mittel setzen die SPD-Führer ein, um die Arbeiterklasse politisch und wirtschaftlich noch mehr zu knebeln und die imperialistische Politik der westdeutschen Monopole abzusichern. Die Vorantreibung ihrer aggressiven Pläne, die Ausdehnung im Weltmaßstab, sehen die Chemiekonzerne jetzt durch den Kampf der Chemiearbeiter eingeschränkt".

Weiter heißt es:"
Bei den Schlichtungsversuchen von Figgen am Dienstag, die für die Bezirke Nordrhein und Westfalen geführt wurden, haben die Kapitalisten zuletzt ein Angebot von einer Pauschale von 40 DM für April und Mai und 7, 5% ab 1.Juni oder als Alternative 7, 8% ab 1.Juni gemacht. Die IG Chemie-Führer erklärten, sie seien nicht auf das Angebot eingegangen, da es erst kurz vor Ende der Verhandlungen gekommen sei!!"
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 50, Bochum 3.7.1971, S.2 und 4

30.06.1971:
Laut DKP findet heute eine Sitzung des Aufsichtsrats (AR) Ruhrkohle AG (RAG) statt, auf der beschlossen wird bis 1975 weitere 10 Zechen zu schließen.

Die KPD/ML-ZB (vgl. 3.7.1971) berichtet:"
NEUES ZECHENSTERBEN BEI DER RAG

Der seit der Gründung der Ruhrkohle AG angekündigte Stillegungsplan, genannt 'Gesamtstillegungsplan' ist raus:
25 000 BERGARBEITER werden in den nächsten vier Jahren ihren Arbeitsplatz verlieren! Acht Zechen werden stillgelegt, neun Anlagen werden zu Verbundwerken zusammengeschlossen, sieben Anlagen sollen 'voll ausgelastet' werden.

Auch bei den jetzt veröffentlichten Stillegungsplänen handelt es sich um ein Komplott von Zechenherren, SPD-Regierung und IGBE-Führern:
- In Geheimverhandlungen während der letzten Monate wurden diese Pläne geschmiedet: Zechenherren und IGBE-Führer trafen sich bei SPD-Kühn, sprachen mit Brandt und verhandelten mit Schiller.
- Die Landesregierung NRW hat zugesagt 1/3 der Kosten der 'Sozialmaßnahmen' zu übernehmen. Unter Vorsitz von SPD-Ministerpräsident Kühn wurde ein 'Kohlekabinett' gebildet (ihm gehören u.a. auch Riemer, Wertz und Figgen an), das in Zukunft 'alle Probleme, Programme und Maßnahmen zur Konsolidierung der Ruhrkohle für die Kabinettsentscheidung vorbereitet'.
- Brandt erklärte in einem Brief an IGBE-Schmidt (vgl. S6.*.1971, d.Vf.), die Bundesregierung werde alles tun, um Härten für die Bergarbeiter zu vermeiden.
- SPD- und Gewerkschaftsführer planen jetzt die Übernahme der Kosten für die Herabsetzung des Rentenalters auf 50 Jahre durch die SPD-Regierung. Ihr Ziel ist dabei die Durchsetzung der flexiblen Altersgrenze. Wie wir schon … ausführlich beschrieben haben, geht es bei dieser 'Reform' u.a. darum, eine Senkung der Renten zu erreichen. Der Bergbau bietet sich für die Durchsetzung der flexiblen Altersgrenze aus zwei Gründen an: 1) sind die Renten hier im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen relativ höher, 2) stehen vor allem die von Stillegungen betroffenen Bergarbeiter mit dem Rücken an der Wand; sie haben mit 50 Jahren die 'Alternative': entweder Verlegung auf eine andere Zeche mit einer möglichen Verlängerung des Arbeitstages um vier Stunden oder mit weniger Rente in den Ruhestand gehen."
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 50, Bochum 3.7.1971, S.5ff

03.07.1971:
Die KPD/ML-ZB berichtet von der Chemietarifrunde (CTR):"
CHEMIE-LOHNDIKTAT IN ZENTRALER SCHLICHTUNG DURCHGESETZT!

- SCHLICHTUNG:
In Nordrhein und Westfalen tritt SPD-Arbeitsminister Figgen auf Grund eines Kabinettsbeschlusses als Schlichter auf. In Hessen bietet sich SPD-Arbeitsminister Schmidt an. Am 1.Juli bemüht sich Kanzleramtsminister Ehmke auf Verlangen von Schmidt und Arendt um ein Vermittlungsgespräch, das am 2. Juli stattfindet und einen Tag später zum Erfolg führt.

Diese Tatsachen zeigen deutlich: die Verschärfung der wirtschaftlichen und politischen Krise verstärkt die Arbeitsgemeinschaft zwischen SPD-Führern, Gewerkschaftsführern und Kapitalisten."
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 51 und 57, Bochum 7.7.1971 bzw. 31.7.1971, S.1ff bzw. S.5; Rote Fahne Nr. 14, Bochum 19.7.1971, S.*

28.08.1971:
Die KPD/ML-ZB gibt ihren 'KND' Nr. 65 (vgl. 25.8.1971, 1.9.1971) mit dem Leitartikel "Vorbereitung des Lohndiktats auf breiter Front - Tarifkommissionen fordern 10%" heraus. Es erscheint auch Teil IV. der Artikelserie zur Metalltarifrunde. Dieser beschäftigt sich mit der Metalltarifrunde 1970:"
In NRW schalteten sich jetzt SPD-Führer Lauscher und Figgen in die Verhandlungen ein, in Nordwürttemberg/Nordbaden Veith und Hirrlinger von der SPD. Die Schlichtungsverhandlungen wurden noch einmal lange hinausgezögert: In beiden Bezirken liefen sie insgesamt über 3 Wochen. Hier wurden auch noch zahlreiche Tricks und Manöver angewandt: So gingen die Verhandlungen in NRW in den letzten Tagen nur noch um Unterschiede von 2 Pfennigen, während die Gewerkschaftsführer den Arbeitern immer noch vorgaukelten, sie kämpften für ihre Forderungen."
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 65, Bochum 28.8.1971

30.08.1971:
Der DKP Bezirk Ruhr-Westfalen gibt eine 'Presseinformation' (vgl. 19.8.1971, 31.8.1971) "Zum Bochumer Giftskandal: Kippenwärter Werner Bettermann sofort wieder einstellen - Die Minister Weyer und Figgen entlassen" zu einer Müllkippe in Bochum-Gerthe (vgl. 19.8.1971) heraus.
Q: DKP-Bezirk Ruhr-Westfalen:Presseinformation, Essen 30.8.1971

04.09.1971:
Die Rote Opel Betriebsgruppe (RBG) Bochum der KPD/ML-ZK veröffentlicht folgenden Leserbrief ihrer 'Zündkerze' (vgl. 16.9.1971) über die SPD-BG:"
Am ersten September-Wochenende des Jahres 1971 fielen in der A. Opel AG zwei Ereignisse zusammen, die von ihrem Ursprung her scheinbar wenig miteinander zu tun haben, im Nachhinein aber sich doch zu einer Einheit fügen: das zehnjährige Bestehen der arbeiterfeindlichen SPD-Betriebsgruppe und der zehnmillionste Ablauf eines Fahrzeuges im kapitalistischen Opelwerk. Zum zehnjährigen Bestehen der SPD-Betriebsgruppe gab die 'Arso' eine Fest- und Hetzschrift heraus. Nicht in den Farben des von ihr geförderten und unterstützten Kapital-Unternehmens Opel, sondern im leuchtenden braunrot. In dieser Schrift ließ die 'Arso' alle zu Wort kommen, die sich bislang im Verrat der Arbeiterklasse bewährt haben. (Einige Kollegen haben bereits eine neue Bezeichnung für 'Arso': Arbeitsgemeinschaft radfahrender sozialdemokratischer Opelaner!):

1. Ministerpräsident Heinz Kühn

2. Landesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales, 1. Vorsitzender des SPD-Bezirks Westliches Westfalen und Schlichtungsverräter im Metallstreit (MTR, d.Vf.) des Jahres 1970, Werner Figgen, der mit dem Schlußwort seines Grußbeitrages ein Gelsenkirchener Markenbier propagierte. Anders ist sein Schlußwort 'Glückauf' in einer alten Bergmannsstadt (IGBE-Bereich, d.Vf.) wie Bochum nicht zu verstehen, wo in Kürze der letzte aktive Bergmann einfahren wird. Oder scheute Figgen, wahrheitsgemäß zu sagen: 'Glückab'?"
Q: Zündkerze Extranummer Kampf der Bonzendiktatur!, Bochum o.J. (1971), S.4f

23.10.1971:
In Teningen findet, laut BKA Freiburg, eine Funktionärsversammlung der IG Metall (IGM) Südbaden statt, auf der die Marschrichtung für die Metalltarifrunde (MTR) im Bezirk Südbaden festgelegt werden soll. Der BKA rief zwei Tage vorher auf:"
IG METALL-FUNKTIONÄRSVERSAMMLUNG IN TENINGEN
KAMPFMASSNAHMEN DURCHSETZEN!

Aber noch nie hat eine Bundesregierung so massiv in die Schlichtungsverhandlungen eingegriffen wie in den beiden letzten Jahren. Die 'neutralen Schlichter' sind fast durchweg prominente SPD-Mitglieder. In Nordwürttemberg/Nordbaden wird diesmal Landtagsvizepräsident Veit (SPD) und in Nordrhein-Westfalen wahrscheinlich SPD-Minister Figgen als Schlichter auftreten und nach 'langen harten' Verhandlungen einen Abschluß in Höhe der Lohnleitlinien präsentieren."
Q: Klassenkampf Extrablatt An alle Metaller, Freiburg 21.10.1971, S.1

01.11.1971:
Bei Hoesch Dortmund gibt die KPD vermutlich Anfang dieser Woche die Nr. 5 ihrer 'Kommunistischen Arbeiterpresse' (KAP - vgl. 11.10.1971, 22.11.1971) heraus. Im Leitartikel zur Metall- (MTR) bzw. Stahltarifrunde (STR) heißt es:"
SCHLUSS MIT DEN SCHEINMANÖVERN: SOFORTIGE URABSTIMMUNG!

4, 5% - das ist das Angebot der Kapitalisten für die Kollegen in der Metallverarbeitung.

In der Metallindustrie bestehen Schlichtungsvereinbarungen zwischen Kapitalisten und Gewerkschaftsführung. Die Kapitalisten wissen genau, daß die Schlichtungsverhandlungen, das Eingreifen ihres Staates als scheinbar neutrale Instanz, immer zu ihren Gunsten verläuft. Egal ob ein SPD-Minister wie Figgen oder ein 'linker' CDU-Vertreter wie jetzt Katzer den Kapitalisten beisteht: Auf die Klassenneutralität eines politischen Schlichters zu vertrauen, heißt immer, den Teufel mit dem Belzebub austreiben. Das zeigte zuletzt der Tarifabschluß in der Chemie" (CTR der CPK - vgl. 3.7.1971).
Q: Kommunistische Arbeiterpresse Hoesch Nr. 5, Dortmund Nov. 1971

17.06.1972:
Die Betriebsgruppe Minister Stein Dortmund der KPD/ML-ZB und des KJVD gibt eine 'Rutsche' (vgl. 15.6.1972, 19.6.1972) heraus, in der es einleitend heißt:"
URABSTIMMUNG
KEINE SCHLICHTUNG!

Kollegen von Minister Stein und Hardenberg!

Das sind die neuesten Tatsachen:
- Der Betriebsrat hat die für heute angesetzte Belegschaftsversammlung (BV,d.Vf.) abgeblasen, nachdem ihm - bereits vor einigen Tagen – mitgeteilt wurde, daß der IGBE-Hauptvorstand am Freitag (vgl. 16.6.1972) vermutlich die Urabstimmung beschließen würde.

- Und in der Tat: 'Urabstimmung' lautete der Beschluß der IGBE-Führer, und Schmidt: 'Noch nie war ein Streik so nahe.' Heute, einen Tag später, lassen sich diese 'radikalen' Herren auf keiner Belegschaftsversammlung sehen, trommeln nirgendwo die Kumpel zusammen. Nein - sie statten Minister Figgen einen Besuch ab. Figgen, der 1970 die Forderungen der Stahlarbeiter mit Unterstützung der IG Metall-Führer vom Tisch geschlichtet hatte, will sein Können erneut beweisen. Was der Zweck dieses Treffens ist, verriet Niggemeier, Herausgeber der IGBE-Zeitung 'Einheit': Sollten sich die Tarifparteien morgen bei Figgen einig werden, wird die Urabstimmung abgeblasen! Der nebenstehende Zeitungsausschnitt von Freitag (aus der '***' - vgl. NRW 16.6.1972) zeigt, welches abgekartete Spiel hier von Anfang an geplant ist. Schon jetzt weiß die Presse, wie es nach Vorstellung von Schmidt und Gelhorn und nach Wunsch von RAG-Bossen und Figgen laufen soll!

Vorne zeigen die IGBE-Bonzen die Fäuste, reden von Streik und Urabstimmung. Hintenherum versuchen sie gerade dies zu verhindern. Der Kumpel soll von ihnen zum Spielball gemacht werden, er soll betrogen werden, und dann auch noch Ja und Amen sagen! Nicht Streik, sondern Schlichtung ist ihr Zauberwort!

KOLLEGEN, WENN ES DOCH ZUM STREIK KOMMT - DANN NUR DURCH EUCH!"
Q: Rutsche Urabstimmung keine Schlichtung!,Dortmund o.J. (17.6.1972)

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17.06.1972:
Laut KPD/ML-ZB treffen sich im Rahmen der Bergbautarifrunde (BETR) heute die IGBE-Führer mit dem NRW-Arbeitsminister Figgen (SPD). Davon berichtet auch die Betriebsgruppe Minister Stein Dortmund der KPD/ML-ZB (vgl. 17.6.1972).
Q: Rutsche Urabstimmung keine Schlichtung!,Dortmund o.J. (17.6.1972),S.1

20.06.1972:
Die IGBE (vgl. 1.7.1972) berichtet von der BETR:"
ERST NACH HARTEM EINSATZ WURDE DER ERFOLG ERZIELT

Die Tarifbewegung im Ruhrbergbau wurde erfolgreich beendet. Daran gibt es nichts zu deuteln. Die Bergarbeiter und Bergbauangestellten haben neue Lohn- und Gehaltstarife, die ihnen mehr und höhere Einkommen garantieren, als das im Monat der Mai der Fall war. Und ab 1973 gibt es mehr Urlaub.

Zwischen den ersten Tarifverhandlungen am 12.Mai und dem letzten Schlichtungsgespräch bei Minister Werner Figgen (SPD,d.Vf.) am 20.Juni lagen viele dramatische Zwischenstationen. Wir haben die von dieser Tarifbewegung betroffenen Bergarbeiter und Bergbauangestellten über den Verlauf dieser Entwicklung mit dem 'Einheit-Telegramm' (vgl. 12.5.1972, 21.6.1972,d.Vf.) auf schnellstem Wege informiert.

Bevor es zu dem Schlichtungsgespräch beim nordrhein-westfälischen Arbeits- und Sozialminister Werner Figgen kam, hatte der IGBE-Vorstand nach dem Scheitern der Tarifverhandlungen in einer Vielzahl von Gesprächen in Bonn und Düsseldorf die Lage der im Bergbau Beschäftigten ebenso ausführlich wie eindringlich dargestellt.

Nach vielem Hin und Her schälte sich dann aus dem Kreis der Gesprächspartner Minister Figgen heraus, der den schwierigen Versuch wagen wollte, im Wege eines Schlichtungsgespräches die zerstrittenen Tarifparteien wieder an den Verhandlungstisch und zum Aushandeln eines für beide Seiten vertretbaren Ergebnisse bringen wollte.

Dieser Versuch ist gelungen: Für Arbeiter und Angestellte gibt es ab 1.Juli 7 Prozent mehr sowie eine Übergangspauschale von 40 DM für den Monat Juni."

Die KPD (vgl. 21.6.1972) berichtet hochaktuell:"
ABSCHLUß IN DER BERGBAU-TARIFRUNDE

Am Dienstag abend einigten sich die RAG-Kapitalisten und die IGBE-Führer beim Schlichtungsgespräch mit Arbeitsminister Figgen auf eine Lohnerhöhung von 7 Prozent ab 1. Juli und auf eine Pauschale von 40,-DM für Juni.

Eine Lohnerhöhung also von weniger als 7 Prozent. Dieser Abschluß, der weder die Preissteigerungen des vergangenen Jahres, noch die rücksichtslos gesteigerte Arbeitshetze berücksichtigt - geschweige denn ausgleicht, hat auch den Kumpel die Augen geöffnet, die sich auf Grund all des radikalen Geschwätzes der letzten Wochen doch endlich einmal von ihren Gewerkschaftsführern vertreten glaubten: Urabstimmung war angekündigt worden, als die Empörung der Kumpel über das provozierende Angebot der RAG-Kapitalisten in Kampfbereitschaft umschlug.

Diese Situation war für die IGBE-Führung heikel, aber genau dies ist die Situation, in der sie ihre nützliche Funktion für das Kapital, die Kumpel an die Interessen des Kapitals zu bewinden, beweisen kann.

Es ist nüchtern festzustellen, daß ihr das wieder gelang. Zu wenig Kumpel durchschauten das Manöver, Urabstimmung anzukündigen, die auf Streik drängen, zu isolieren und die fortschrittlichen Kumpel zu täuschen, während der Plan, über spektakuläre Schlichtungsgespräche bei etwa 7 Prozent zu landen, bereits feststand. Noch einmal die exemplarische Verräterei der IGBE-Führung: Zunächst sollte vor Ablauf der Kündigungsfrist stillschweigend ein neuer Vertrag gemacht werden.

Als aber dann neue Punkte aus dem Anpassungsplan bekannt wurden, der den RAG-Kapitalisten neue Subventionen aus der Staatskasse und die volle Unterstützung der SPD-Regierung bei den Rationalisierungsmaßnahmen einbrachte, hatte sie alle Hände voll zu tun, die Kumpel von der Durchsetzung ihrer berechtigten Forderungen abzubringen.

Mit dem Beschluß, eine Urabstimmung durchzuführen, beruhigten sie die Kumpel - und entgegen allem Geschrei in Rundfunk, Fernsehen und bürgerlicher Presse dürfte das die Kapitalisten wenig geschreckt haben: Seit Jahrzehnten können sie sich auf die verkommene IGBE-Führung verlassen! Die Bereitwilligkeit, mit der sie auf das Schlichtungsgespräch mit Figgen eingingen und die Urabstimmung schleunigst wieder absetzten, ist nur der jüngste Beweis ihrer Treue gegenüber den RAG-Kapitalisten.

Die Wut und die Enttäuschung der Kumpel über diesen Abschluß entspricht bei der SPD-Regierung die Zusicherung von SPD-Ministerpräsident Kühn am Dienstagmorgen im Landesparlament, sich in Bonn dafür einzusetzen, daß die Subventionen für die RAG-Kapitalisten weiter erhöht werden."

Später (vgl. 28.6.1972) berichtet die KPD erneut:"
ZUM ABSCHLUß IN DER BERGBAU-TARIFRUNDE: DER VERRAT DER IGBE-SPITZE IN DER TARIFRUNDE

Die IGBE-Führung, die schon früher systematisch klassenbewußte Kumpel und Kommunisten verfolgt und ausgeschlossen und damit ihren Beitrag zur Kommunistenhetze durch den Staat geleistet hat, diese korrupte und reaktionäre Gewerkschaftsführung stellt ihre Funktion in dieser Tarifrunde, ihre Zustimmung zu dem Ergebnis der politischen Schlichtung durch ihren Parteifreund Figgen demagogisch auch noch als Beweis dafür hin, wie gut sie die Interessen der Kumpel vertreten habe. Dazu noch ein Beispiel aus dem Sonderdruck des IGBE-Organs Einheit: 'Das Gesprächskarussell in Bochum, Essen und Düsseldorf drehte sich. Alle sprachen über dies und jenes, jeder sprach mit jedem, bis sich endlich der richtige Gesprächspartner herausschälte , Arbeitsminister Werner Figgen…Da man schlechterdings unter dem Druck einer laufenden Urabstimmung nicht schlichten kann, trat nochmals der Hauptvorstand der IGBE zusammen und beschloß, die Urabstimmung abzusetzen.'"
Q: Einheit Nr. 13,Bochum 1.7.1972,S.1; Rote Fahne Nr. 48 und 49,Dortmund 21.6.1972 bzw.28.6.1972,S.3 bzw. S.4

21.06.1972:
Laut IGBE (vgl. 1.7.1972) erscheint zur Steinkohlenbergbautarifrunde (BETR) im Ruhrbergbau das 'Einheit-Telegramm' Nr. 7 (vgl. 18.6.1972) unter dem Titel "ERFOLGREICHES SCHLICHTUNGSGESPRÄCH MIT MINISTER FIGGEN. ERGEBNIS ERZIELT. IGBE-HAUPTVORSTAND GAB SEINE ZUSTIMMUNG".
Q: Einheit Nr. 13,Bochum 1.7.1972,S.1

21.06.1972:
Laut KJVD der KPD/ML-ZB findet wahrscheinlich heute auf der Zeche Prosper eine Jugendversammlung in der Kaue statt (vgl. 29.6.1972). Anwesend sollen auch Vertreter der KPD/ML sein, die über den Schlichtungsverrat bei der Bergbautarifrunde (7% in der Schlichtung mit NRW Ministerpräsident Figgen in der Nacht vom 20. auf den 21.Juni) berichten.
Q: Der Kampf der Arbeiterjugend Nr. 6,Bochum Juli 1972

22.06.1972:
Der AStA der PH Dortmund gibt vermutlich heute seine 'AStA-Information', diesmal nicht als 'DOS - Dortmunder Studentenzeitung' (vgl. 12.6.1972, 26.6.1972) sondern als Flugblatt heraus:"
GEGEN DIE BONNER NOTSTANDSGESETZE (NSG,d.Vf.)

5) DAS BUNDESGRENZSCHUTZGESETZ soll den BGS zu einer 'Sonderpolizei' des Bundes machen, die gegen Streiks und Demonstrationen eingesetzt werden kann. Streiks sind jetzt nach dem Gesetz kriminelle Handlungen in Betrieben, die die sogenannte lebenswichtige Versorgung sichern, z.B. öffentlicher Verkehr, Strom und Wasser.

Diese Sonderpolizei erhält das Recht, Bürger vorzuladen und 'erkennungsdienstlich' (ED,d.Vf.) behandeln zu können. Nach diesem neuen Gesetz soll jeder Wehrpflichtige auch gegen seinen Willen zu dieser Bürgerkriegstruppe eingezogen werden können! Dieses Gesetz versucht, den Arbeitskampf der Bergleute, Stahlarbeiter (IGBE- bzw. IGM-Bereich,d.Vf.) etc. zu verhindern.

Es erhält einen aktuellen Bezug durch die gespannte Lage im Bergbau, die sich durch die unbefriedigenden Tarifverhandlungen (BETR - vgl. 20.6.1972,d.Vf.) ergeben hat. Ein großer Teil der Bergleute fordert Urabstimmung und nicht Schlichtung durch Arbeitsminister Figgen (SPD,d.Vf.) und die Gewerkschaftsführer. Daß man mit einem Streik rechnet, zeigt, daß sich die Hauptabnehmer der Zechen rechtzeitig mit genug Kohle eingedeckt haben. Sobald die Gesetze verabschiedet sind, ist in solcher Streik nicht legales Mittel, sondern krimineller Akt."
Q: AStA PH Dortmund:AStA-Information Gegen die Bonner Notstandsgesetze,Dortmund o.J. (Juni 1972)

12.07.1972:
Die Betriebsgruppe Minister Stein Dortmund der KPD/ML-ZB und des KJVD gibt vermutlich heute ihre 'Rutsche' (vgl. 5.7.1972, 26.7.1972) heraus. Gefragt wird:"
MEINUNGSFREIHEIT IM BETRIEB?

'Parteipolitische Tätigkeit ist im Betrieb verboten', bekam ein Kumpel zu hören, der laut und vernehmlich die Schweinereien der IGBE-Bonzen bei der Lohnrunde angeprangert hatte.
So ist das nämlich: wenn einer sagt, was alle denken, ist es verboten. Wenn aber Betriebsräte in das Loblied der IGBE-Bonzen über den einmaligen 7%-Erfolg und eingebaute Sozialzulage einstimmen - wenn aber Betriebsräte und IGBE-Blätter ein Loblied nach dem anderen auf SPD-Schlichter Figgen, dem alle Kumpel für seine aufopferungsvolle Schlichtungstätigkeit dankbar sein müßten, auf den 'aufrichtigen Freund' Willy Brandt, auf Schiller, Schmidt und die ganze SPD-Mannschaft singen - so ist das natürlich keine Wahlpropaganda, sondern erlaubt!
Wir fordern: FREIES REDERECHT FÜR ZALLE IN BETRIEB UND GEWERKSCHAFT!
Wir fordern: WEG MIT DEM ARBEITERFEINDLICHEN BVG!
Denn dieses Bonzengesetz verbietet", vielleicht auch das, was hier in unserem Exemplar nicht mehr mitgedruckt wurde.
Q: Rutsche Kumpelfront,Dortmund o.J. (Juli 1972)

August 1972:
Die KPD/ML-ZK auf der Zeche Hansa Dortmund gibt erstmals ihre 'Schlag zu!' (vgl. Okt. 1972) heraus:"
FÜR ZWISCHENTARIFLICHEN LOHNKAMPF

Kollegen, jetzt ist völlig klar, wie die Bonzen der IGBE arbeiten: den Kapitalisten machen sie den Geldsack voll und für uns haben sie dann die schönen Worte.

'Keine Tonne Kohle aus dem Schacht und kein Kilo von der Halde', tönte Schmidt im Juni (vgl. S2.6.1972,d.Vf.). Hintenrum aber wurden schon die Stahlwerke beliefert, falls wir streiken. Schmidt hat dann aus Angst schnell alles abgeblasen, keine Urabstimmung, kein Streik und hat uns schnell mit Figgens staatlicher Schlichtung die 7% reingewürgt."
Q: Schlag zu! Nr. 1,Dortmund Aug. 1972

15.10.1972:
Bei Hoesch Dortmund (vgl. 24.10.1972) berichtet die KPD:"
Am letzten Sonntag (15. 10.) wollte es in Dortmund fast so scheinen, als habe die SPD plötzlich ihr Herz für die ausländischen Kollegen entdeckt: unter der Schirmherrschaft von SPD-Arbeitsminister Figgen lud die Stadt zu einer kulturellen Veranstaltung für Ausländer und Deutsche in die Westfalenhalle ein.

Das Nationale Komitee 'Kampf den reaktionären Ausländergesetzen' trat dort mit einem mehrsprachigen Flugblatt auf und entlarvte den eigentlichen Zweck der Veranstaltung: die ausländischen Kollegen darüber hinwegzutäuschen, daß sie in der BRD für Kapitalisten und SPD/FDP-Regierung nichts anderes sind als billige und bequem ausbeutbare Arbeitskräfte; kurz vor der Wahl das Bild zu retuschieren, das sich bereits Teile der Bevölkerung angesichts der faschistischen Terrormaßnahmen von der SPD/FDP-Regierung gemacht haben."
Q: Kommunistische Arbeiterpresse - Hoesch,Dortmund 24.10.1972

26.10.1972:
Im Dortmunder Fritz Henssler Haus (FHH) wird, laut KPD, eine Veranstaltung mit Kandidaten von SPD, FDP und CDU zur Bundestagswahl (BTW - vgl. 19.11.1972) durchgeführt. Die KPD (vgl. 31.10.1972) berichtet:"
DORTMUND - AGITATION BEIM TREFFEN DER CHARAKTERMASKEN

Am 26.10. versammelten sich 350 Menschen im Fritz-Henssler-Haus, um die seltene Gelegenheit zu nutzen, die Direktkandidaten der Parteien (SPD, CDU, FDP) für Dortmund einmal zu Gesicht zu bekommen und ihnen vielleicht einmal eine Frage zu stellen. Eingeladen hatte die Westfälische Rundschau, Diskussionsleiter war deren Chefredakteur.
Daß die Veranstaltung SPD-freundlich verlief - dafür war vorgesorgt: Die Westfälische Rundschau wird herausgegeben vom SPD-Arbeitsminister Figgen, bekanntgeworden als arbeiterfeindlicher Schlichter in der letzten Metalltarifrunde. Der Ort des Spektakels war auf Nummer sicher gehend das Fritz-Henssler-Haus, in dem die SPD in Gestalt des Hausmeisters das Hausrecht hat."
Q: Rote Fahne Nr. 67,Dortmund 31.10.1972,S.8

März 1973:
Laut 'Werk und Wir' finden vermutlich im März Belegschaftsversammlungen aller drei Dortmunder Hoesch-Hüttenwerke statt:"
DIE BELEGSCHAFT WURDE UNTERRICHTET

Die Belegschaften aller drei Werke wurden in Versammlungen über die betrieblichen Ereignisse der letzten Monate unterrichtet.

Siegfried Rosentreter berichtete der Belegschaft des Werkes Union über die Gefährdung für die Arbeitsplätze, die durch Auflagen der Gewerbeaufsicht für die Produktion des SM-Stahlwerkes entstanden waren. Im SM-Stahlwerk 1 waren nur 50 000 Monatstonnen genehmigt worden, da, im Gegensatz zu Produktionsauflagen bei vergleichbaren Stahlwerken in der Bundesrepublik, die amtliche Produktionsgenehmigung auf eine bestimmte Tonnage und nicht die Anzahl der Öfen ausgelegt war.

Der Vorstand der Hoesch Hüttenwerke AG ist beim Arbeitsminister des Landes Nordrhein-Westfalen, Werner Figgen, in dieser Sache vorstellig geworden und konnte erreichen, gestützt durch die Auffassung des Betriebsrates, daß diese Auflage geändert wurde. 20 Millionen DM sind werkseitig für die Entstaubung in Aussicht gestellt und Experten entwickeln zur Zeit die technisch wirksamste Methode. Werner Figgen sei es offensichtlich zu verdanken, so die Meinung von Siegfried Rosentreter, daß die Gefahr des Verlustes der Arbeitsplätze beseitigt wurde und andererseits gewährleistet ist, daß Hoesch im Interesse einer verbesserten Reinhaltung der Luft in der Stadt Dortmund zu weiteren Maßnahmen bereit ist."
Q: Werk und Wir Nr.4,Dortmund Apr. 1973,S.50f

02.03.1973:
Für die Marxisten-Leninisten (ML) Dortmund und die ML Castrop/Rauxel (vgl. 19.3.1973) berichtet H. R. anlässlich einer vermutlich heute vorgestellten Studie:
WARUM STERBEN IN NRW SOVIELE SÄUGLINGE?

NRW-Rekord in Säuglingssterblichkeit: Mit knapp 25 Säuglingssterbefällen auf 1. 000 Geburten gehört NRW in der BRD zu den Rekordländern. Bei der Umweltverschmutzung, die in unserem höchst industrialisierten Land auch herrscht, dürfte das auch nicht weiter verwunden. So findet man gerade in den Ruhrgebietsstädten auch die höchste Zahl von Bronchitiserkrankungen bei Kindern.

NRW-Gesundheitsminister Figgen hält diese Zahlen für ein unerklärliches Rätsel und will deshalb eine Untersuchung veranlassen. Doch leider geht er mit Vorstellungen an das Problem heran, die die Lage der Bevölkerung nicht verbessern werden. Läßt er doch von vornherein das Thema Umweltverschmutzung als wesentliche Ursache unter den Tisch fallen und behauptet dazu, daß das Gesundheitswesen in NRW 'vorbildlich' sei… Er müßte aber wissen, daß in Ländern mit anerkannt besserem Gesundheitswesen wie den skandinavischen Ländern oder den Niederlanden die Säuglingssterblichkeit nur bei 10 - 12 auf 1 000 liegt. Einmal am Problem vorbeigedacht, nimmt dann seine Ministerialrätin, Frau Funke, das Ergebnis der Untersuchung vorweg: es müsse an der Mentalität 'der Menschen an Rhein und Ruhr liegen'! und weiter: 'Das alles ist wohl eine Erziehungsfrage. Die Bevölkerung scheint gegenüber der eigenen Gesundheit ein gestörtes Verhältnis zu haben.' (s. Westfälische Rundschau vom 3. 3. 1973). Diese Bemerkung ist eine große Unverschämtheit. Schließlich müssen die Werktätigen hierzulande ihre letzten Pfennige dafür ausgeben, um ihren Körper wenigstens soweit zu erhalten, daß sie arbeiten gehen können, um zu leben. Schließlich ist in unserer kapitalistischen Gesellschaft die medizinische Versorgung einschließlich Arzneimittel nicht umsonst wie in der Volksrepublik China. Schließlich können wir uns keine regelmäßigen Urlaubs- und Kuraufenthalte in den Sanatorien und Heilbädern der oberen Zehntausend leisten. Schließlich braucht sich Frau Funke für ihre 4. 000 DM Gehalt nicht ihr Leben lang die Knochen schänden. Es scheint eher, daß Frau Funke ein gestörtes Verhältnis zur Gesundheit der Bevölkerung hat."
Q: Die Rote Front Nr.6,Dortmund/Castrop Rauxel März 1973,S. 7

Juni 1973:
Vermutlich Ende Juni oder Juli gibt das Regionalkomitee Rhein/Ruhr des KJV der KPD eine Broschüre "Jugendarbeitsschutz - Schutz der Jugend? Schutz der Ausbeutung!" heraus. In einem Kasten heißt es:"
'Das Gewerbeaufsichtsamt bekämpft die 'schwarzen Schafe' mit Bußgeldern zwischen 100 bis 1 000 Mark. Viele Verstöße bleiben im dunkeln. Die Prüfungsbeamten, die im Durchschnitt für eine Betriebskontrolle eine Stunde Zeit haben, befragen immer zuerst die Verantwortlichen und Betriebsleiter und nur in zweifelhaften Fällen die Jugendlichen selber. Die Betroffenen, die sich in ihren Firmen ungerecht behandelt fühlen, können aber beim Gewerbeaufsichtsamt ihre Beschwerde vorbringen.' (aus den Ruhrnachrichten)"

Im Haupttext heißt es dazu u.a.:"
Nach Ansicht unseres SPD-Arbeitsministers Figgen ist also alles in Butter. Da sind wir aber anderer Ansicht! Eine Untersuchung in NRW ergab, daß:
- 41,8% der Lehrlinge regelmäßig mehr als 8 Stunden täglich arbeiten
- bei Jugendlichen unter 16 Jahren die wöchentliche (monatliche) Arbeitszeit in 36,8% (34,5%) aller Fälle überschritten wurde, bei denen über 16 Jahre in 16,9% (14,4%) aller Fälle
- 4,3% der Lehrlinge regelmäßig Akkordarbeit leisten, in Bauberufen 26%, bei den Schlossern 23%, bei den Kfz-Mechanikern 19%
- in 11,4% aller Fälle die Pausenhöchstabstände nicht eingehalten und
- in 22,6% aller Fälle die Pausengesamtzeit unterschritten wurde
- 81% der Lehrlinge im gastronomischen Gewerbe Sonn- und Feiertags arbeiten."
Q: KJV-RK Rhein/Ruhr:Jugendarbeitsschutz - Schutz der Jugend? Schutz der Ausbeutung!,Dortmund 1973

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22.08.1973:
Im UB Dortmund der SPD soll, laut den Jusos (vgl. 28.5.1973), heute ein a.o. UB-Parteitag u.a. die Delegierten zum Landesparteitag (vgl. 30.9.1973) wählen.

Im UB Dortmund der Jusos (vgl. 26.11.1973) wird auch der folgende Text von Christoph Butterwegge verbreitet:"
DAS GROSSE SCHWEIGEN - ODER WO WAREN DIE JUNGSOZIALISTEN
(Kritischer Rückblick auf den a.o. Unterbezirksparteitag vom 22.8.1973)

Dieser Unterbezirksparteitag hatte zunächst ein reiner Wahl- und Figgen-Umjubelungsparteitag werden sollen. Da jedoch einige Sachanträge aus den Untergliederungen eingingen, ließ sich das ursprüngliche Programm nicht einhalten."
Q: SPD-LV NRW-Bezirk Westliches Westfalen-UB Dortmund-Jusos:Juso Information Nr.2 und 4,Dortmund 1973 bzw. 1973,S.10 bzw. S.6f

23.08.1973:
Im UB Dortmund der Jusos der SPD (vgl. 26.11.1973) tagt der UB-Ausschuß (vgl. 7.6.1973, 27.9.1973).

Beschlüsse werden u.a. gefaßt zu Lip in Frankreich (vgl. 23.8.1973, 31.8.1973), zur Stadtverwaltung Dortmund (ÖTV-Bereich - vgl. 23.8.1973) sowie zur:"
KANDIDATUR DES GEN. WERNER FIGGEN ZUM LANDESVORSITZENDEN

Die Jungsozialisten des Unterbezirks Dortmund mißbilligen die Kandidatur des Gen. Werner Figgen zum Landesvorsitzenden und fordern die Dortmunder Delegierten zum Landesparteitag (vgl. 30.9.1973,d.Vf.) und insbesondere die Jungsozialisten auf, diese Kandidatur des Gen. Figgen nicht zu unterstützen.

BEGRÜNDUNG:
Während der Zeit seiner Tätigkeit als Bezirksvorsitzender hat es der Gen. Figgen verstanden, den von der Mitgliederzahl stärksten Bezirk der SPD (Westliches Westfalen) praktisch zur politischen Bedeutungslosigkeit herunterzuwirtschaften. Hinzu kommt, daß er durch längere Krankheiten der Verantwortung seiner politischen Tätigkeit nicht gerecht werden konnte. Nicht zuletzt gibt seine Haltung zum Fall Götz Anlaß zur Kritik, so daß aus diesem Grunde der Gen. Figgen als Landesvorsitzender für die Jungsozialisten nicht akzeptabel ist."

Zu diesem Beschluß erhält der UB-Ausschuß einen Brief eines Landtagsabgeordneten (vgl. 3.9.1973).
Q: SPD-LV NRW-Bezirk Westliches Westfalen-UB Dortmund-Jusos:Juso Information Nr.4,Dortmund 1973,S.16f

03.09.1973:
Der UB Dortmund der Jusos der SPD (vgl. 26.11.1973) dokumentiert folgendes Antwortschreiben auf einen Beschluß des UB-Ausschusses der Jusos (vgl. 23.8.1973):"
Landtag Nordrhein-Westaflen
Prof. Dr. jur. Erich Küchenhoff MdL
4 Düsseldorf 1, den 3.Sept. 1973
Haus des Landtags

An die Arbeitsgemeinschaft der Jungsozialisten im Unterbezirk Dortmund

BETRIFFT: Entschließung gegen Kandidatur Werner Figgens zum Landesvorsitzenden

Liebe Genossinnen,
liebe Genossen,
nach Pressemeldungen vom 30.August habt Ihr für eine Entschließung gegen die Kandidatur Werner Figgens zum Landesvorsitzenden Gründe angeführt, von denen ich teils als Mitglied unserer Landtagsfraktion, teils als Teilnehmer an den Vorbereitungen und der Durchführung der letzten Parteitage genau und mit voller Überzeugung sagen muß, daß sie absolut unzutreffend sind.

Werner Figgens 'HALTUNG ZUM FALL GÖTZ' (BV in Düsseldorf,d.Vf.) war über jeden Zweifel erhaben. Nach übereinstimmenden Zeugenbekundungen und nach eigenen Beobachtungen hat er mit großer Entschiedenheit und ohne Rücksicht auf den jeweiligen Adressaten die Entscheidung und Haltung von Diether Posser verteidigt und vertreten und insbesondere das Prinzip der Einzelfallprüfung gegen jede pauschale Automatik gefordert.

Der BEZIRK WESTLICHES WESTFALEN IST KEINESWEGS POLITISCH BEDEUTUNGSLOS.
Vielmehr hat er mindestens seit dem außerordentlichen Parteitag in Bonn/Bad Godesberg im November/Dezember 1971 (vgl. S17.**.1971,d.Vf.) progressive Sachbeschlüsse durch entsprechende (meist vom Bezirksvorstand über den jeweils vorhergehenden Bezirksparteitag auf den Weg gebrachte) Anträge und Koalitionsabsprachen ermöglicht. Auf dem letzten ordentlichen Parteitag in Hannover (vgl. S17.*.1973,d.Vf.) wäre ohne die Stimmen des Westlichen Westfalen der vielerörterte Linksrutsch im Bundesvorstand nicht möglich gewesen.

Mit besten Grüßen"
Q: SPD-LV NRW-Bezirk Westliches Westfalen-UB Dortmund-Jusos:Juso Information Nr.4,Dortmund 1973,S.17

08.05.1974:
Für den KJB Dortmund (vgl. 13.5.1974) berichten Rosa und Inge von seiner Stadtteilzelle Mengede:"
VERSAMMLUNGSVERBOT GEGEN DEN KJB

Seit ungefähr fünf Monaten finden im 'Haus der offenen Tür' in Mengede regelmäßig jeden Mittwoch die offenen Zellensitzungen und der KVZ- (Kommunistische Volkszeitung) Lesekreis der Stadtteilzelle Mengede des Kommunistischen Jugendverbandes statt.
Diese Sitzung waren bei der Heimleitung angemeldet und genehmigt. Am Mittwoch, den 8. 5. teilte man uns nun plötzlich mit, daß vom Kirchenvorstand, die Kirche ist Träger des Hauses, ein Schreiben gekommen wäre, daß ein Raumverbot gegen den KJB aussprach. Auf die Frage nach der Begründung dieses Raumverbotes konnte man uns seitens der Heimleitung, die sich für nicht zuständig in solchen Fragen erklärte, keine Antwort geben.
Daraufhin wandten wir uns gleich an den 'zuständigen' Herrn, Pfarrer Kleffner, Vorsitzender des Kirchenvorstandes, der sich jedoch durch einen Referenten vertreten ließ.
Hier erzählte man uns nun folgendes: Der Kirchenvorstand habe Anstoß an ein Flugblatt des KJB zum 1. Mai genommen, worin wir unsere Sitzungen im HOT propagiert haben, gegenüber der Heimleitung hätten wir aber verschwiegen, daß wir Kommunisten sind, außerdem sei das Jugendheim ein kirchliches Heim, wir würden aber dem Interesse und der Ideologie der Kirche widersprechen und der Träger hätte in keinem Fall die Verpflichtung, Kommunisten zu beherbergen, man würde sich an die Richtlinien des NRW-Ministers für Arbeit und Soziales Figgen halten."
Q: Kommunistische Jugendnachrichten Nr.4,Dortmund Mai 1974,S.5

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