Dortmund: Der Strafbefehl gegen Rolf Czech 1970/72

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 18.3.2011

Der hier dargestellte Vorgang entbehrt aus heutiger Sicht nicht der Absurdität.

Nachdem bereits die Demonstration der Aktion Widerstand (AW) in Würzburg am 31. Oktober 1970 gewalttätig geworden war und sich in heute klar illegalen Mordparolen nicht zuletzt gegen den Bundeskanzler erging, folgte am 12. Dezember 1970 eine nationale Kundgebung der AW diesmal in der Bundeshauptstadt Bonn.

Im Gegensatz zu Würzburg regte sich dagegen nun allerdings größerer Protest, nicht nur durch die KPD/ML-Zentralbüro, sondern auch durch Gewerkschafter, Jungsozialisten, Anhänger der DKP und SDAJ und viele Andere wie auch den Dortmunder Rolf Czech. Dieser forderte offenbar zu einer Sitzblockade gegen den Marsch des lynchlüsternen Mobs, dessen Lieblingsparole 'Brandt an die Wand!' darstellte, auf und erhält deshalb einen Strafbefehl über 500,- DM (vgl. 13.8.1971).

Während seitens der DKP und ihrer SDAJ sowie ihres Bündnisspektrums in anderen Fällen, wie bei den Fahrpreisaktionen solche Strafbefehle ohne Protest bezahlt worden zu sein scheinen, erfolgt in diesem Fall nun die Einlegung eines Widerspruchs sowie eine Mobilisierung durch die Demokratische Aktion gegen Neonazismus Dortmund bzw. die SDAJ (vgl. 6.3.1972, 11.3.1972) wobei vom Ausgang des Berufungsverfahrens (vgl. 13.3.1972) hier derzeit noch nichts erschlossen werden kann.

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

12.12.1970:
Laut der KPD/ML-ZB tritt die faschistische Organisation Aktion Widerstand (AW) im Bonner Vorort Pützchen mit ihrer ersten nationalen Kundgebung auf:"
Die ärgsten und übelsten Feinde der Arbeiterklasse haben sich in der ganzen Bundesrepublik organisiert. Dieser Sternmarsch durfte nicht ohne Antwort bleiben. Am Vormittag sammelten sich im Bonner Hofgarten 3 000 antifaschistische Demokraten, die gegen den Sternmarsch protestieren wollten. Unter ihnen waren ehemalige KZ-Häftlinge, Gewerkschaftler, SPD- und DKP-Mitglieder, Jungsozialisten, Studenten, Schüler. Von der KPD/ML und dem Kommunistischen Jugendverband Deutschlands kamen Genossen aus Nordrhein-Westfalen nach Bonn. … Bevor die Faschisten kamen, sammelten sich die Gegendemonstranten. Sie waren mit Bussen transportiert worden. Lautsprecherwagen fuhren auf. Der Wagen der KPD/ML spielte Arbeiterlieder. In kurzen Reden wiesen Genossen der KPD/ML darauf hin, daß die 'Aktion Widerstand' die Geschäfte Hitlers fortsetzt. Sie will mit diesem Sternmarsch die Arbeiter einschüchtern. … Der Lautsprecherwagen der KPD/ML war während der ganzen Zeit die Zentrale der Kundgebung. Von ihm gingen die Parolen aus, unter Führung der KPD/ML stand auch die Demonstration in die Stadt. Während der gesamten Kundgebung verkauften die Genossen der KPD/ML ihre Zentralorgane, die ROTE FAHNE und den KAMPF DER ARBEITERJUGEND." Ein antifaschistisches Bündnis für diese Demonstration kommt nicht zustande. Es scheitert nach Auffassung der KPD/ML-ZB an SPD und DKP.

Zur Agitation für diese antifaschistische Aktion war vom LV NRW der KPD/ML-ZB ein zentrales Flugblatt in der Auflage von 30 000 verbreitet worden (vgl. 7.12.1970,d.Vf.). In Bonn bildet sich für diese Aktion ein Aktionskomitee auf regionaler Ebene, das sich jedoch hauptsächlich aus Jusos und DKP/SDAJ zusammensetzte. Der KPD/ML-ZB gelingt es, im Anschluß an die Aktion gegen die Faschisten, wobei die Reden der Faschisten kräftig gestört werden können (Hauptparole: 'Mit den Kommunisten gegen die Faschisten'), sich an die Spitze eines Demonstrationszuges zu setzen:"
Nach Beendigung der Faschistenkundgebung beschlossen wir, eine Demonstration in die Bonner Innenstadt zu machen. Mit den anderen Organisationen konnten wir dabei Übereinstimmung erzielen … Unser Lautsprecherwagen und unsere Transparente bildeten die Spitze: dem Demonstrationszug reihten sich wohl alle anwesenden Antifaschisten ein.

Die KPD/ML und der KJVD bildeten bald einen sehr großen Block, denn viele Teilnehmer der Aktion, auch viele ältere sozialdemokratischen Arbeiter marschierten in unserem Block mit. Wir begannen jede Ansage mit 'Hier spricht die KPD/ML, die Kommunistische Partei Deutschlands-Marxisten-Leninisten', dann wurden unsere Agitreden gehalten, die Lieder gespielt, die Parolen durchgegeben, die anderen beteiligten Gruppen aufgezählt. Die Demonstration war relativ groß (ca. 3 000) und sehr diszipliniert.

Die Polizeiketten und quergestellten Polizeifahrzeuge, die die Kennedy-Brücke blockieren wollten, räumten nach unserer kurzen Aufforderung die Brücke. Am Hofgarten lösten wir die Demonstration auf."

Vorher hieß es von der KPD/ML-ZB:"
MIT DER KPD/ML GEGEN DIE FASCHISTEN! AKTION WIDERSTAND IN BONN

Am 12.Dezember will die Aktion Widerstand in Bonn unter Führung der NPD für ihre faschistischen Ziele demonstrieren. Die Demonstration wurde zwar, wie in Essen (vgl. 5.12.1970,d.Vf.), erst einmal 'verboten', aber das Gericht hat sich seine Entscheidung bis Freitagabend (11.12.1970,d.Vf.) aufgespart - spät genug, damit kein Einspruch mehr möglich ist gegen die gerichtliche Genehmigung. Die SPD-Regierung zieht schon vorsorglich Polizei zusammen, um am Samstag die Demonstration der Faschisten schützen zu können und die CDU in Bonn hat die Bevölkerung aufgerufen, sich weder an den Demonstrationen der Aktion Widerstand zu beteiligen noch sich in Gegendemonstrationen mit 'Kommunisten zu verbrüdern'.

Für Bonn haben die Faschisten schon angekündigt, daß sie bewaffnet sein werden und daß es vielleicht sogar Tote geben wird: Allen voran die 'deutsche Befreiungsbewegung (vgl. 30.10.1970,d.Vf.), …, die sich als Bestandteil der Aktion Widerstand versteht. Ihr Bundesvorsitzender Roland Tabbert erklärte: 'Der Marsch auf Bonn findet statt. Wir werden uns mit Schlagstöcken bewaffnen und rigoros zurückschlagen. Ich kann heute schon sagen, daß es verletzte und sogar Tote geben wird, wenn man uns daran hindert, unsere Meinung zu den Schandverträgen kundzutun.'

Tabbert sagte weiter: 'das Gute am Nationalsozialismus wollen wir weiter praktizieren, und zwar in der Form, in der es der Führer getan hat'. Die Mitglieder der Befreiungsfront tragen Runen an ihren Uniformen, die an Hakenkreuze erinnern, und Tabbert sagt dazu: 'die Rune an unseren Uniformen ist symbolisch aufzufassen, wir wollen die bösen Geister, die zur Zeit Deutschland regieren, vertreiben.'

Gegen diese Faschisten hat die SPD große Töne gemacht: Kühn sagte 'wenn die Polizei mit solchen Aktionen nicht fertig werde, würden die Sozialdemokraten auf die Straße gehen und damit Schluß machen, indem sie die Meinung der Mehrheit deutlich machten.'

Die KPD/ML hat diese Doppelzüngigkeit der SPD-Herren entlarvt.

Die KPD/ML hat die richtige Losung ausgegeben:

Die Arbeiterklasse - einzig konsequenter Feind der Faschisten.

Mit der KPD/ML gegen die Faschisten."

Später berichtet die KPD/ML-ZB im 'KND':"
Mit dem Beginn der Krise verstärkt sich auch die faschistische Gefahr. Die Faschisten organisieren sich immer stärker in der Aktion Widerstand und versuchen, in öffentlichen Aktion Einfluß auf die kleinbürgerlichen und Arbeitermassen zu gewinnen - wie in Würzburg (vgl. 31.10.1970,d.Vf.) und Essen (vgl. 5.12.1970,d.Vf.), so auch am 12.12. in Bonn. Dennoch ist nach wie vor die sozialfaschistische SPD die beste Stütze der Monopolbourgeoisie, es besteht noch nicht die Gefahr der direkten faschistischen Machtübernahme: Deshalb müssen wir der aufkommenden faschistischen Gefahr entschlossen entgegentreten und uns an breiten antifaschistischen Aktionen beteiligen, dürfen uns aber auch nicht durch das Anwachsen der Faschisten verwirren und vom Kampf gegen die sozialfaschistischen Spalter ablenken lassen.

Die Demonstration der Faschisten in Bonn vollzog sich mit dem Segen der Justiz und unter dem Schutz von Polizei und Bundesgrenzschutz: Wie in Essen (…) hat auch für Bonn das Verwaltungsgericht (Köln) das Demonstrationsverbot des Polizeipräsidenten in letzter Minute aufgehoben - wie es die Polizei und der oberste Polizeiherr von NRW, Weyer, auch nicht anders erwartet hatten.

So konnten sich die Faschisten in Bonn unter ausreichendem Polizeischutz versammeln - fast 3 000 Mann waren zusammengezogen worden und warteten auf ihren Einsatz, zum Schutz der Faschisten.

Die SPD-Führer, die große Worte gemacht hatten vorher, waren still in Bonn: Kühn und Weyer (FDP,d.Vf.) von NRW sagten nichts, für die Bundes-SPD sprach nur der Bundestagsabgeordnete Wienand, während Genscher als oberster Polizeiherr die Demonstration vom Hubschrauber aus beobachtete.

Aber gegen die 1 000 Faschisten der Aktion Widerstand hatten sich über 3 000 Antifaschisten zur Gegendemonstration versammelt, darunter SPD-Mitglieder, Jusos, DKP, SDAJ, Spartakus (AMS,d.Vf.), Falken (SJD,d.Vf.), DGB VVN, Spartacus und die Genossen der KPD/ML und des KJVD.

Die Gegendemonstranten versammelten sich an dem Platz, wo die Kundgebung der Faschisten stattfand. Die SPD-Redner, vor allem Wienand, versuchten die Ostpolitik der SPD-Regierung als antifaschistische Friedenspolitik darzustellen und wollten zuerst die KPD/ML-Genossen am Reden hindern, die SPD-Verantwortlichen drohten sogar, den Lautsprecherwagen der KPD/ML umzuwerfen; darüber waren die meisten der anwesenden SPD-Mitglieder sehr empört, und der KPD/ML-Lautsprecherwagen wurde dann zur Zentrale der gesamten Kundgebung: Die Genossen hielten kurze Reden, gaben Parolen durch, die von allen aufgenommen wurden und spielten Arbeiterlieder, die auch von den SPD-Mitgliedern mitgesungen wurden; die Parolen der KPD/ML waren:

'Mit den Kommunisten gegen die Faschisten',
'Sozialdemokraten und Kommunisten, gemeinsam gegen Faschisten',
Thadden, Zoglmann und Strauß, jagt diese braunen Schweine raus',
'Das ist eine gute Tat - Faschisten hinter Stacheldraht' (der Platz, wo die Kundgebung der Faschisten stattfand, war ganz mit Stacheldraht abgesichert worden).

Viele Arbeiter, auch viele Fordarbeiter (IGM-Bereich,d.Vf.), die aus Köln gekommen waren und auch die SPD-Mitglieder schlossen sich der KPD/ML an. Die KPD/ML führte auch die anschließende spontane Demonstration an, an der sich alle Gruppen beteiligten: Voran ein Wagen mit einem KPD/ML-Plakat, danach der Lautsprecherwagen, dann ein großer Block von KPD/ML und KJVD, mit vielen roten Fahnen und Transparenten.

Jede Ansage während der Demonstration begann mit: 'hier spricht die KPD/ML, Kommunistische Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten' und die Hauptparole war: 'Mit den Kommunisten gegen die Faschisten'. Auch die SPDler riefen alle die Parole mit.

Damit hat die KPD/ML bewiesen, daß sie die richtige Bündnispolitik macht - mit den antifaschistischen SPD-Mitgliedern, aber gegen die SPD-Führung. Und sie hat der DKP-Führung, die immer von Aktionseinheit schwätzt, eine klare Lektion erteilt:

Das Aktionskomitee unter Beteiligung von Jusos, DGB und DKP, das die Vorbereitung der Gegendemonstration machen sollte, hatte die Vertreter der KPD/ML nicht einmal zu ihrer Vorbereitungsbesprechung zugelassen und sogar angedroht, die Genossen zu verprügeln, wenn sie als KPD/ML und mit eigenen Parolen auftreten würden - das ist die 'antifaschistische Einheitsfront' der Sozialfaschisten, Reformisten und Revisionisten.

Die KPD/ML hat dagegen entsprechend dem Prinzip 'Einheit der Aktion, Freiheit der Losungen' gehandelt: Sie hat den Aufruf des Aktionskomitees, der den Moskauer vertrag, das Bündnis mit dem Sozialimperialismus, als Mittel gegen den Faschismus anpries, nicht mit unterschrieben, aber sie hat auf der Kundgebung und der Demonstration bewiesen, daß sie tatsächlich die antifaschistische Aktionseinheit anführen kann und hat so viele Antifaschisten für sich gewonnen."

Der KJVD der KPD/ML-ZB (vgl. Jan. 1971) berichtet:"
AKTION WIDERSTAND IN BONN: INTERNATIONATIONALE ÜBETÖNT KRIEGSHETZE DER FASCHISTEN

Für den 12.Dezember 1970 hatte die Aktion Widerstand einen Sternmarsch auf Bonn angekündigt.

3 000 Faschisten wollten sich dort versammeln zu ihrer ersten nationalen Kundgebung. Sie wollten sich dem Arbeiter als 'starker Mann' anbieten, der sie aus der wirtschaftlichen Unsicherheit, die sich gerade jetzt bei der kommenden Krise wieder verschärft, herausführen kann.

Mit dieser Kundgebung wollten sie hauptsächlich gegen den Polen-Vertrag demonstrieren. Ihnen ist die wirtschaftliche Eroberung Polens und Osteuropas durch die SPD-Regierung nicht genug.

Sie wollen einen neuen Eroberungskrieg gegen den Osten. Ein neuer Krieg, das ist ihr erklärtes Ziel, das sagten sie auch in Bonn.

3 000 Antifaschisten hatten sich in Bonn versammelt. Ehemalige KZ-Häftlinge, Gewerkschaftler, SPD- und D'K'P-Mitglieder. Die Kommunistische Partei Deutschlands/Marxisten-Leninisten und der Kommunistische Jugendverband hatten in Flugblättern die Arbeiter aller größeren Betriebe in Nordrhein-Westfalen aufgerufen nach Bonn zu kommen.

'Nazis raus! Wir haben den Faschismus satt!', das war die Meinung aller, die nach Bonn gekommen waren.

Die Kundgebung der Faschisten konnten sie nicht verhindern. Der Platz, auf dem die Faschisten ihre Reden halten wollten, glich einer Festung. Über 3 000 Polizisten hatte Innenminister Weyer hergeholt. Sie schützten die Faschisten, sie bahnten ihnen mit ihren Pferden den Weg durch die Menge der Antifaschisten.

Bundesinnenminister Genscher schaute aus dem Hubschrauber zu, ob die Polizei ihre Aufgabe auch richtig erfüllte, und Kühn, der vorher so große Rede geschwungen hatte, der stand im Hauptquartier der Polizei und stand den Einsatzleitern mit Ratschlägen zur Seite.

Aber die Antifaschisten gaben sich nicht so leicht geschlagen. Aus dem Lautsprecherwagen der KPD/ML wurden immer wieder Parolen ausgegeben, die von der Menge aufgegriffen wurden, 'Sozialdemokraten und Kommunisten gegen die Faschisten' war ein Ruf, der die Reden der Faschisten übertönte. Die Kommunisten sangen die Internationale, Sozialdemokraten sangen mit: Das revolutionäre Lied der Arbeiter aller Länder übertönte die Reden der alten und neuen Nazis.

Und immer wieder machten die Genossen aus der KPD/ML klar, worum es bei dieser Demonstration ging:

Sich von Anfang an entschlossen gegen die Faschisten zu stellen, zu verhindern, daß es noch einmal zu solcher Terrorherrschaft in unserem Land kommt, wie unter Hitler.

Sie sagen auch, wer diesen Kampf gegen die Faschisten anführen muß: die, die auch sonst am entschiedensten für die Interessen der Arbeiter eintreten: die Kommunisten.

Die SPD-Führer, die hier ihre Reden hielten, die nahmen diese Kundgebung nur zum Anlaß, wieder ihr Gerede vom Frieden, den uns der Moskauer- und der Polen Vertrag bringen, loszulassen. Vom Kampf gegen die Faschisten und die Kapitalisten, die hinter ihnen stehen, sagten sie kein Wort.

Wie sollen sie auch?

Die 'Rote Fahne', das Zentralorgan der KPD/ML schreibt dazu:

'Auch die SPD-Führer tun so, als stünden sie auf der Seite des Volkes im Kampf gegen die Reaktion. Doch sie sind mit tausend Fäden an die Interessen der Bourgeoisie gebunden, sie haben Pöstchen in den Aufsichtsräten, ihre Partei bezieht Geld von den Kapitalisten - kurz, sie können nicht gegen die Faschisten kämpfen.'

Und die Führer der D'K'P, die vorher so große Reden geschwungen hatten, weil sie meinten, alleine besser mit den Faschisten fertigzuwerden, die sagten kein Wort.

So war die KPD/ML die einzige Organisation, die die Antifaschisten, die nach Bonn gekommen waren, gegen die Faschisten führen konnte. Sie war es darum auch, die den Demonstrationszug anschließend an die Versammlung durch Bonn führte.

Es war ein Zug von fast 2 km Länge, der sich durch die Bonner Straßen bewegte. Rote Fahnen, immer wieder die Internationale. Parolen wie: Arbeiter gegen Faschisten! Mit den Kommunisten gegen die Faschisten! zeigten der Bonner Bevölkerung und den Menschen in der ganzen Bundesrepublik: hier haben die den Kampf aufgenommen, die mit allen Mitteln verhindern werden, daß die Faschisten wieder an die Macht kommen: die deutschen Arbeiter und die deutsche Arbeiterjugend, unter der Führung der KPD/ML und des Kommunistischen Jugendverbandes Deutschland."

Es beteiligt sich auch die RKJ Köln der GIM.

Nach Angaben der KJO Spartacus beteiligen sich an der Kundgebung der Aktion Widerstand in Beuel ca. 1 000, an der Gegendemonstration in Pützchen ca. 3 000, u.a. von DGB, DKP, der KJO Spartacus und der KPD/ML-ZB, die mit ihrem Uniblättchen 'Marxist-Leninist' Nr.2 dazu aufgerufen habe. Die Gruppe Arbeitermacht Bonn (GAM) sei zu spät gekommen.

Die DKP Hagen berichtet bei Klöckner:"
STOPPT NEONAZISMUS
GEMEINSAM NEUES 1933 VERHINDERN!

Wieder einmal wird deutlich: Der Feind steht rechts!

'Die Welt der Arbeit' schreibt in einem Artikel, daß es nicht genug ist, die Rechtsradikalen mit dem Stimmzettel zu schlagen. Diese Feststellung ist richtig. Darum erlebte die Stadt Bonn am 12. Dezember 1970, daß Demokraten gegen den Aufmarsch der Neonazis in der Bundeshauptstadt auf die Straße gingen.

Sozialdemokraten, Gewerkschafter, Jungsozialisten (Jusos der SPD,d.Vf.), Falken (SJD der SPD,d.Vf.), Kommunisten und viele andere besorgte und wachsame Bürger standen Schuler an Schulter bei der Abwehr der neuen Nazis. Gemeinsam bekundeten sie den Willen, ein neues 1933 zu verhindern. Hatte doch der skandalöse Aufmarsch der Rechtsgruppen in Würzburg (vgl. 30.10.1970,d.Vf.), das terroristische Auftreten der 'Aktion Widerstand' in dieser Stadt, als letztes Glied einer langen Kette die Demokraten auf den Plan gerufen.

Bundeskanzler Brandt hatte in einem Interview in der 'Westfälischen Rundschau' (vgl. **.**.1970,d.Vf.) appelliert, den rechtsradikalen Abenteurern entgegenzutreten. Ministerpräsident kündigte an, daß auch die Sozialdemokraten auf die Straße gehen würden, wenn sich in unserem Lande faschistische Organisationen breit machten."

Auch die IGM Hagen faßte jüngst Beschlüsse gegen Nazis (vgl. 24.11.1970):"
Doch es genügt nicht, nur Entschließungen zu fassen, sondern es ist notwendig, auch mit ganzer Kraft hinter diesen Beschlüssen zu stehen. Wenn in Bonn auch viele Gewerkschafter in den Reihen der Demokraten zu finden waren, so gab es doch von der Ortsverwaltung der IG-Metall in Hagen leider keine Orientierung zur Teilnahme an dieser Protestkundgebung in Bonn. Sicherlich war die Zeit der Vorbereitung sehr knapp, aber in anderen Städten war das kein Hinderungsgrund, dennoch teilzunehmen.

VERSTÄRKTER WIDERSTAND GEGEN NEUE PROVOKATIONEN!

Deshalb sollten wir uns schon heute darauf einstellen, daß die 'Aktion Widerstand' am 17.Januar 1971 in Bonn eine weitere Provokation starten will. Die Zeit, die uns noch zur Vorbereitung bleibt, sollte genutzt werden. Ging es doch in Bonn nicht nur um Aktionen gegen die neuen Nazis, sondern zugleich um eine Demonstration für die Ratifizierung der Moskauer und Warschauer Verträge, für eine Politik der Entspannung und Friedenssicherung, die im Interesse aller Menschen unseres Landes liegt."

Weil er zu einem Sitzstreik aufrief wird u.a. der Dortmunder Gewerkschafter Rolf Czech in erster Instanz zu einer Geldstrafe von 500 DM verurteilt (vgl. 13.8.1971, 14.3.1972).
Quellen: Rohde, Georg: Demokraten vor Gericht gezerrt!, Dortmund o.J. (1972),S.1; Demokratische Aktion gegen Neonazismus: Rundbrief Nr.2, Dortmund 1971,S.2;Hasper Gold Gewitterwolken, Hagen o.J. (1970),S.3;Roter Anfang Nr.5, Bonn 15.2.1971;RKJ-Info Nr.9, Mannheim Mitte Januar 1971,S.3;Rote Fahne Nr.6, Bochum 21.12.1970,S.2;Der Parteiarbeiter Nr.1, Bochum Jan. 1971;Der Kampf der Arbeiterjugend Nr.1, Bochum Jan. 1971,S.2;Kommunist Nr.1, Bonn Jan. 1971;Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.58 und 59, Bochum 12.12.1970 bzw. 16.12.1970, S.1ff bzw. S.1ff;SDAJ Dortmund: Arbeitsplan des Ortsverbandes Dortmund der SDAJ, o.O. (Dortmund) o.J. (1972),S.2

13.08.1971:
Die Demokratische Aktion gegen Neonazismus Dortmund (vgl. 1.11.1971) dokumentiert den folgenden Strafbefehl gegen Rolf Czech (vgl. 13.3.1972).

Im Vorspann heißt es:"
Die Neonazis schrien 'Brandt an die Wand'. Der junge Demokrat Rolf Czech stellte sich dieser Mordhetze entgegen und bekam nachstehenden STRAFBEFEHL. Dortmunder Bürger protestiert!"

Im Strafbefehl heißt es:"
Amtsgericht
Geschäfts-Nr.: 86 Cs 295/71
Dortmund, den 13. August 1971
Gerichtsstr.22

Herrn
Rolf-Dieter Czech
46 Dortmund
Bornstr.11x

STRAFBEFEHL

Der Staatsanwalt beschuldigt Sie, in Bonn-Beuel am 12.Dezember 1970 in der Absicht, nicht verbotene Versammlungen oder Aufzüge zu verhindern oder zu sprengen oder sonst ihre Durchführung zu vereiteln, grobe Störungen verursacht zu haben.

Ihnen wird folgendes zur Last gelegt:
Am 12.12.1970 fand in Bonn-Beuel auf dem Pützchen-Markt ein nicht verbotener Aufzug der 'Aktion Widerstand' statt. Sie nahmen zur selben Zeit und in der Nähe des Pützchen-Marktes an den von politisch gegen die 'Aktion Widerstand' eingestellten Organisationen durchgeführten Gegendemonstrationen teil. Als Sie und eine aus wenigstens 100 weiteren Gegendemonstranten bestehende Personengruppe am Zugang zum Versammlungsplatz einen Sitzstreik durchführten, um Kundgebungsteilnehmern an der Veranstaltung der 'Aktion Widerstand' den Zugang zu verlegen oder zu erschweren, wurde auf Anordnung des Zeugen Eißler eine unter der Führung des Zeugen Wetzels stehende Polizeikette zum Räumen der Straße eingesetzt. Obwohl vor und während dieses Einsatzes die Zeugen Eißler und Wetzel Sie und die anderen Gegendemonstranten wiederholt und laut vernehmlich aufforderten, sich erheben und die Straße zu räumen und als einzelne Gegendemonstranten darauf hin aufstanden und fortgingen, forderten Sie mit sehr lauter Stimme die Gegendemonstranten mit Rufen 'Sitzenbleiben! Sitzenbleiben!' zur Fortsetzung des Sitzstreiks auf. Zu diesem Zweck hatten Sie sich als einziger unter den sitzenden Gegendemonstranten erhoben, um besser vernommen zu werden. Auch als Sie von den Zeugen Wetzels und Steinhard aus der Menge herausgeholt und zur Festgenommenensammelstelle gebracht wurden, riefen Sie weiter den zurückbleibenden anderen Gegendemonstranten zu 'Sitzenbleiben! Sitzenbleiben!'. Dem Zeugen Eißler gegenüber erklärten Sie, daß es Ihnen darauf angekommen sei, die Versammlung zu stören.

Zeugen:
a) Polizeiobermeister Wetzels, Linnich, Bereitschaftpolizei, Abt. IV, 1. Lehrgang,
b) Polizeioberwachtmeister Steinhard, Linnich, Bereitschaftspolizei, Abt. IV, 16. Hundertschaft,
c) Polizeioberkommissar Eißler, Linnich, Bereitschaftspolizei, Abt. IV, 16. Stabshundertschaft

Auf Antrag der Staatsanwaltschaft wird gegen Sie eine GELDSTRAFE von 500,- Deutsche Mark und für den Fall, daß diese nicht beigetrieben werden kann, für je 25,- DM ein Tag Freiheitsstrafe festgesetzt.

Zugleich werden Ihnen die Kosten des Verfahrens auferlegt. Ihre eigenen Auslagen haben Sie selbst zu tragen.

Die Geldstrafe und die unten berechneten Kosten, zusammen 527,- DM, sind binnen zwei Wochen nach dem Eintritt der Vollstreckbarkeit zu zahlen."

Ausgefertigt wurde der Strafbefehl am 20.8.1971.
Q: Demokratische Aktion gegen Neonazismus: Rundbrief Nr.2, Dortmund 1971,S.2

06.03.1972:
Innerhalb der SDAJ Dortmund der DKP erscheint spätestens in dieser Woche mit vier Seiten DIN A 4 der folgende:"
ARBEITSPLAN DES ORTSVERBANDES DORTMUND DER SDAJ

Der vorgelegte Arbeitsplan soll den Zeitraum bis zu den Olympischen Spielen umfassen.

FÜR DIE VERWIRKLICHUNG DES GRUNDRECHTES AUF FRIEDEN

Um den Kampf um Frieden und für europäische Sicherheit zu verstärken, müssen wir die Rechtskräfte zurückdrängen und die Jugend unserer Stadt für eine Friedenspolitik gewinnen. Dazu müssen wir mehr mit dem Grundrecht 5 arbeiten. In diesem Kampf konzentriert sich der Ortsverband auf folgende Schwerpunkte:

1. Der Kampf um die jugendpflegerische Anerkennung der SDAJ wird mit einer Unterschriftenkampagne weitergeführt. Für seine Verdienste um die Verstärkung der antikommunistischen Hetze wird einem führenden Ratsmitglied der CDU der 'Große Kalte Krieger Orden' verliehen. Verantwortlich: X.

2. Der Ortsverband unterstützt aktiv den Initiativkreis gegen das undemokratische Berufsausübungsverbot (BV,d.Vf.) gegen fortschrittliche Lehrer.

3. Am 14.3. soll … Rolf Czech wegen seines Auftretens gegen die Aktion Widerstand in Bonn (vgl. 12.12.1970,d.Vf.) vor Gericht gestellt werden. Dazu führt der Ortsverband am Samstag, den 11.3. einen Informationsstand und am Prozeßtag eine Aktion durch. Hierfür sollten auch andere demokratische Jugendorganisationen gewonnen werden. Verantwortlich: X. und C.

4. Zum 8.5. zeigt der Ortsverband einen antifaschistischen Film im Studio des Henßlerhauses (FHH,d.Vf.). Verantwortlich: B."
Q: SDAJ Dortmund:Arbeitsplan des Ortsverbandes Dortmund der SDAJ,o.O. (Dortmund) o.J. (1972)

06.03.1972:
In Dortmund erscheint vermutlich in dieser Woche das folgende Flugblatt mit zwei Seiten DIN A 4 unter Verantwortung von Georg Rohde, welches in der Schreibstube des DKP-Kreisvorsitzenden Groß gedruckt wurde:
DEMOKRATEN VOR GERICHT GEZERRT!

Die Neo-Nazis schrien 'Brandt an die Wand'. Der junge Dortmunder Gewerkschaftsfunktionär Rolf CZECH stellte sich mit Jungsozialisten (Jusos der SPD,d.Vf.), Gewerkschaftlern, Naturfreunden und anderen Demokraten dieser Mordhetze entgegen.

Am 12.12.1970 demonstrierte er in Bonn gegen die demokratiefeindliche neonazistische 'Aktion Widerstand' (AW,d.Vf.).

WAS GESCHAH IN BONN?

Schlägertrupps der 'Aktion Widerstand', bewaffnet mit nagelbeschlagenen Stöcken, schlugen wahllos auf Demokraten und Polizisten ein. Rolf Czech und andere Demonstranten sahen sich veranlaßt, einigen Polizeibeamten zu Hilfe zu eilen als die Neo-Nazis versuchten mit brutaler Gewalt eine Polizeikette zu sprengen, was wegen der solidarischen Zusammenarbeit zwischen Polizei und Demokraten dann aber nicht gelang. Als die Brutalitäten der Neo-Nazis sich verstärkten, rief Rolf Czech zu dem denkbar friedlichsten Demonstrationsmittel - dem Sitzstreik - auf.

Anstatt nun die Demonstranten gegen die Mordhetzer von der 'Aktion Widerstand' zu unterstützen, wurde von den politisch Verantwortlichen (Kühn, Weyer) (SPD bzw. FDP,d.Vf.) die Anweisung erteilt, dafür zu sorgen, daß die 'Aktion Widerstand' ungehindert ihre Veranstaltung durchführen konnte.

STATT DER MORDHETZTER WURDE ROLF CZECH ZU 500 DM GELDSTRAFE VERURTEILT!
DIESE SKANDALÖSE VERURTEILUNG GEHÖRT AN DIE ÖFFENTLICHKEIT

Rolf Czech legte gegen dieses undemokratische Urteil sofort Berufung ein. Die wahren Feinde unserer Demokratie, die nicht nur in der neonazistischen NPD und der 'AW' zu finden sind, sondern auch in der CDU/CSU, gehen straffrei aus. Alle demokratischen Kräfte versucht die Justiz mit solchen Prozessen einzuschüchtern. Ungehindert können faschistische Kräfte, die aus der Vergangenheit nichts gelernt haben oder lernen wollen, diese Demokratie langsam aber sicher zerstören.

Als Beweis sollen hier nur zwei Fälle aufgezeigt werden: Im Oktober 1971 wurde auf den Rechtsstellenleiter des DGB in Erlangen - Kollege Helmut Orlowski - ein Mordanschlag verübt. Obwohl der Täter bekannt ist, wurden die Ermittlungen von der Polizei eingestellt.

Am 22.10.1971 wurde der Nürnberger SPD-Landtagsabgeordneten Lilo Seibel telefonisch angedroht: 'Wir werden Sie in die Luft sprengen.' Die Fahndung nach den Tätern wurde eingestellt."

DIESER TERROR MUSS AUFHÖREN

Wir fordern: Sofortige Auflösung aller Nachfolgeorganisationen der faschistischen NSDAP!

Deshalb solidarisieren sie sich mit dem jungen Demokraten Rolf CZECH, dessen Prozeß am Dienstag stattfindet."
Aufgerufen wird zum Prozeß (vgl. 13.8.1971, 13.3.1972) und auch:"
PROTESTIEREN SIE AUCH DURCH IHRE UNTERSCHRIFT GEGEN DIESEN SKANDALÖSEN PROZESS!

Ich protestiere gegen die undemokratische Bestrafung des Gewerkschaftlers Rolf CZECH.

Ich fordere durch meine Unterschrift die Auflösung aller neonazistischen Organisationen!"
Q: Rohde, Georg: Demokraten vor Gericht gezerrt!, Dortmund o.J. (1972)

11.03.1972:
Die SDAJ Dortmund der DKP (vgl. 6.3.1972) kündigte an:"
Am 14.3. soll … Rolf Czech wegen seines Auftretens gegen die Aktion Widerstand in Bonn (vgl. 12.12.1970,d.Vf.) vor Gericht gestellt werden. Dazu führt der Ortsverband am Samstag, den 11.3. einen Informationsstand und am Prozeßtag eine Aktion durch."
Q: SDAJ Dortmund:Arbeitsplan des Ortsverbandes Dortmund der SDAJ,o.O. (Dortmund) o.J. (1972),S.2

13.03.1972:
Im Amtsgericht Dortmund soll um 13 Uhr 30 die Berufung im Prozeß gegen Rolf Czech (vgl. 6.3.1972) wegen der Antifademonstration in Bonn am 12.12.1970 bzw. dem Strafebefehl gegen ihn (vgl. 13.8.1971) stattfinden.

Dagegen will u.a. die SDAJ Dortmund der DKP (vgl. 6.3.1972) protestieren (vgl. 11.3.1972).
Q: SDAJ Dortmund:Arbeitsplan des Ortsverbandes Dortmund der SDAJ,o.O. (Dortmund) o.J. (1972),S.2; Rohde, Georg:Demokraten vor Gericht gezerrt!,Dortmund o.J. (1972),S.2

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