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Dortmund -
Zeche Germania, Zeche Zollern, Ruhrkohle AG Gemeinschaftsausbildungswerkstatt (RAG-GAW) Zollern

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 23.2.2005


Materiallage

Diese Darstellung stützt sich auf betriebliches Material der DKP sowie auf eine Vielzahl örtlicher und überörtlicher Berichte.


Die Organisationen

Während der Septemberstreiks treten sich vor allem der Sozialistische Deutsche Studentenbund (SDS), die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) und die Industriegewerkschaft Bergbau und Energie (IGBE ) gegenüber.


Wichtige Themen und Ereignisse

Diese Darstellung beginnt, nach der Neugliederung des Ruhrbergbaus (vgl. 30.4.1969), mit den Septemberstreiks 1969 (vgl. 9.9.1969, 10.9.1969, 11.9.1969), an denen sich u.a. auch die Dortmunder Zechen Germania und Zollern beteiligen. Außer der DKP greift scheinbar auch der SDS Bochum ein, dabei werden beide von der IGBE nach besten Kräften denunziert. Die IGBE nennt sicher nicht von ungefähr die vollen Namen teils mit Adresse der angeblichen APO-Aktivisten bzw. ihrer Unterstützer. Ob hierbei polizeiliche bzw. staatliche, betriebliche oder sozialdemokratisch-proletarische Aktionen gegen die 'Linksradikalen' provoziert werden sollten, sei dahingestellt. Wichtiger scheinen die Desinformation und die widersprüchlichen Berichte bei den bestreikten Zechen selbst, von denen die Münchner KPD/ML-ZK berichtet (vgl. 11.9.1969).

Es ist unklar, welcher große Dichter und Denker wirklich der Erschaffer der erbaulichen angeblichen Äußerungen auf der SDS-Versammlung in Castrop-Rauxel war, von der die IGBE berichtet (vgl. 3.10.1969), dass es geheißen haben soll: "'Schlagt den Brieftauben der Bergleute die Köpfe ab, löst die Sportvereine und Sparclubs auf, jagt die Bergmannsfrauen von den Fernsehgeräten weg und politisiert die Bergmannskinder, damit sie uns endlich alle zuhören. Wenn die Arbeiter uns schon nicht begreifen, dann sollen sie wenigstens auf uns hören und uns folgen.'"(vgl. Einheit Nr.19,Bochum 3.10.1969; IMSF: Die Septemberstreiks 1969,Frankfurt Nov. 1969). Egal, ob das nun wirklich berauschte SDSler selber formulierten oder ob aber die Autoren der IGBE-Zeitschrift kreativ tätig wurden, die IGBE stellt es exemplarisch heraus und versucht damit die Stimmung gegen den SDS zu schüren.

Zumindest auf den Zechen Germania und Zollern aber konnten bisher keine weiteren Berichte über betriebliche Aktivitäten des SDS aufgefunden werden, auch von den SDS-Nachfolgeorganisationen scheint nur die DKP auf den Zechen Germania und Zollern aktiv gewesen zu sein, wobei eine Betriebszeitung herausgegeben wird, ohne aber eine eigene DKP-Betriebsgruppe zu erwähnen.

Nach der Eingliederung in die Ruhrkohle AG (RAG - vgl. 1.12.1969, 15.12.1969) erfolgt mutmaßlich schon knapp ein Dreivierteljahr später der Stilllegungsbeschluss (vgl. 30.9.1970, Okt.1970), wobei die Zeche Germania zu den ersten betroffenen Zechen dieser Welle von Zechenstilllegungen bei der RAG zählt.

Die Betriebszeitung der DKP, 'Der Lüfter' wird uns erst mit der erhöhten Aufmerksamkeit aufgrund der Stilllegung bekannt (vgl. 12.10.1970). Ob sie schon vorher existierte erscheint fraglich.

Die DKP prangert landesweit die akute Bedrohung zumindest der 240 Arbeitsplätze von Teilinvaliden an und informiert über die neuen Arbeitsorte derjenigen Kumpel, die von der RAG weiter beschäftigt werden (vgl. 19.10.1970).

Auch auf betrieblicher Ebene bemüht sich die DKP um die Beeinflussung des Ministers Werner Figgen (vgl.19.10.1970), macht diesem ihre Sorge um die zukünftige Energiebasis der bundesdeutschen Industrie klar: "In einer sich entwickelnden Wirtschaft wächst der Energiebedarf. An dem Zuwachs können alle Energieträger, vor allem aber die heimische Kohle beteiligt sein." (vgl. Lüfter Brief an den Minister, Dortmund o.J. (1970)))

Befürchtet wird von der DKP-Betriebszeitung dabei gar eine Stilllegung der gesamten Zechen der RAG-Gruppe Dortmund.

Im März 1971 (vgl. 8.3.1971) wird auch auf den Zechen Germania und Zollern seitens der DKP noch einmal gegen die Fahrpreiserhöhungen (vgl. Dietmar Kesten: der Rote Punkt in Dortmund 1971) protestiert, wenigstens auf dem Papier, am 15.4.1971 aber erfolgt das endgültige Aus für die Zeche Germania, wovon die KPD erst im nachhinein berichtet (vgl. 30.6.1971). Sie widmet sich auch später noch einem der Nachlese der Septemberstreiks 1969 (vgl. Juni 1973).

Von den Folgen bzw. Nicht-Folgen der Stilllegung der Zeche Germania erfahren wir von der Zeche Minister Stein/Hardenberg Dortmund durch die DKP (vgl. 23.8.1971), über die Lage der nach dort versetzten Jugendlichen berichtet der KJVD der KPD/ML-ZB (vgl. 24.4.1972).

Für den 10.Gewerkschaftskongreß der IGBE im September 1972 werden auch von der IGBE Ortsgruppe Germania-Marten Anträge gestellt bzw. unterstützt.

Im Januar 1973 erfolgt die Nachricht, dass die zur Zeche Victor-Ickern in Castrop-Rauxel versetzten Germaniakumpel ein weiteres Mal auf Wanderschaft gehen dürfen, wovon auch die Marxisten-Leninisten Dortmund berichten (vgl. Jan. 1973, 2.1.1973).

Selbst der Förderturm der Zeche Germania wird demontiert und nach Bochum verbracht (vgl. Feb. 1973).

Auf der ehemaligen Zeche Zollern wird zunächst eine RAG-Gemeinschaftsausbildungswerkstatt (GAW) eingerichtet, wo u.a. der von uns bisher nur wenig behandelte KJV der KPD aktiv wird (vgl. 8.5.1974), in der aber aufgrund der zunehmenden Jugendarbeitslosigkeit mutmaßlich vorwiegend keine herkömmliche Lehrlingsausbildung betrieben, sondern Schmalspurkurse für arbeitslose Jugendliche angeboten werden. Hier sind sowohl die KPD bzw. ihr KJV (vgl. 28.1.1976, 8.3.1976) und ihr Arbeitslosenkomitee (ALK) Dortmund (vgl. März 1975) als auch der KBW sowie der von ihm mutmaßlich damals stark beeinflusste DGB-Arbeitskreis junger Gewerkschafter Dortmund aktiv.

Der Polizei scheint dies nicht immer recht zu sein (vgl. 8.3.1976).


Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

30.04.1969: 
Laut IGBE (vgl. 30.4.1969), gehören nach der Neugliederung des Ruhrbergbaus durch die RAG folgende Schachtanlagen zum Verwaltungssitz Dortmund: Germania Dortmund.
=Einheit Nr.9,Bochum 30.4.1969,S.3

09.09.1969: 
In Dortmund beginnt, laut IMSF, ein dreitägiger Streik von insgesamt 10 000 Bergleuten zunächst auf den RAG-Zechen Minister Stein und Fürst Hardenberg (ca. 4 500 Besch. - vgl. 8.9.1969, 10.9.1969).

Für die DKP berichtet F. N.:"
DIE KUMPEL STREIKTEN WEITER

Die Kumpel der Dortmunder Schachtanlagen 'Hansa', 'Germania' und die Zeche 'Zollern' und 'Minister Stein' mit der Zeche 'Hardenberg', insgesamt 10 000 Bergarbeiter, setzten ihren Streik bei Redaktionsschluß dieser Ausgabe fort. Der Ausstand, der auf 'Hardenberg' und 'Minister Stein' begann, dann auf die anderen Schachtanlagen übersprang, führte zu Demonstrationen durch Dortmund. Die Streikenden sind mit dem Tarifabschluß im Kohlenbergbau (vgl. *.9.1969,d.Vf.) unzufrieden. Sie fürchten den Verlust der Lohnzulage durch die Gedingeschere."
=Der Spiegel Nr.38,Hamburg 15.9.1969;
Unsere Zeit Nr.25,Essen 18.9.1969,S.5;
IMSF:Die Septemberstreiks 1969,Frankfurt Nov. 1969;
Kumpel-Post Extrablatt,Dortmund 9.9.1969;
Einheit Nr.19,Bochum 3.10.1969,S.3 und 11


10.09.1969: 
Heute wird, laut IMSF, das Ergebnis der Tarifverhandlungen für den Ruhrbergbau (3,50 DM pro Schicht für Arbeiter, 80 DM für Angestellte und 50 DM für Lehrlinge) bekanntgegeben, die IGBE läßt gefälschte Berichte über eine spontane Begeisterung der Bergleute verbreiten. In Dortmund demonstrieren 2 000 zum Gewerkschaftshaus mit Parolen wie "Glück auf, Glück auf, wir werden verkauft". Der IGBE Bezirksleiter wird als Arbeiterverräter bezeichnet. Der Streik auf den Dortmunder Zechen Fürst Hardenberg und Minister Stein (vgl. 9.9.1969) weitet sich auch auf die Zechen Hansa (ca. 3 000 Besch.), Germania und Zollern 1 (ca. 1 500) aus (vgl. 11.9.1969), indem Bergleute der streikenden Zechen die noch arbeitenden Zechen besuchen. Damit erreicht der Streik heute seinen Höhepunkt. Eine Ausweitung über die Stadtgrenzen hinaus aber scheitert.
=IMSF:Die Septemberstreiks 1969,Frankfurt Nov. 1969

11.09.1969: 
In Dortmund endet, laut IMSF, der Streik der RAG-Zechen Minister Stein, Fürst Hardenberg, Hansa, Germania und Zollern (vgl. 10.9.1969). Morgens demonstrieren zunächst die Streikenden von Zollern 1 und Germania zu Hansa und von dort zusammen zum Minister Stein. Auf dem zweistündigen Weg werden Streikleitungen durch Zuruf gebildet. Auf dem Versammlungsplatz werden aus den einzelnen Zechen-Streikleitungen eine achtzehnköpfige Gesamtleitung und ein Fünferausschuß gebildet.

Dieser fährt nachmittags zu Verhandlungen mit dem IGBE-Vorstand nach Bochum, kommt aber abends ohne Ergebnis zurück. Zwar wird die ganze Nacht über heftig diskutiert, morgens aber fahren die Schichten wieder ein. Der Hauptvorstand der IGBE erklärt, daß bei dem Streik andere als materielle Ursachen zugrundeliegen müßten, nämlich eine Einmischung der DKP. Das IMSF erklärt die heutige Fortführung des Streiks, trotz des neuen Verhandlungsergebnisses als Unzufriedenheit über dieses Ergebnis und über die Nichtbezahlung der Streikzeit. Erst unter massivem Druck, vor allem von der IGBE-Leitung, sei der Streik abgebröckelt. Die IGBE lehnte eine Bezahlung der Streikschichten ab, da die Streiks nicht durch die Gewerkschaften genehmigt gewesen waren.

In der Nacht ist, laut IGBE, auch der DKP-Vorsitzende Herbert Mies in der Nähe der Zechen, während der SDS-Funktionär Dieter Giesen mit zwei weiteren SDSlern von Zeche zu Zeche gefahren sei, um die dortigen Kumpel zum Streiken zu bewegen. Anlaufstelle für die SDSler sei die Wohnung des Dortmunder Volksschullehrers Rüdiger Beyer gewesen.

Anläßlich der MTR der IGM 1971 in Bayern (vgl. 6.9.1971) berichtet die KPD/ML-ZK, u.a. bei Siemens München (vgl. 20.9.1971):"
Arendt ist dafür verantwortlich, daß 1969 in Dortmund der Streik in zwei Zechen zusammenbrach, weil er den Kollegen der einen Zeche sagte, die Kollegen der anderen hätten die Arbeit wieder aufgenommen. Das war eine gemeine Lüge."
=Roter Lautsprecher Nr.1,München Sept. 1971,S.21;
IMSF:Die Septemberstreiks 1969,Frankfurt Nov. 1969


18.09.1969: 
Die DKP bringt die Nr.25 ihrer 'Unsere Zeit' (UZ) heraus (vgl. 11.9.1969, 25.9.1969).
Aus NRW wird u.a. berichtet von der Dortmunder Zeche Germania.
=Unsere Zeit Nr.25,Essen 18.9.1969

23.09.1969: 
In Castrop-Rauxel findet, laut IGBE (vgl. 3.10.1969), eine Veranstaltung im Studio des Westfälischen Landestheaters zu den jüngsten Streiks statt, auf der auch Mitglieder des Berliner SDS anwesend sind, die vertreten hätten, daß das, was für die Chinesen gut sei, auch für Dortmunder Bergleute gut sei. Sie wollten neue Streiks initiieren und sich dabei vor allem an die gewerkschaftlich nicht organisierten Kumpel wenden. Auf der Dortmunder Zeche Germania hätten sie bereits einen unorganisierten Hauer gefunden, für den sie die Flugblätter drucken und dem sie die Auslagen für das Schüren weiterer Streiks ersetzen würden. Die Streiks sollten im Januar 1970 beginnen. Ein SDSler habe gefordert die Brieftauben der Kumpel zu ermorden, die Sparklubs und Sportvereine aufzulösen, die Bergmannsfrauen von den Fernsehgeräten zu verjagen und deren Kinder zu politisieren.
=IMSF:Die Septemberstreiks 1969,Frankfurt Nov. 1969;
Einheit Nr.19,Bochum 3.10.1969,S.3


03.10.1969: 
Die IGBE gibt die Nr.19 ihrer 'Einheit' (vgl. 16.9.1969, 16.10.1969) heraus.
Auf Seite 3 erscheint der folgende Artikel:"
HINTER DEN KULISSEN ANGEFÜHRT!

Die wilden Streiks von Dortmund und Saarbrücken haben viele Menschen nachdenklich gemacht. Wie konnte es dazu kommen? War es nur Unzufriedenheit über zu niedrige Löhne? Aber: Die Löhne sind eigentlich nie zu hoch gewesen. Jahr für Jahr mußte die IG Bergbau und Energie für höhere Löhne und Gehälter verhandeln und kämpfen.

Dennoch gab es keine wilden Streiks. Wir haben uns deshalb einmal die Entwicklung auf den wild bestreikten Zechen 'Minister Stein', 'Germania' und 'Hansa' in Dortmund etwas genauer angesehen. Wir haben mit den organisierten Bergarbeitern gesprochen, die wild streikten. Wir haben nach Hintermännern und Drahtziehern geforscht. Wir haben sie gefunden. Wir haben nach den Streikursachen gefragt. Wir haben herausgefunden, daß in Dortmund weniges spontan, aber vieles organisiert war. Auf dieser Seite gibt die 'Einheit' einen ersten Bericht. Ungeschminkt und offen. Ohne Rücksicht darauf, ob sich jemand angegriffen fühlt oder nicht. Wir wollen Klarheit schaffen. Weil die Interessenvertretung der Bergleute durch ihre Gewerkschaft nur in klaren Verhältnissen erfolgreich wahrgenommen werden kann. Und nicht durch wilde Streiks, deren Hintermänner im Zwielicht agitieren, aber die Folgen ihrer Agitation nicht tragen. ...

Auf der Zeche Germania haben sie bereits einen Unorganisierten gefunden, der sich den APO-Studenten aus Berlin als Handlanger angeboten hat. Es ist der Hauer Harry Martin, geboren in Berlin und jetzt wohnhaft in Dortmund-Marten, Diederichstraße 19. Die APO druckt für Harry Martin kostenlos die Flugblätter, mit denen die Dortmunder Bergleute zu weiteren wilden Streiks angefeuert werden sollen. Die Berliner APO-Studenten ersetzen ihrem früheren Landsmann Martin auch alle Auslagen, die er hat, um das Feuer zu schüren. Im Augenblick sammelt APO-Handlanger Martin neue Kräfte im Knappschaftsversorgungsheim Hundseck. Er ist in Vorsorgekur. Ein APO-Student hat im vertrauten Kreis in Castrop-Rauxel bereits die neue Marschrichtung für Martin und Co. festgelegt: Im Januar soll es auf Germania und den anderen Zechen 'richtig losgehen'. Dann hätte der SDS (Sozialistischer Deutscher Studentenbund) alles gründlich vorbereitet und durchorganisiert für den nächsten wilden Streik.

Und noch eines wurde von diesem SDS-Mann im vertrauten Kreis gesagt: 'Die Arbeiter sind dumm. Sie begreifen unsere Sprache nicht. Deshalb müssen wir die Sprache reden, die die Arbeiter auch verstehen. Das ist die Sprache der Gewalt!'

Deshalb sollen die Arbeiter in den nächsten Wochen systematisch aufgeputscht werden. Gegen ihre eigene Gewerkschaft, gegen ihre Betriebsräte. Damit sie in die richtige Krawallstimmung kommen. Damit die Arbeiter auch streiken, wenn die APO-Studenten das Signal dazu geben.

Die APO-Studenten interessiert es nicht, ob die Bergarbeiter durch wilde Streiks Lohnausfälle und damit finanzielle Einbußen erleiden. Im Gegenteil. In vertraulichen Gesprächen geben diese Drahtzieher zu, daß sie nicht den sozialen Fortschritt, sondern das soziale Chaos wollen, weil es dann einfacher sei, hier in der Bundesrepublik chinesische Verhältnisse einzuführen. Einer dieser APO-Studenten ließ die Katze aus dem Sack. Er schlug vor, den Kampf gegen die Verhältnisse in der Bundesrepublik so zu führen: 'Schlagt den Brieftauben der Bergleute die Köpfe ab, löst die Sportvereine und Sparclubs auf, jagt die Bergmannsfrauen von den Fernsehgeräten weg und politisiert die Bergmannskinder, damit sie uns endlich alle zuhören. Wenn die Arbeiter uns schon nicht begreifen, dann sollen sie wenigstens auf uns hören und uns folgen.'

Die Antwort der Bergleute auf diese Ungeheuerlichkeiten kann nur die sein: Wir lassen uns nicht verrückt machen. Wir streiken nicht gegen unsere eigenen Interessen, sondern wir kämpfen zusammen mit unserer Gewerkschaft für die Verbesserung unserer Lebensbedingungen. ...
=Einheit Nr.19,Bochum 3.10.1969;
IMSF:Die Septemberstreiks 1969,Frankfurt Nov. 1969


01.12.1969: 
Die DKP berichtet von der RAG:"
SOZIALDIREKTOREN DER RUHRKOHLE AG

Die Ruhrkohle AG hat am 1.12.1969 ihre Arbeit aufgenommen. Sie ist in sieben Gruppengesellschaften gegliedert."
GRUPPE IV: Bergbau AG Dortmund:

Germania: Josef Czilinski"
=Einheit Nr.24,Bochum 15.12.1969,S.*;
Unsere Zeit Nr.37,Essen 11.12.1969,S.6


15.12.1969: 
Die IGBE gibt ihre 'Einheit' Nr.24 (vgl. 1.12.1969, 2.1.1970) heraus.
In NRW sind laut Seite 3 auf den Werkseinheiten der Ruhrkohle AG (RAG) die Betriebsdirektoren für Personal- und Sozialfragen (PS-Direktoren) benannt worden.
Für die Bergbau AG (BAG) Dortmund sind dies u.a.:
- Germania Dortmund: Josef Czilinski.
In dieser neu geschaffenen Funktion sollen sie "so bald wie möglich ihre Tätigkeit in den Werkseinheiten aufnehmen".
=Einheit Nr.24,Bochum 15.12.1969

30.09.1970: 
Aus Dortmund-Marten wird durch die KPD/ML-ZB von der Zeche Germania berichtet, daß diese Woche offiziell deren Schließung bekanntgegeben worden sei, nachdem letzte Woche noch behauptet worden war, daß dies nicht geschehen sollte. Die 3 083 Arbeiter und Angestellten sollen auf die vier Schachtanlagen Minister Stein und Gneisenau in Dortmund, Victor Ickern in Castrop-Rauxel und Minister Achenbach in Lünen verteilt werden. Die Stillegung solle in 14 Monaten abgeschlossen sein. Nachdem dies zu großer Empörung geführt habe, sei heute von den Kapitalisten verkündet worden, daß die endgültige Entscheidung noch nicht gefallen sei. Die abschließende Beratung solle Ende Oktober erfolgen.
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.38,Bochum 3.10.1970

Oktober 1970: 
In Dortmund beginnt, laut KPD/ML-ZB, die Stillegung der Zeche Germania (3 000 Besch.) der Ruhrkohle AG (RAG).
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.45,Bochum 26.10.1970,S.4

Oktober 1970: 
Für die DKP berichtet Jochen Mandel vermutlich aus dem Oktober von der RAG:"
SICHERE ENERGIE

Die Herren der Ruhrkohle kündigen eine neue Welle von Zechenstillegungen an. Graf Moltke (in Gladbeck,d.Vf.), Germania (in Dortmund,d.Vf.) und Katharina (in Essen,d.Vf.) sollen die ersten sein, über weitere Namen wird vorerst geschwiegen. Die Kumpel und Betriebsräte der einzelnen Schachtanlagen dürfen in der Zwischenzeit 'raten', ob sie die nächsten sein werden oder nicht. Information und Mitbestimmung passen eben nicht in das Profit-Konzept der  Herren Unternehmer.

Diese versuchen statt dessen, die Öffentlichkeit mit gezielten Meldungen von der 'Notwendigkeit' der geplanten Stillegungen zu überzeugen und davon, daß alles sehr 'sozial' vor sich gehen soll.

So konnte man also kürzlich lesen, daß die Ruhrkohle AG, als einzigster der zehn größten bundesdeutschen Konzerne, das letzte Geschäftsjahr mit einem Defizit von 200 Millionen DM abschloß. Man verschwieg dabei allerdings, daß auch heute noch die Stahlindustrie, als Hauptaktionär der Ruhrkohle AG, den Hüttenkoks zu einem weit unter dem Handelspreis liegenden Schleuderpreis erhält. Das Defizit ist also organisiert, nicht echt.

Ähnlich ist es mit dem sogenannten Sozialplan, der jetzt für die Zeche Graf Moltke veröffentlicht wurde. 2 640 DM Verlegungsgeld sollen die Kumpel erhalten, die Fahrtkosten zur neuen Arbeitsstätte sollen für vier Jahre erstattet werden, und so weiter und so fort. Dieser 'Sozialplan' soll als Muster für alle anderen stillzulegenden Zechen dienen. Auch hier werden einige 'Kleinigkeiten' verschwiegen, die unter anderem von der DKP-Betriebszeitung für die Zeche Germania ('Der Lüfter' - vgl. 12.10.1970,d.Vf.) enthüllt wurden. Danach trifft dieser 'Sozialplan', oder besser Stillegungsplan genannt, nur für etwa 61 Prozent der Belegschaft zu, und auch nur dann, wenn sie einen 'zumutbaren' Arbeitsplatz, der bis zu einer Stunde Anmarschweg entfernt sein darf, nicht abgelehnt haben. Im Prinzip der gleiche Senf, der den Kumpeln schon vor Jahren präsentiert wurde.

Und daran ändert sich auch morgen nichts. Denn wer gestern Millionen investiert hat und heute behauptet, dabei falsch gerechnet und geplant zu haben, der kann nicht für sich in Anspruch nehmen, heute mit den Stillegungsplänen eine richtige Entscheidung zu treffen. Für den arbeitenden Menschen werden solche Entscheidungen immer falsch und mit Opfern verbunden sein, solange sie sich an der Profitgier der Unternehmer orientieren.

Pausenlos beweisen die Unternehmer, daß sie nicht in der Lage sind, den Bergbau im Interesse der Mehrheit unserer Bevölkerung und einer sicheren Energie zu führen. Es ist höchste Zeit, ihnen diese Verfügungsgewalt aus den Händen zu nehmen, in Übereinstimmung mit der Verfassung, der Satzung der IGBE und den Vorstellungen der Deutschen Kommunistischen Partei."
=Unsere Zeit NRW Nr.45,Düsseldorf 7.11.1970,S.16

12.10.1970: 
Die DKP berichtet vermutlich aus dieser Woche über den 'Lüfter' (vgl. 19.10.1970):"
WIND BEKOMMEN

DER 'LÜFTER' LÜFTET EIN GEHEIMNIS DER KOHLENBOSSE

Eine Welle neuer Stillegungen steht im Steinkohlenbergbau an der Ruhr bevor. Graf Moltke in Gladbeck, Germania in Dortmund und Katharina in Essen sollen die ersten sein. Der 'Lüfter', die Betriebszeitung der DKP für die Belegschaft der Schachtanlagen Zollern/Germania befaßt sich in seiner letzten Ausgabe ausführlich mit diesem Problem und weist nach, daß sich trotz gegenteiliger Beteuerungen auch durch die Ruhrkohle AG (RAG,d.Vf.) nichts an der alten Unternehmerpraxis im Bergbau geändert hat. 'Der Plan zur Stillegung wurde wie eh und je unter den Bossen ausgeheckt und nur durch 'Verletzung der Geheimhaltung' bekam der Betriebsrat 'Wind' von der Sache', schreibt der 'Lüfter' und fragt: 'Was das mit Mitbestimmung zu tun hat, mag der Teufel wissen.'

Auch das Märchen von der Unrentabilität wird widerlegt: '1955 werden 1 645 150 to mit einer Belegschaft von fast 7 000 Mann gefördert. 1969 werden 1 453 300 to mit nur etwa 3 000 Mann gefördert. Und das lohnt sich nicht?' fragt der 'Lüfter' und schlußfolgert, daß für den Stillegungsbeschluß andere Gründe bestimmend waren, denn 'Allerorts ist der Kohlenmangel spürbar. Bald wird es wieder ein Wehklagen über kalte Krankenhäuser, Schulen und andere Einrichtungen geben. Die, die diese Lage verschulden, bleiben ungeschoren. Sie erzeugen durch Stillegungen die Kohleknappheit und handeln dann nach dem Prinzip: Was knapp ist, kann teuer verkauft werden.'

Der sogenannte Sozialplan wird von der DKP-Betriebszeitung als reiner Stillegungsplan gekennzeichnet, der die Aufgabe erfüllen solle, den Bergbauunternehmern trotz bestehender Kohleknappheit umfassende Stillegungsmaßnahmen zu ermöglichen. Weiterhin würden von den unzureichenden Sozialmaßnahmen ohnehin nur etwa 61 Prozent der Belegschaft betroffen, und auch die nur, wenn sie einen 'zumutbaren Arbeitsplatz' nicht abgelehnt hätten.

'Wer 30 bis 40 Millionen Tonnen hervorragender Kohle, auch Kokskohle, aus Sucht nach Höchstgewinn stillegt, beweist seine ganze volkswirtschaftliche Unfähigkeit, dem ist auch das Schicksal der Kumpel gleichgültig', stellt der 'Lüfter' fest und fährt fort: 'Weil sich die Kohle in der Verfügungsgewalt der Monopole befindet, wird sie nicht im Interesse der Bergarbeiter, zur Sicherung der Arbeitsplätze und der Deckung des Energiebedarfs, sondern einzig und allein nach den Profitberechnungen gefördert oder stillgelegt. ...Deshalb ist die Forderung nach wie vor richtig, den Bergbau und die Energiewirtschaft in Gemeineigentum zu überführen.'"
=Unsere Zeit - NRW Nr.43 und 45,Düsseldorf 24.10.1970 bzw. 7.11.1970,S.15 bzw. S.16;
Lüfter Brief an den Minister,Dortmund o.J. (1970),S.2


19.10.1970: 
Für die DKP berichtet J. M. vermutlich aus dieser Woche:"
FEHLRECHNUNG DER ADREMA?

3 100 BERGARBEITER VON STILLEGUNG BEDROHT

'Jedes betroffene Belegschaftsmitglied der Zeche Germania erhält das Angebot eines Arbeitsplatzes im Bereich der Bergbau AG Dortmund.', heißt es in einem Schreiben des Vorstandes der Bergbau AG Dortmund an die 'lieben Mitarbeiter' der durch Stillegung bedrohten Zeche Germania in Dortmund. Inzwischen verstärken sich die berechtigten Zweifel der Kumpel von Germania an der Glaubwürdigkeit dieses Versprechens.

Obwohl jedes Belegschaftsmitglied dieses Schreiben erhalten sollte, verschickte der Vorstand etwa 240 Briefe weniger als Belegschaftsmitglieder vorhanden sind. Das 'Versehen' wurde berichtigt, und mit einem Fehler der Adrema entschuldigt. Dennoch fragen sich manche Kumpel, warum der Adrema dieser 'Fehler' ausgerechnet bei den 240 Kumpeln passierte, die bereits eine sogenannte BU-Rente beziehen, also nicht mehr voll arbeitsfähig sind? In dem Schreiben des Vorstands wird auch angekündigt, auf welche Schachtanlagen die Germania-Kumpel verlegt werden sollen. Es sind die Zechen Gneisenau in Dortmund-Derne, Minister Achenbach in Brambauer (Lünen,d.Vf.), Minister Stein in Dortmund-Eving und Victor Ickern in Castrop-Rauxel.

Nur die vom Vorstand ausgearbeitete Zahl der von den einzelnen aufzunehmenden Germania-Kumpel stimmt bei weitem nicht mit der tatsächlichen Belegschaftsstärke überein. Während die Zahl der auf Germania beschäftigten Arbeiter und Angestellten etwa 3 100 beträgt, sind vom Vorstand nur 1 700 Kumpel zur Verlegung auf die vier Anlagen vorgesehen.

Wie die UZ erfahren konnte, sollen nur 700 Kumpel auf die Zeche Victor Ickern, 300 nach Gneisenau, 400 nach Minister Achenbach und 300 nach Minister Stein verlegt werden. Der Rest der 'lieben Mitarbeiter' soll nach Vorstellungen des Vorstands dann wohl dem 'freien Arbeitsmarkt' zur Verfügung gestellt werden."
=Unsere Zeit - Ausgabe NRW Nr.44,Düsseldorf 31.10.1970,S.17

19.10.1970: 
Der DKP Kreisvorstand Dortmund gibt frühestens in dieser Woche eine Ausgabe seines 'Lüfter' (vgl. 12.10.1970, 8.3.1971) für die Belegschaft der Zechen Zollern und Germania mit 4 Seiten DIN A 4 unter Verantwortung von Werner Groß heraus. Als Leitartikel dient ein:"
BRIEF AN DEN MINISTER

Deutsche Kommunistische Partei
Kreisvorstand Dortmund

Herrn Minister Werner Figgen

4 Düsseldorf
Landesregierung

Betr.: STILLEGUNG DES ZENTRALSCHACHTES GERMANIA IN DORTMUND

Sehr geehrter Herr Minister!

Sie gehören als Vertreter der Landesregierung dem Aufsichtsrat an, der in Kürze (vgl. 15.10.1970,d.Vf.) dem Vorstandsbeschluß der Ruhrkohle AG (RAG - vgl. **.**.1970,d.Vf.), die Schachtanlage Germania stillzulegen, zustimmen soll.

Wir ersuchen Sie, Ihren ganzen Einfluß dahin geltend zu machen, daß dieser Beschluß im Aufsichtsrat nicht gefaßt wird.

Es widerspricht den Grundprinzipien der Demokratie und den volkswirtschaftlichen Interessen, daß der Profit das einzige Leitmotiv für strukturpolitische Maßnahmen sein soll.

Wir sind der Meinung, daß nach Lage der Dinge keinerlei Anlaß besteht, den Strukturwandel im Energiebereich mit staatlichen Mitteln zu beschleunigen.

In einer sich entwickelnden Wirtschaft wächst der Energiebedarf. An dem Zuwachs können alle Energieträger, vor allem aber die heimische Kohle beteiligt sein.

Noch in jüngster Zeit wurden Millionen in die Anlage investiert, weil man sehr wohl einen lohnenden Abbau der Kohle errechnet hatte. Das beweist auch der bis 1973 reichende Kohlegewinnungsplan für die Schachtanlage Germania.

Wer heute behauptet, gestern falsch gerechnet und geplant zu haben, kann für sich in Anspruch nehmen, jetzt eine richtige Entscheidung treffen zu wollen. Die Unfähigkeit der Konzerne ist wohl nirgendwo so deutlich sichtbar, wie hier im Ruhrbergbau.

Alles das geht seit Jahren und wieder, trotz Sozialplan, auf Kosten der Bergleute und ihrer Familien.

Nach unserer Überzeugung ist die Erhaltung der Schachtanlage der beste Sozialplan für die Belegschaft und die beste Lösung für alle Bevölkerungsteile, die vom Bergbau abhängig sind und davon leben.

GLÜCKAUF!

gez. Werner Groß
     Vorsitzender"

Zum selben Thema wird gefragt:"
JETZT GERMANIA - DANN DIE GANZE GRUPPE DORTMUND?

Die Fragestellung überrascht nur den, der die wirklichen Pläne der Ruhrkohle AG (RAG) nicht kennt - und sie nicht ernst nimmt.

In Heft 8 der Monatsschrift 'Ruhrkohle' wird das Programm für die Zukunft entwickelt, daß die Aufmerksamkeit und Wachsamkeit aller Dortmunder Belegschaften hervorrufen sollte!

Das Programm geht nicht davon aus, die günstigste Versorgung der Verbraucher zu sichern, -  sonder wie es heißt auf: 'Eine solide Rentabilität'

'Die Kohleförderung soll auf den nachhaltigsten ertragsstärksten Anlagen erfolgen. DIES IST DER KERN ALLER ÜBERLEGUNGEN.'

Die Schachtanlagen Germania, Moltke (in Gladbeck,d.Vf.) und Katharina (in Essen,d.Vf.) sind für die Stillegung benannt.

Nach dem 'Kern der Überlegungen' muß man davon ausgehen, daß selbst die Anlage Moltke eine höhere Mann und Schichtleistung aufweist, als der Durchschnitt ALLER Dortmunder Anlagen.

MOLTKE förderte pro Mann und Schicht im 2. Quartal 3 515 Kg.

IN DER GRUPPE DORTMUND waren es 3 441 Kg. Die Zahlen sind dem genannten gleichen Heft entnommen.

Wo also die Stillegungspolitik aufhören soll ist heute so ungewiß wie vor 10 Jahren!

Die Belegschaften werden immer wieder von solchen 'Hiobsbotschaften' überrascht.

Bei einer solchen Orientierung will doch keiner ernsthaft behaupten, daß keine Arbeitsplätze für die Zukunft gefährdet wären.

Die Unternehmer möchten mit den Menschen wie mit Material verfahren. Sie sagen im 'Gesamtsozialplan', den wir schon in unserer vorigen Ausgabe behandelten u.a.: Anfahrtswege spielen keine Rolle, eine Stunde für die Hin- und eine für die Rückfahrt sind vertretbar und zu verlangen. das heißt aber auch, daß z.B. Dortmunder Kumpel nach Essen verlegt werden können und umgekehrt. Nur die Kohlenbosse, die selbst keine Einbußen zu ertragen haben können so an ihre Profitplanung gehen.

Alle noch fördernden Anlagen sind rentabel, das ist doch nicht die Frage, es geht darum, wo man im Augenblick den höchsten Gewinn erzielen kann, auch wenn die Kohle knapp wird.

Außerdem wird dann das Rezept angewandt: was knapp ist kann noch teurer verkauft werden, bei denen stimmen die Kohlen immer.

Die Belegschaften und jeder Kumpel sollte deshalb den Plänen entgegentreten, die auf Stillegung hinauslaufen.

STILLEGUNGEN lohnen sich für die UNTERNEHMER - sie kassieren dafür noch PRÄMIEN!

Ein Beispiel für viele war Dahlbusch in Gelsenkirchen (vgl. *.**.196*,d.Vf.).

Bei Zugrundelegung der Durchschnittsförderung von 1 Million Tonnen, kassierten die Unternehmer je Tonne stillgelegter Kohle (alle Prämien zusammengerechnet) 51 DM.

Bei 1 Million Tonnen Förderung also 51 Millionen DM!

Das Aktienkapital betrug derzeit ganze 18 Millionen. Die Aktionäre bekamen also fast die dreifache Summe, - und ob sich das lohnt. Man sehe sich heute einmal die Aktienkurse der Dahlbusch-Gesellschaft an!

Dazu behielten sie die Grundstückswerte, die Anlage selbst, alles war noch verkäuflich. Ein wahrhaft glänzendes Geschäft.

Die Kumpel sind seitdem schon mehrfach verlegt worden, ihr Schicksal blieb das des Bergarbeiters. Ihre Kurse sind es nicht, die da enorm steigen."

Geworben wird für die eigene 'UZ'. Veröffentlicht wird "Ein Wort an unsere sozialdemokratischen Kollegen" vom eigenen Parteivorstand (vgl. 18.10.1970). Auf die verhinderte Schließung der Zeche Hansa Dortmund (vgl. **.**.196*) wird mit Hilfe von Ausschnitten aus Flugblättern eingegangen.
=Lüfter Brief an den Minister,Dortmund o.J. (1970)

08.03.1971: 
Auf der Zeche Germania/Zollern Dortmund gibt die DKP vermutlich in dieser Woche ein zweiseitiges Extrablatt ihres 'Lüfters' (vgl. 19.10.1970) mit einem für Dortmund zentralen Text gegen die Fahrpreiserhöhungen heraus.
=Lüfter Extrablatt Kollegen - Reiht Euch ein, laßt die Jugend nicht allein!,Dortmund o.J. (März 1971)

14.05.1971: 
Laut IGBE (vgl. 1.6.1971) "wurde auf der Schachtanlage Germania in Dortmund die letzte Kohle gefördert. Die 113 Jahre alte Grube mußte aus Rentabilitätsgründen geschlossen werden. Im Gegensatz zu früheren Stillegungen wurde diese organisatorische Maßnahme im Einverständnis mit der Belegschaft durchgeführt. Die mehr als 3 000 Beschäftigten fanden auf vier benachbarten Anlagen neue Arbeitsplätze. Das sorgfältig ausgearbeitete Verlegungsprogramm verlief reibungslos".

Von der Stillegung berichtet auch die KPD (vgl. 14.11.1973).
=Einheit Nr.11,Bochum 1.6.1971,S.3;
Rote Fahne Nr.46,Dortmund 14.11.1973,S.3


30.06.1971: 
Laut DKP findet heute eine Sitzung des Aufsichtsrats (AR) Ruhrkohle AG (RAG) statt, auf der beschlossen wird bis 1975 weitere 10 Zechen zu schließen.
Die KPD (vgl. 13.8.1971) berichtet:"
Der Rationalisierungsplan der RAG sieht vor:
- Stilllegung von 10 Schachtanlagen,
- noch in diesem Jahr: Germania (Dortmund) mit 2 700 Beschäftigten und Graf Moltke (Gladbeck)".
=Rote Fahne Nr.23,Berlin 13.8.1971,S.1ff;
Kumpel-Post Die 'goldenen siebziger' Jahre für den Bergmann??,Dortmund Aug. 1971,S.1


23.08.1971: 
Auf der Zeche Minister Stein/Hardenberg Dortmund gibt die DKP vermutlich in dieser Woche ihre 'Kumpel-Post' für August (vgl. 30.7.1971, 25.10.1971) heraus. U.a. heißt es:"
In letzter Zeit hat man immer wieder versucht, die Belegschaft über die wahren Verhältnisse auf 'Minister Stein' zu täuschen. Man verwies darauf, daß entweder auf der neu aufzufahrenden Sohle bessere Kohlenvorräte vorhanden seien. Auch sagte man uns, daß die Förderung erst dann steigen könne, wenn genügend Arbeitskräfte von der stillzulegenden Zeche 'Germania' vorhanden wären. Beides ist bisher nicht eingetroffen."
=Kumpel-Post Die 'goldenen siebziger' Jahre für den Bergmann ??,Dortmund Aug. 1971

24.04.1972: 
Die Jugendbetriebsgruppe (JBG) des KJVD der KPD/ML-ZB auf der Schachtanlage Minister Stein/Hardenberg in Dortmund gibt vermutlich in dieser Woche eine 'Jugend-Rutsche' (vgl. 6.3.1972, 12.6.1972) heraus, in der es u.a. heißt:"
Und wie sieht es aus mit den Zwischenprüfungen, die den Kumpels das Leben schwer machen und die ihnen ihre Zukunft versauen sollen?! Wir finden unter den Bergjungarbeitern und Berglehrlingen, die schon bei Germania erfahren haben, was Rationalisierungs- und Gesundungsmaßnahmen bedeuten, Kumpels, die jetzt im 'Lehrrevier' arbeiten und die man auspreßt, ihnen Feierschichten serviert und sie nach Strich und Faden verraten und verkauft hat."
=Jugend-Rutsche Alle Mann hinters Kampfprogramm!,Dortmund o.J. (Apr. 1972)

17.07.1972: 
Der 'Rote Morgen' Nr.14 (vgl. 3.7.1972, 31.7.1972) berichtet u.a. über die Dortmunder Zechen Germania und Minister Stein.
=Roter Morgen Nr.14,Hamburg 17.7.1972

Januar 1973: 
Die IGBE (vgl. 1.1.1973) berichtet von der Stillegung der Zeche Victor-Ickern in Castrop-Rauxel, es solle ab Januar für alle Beschäftigten ein Betreuungsbüro eingerichtet werden. Die aufzunehmenden Zechen für die Verlegung sollen sein: Gneisenau, Hansa, Minister Stein (alle Dortmund), Achenbach (Lünen), Waltrop und Haus Aden (Oberaden):"
Die erste größere Verlegung soll bereits im Frühjahr mit 180 bis 200 Beschäftigten erfolgen. Von diesen Verlegungen besonders hart betroffen sind die ehemaligen Belegschaftsmitglieder von der früher stillgelegten Zechen Germania in Dortmund und Emscher-Lippe in Datteln."
=Einheit Nr.1,Bochum 1.1.1973,S.5

02.01.1973: 
Die Marxisten-Leninisten (ML) Dortmund geben vermutlich Anfang dieser Woche die Nr.1 ihrer 'Roten Front' (vgl. 22.12.1972, 6.1.1973) heraus. Aus dem IGBE-Bereich wird u.a. berichtet:"
So müssen 800 Kumpel der Martener Zeche Germania und der Dattelner Zeche Emscher-Lippe, die erst 1972 nach Victor (Ickern (Castrop-Rauxel,d.Vf.)) verlegt wurden, zum zweiten Mal innerhalb kürzester Zeit ihren Arbeitsplatz wechseln. Einige von ihnen machen bereits die fünfte oder sechste Verlegung mit."
=Die Rote Front Nr.1,Dortmund Jan. 1973

Februar 1973: 
Die IGBE (vgl. 1.3.1973) berichtet vermutlich aus dem Februar:"
ZECHE GERMANIA

FÖRDERTUM WANDERT NACH BOCHUM AUS

Dortmund-Marten verliert ein Wahrzeichen. Der Förderturm der stillgelegten Zeche Germania wird zum Abbruch vorbereitet. Monteure sind zur Zeit dabei, einige tausend Nieten zu lösen und durch Schrauben zu ersetzen, damit das Fördergerüst in über 100 transportable Teile zerlegt werden kann. Der Förderturm wird nicht verschrottet, sondern noch einmal aufgebaut. In Bochum soll er bis Mitte des Jahres wieder montiert werden. Als neues Wahrzeichen für das Bergbaumuseum. Die Reise des Förderturms in die Nachbarstadt kostet rund 1 Mio. DM."
=Einheit Nr.5,Bochum 1.3.1973,S.4

Juni 1973: 
Die Gewerkschaftsabteilung beim ZK der KPD gibt die Nr.4 ihrer 'Revolutionären Gewerkschaftsopposition' (RGO) (vgl. Mai 1973, Aug. 1973) heraus.
Anläßlich der Bergbautarifrunde (BETR) wird vom wilden Streik 1969 in u.a. auf der Zeche Germania berichtet.
=Revolutionäre Gewerkschaftsopposition Nr.4,Dortmund Juni 1973

08.05.1974: 
Der KJV der KPD gibt seine 'Kämpfende Jugend' (KJ) Nr.8 (vgl. 24.4.1974, *.*.1974) heraus.
U.a. wird berichtet von den Gemeinschaftsausbildungswerkstätten (GAW) Emscher Lippe der Ruhrkohle AG (RAG) Dortmund in Datteln, sowie den GAW Zollern in Dortmund.
=Kämpfende Jugend Nr.9,Dortmund 8.5.1974

März 1975: 
Vermutlich im März gibt das Jugendaktiv des Arbeitslosenkomitees (ALK) Dortmund der KPD, Oestermärsch 37, das folgende Flugblatt mit zwei Seiten DIN A 4 unter Verantwortung von Ruth Haase, Dortmund, Dürener Str.43 heraus, die ansonsten auch für den KJV der KPD verantwortlich zeichnet:"
AUSBILDUNGSBESCHISS ODER LEHRGANG?

Die Arbeitslosigkeit unter den Jugendlichen nimmt ständig zu:

Im Februar dieses Jahres waren es 47 000 Jugendliche, die ohne Lehrstelle bzw. Arbeit waren. Von den Hauptschülern, die im Sommer aus der Schule entlassen werden, hat kaum einer eine Lehrstelle. Immer mehr erhalten keine Ausbildung. Unsere 'Perspektive ' heißt:

HILFSARBEITER ODER DAUERARBEITSLOSER!

Lumpige zwei Millionen hat die Landesregierung bisher für uns angelegt, ein Tropfen auf den heißen Stein. Als Paradestück wurde z.B. im Rahmen der Sofortmaßnahmen Kirchlinde, Dortmund, Im Bärenbruch 128, hingestellt.

Unter dem Motto: 'Hauptsache, du bist weg von der Straße' dürfen wir dort ein bißchen arbeiten spielen. Die frühere Zeche Zollern I, die im Krieg sogar als Munitionslager gedient hatte, wird von einigen Hundert Jugendlichen als 'Ausbildungsstelle' besucht:

- In den Hallen sind die Ausbilder keine Fachkräfte, sondern bezahlte Aufpasser!

- Wenn man bei einer Schicht eine Minute zu spät kommt, wird einem die ganze Schicht abgezogen (eine Schicht gleich 10 DM)!

- Die Räume mußten von den Lehrlingen selber renoviert werden, damit die Ausbildung überhaupt erst anfangen kann!

- In der Ausbildung wird nur unproduktiver Mist gemacht: z.B. dürfen wir einen Würfel von 7 auf 2 cm runterfeilen, und das auf Zehntel Millimeter!

- Es ist zu wenig Werkzeug da, für 20 Leute ist nur ein Körner da, zwei Stahlmaße, drei Winkel, Zollstock und Bleistifte müssen wir selber mitbringen!

- Wenn einer irgendwo mal was klaut, wird bei allen Spindkontrolle gemacht!

- Die Leute, die etwas zurückgeblieben sind, werden von einigen Ausbildern besonders gern in die Mangel genommen: z.B. steckte der Ausbilder MÜLLER zwei Jugendliche 'zur Strafe' in einen Metallschrank und mehrere Ausbilder schlugen mit Hämmern auf den Schrank ein. Das taten sie aus persönlichem 'Spaß'!!

Wir werden hier behandelt wie der letzte Dreck. Aber wir können nichts dafür, daß wir arbeitslos sind.

HABEN WIR DIE KRISE VERURSACHT ODER DIE KAPITALISTEN?

Jetzt schmeißen sie die Arbeiter auf die Straße, rationalisieren, daß ein Kollege für zwei arbeiten muß. Die Lehrstellen werden einfach gestrichen.

WIR WOLLEN FESTHALTEN:

Das sind die vielgepriesenen Sondermaßnahmen der SPD-Landesregierung! Das sollte man sich für die Wahlen am 4.Mai (LTW - vgl. 4.5.1975,d.Vf.) merken!

Wir wollen aber keine Hilfsarbeiter werden, wir wollen keine Arbeitslosen sein, WIR WOLLEN UND BRAUCHEN EINE AUSBILDUNG!

Wir fordern deshalb:

- GESETZLICHE GARANTIE EINER LEHRSTELLE

Damit wir nicht in kleine Klitschen abgeschoben werden können, und da noch schlimmer ausgebeutet werden können, fordern wir:

- SAMMELLEHRWERKSTÄTTEN FÜR HANDWERKS- UND KLEINBETRIEBE!

- WEG MIT DEM KAPITALISTISCHEN STUFENPLAN!

- MINDESTENS 3 JAHRE LEHRZEIT FÜR JEDEN JUGENDLICHEN!

Wer mit uns zusammen mitmachen will:

Wir treffen uns

JEDEN SONNTAG 15 UHR 'HANSABECHER'"
=ALK Dortmund-Jugendaktiv:Ausbildungsbeschiß oder Lehrgang?,Dortmund o.J. (1975)

17.04.1975: 
Der KBW gibt seine 'KVZ' Nr.15 (vgl. 10.4.1975, 24.4.1975) heraus und berichtet u.a. über den Berufsförderlehrgang Zollern (300 Schüler), wo auch der Arbeitskreis junger Gewerkschafter Dortmund tätig ist.
=Kommunistische Volkszeitung Nr.15,Mannheim 17.4.1975

28.01.1976: 
Die KPD gibt ihre 'Rote Fahne' (RF) Nr.4 (vgl. 21.1.1976, 4.2.1976) heraus und berichtet u.a. von den berufsfördernden Lehrgängen für Jugendliche im Ruhrkohle AG (RAG) Ausbildungszentrum Zeche Zollern 2 in Dortmund-Kirchlinde.
=Rote Fahne Nr.4,Köln 28.1.1976

08.03.1976: 
In Dortmund-Kirchlinde geht die Polizei, laut KPD, vermutlich in dieser Woche gegen Flugblattverteiler im Wohnheim der Berufsbildungslehrgänge auf der ehemaligen Zeche Zollern vor.
=Rote Fahne Nr.11,Köln 17.3.1976

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