Der Erste Mai 1973 in Dortmund

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin

Es geht hier ausschließlich um den 1. Mai 1973 in Dortmund, der zunächst ganz wie üblich vorbereitet wurde (vgl. 28.3.1973, 6.4.1973, 20.4.1973), wobei die Freunde des späteren KBW sich regional in einem Maikomitee organisierten (vgl. Apr. 1973).

Dann aber wird im Gefolge der Bonner Rathausbesetzung anlässlich des Thieubesuchs von der Landesregierung NRW ein Demonstrationsverbot erlassen, von dem sich aber die Betroffenen nicht abschrecken lassen wollen (vgl. 28.4.1973, 1.5.1973), so dass nach den vorbereitenden Maiveranstaltungen (vgl. 29.4.1973, 30.4.1973) dann auch am 1. Mai selbst in Dortmund der Versuch unternommen wird, zu demonstrieren – und zwar auch jenseits der Teilnahme an der DGB-Demonstration. Dies wird von der Polizei mittels massivem Einsatz weitgehend unterbunden, es kommt zu zahlreichen Festnahmen und auch einem Gewerkschaftsausschlussverfahren aus der IG Metall gegen den Hoesch-Lehrling Rolf Strojec, später auch zu Gerichtsverfahren (vgl. 1.12.1973), zunächst aber wird in Dortmund in den Tagen nach dem 1. Mai 1973 der Protest gegen das Demonstrationsverbot fortgeführt.

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

28.03.1973:
Die bisherigen Marxisten-Leninisten (ML) Dortmund und ML Castrop-Rauxel geben vermutlich Mitte bis Ende dieser Woche ihre 'Rote Front' Nr. 7 (vgl. 19.3.1973, 6.4.1973) mit acht Seiten DIN A unter Verantwortung von R. Wagner, Uhlandstr.82, Dortmund mit einem Leitartikel zum 1. Mai heraus, aufgerufen wird zur Gründung von Maikomitees (MK - vgl. 28.3.1973), u.a. in Dortmund (vgl. 1.4.1973). Die Schrift ist nun die Zeitung der Kommunistischen Kollektive Hoesch, Zeche Hansa Dortmund und Gewerkschaft Viktor Castrop-Rauxel. Mitglieder der Kommunistischen Fraktion im Ruhrgebiet für den Wiederaufbau der Kommunistischen Partei.
Quelle: Die Rote Front Nr.7,Dortmund/Castrop-Rauxel 1973,S.1f

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April 1973:
"Aufruf des Regionalen ersten Mai-Komitees im Ruhrgebiet: Vorwärts zum 1. Mai (vgl. 2.4.1973)" U.a. heißt es:
"Das regionale Mai-Komitee im Ruhrgebiet ruft alle klassenbewußten Kollegen, alle fortschrittlichen Menschen auf: Haltet fest an der klassenkämpferischen Tradition des 1. Mai. Schließt euch in diesem Geist zusammen, setzt euch ein für die Stärkung der Kampffront der Arbeiterklasse, nehmt Verbindung auf mit dem regionalen Maikomitee, an allen Orten, auch in Schulen und Universitäten: Bildet Maikomitees! Vorwärts zum 1. Mai!"

Das Regionale 1.Maikomitee im Ruhrgebiet gehört u.a. auch zu den Unterzeichnern einer Aktionseinheit zum 1. Mai., die vom Maikomitee Essen zum 1. Mai ins Leben gerufen wurde. Verantwortlich für den Aufruf ist R. Wagner, der auch für Flugschriften der Kommunistischen Fraktion im Ruhrgebiet (KFR) verantwortlich zeichnet.
Q: Regionales 1. Maikomitee im Ruhrgebiet: Aufruf des Regionalen ersten Mai-Komitees im Ruhrgebiet: Vorwärts zum 1. Mai, Dortmund 1973

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06.04.1973:
Die Nr.8 der 'Roten Front' der Kommunistischen Kollektive Hoesch, Zeche Hansa (Dortmund) und Gewerkschaft Viktor (Castrop Rauxel) Mitglieder der Kommunistischen Fraktion im Ruhrgebiet für den Wiederaufbau der Kommunistischen Partei (KFR) erscheint vermutlich Ende dieser Woche (vgl. 28.3.1973, 20.4.1973) in einer Auflage von 5 000 Exemplaren mit einem Leitartikel zum 1. Mai und berichtet aus NRW vom Regionalen Maikomitee (MK - vgl. 31.3.1973).
Q: Die Rote Front Nr.8,Dortmund/Castrop-Rauxel 1973,S.1f und

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20.04.1973:
Vermutlich erscheint Ende dieser Woche die 'Mai-Zeitung der Kommunistischen Kollektive Hoesch, Zeche Hansa (Dortmund) und Gewerkschaft Viktor (Castrop-Rauxel) Mitglieder der Kommunistischen Fraktion im Ruhrgebiet für den Wiederaufbau der Kommunistischen Partei' (KFR) mit 6 Seiten DIN A3 unter Verantwortung von R. Wagner, 46 Dortmund, Postfach 1506. Hierbei handelt es sich vermutlich um die Nr.9 der 'Roten Front' (vgl. 6.4.1973, 9.5.1973).

Der Aufruf zum 1. Mai (vgl. 31.3.1973) lautet: "Heraus zum 1. Mai. Demonstriert unter den Losungen des Mai-Komitees in der Demonstration des DGB."
Aufgerufen wird zum Besuch der zentralen Maiveranstaltung in Essen (vgl. 1.5.1973)

Zitiert wird aus der Mannheim-Heidelberger 'Arbeiter-Zeitung' (vgl. 9.4.1973). Berichtet wird über die Verfolgung der KPD (vgl. 18.4.1973), aus Berlin vom 1.Mai des DGB, aus Niedersachsen vom Maikomitee Osnabrück (vgl. 11.4.1973, 18.4.1973) und aus NRW aus Dortmund über den AKJZ (vgl. 20.4.1973).

Auf Seite 1f und 4f erscheint folgender, vermutlich z.T. aus Mannheim übernommener Artikel:"
DER SELBSTÄNDIGE KAMPF DER INTERNATIONALEN ARBEITERKLASSE WÄCHST!
KAMPF GEGEN POLITISCHE UNTERDRÜCKUNG

Gegenüber den wachsenden Lohnkämpfen und der zunehmenden politischen Kämpfen der Arbeiterklasse versucht die Kapitalistenklasse sich durch zunehmende politische Unterdrückung zu behaupten. So wurden damals die Notstandsgesetze (NSG,d.Vf.) geschaffen, im letzten Jahr Polizei und Grenzschutz militärisch ausgerüstet und auf den Bürgerkrieg eingeübt. Das alte BVG wurde noch arbeiterfeindlicher abgefaßt. Dieses neue BVG lieferte auch die Begründung für die Entlassung der 8 aktiven Gewerkschafter auf der Westfalenhütte im Februar. Mit diesem BVG sollen aktive Gewerkschafter zur Klassenzusammenarbeit gezwungen werden. Den Widerstand der klassenbewußten ausländischen Kollegen gegen ihre besonders starke Ausbeutung versucht sie mit den reaktionären Ausländergesetzen zu brechen, das die Ausweisung aller demokratischen und gewerkschaftlichaktiven Ausländer rechtfertigt. Hiergegen demonstrierten 12 000 in Dortmund.

FAHRPREISAKTIONEN

Nicht nur durch Preistreiberei bei Grundnahrungsmitteln und durch Mietwucher plündert die Kapitalistenklasse unser eh schon leeres Portemonnaie, sondern auch durch sich jährlich wiederholende Preiserhöhungen bei den kommunalen Betrieben, z. B. Gas, Wasser und Fahrpreisen. In Bochum und vielen anderen Städten wurde bereits der Kampf gegen den Lohnabbau durch Preissteigerungen aufgenommen, wie hier in Mannheim (sic,d.Vf.).

KAMPF GEGEN BERUFSVERBOTE

Immer mehr Menschen wird mit Entlassung oder Berufsverbot gedroht, weil sie aktive Gewerkschafter oder für demokratische Rechte der Arbeiterklasse Kämpfende sind und den brutalen Unterdrückungscharakter des kapitalistischen Staatsapparates aufdecken. In Bochum wurde der Lehrer Paul Oswald (Norbert Osswald, d.Vf.) aus dem Schuldienst entlassen und vor Gericht gestellt, weil er als Kommunist offen seine Meinung sagte und für die Interessen der Arbeiterklasse eintrat. Justizassessor Michels wurde aus dem Justizdienst entlassen, weil er eine Rechtsfibel verfaßte, die die Rechte der Verfolgten bei den bei gerichtlichen Verhören und Hausdurchsuchungen üblichen Übergriffe aufzeigte. Viele aktive Lehrer, Sozialarbeiter und Pädagogen werden heute aus dem öffentlichen Dienst entlassen, weil sie für die berechtigten demokratischen Forderungen der Volksmassen eintreten und auch bei der Ausübung ihrer Berufstätigkeit von den Interessen des Volkes ausgehen wollen. In Stuttgart und Dortmund demonstrierten über 25. 000 Menschen gegen die Berufsverbote. Bei Opel Bochum wurde der Kollege Wischnewski entlassen, weil er im Betriebsrat die Interessen der Kollegen vertrat und die Opel-Kollegen über die Mauscheleien und die von den Opel-Bossen gezahlten Schmiergelder aufklärte. Mehr als 3. 000 Kollegen haben bisher die Auflösung des Betriebsrats verlangt.

MIETERAKTIONEN

Wie auf dem Foto dargestellt, griffen immer mehr Menschen zur Selbstinitiative gegen Mieterhöhungen und Wohnraumbeschränkung. In allen Teilen der BRD wurden Häuser besetzt und wie in Frankfurt zuletzt, unterstützt von der sich solidarisierenden Bevölkerung, gegen Zwangsräumung des kapitalistischen Polizeiapparates verteidigt.

SELBSTÄNDIGE LOHNKÄMPFE

Seit Jahren entwickeln sich die Lohnkämpfe zu immer heftiger werdenden Klassenauseinandersetzungen zwischen Kapitalisten und Werktätigen; immer mehr Arbeiter und Angestellten gliedern sich solidarisch in die Kampffront ein, von Jahr zu Jahr begreifen die Werktätigen mehr ihre ausgebeutete Situation und durch die immer offensichtlicher werdenden Verrätereien von
Gewerkschaftsführern die Notwendigkeit, den Lohnkampf selbst in die Hand zu nehmen.

Gerade von solchen Kämpfen war das vergangene Jahr gekennzeichnet. In allen Industriezweigen häuften sich die Stimmen aus den Betrieben für die Forderungen von 12-15% und vor allen Dingen für lineare Forderungen wie 150,-DM monatlich mehr. Auch als die Tarifkommission diese auf 11% herunterdrückte, ließen sich die Kollegen nicht entmutigen. Entschieden traten sie in fast geschlossener Front in den Urabstimmungen für die volle Durchsetzung der gewerkschaftlichen Forderungen ein. Und als die Gewerkschaftsführer auch diese verrieten und auf 7-10% herunterhandelten, nahmen an vielen Stellen die Kollegen das Heft selbst in die Hand. Die hervorragendsten Beispiele sind hier Hoesch, HuF (Velbert), Klöckner (Bremen) und Mannesmann (Duisburg).

In diesen selbständigen Streiks wandten sich die Kollegen nicht nur gegen den Lohnabbau der Kapitalisten durch zu niedrige Löhne, sondern auch gegen die Sabotage und den Verrat an ihrem berechtigten Kampf durch gewisse Gewerkschaftsführer. So erklärte IG-Metall Chef Loderer den Hoesch-Streik für ungesetzlich und IGM-Vorstandsmitglied Judith forderte die kämpfenden Metaller wieder zur Arbeit auf. Doch in Velbert und Duisburg konnten die Streikziele trotz solcher Machenschaften zum größten Teil erfolgreich durchgesetzt werden. Diese Beispiele werden die Richtlinie sein für die notwendigen zwischentariflichen Lohnkämpfe in diesem Sommer, sie weisen den Weg zum Erfolg.

KÄMPFE DER INTERNATIONALEN ARBEITERKLASSE

Auch in unseren europäischen Nachbarländern machte die Arbeiterbewegung stürmische Fortschritte. In vielen Ländern kam es zu breit entfalteten Arbeitskämpfen: Bergarbeiter (England), Fluglotsen (Frankreich), Metaller (Italien) und Tarifarbeiter (Niederlande), Metaller und Transportarbeiter (Dänemark). In Frankreich entwickelte sich eine breite Massenbewegung von Jugendlichen gegen die wachsende Militarisierung, Renaultarbeiter weiteten einen Lohnkampf zu einem Kampf gegen alle Formen kapitalistischer Ausbeutung aus, der Arbeitshetze und Rationalisierung, den unerträglichen Arbeitsbedingungen und den niedrigen Löhnen. Diese Beispiele stehen für viele Kämpfe, die in den letzten Monaten überall in den kapitalistischen Ländern die Kampffront der Arbeiter aller Länder gegen die Ausbeutung und Unterdrücker schmieden.

SIEG IN VIETNAM!

Im vergangenen Jahr gelang es dem kämpfenden vietnamesischen Volk, die amerikanischen Imperialisten und ihre Marionettentruppen aus fast allen ländlichen Gebieten zu vertreiben und in den befreiten Gebieten unter der Führung der Arbeiterklasse, in einer breiten Front mit dem Bauer, den Wiederaufbau zu organisieren. Trotz brutalster Bombenangriffe der US-Imperialisten, die große Opfer forderten, gelang es, diesen solch schwere Niederlagen zuzufügen, daß sie sich militärisch aus Vietnam zurückziehen mußten. Über 40 000 Menschen demonstrierten in den Blocks demokratischer und kommunistischer Organisationen in Bonn und Dortmund (vgl. 14. bzw. 20.1.1973,d.Vf.) gegen die US-Aggression und drückten ihre Solidarität mit dem bewaffneten Befreiungskampf der Völker Indochinas aus.

DIE AUFGABEN DER KOMMUNISTEN

All diese Kämpfe der Volksmassen in den verschiedenen Ländern mit den unterschiedlichsten Kampfzielen zeigen das Anwachsen der revolutionären und fortschrittlichen Bewegung in der ganzen Welt. Sie wurden ausgelöst durch die immer größer werdende Schwierigkeit der Imperialisten, die Bedürfnisse der Werktätigen zu befriedigen, sie geraten in Krisen, die die ganze kapitalistische Welt überziehen, und der Widerstand dagegen läßt sie zu immer schlimmeren Mitteln der Unterdrückung und Ausbeutung greifen. Das rettet die Imperialisten jedoch nicht vor seinem notwendigen Untergang.

Überall in der ganzen Welt haben sich die Revolutionäre in Kommunistische Parteien zusammengeschlossen, die den Kämpfen der Volksmassen den Weg zur Revolution, zur endgültigen Befreiung von Unterdrückung und Elend weisen. Der Sieg des vietnamesischen Volkes und seiner Kommunistischen Partei über den US-Imperialismus ist hier das leuchtendste Beispiel des letzten Jahres. Auch in Westdeutschland kämpfen die Kommunisten an der Stelle der Werktätigen gegen die Kapitalistenklasse. Doch seit dem Verbot der KPD 1956 gibt es keine revolutionäre Partei, die DKP konnte nur mit Genehmigung der Kapitalistenklasse gegründet werden, weil sie auf eine revolutionäre Politik verzichtete und den Kampf um die Arbeitermacht im bürgerlichen Parlament entscheiden will. Die Kommunisten arbeiten noch in örtlichen Gruppen, ihre Politik ist national nicht koordiniert, es gibt in zu vielen Fragen der täglichen Politik noch unterschiedliche Vorgehensweisen, häufig gibt es an einem Ort sogar mehrere Gruppen, die kaum zusammenarbeiten. Viele Kollegen sind zu Recht darüber enttäuscht und wegen dieser Zersplitterung nicht bereit, mitzuarbeiten: 'Werdet ihr Euch mal erst selbst einigt!' sagen sie. Die Kapitalisten haben dagegen ein leichtes Spiel, sie sind national organisiert.

Im vergangenen Jahr haben sich nun einige Gruppen zusammengetan und ein Programm entworfen, daß die Diskussion über die richtige revolutionäre Politik in Westdeutschland eröffnen soll. In dieser Diskussion soll geklärt werden, welches die grundlegende Ziele der Kommunisten sind und ihre Forderungen, und worin heute die grundlegenden Meinungsverschiedenheiten bestehen. Einige Organisationen wie die KPD und die KPD/ML beteiligen sich leider nicht an dieser Arbeit, sie meinen das Problem gelöst zu haben, als sie sich jeweils zur Kommunistischen Partei erklärten. Doch gerade mit ihnen ist die Auseinandersetzung notwendig, da zu ihnen noch große Widersprüche bestehen.

So bauen z. B. beide Organisationen zur Zeit eine eigene 'Revolutionäre Gewerkschaftsopposition' (RGO,d.Vf.) auf, und sie sehen nicht, daß sie sich damit von den fortschrittlichen Kollegen in den Gewerkschaften trennen, statt mit ihnen gemeinsam eine Front gegen Kapital und Klassenverrat zu bilden. Erst wenn in diesen Fragen Einheit besteht und die Kommunisten den Werktätigen ein gemeinsames Programm vorweisen können, das auch von den Fortgeschrittensten des Proletariats vertreten wird, kann die Kommunistische Partei in Westdeutschland gegründet werden. Ihr Programm und ihre Politik wird dann den Werktätigen den Weg aus Ausbeutung und Unterdrückung und in die freie Gesellschaft des Kommunismus weisen."

Zur Mitbestimmung heißt es auf S.1 und 4:"
MITDENKEN, MITBESTIMMEN, MITVERANTWORTEN

Mitdenken, Mitbestimmen, Mitverantworten', diese Parole der DGB-Führung zum diesjährigen 1. Mai ist keine Parole der klassenbewußten Gewerkschaften. Denn worum geht es? Sollen wir 'mitdenken', so wie sich die DGB-Führung schon seit Jahren den Kopf zerbricht, damit die Stabilität und das Gleichgewicht der Unternehmerprofite erhalten bleibt und deshalb die Lohnforderungen und Tarifabschlüsse so niedrig wie möglich? Sollen wir mitdenken, so wie es das neue BVG vorsieht, indem wir auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Unternehmer und Betriebsräten achten, zum Wohle des Unternehmens? Was dabei herauskommt, haben wir gesehen: Die Friedens- und Schweigepflicht z. B. führte dazu, daß sechs Kollegen und zwei Betriebsräte von Hoesch entlassen werden sollten, weil sie während des selbständigen Streiks an der Spitze der Demonstration durch die Innenstadt marschierten. Das war dann: 'Verletzung der Friedenspflicht und betriebsschädigendes Verhalten'. Und nur die Angst vor der Wiederaufnahme des Streiks zwang die Unternehmensleitung, die Kollegen wiedereinzustellen. Hier dürfen wir auch nicht vergessen, wie fleißig die IGM-Führung mit Judith an der Spitze mitgedacht hat, indem sie versprach, solche 'wilden' Streiks in Zukunft zu verhindern - zum Wohle des Unternehmens natürlich! Und wie sie das machen will ist auch schon bekannt: Durch die eventuelle Forderung nach Nachtarifen tröstet sie die Kollegen über ihre miserable Situation hinweg. Weil ja bald verhandelt werden soll, braucht man nicht für seine Forderungen den Arbeitskampf selbständig in die Hand zu nehmen. Aber die verschiedenen Verrätereien der Gewerkschaftsführung bei den Tarifabschlüssen in den letzten Jahren und ihre Abgrenzung von den selbständigen Arbeitskämpfen sollte uns warnen. Wir müssen unsere Forderungen auf den Tisch legen und uns nicht von der IGM-Führung hinhalten lassen, wir müssen den Kampf dafür selbständig in die Hand nehmen wie '69 oder wie vor einigen Wochen. Für uns kann mitdenken nicht heißen, auf notwendige Lohnerhöhungen zu verzichten oder dafür zu sein, daß die Betriebsräte die Kollegen nicht von bevorstehenden Entlassungen, Rationalisierungsmaßnahmen usw. unterrichten dürfen.

Alles nützt dem Betriebsfrieden, doch für wen ist dieser Frieden nützlich? Für die völlig überraschten Kollegen, die plötzlich auf der Straße stehen oder für die Kapitalisten, die mal wieder ohne großen Widerstand die Sicherung und Erweiterung ihrer Profite durchsetzen können? Und Mitbestimmung? Sollen wir 'mitbestimmen' so wie die Gewerkschaftsspitze schon heute über die bessere Ausbeutung der Arbeiter durch die kapitalistische Rationalisierung mitbestimmt, daß heißt bedenkenlos Entlassungen zustimmt und darauf achtet, daß den Unternehmern durch Streik keine Aufträge verloren gehen? Die Mitbestimmung hat laut SPD das Ziel, den Menschen, die von anderen beherrscht werden, die Möglichkeit zu geben, über die Form der Herrschaft mitzubestimmen (SPD-Entwurf eines ökonomisch-politischen Orientierungsrahmen für die Jahre 1973 bis 1985, S. 72 Punkt 228).

Aber ändert diese Mitbestimmung an der Herrschaft etwas daran, daß die Herrschaft einiger Kapitalisten über die gesamte Arbeiterklasse abgeschafft wird? Die Folge dieser Mitbestimmung ist einzig und allein die Verschleierung der Klassengegensätze, die Verleugnung des Klassenkampfes! Sie kann nur dazu dienen, den Arbeitern einzureden, daß alle in einem Boot sitzen, oder wie die SPD es sagt, alle 'gleichermaßen daran interessiert sind, die Stellung des Unternehmens am Markt zu erhalten und zu verbessern' (s. o. Punkt 229). Aber unser Interesse ist nicht der Profit der Kapitalisten, sondern daß die Arbeiterklasse und alle Werktätigen selbst darüber bestimmen können, wie der gemeinsam geschaffene Reichtum auch tatsächlich denjenigen dient, die ihn produziert haben. Diejenigen, die heute die Senkung unserer Reallöhne, die gesteigerte Arbeitshetze oder die Überstundenschinderei 'mitverantworten' wollen, gehören nicht auf unsere Seite, sie wollen uns dazu bringen, für unsere eigene Ausbeutung mitverantwortlich zu zeichnen. Wem dient also die Mitbestimmung, die Mitverantwortung und das Mitdenken? Allein den Kapitalisten, ihrem 'Betriebsfrieden', der Sicherung ihrer Herrschaft über die Arbeiterklasse und breite Teile des Volkes.

Die 1. Mai-Parole des DGB kann deshalb niemals zur Losung der Arbeiterklasse werden. Wir müssen nicht mit den Kapitalisten und ihren Vertretern 'mitdenken', mitbestimmen und mitverantworten', wie wir von diesen Leuten ausgebeutet und unterdrückt werden! Wir müssen dagegen vielmehr bestimmen und verantworten, wie die Sache der Arbeiterklasse und aller Lohnabhängigen und ihrer selbständigen Politik vorankommt. Wir müssen vom Denken, Bestimmen und Verantworten lernen, das noch vor einigen Wochen die Kollegen von Mannesmann, Hoesch und in Velbert beispielsweise zusammengeschweißt und zum Erfolg gebracht hat. Hier wurde nicht über die Entlassung von fortschrittlichen Kollegen 'mitbestimmt', sondern gegen diese Entlassung selbständig gekämpft. Hier haben viele gelernt warum wir klassenbewußte und kampfstarke Gewerkschaften brauchen, was praktisch heißt: Gewerkschaft, das heißt, gemeinsamer Kampf aller Arbeiter und Angestellten gegen Lohnabbau und wirtschaftliche Ausplünderung. Der Parole der DGB-Führung von der 'Mitbestimmung' und 'Mitverantwortung' bei der kapitalistischen Profitwirtschaft setzen wir deshalb unsere Losung entgegen:

FÜR KAMPFSTARKE KLASSENBEWUßTE GEWERKSCHAFTEN!"

Auf S.3 erscheint folgender Artikel:
ARBEITERJUGEND REIHT SICH EIN

Am 1. Mai werden Millionen Arbeiter in der ganzen Welt die Straßen und Plätze beherrschen, zur Feier des internationalen Kampftages der Arbeiterklasse. Hier ist der Platz wo die Arbeiterjugend als Teil der gesamten Arbeiterklasse mitmarschiert. Die Arbeiterjugend ist Teil der gesamten Arbeiterklasse. Deshalb steht sie auch hinter den Forderungen der älteren Kollegen. Die besondere Stellung der Arbeiterjugend besteht darin, daß sie als Lehrling oder Hilfsarbeiter auch besonderen Formen der Ausbeutung und Unterdrückung im Betrieb und der Berufsschule ausgesetzt ist. Lehrlinge werden allzuhäufig unter dem Vorwand ausgebildet zu werden, besonders stark ausgebeutet. Obwohl Lehrlinge hauptsächlich in der Produktion arbeiten und die gleichen hohen Lebenshaltungskosten haben wie ältere Kollegen, bekommen sie nur 1/3 bis 1/6 von dem, was die älteren Kollegen erhalten. Jugendliche Hilfsarbeiter kriegen oft nicht einmal die Hälfte vom vollen Arbeitslohn und das nennt man dann Altersabschläge. Die Ausbildung ist meist noch schlecht. Überstunden und ausbildungsfremde Arbeit gehören zur Tagesordnung. Um aus der Ausbildung noch mehr Profit zu schlagen, wird der Stufenplan eingeführt. Lehrlinge werden für ein Jahr eingestellt und dann einer Prüfung unterzogen. Ein Teil wird für ein weiteres Jahr eingestellt, der andere Teil gilt als angelernte Hilfsarbeiter. In vielen Städten und Firmen ist dieser Stufenplan eingeführt. Auch bei den Elektrikerlehrlingen bei Hoesch. Bisher hat die Gewerkschaftsführung dagegen noch nicht protestiert. Vielmehr hat sie sogar diesen Plan zur Spaltung und verschärften Ausbeutung der Arbeiterjugend unterstützt. Um den Unwillen der Arbeiterjugend zu unterdrücken werden fortschrittliche Jugendvertreter gekündigt und selbständige Lehrlingsstreiks verboten.
VOLLES STREIKRECHT FÜR LEHRLINGE!
KÜNDIGUNGSSCHUTZ FÜR JUGENDVERTRETER!
WEG MIT DEM STUFENPLAN!
WEG MIT DEN ALTERSABSCHLÄGEN!
500 DM LOHN FÜR LEHRLINGE."

Reklame wird in der Ausgabe noch gemacht für das 'Kommunistische Manifest':
125 JAHRE KOMMUNISTISCHES MANIFEST!

Im Februar 1848 veröffentlichten Marx und Engels im Auftrag des Bundes der Kommunisten, einer internationalen Arbeiterverbindung, das Manifest der Kommunistischen Partei. Dieses Manifest ist das erste Programmdokument der internationalen Arbeiterbewegung, die Geburtsstunde des wissenschaftlichen
Sozialismus. W. I. Lenin schrieb über das Manifest:
'Mit genialer Klarheit und Ausdruckskraft ist in diesem Werk die neue Weltanschauung umrissen: Der konsequente, auch das Gebiet des gesellschaftlichen Lebens umfassende Materialismus, die Dialektik als die umfassendste und tiefste Lehre von der Entwicklung, die Theorie des Klassenkampfes und der welthistorischen revolutionären Rolle des Proletariats, des Schöpfers einer neuen, der kommunistischen Gesellschaft."
Q: Mai-Zeitung der Kommunistischen Kollektive Hoesch, Zeche Hansa (Dortmund) und Gewerkschaft Viktor (Castrop Rauxel) Mitglieder der Kommunistischen Fraktion im Ruhrgebiet für den Wiederaufbau der Kommunistischen Partei,Dortmund/Castrop-Rauxel 1973

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28.04.1973:
Die KPD/ML-ZK gibt ihren 'Roten Morgen' (RM) Nr.16 (vgl. 21.4.1973, 5.5.1973) mit dem Leitartikel "Die Bourgeoisie will unser Verbot, wir kämpfen weiter, Deutschland wird rot!" heraus, in dem vom Demonstrationsverbot in NRW berichtet wird.
Aufgerufen wird zu Maidemonstrationen und Maiveranstaltungen u.a. Dortmund sowie zur Solidarität mit der KPD.
Q: Roter Morgen Nr.16,Dortmund 28.4.1973,S.1 und 7f

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29.04.1973:
In Dortmund wollen KJV, KOV und KSV der KPD ihre landesweite Maiveranstaltung um 11 Uhr bzw. laut KPD OL Dortmund um 10 im Mengeder Saalbau beginnen.
Bei Hoesch (IGM-Bereich - vgl. 24.4.1973) wird für 17 Uhr am selben Ort eine Maiveranstaltung der KPD angekündigt. Laut KPD OL Dortmund handelt es sich um eine Großveranstaltung. Laut KPD nehmen 700 teil.
Q: Schulkampf Sdr.druck,Dortmund Apr. 1973,S.1; Rote Fahne Sonderdruck Jetzt erst recht: Heraus zum 1.Mai!,Dortmund o.J. (Apr. 1973);Kämpfende Jugend Vorwärts zum 1. Mai,Dortmund o. J.;Kommunistische Arbeiterpresse Hoesch Dortmund Nr.23,Dortmund 24.4.1973,S.5;Rote Fahne Nr.14 und 18,Dortmund 4.4.1973 bzw. 2.5.1973,S.2 bzw. S.2f

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30.04.1973:
Eine Maiveranstaltung der KPD war für heute in Dortmund angekündigt worden, fand aber vermutlich bereits gestern statt.
Q: Rote Fahne Nr.14,Dortmund 4.4.1973,S.2

30.04.1973:
In Dortmund will die KPD/ML-ZK heute um 19 Uhr ihre Maiveranstaltung in der Jacobschänke, Weissenburgstraße durchführen. Gezeigt werden soll der Parteifilm 'Rote Revue'.
Aufgerufen wurde u.a. im IGM-Bereich bei Hoesch (vgl. 23.4.1973), aber auch im 'Roten Morgen' (vgl. 21.4.1973).
Q: Roter Morgen Nr.15, Dortmund 21.4.1973,S. 8; Stählerne Faust Extra,Dortmund 1.5.1973,S.8

01.05.1973:
Die KPD fordert:"
DAS DEMONSTRATIONSVERBOT MUSS FALLEN!

Am 1.Mai 1973 widerlegten die Massendemonstrationen unserer Partei den Wunschtraum der Polizeiminister und ihrer Journalisten vom 'isolierten Terrortrupp KPD'. Obwohl am 1.Mai (vgl. Dortmund,d.Vf.) besinnungslos auf die Demonstrationsteilnehmer eingeschlagen und auch Frauen und alte Menschen nicht geschont wurden, wird der Dienstherr der 'Politrocker', Polizeiminister Weyer (FDP,d.Vf.), auch jetzt nicht müde, für sein allgemeines Demonstrationsverbot gegen die 'kriminellen Schlägertrupps' die Trommel zu schlagen.

Weyer, dieser Vorreiter in der Ausbildung von Killertrupps gegen die Arbeiterklasse, der mit seinen Großrazzien beständig die Werktätigen belästigt und bespitzelt, der seine Polizeitruppen schon längst für militärische Überfälle auf streikende Arbeiter präpariert hat, dieser Mann weiß genau, warum er an dem offensichtlich rechtswidrigen allgemeinen Demonstrationsverbot gegen unsere Partei festhält: Unsere Partei tritt unerschrocken und konsequent für die Interessen der Werktätigen an Rhein und Ruhr ein, sie scheut sich nicht, täglich aufs neue der SPD/FDP-Regierung ihre arbeiterfeindlichen Maßnahmen öffentlich vorzurechnen.

Während die Polizeipräsidenten, wie zuletzt am 5.Mai in Bielefeld, unter den nichtigsten Vorwänden jedes öffentliche Auftreten unser Genossen zu unterbinden versuchen, während schon jetzt erklärt wird, unsere Demonstration gegen die Friedensheuchler Breschnew und Brandt (am 19.5.1973 in Dortmund,d.Vf.) gefährde die öffentliche Sicherheit, bereiten die Revisionisten in Bonn (vgl. 19.5.1973,d.Vf.) ihr behördlich gefördertes Jubelspektakel vor.

Dieser Zustand darf von keinem demokratisch gesinnten Menschen hingenommen werden!

Wir werden am 19.5. unser Recht auf Demonstration erkämpfen. Weyers Demonstrationsverbot muß fallen!"
Q: Rote Fahne Nr.19,Dortmund 9.5.1973,S.1

01.05.1973:
In Dortmund beteiligen sich, nach eigenen Angaben, trotz des Verbots über 1 000 bis 1 500 an der zentralen bzw. NRW-weiten Maidemonstration der KPD um 12 Uhr ab Nordmarkt.

Der Südwestdeutsche Referendarverband (vgl. 9.7.1973) berichtet:"
Für den 1. Mai hatte die Gruppe Rote Fahne zu einer eigenen Demonstration im Dortmunder Norden aufgerufen und diese Demonstration angemeldet, die sich als Block dem Demonstrationszug der Gruppe Rote Fahne anschließen sollte.
Auf die Anmeldungen dieser Demonstrationen reagierte das Dortmunder Polizeipräsidium lange Zeit mit Schweigen. Erst am 30. April um 12. 30 Uhr, kamen mehrere Polizeibeamte in das Dortmunder Büro der Gruppe Rote Fahne und überreichten die Verbotsverfügung des Dortmunder Polizeipräsidenten. Diese Nachricht hatte schon einen Tag vorher in Springers 'Welt' gestanden, was darauf hindeutet, daß das geplante Verbot bewußt zurückgehalten wurde und keine in allerletzter Minute getroffene Entscheidung war. Die Gruppe Roter Morgen erfuhr das Verbot ihrer 1. Mai-Demonstration sogar noch einige Stunden später: Am Vorabend des 1. Mai, genau um 16. 30 Uhr, erschienen zwei Beamte der Politischen Polizei im Buchladen 'rote front' im Dortmunder Norden.
Sie wollten dort die Verbotsverfügung für die Demonstration der Gruppe Roter Morgen niederlegen. Trotz des Hinweises, daß der Buchladen mit der Gruppe Roter Morgen nichts zu tun habe, legten die Po Pos das Schreiben einfach ab und ein Genosse des Buchladens bescheinigte den Empfang. Das heißt also, um 16. 30 Uhr wußte die Gruppe Roter Morgen offiziell noch nichts von dem Verbot ihrer Demonstration.
Dieses Vorgehen des Staatsapparates und seiner Polizei läßt nur einen Schluß über dessen taktische Absichten zu: Die Zustellung der Verbotsurkunden zum spätestmöglichen Zeitpunkt machte es den Organisatoren der Demonstration unmöglich, die schon lange vorher eingeleitete Mobilisierung für ihre Demonstration zurückzunehmen. Damit befanden sie sich in einer Falle gegenüber der Polizei und dem Staatsapparat, der es von vornherein auf eine Provokation und gewaltsame Zerschlagung der Demonstration in Dortmund angelegt hatte.
Auch die Begründung der Demonstrationsverbote selber weicht von der bisher üblichen Praxis der Polizeibehörden und der Klassenjustiz beträchtlich ab. Die formalrechtliche Grundlage der Verbotsverfügung gegenüber der Gruppe Rote Fahne war der Paragraph 15 Abs. 1 Versammlungsgesetz, wonach eine Demonstration verboten werden kann, wenn nach den Umständen die 'öffentliche Ordnung und Sicherheit' mit anderen Maßnahmen nicht aufrechterhalten werden.
Zur Begründung wurden Zitate aus einem organisationsinternen Brief der Gruppe Rote Fahne angeführt, in dem folgendes sinngemäß stand:
a) Die Feststellung, daß die Bonner Rathausbesetzung die richtige Antwort auf den Thieu-Besuch war.
b) Die Ankündigung, daß ein klassenkämpferischer 1. Mai durchgeführt werden müsse, auf dem die Arbeiterklasse ihre Kampfstärke demonstrieren müsse.
c) Die Feststellung, daß man sich die Demonstrationsfreiheit auch mit Gewalt nehmen müsse, wenn sie gewaltsam eingeschränkt würde.
d) Außerdem wurde betont, daß man die Schau des DGB am 1. Mai gründlich entlarven müsse.
Zunächst sticht ins Auge, daß die Verbotsverfügung eine offene politische Begründung enthält und die politischen Auffassungen der Demonstranten erstmals (im Vorgehen des Staatsapparates in der BRD) direkt zum Verbotsgrund erklärt werden. Es wurde erst gar nicht versucht, eine wenn auch noch so windige Begründung dafür zu geben, daß nach dem Umständen die 'Öffentliche Ordnung und Sicherheit' unmittelbar gefährdet ist, wie es für ein auf Paragraph 25 Versammlungsgesetz gestütztes Verbot notwendig wäre.
Eine 'unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit' kann nämlich nach Paragraph 15 VersammlungsG nur angenommen werden, 'wenn nach den gegebenen Tatsachen in naher Zukunft eine Störung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit zu befürchten ist und die Gefahr akut, d. h. der Eintritt des Schadens sofort und fast mit Gewißheit zu erwarten ist' (s. Sieghart Ott. Komment. zum VersammlungsG, S. 132).
Der Polizeipräsident von Dortmund sah die das Verbot begründende 'akute Gefahr' u. a. schon darin, daß die Gruppe Rote Fahne die Durchführung einer klassenkämpferischen Demonstration ankündigte. Indem er die politischen klassenkämpferischen Inhalte der angekündigten Demonstration damit zum Inhalt der Verbotsverfügung macht, braucht er zur Begründung eines Verbotes nicht mehr oder kaum mehr auf die konkrete Tatsachenlage im Einzelfall einzugehen, wie es das Versammlungsrecht an sich fordert. Die Erlebung einer bestimmten politischen Propaganda zum Verbotsgrund gibt dem Demonstrationsverbot einen ziemlich beliebigen und kaum auf den Einzelfall zugeschnittenen Charakter. Daher läßt es sich auch leicht auf die Demonstration anderer Organisationen anwenden, die gleiche oder auch nur ähnliche Ziele vertreten.
Es war dann nur folgerichtig, daß das Demonstrationsverbot auch auf andere Organisationen erstreckt wurde, wie auf die oben schon erwähnte Gruppe Roter Morgen (KPD/ML), deren angemeldete 1. Mai-Demonstration u. a. mit der Begründung verboten wurde, daß der Aufruf zu dieser Demonstration seitens der Gruppe Roter Morgen vermuten ließe, daß von ihr dieselben politischen Ziele verfolgt würden, wie von der Gruppe Rote Fahne. Hier noch ein Auszug aus der Verbotsbegründung des Dortmunder Polizeipräsidenten:
'Durch Ihre für den ersten Abschnitt vorgesehene Beteiligung an der Demonstration der KPD haben sie zu erkennen gegeben, daß Sie sich mit dem Inhalt des Rundbriefes insbesondere dem Aufruf zu Kampfmaßnahmen solidarisch erklären. Das von der Ortsgruppe Düsseldorf der KPD-ML anläßlich der für den 21. 4. 1973 geplanten Demonstration herausgegebenen Flugblatt erhärtet diese Überzeugung, denn dort heißt es u. a.: 'Der Kampf richtet sich gegen das verhaßte System! Und gegen die reaktionäre Gewalt kann es nur eine Antwort geben: die revolutionäre Gewalt! 'Der 1. Mai in Dortmund stand ganz im Zeichen des Polizeiterrors, mit dem die Demonstrationsverbote durchgesetzt werden: In Norden Dortmunds und in der Innenstadt war jede Straße bewacht, an strategischen Punkten waren Hundertschaften postiert (in Bussen), Wasserwerfer wurden teils offen, teils versteckt aufgefahren. Das Postamt und die Telefonzentrale wurden umstellt. Daneben wurden auch Telefone, von denen die Polizei Berichte nach außen vermutete, abgestellt. So war das Telefon im Buchladen 'rote front' gesperrt. Dies stellt eine bislang einmalige Maßnahme dar, für die das Polizeirecht keinerlei Handhabe bietet. Um die Stadt Dortmund herum waren sämtliche Zufahrtsstraßen bewacht, viele PKWs und fast alle Busse, die zur Demonstration wollten, wurden zurückgeschickt. Andere Busse, die nach Dortmund wollten, wurden schon am Abfahrtsort selber festgehalten, so geschehen in Bonn und in Bielefeld, wo sämtliche Insassen der Busse stundenlang auf Polizeistationen festgehalten und erkennungsdienstlich behandelt wurden. Neben Bussen, die zur Demonstration der Gruppe Rote Fahne nach Dortmund fahren wollten, wurde in Bonn z. B. auch ein Bus festgehalten, der zur DGB-Demonstration nach Köln fahren wollte. Ein Großteil der Demonstranten, die nach Dortmund wollten, ist also erst gar nicht dorthin gekommen. Der 1. Mai begann in Dortmund mit der Demonstration des DGB. Der DGB bildete drei Marschzüge, die dann zur Kundgebung im Westfalenpark zusammentrafen. An den DGB-Marschzug, der von der Westfalenhütte ausging, schloß sich ein Block des Dortmunder Mai-Komitees und ein Block der sog. RGO an. Nach einiger Zeit folgten zwei Mannschaftswagen der Polizei dem Demonstrationszug. In einer unbewohnten Zone stieß ein Polizeitrupp vor und nahm anhand von Fotolisten drei Leute aus dem RGO-Block fest. Sie wurden durchsucht und konnten später wieder zurück zum Demonstrationszug. Das gleiche geschah noch ein zweites Mal. In einem dritten Versuch nahm die Polizei einen Demonstranten vom Mai-Komitee fest, der über Megaphon die Parolen angestimmt hatte. Er wurde acht Stunden von der Polizei festgehalten. Das Megaphon wurde eingezogen und ihm wurde ein Verfahren wegen Anführens einer verbotenen Demonstration und Rädelsführerschaft angedroht (Letzteres bezog sich auf die zweideutig formulierte Verbotsverfügung vom Vortage, die so schwammig gehalten war, daß sie gegen alles, was Positionen links von der DGB-Führung einnahm, also auch gegen das Dortmunder Mai-Komitee, gewendet werden konnte).
Auf 12 Uhr war dann eine Kundgebung gegen das Demonstrationsverbot auf dem Dortmunder Nordmarkt angesetzt, von welchem aus auch die verbotene Demonstration der Gruppe Rote Fahne und der Gruppe Roter Morgen ihren Anfang nehmen sollten. Der Nordmarkt war umstellt von starken Einheiten der Polizei, Wasserwerfern und einer Unmenge Zivilpolizei. Zwischen die ca.1 000 Demonstranten, die sich dort versammelt hatten, und die Polizei mischten sich außerdem viele Schaulustige und Pasasnten. Noch vor Beginn der Kundgebung erfolgte seitens der Polizei die dreifache Aufforderung, den Nordmarkt zu räumen. Nach der dritten Aufforderung zerstreuten sich die Demonstranten in kleinen Gruppen und trafen sich einige hundert Meter weiter wieder. Dann gelang es, einen Demonstrationszug in Richtung Innenstadt zu formieren. Die Polizei benötigte einige Zeit, um die neue Situation zu begreifen und sperrte dann die Zugänge zur Innenstadt ab. Auf dem Weg zur Innenstadt stieß der Zug auf einen massiven Riegel der Polizei. Als die Demonstranten daraufhin versuchten, einen anderen Weg zu nehmen, begann die Polizei plötzlich, in brutalster Weise auf die Demonstranten einzuprügeln.
Im Rückzug formierte sich der Demonstrationszug neu und eilte im Laufschritt in Richtung Innenstadt. An einem Bahnübergang, kurz vor der Innenstadt, wurde der Zug von der dort massierten Polizei aufgehalten und auseinandergeknüppelt. Daraufhin sickerten die Demonstranten in kleinen Gruppen zur großen Freitreppe vor dem Hauptbahnhof durch und organisierten eine kurze Kundgebung, um sich dann vor den verstärkt anrückenden Polizeieinheiten aufzulösen. Währenddessen wurden im gesamten Innenstadt- und Nordstadtbereich Einzelpersonen und kleinere Gruppen verhaftet. Die zentrale Einsatzleitung der Polizei hatte die Parole ausgegeben: in der Innenstadt jede Ansammlung von mehr als 10 Personen zu zerschlagen. Bis in den späten Nachmittag hinein wurden einzelne Demonstranten und auch Gruppen von der Polizei gejagt und es fanden Verhaftungen statt, obwohl die Demonstration seit 14 Uhr aufgelöst war. Sehr viele Passanten, die vom Vorgehen der Polizei verbittert waren, zeigten deutlich ihre Empörung und verhielten sich solidarisch gegenüber den Demonstranten."

Die KPD berichtet zunächst vom gestrigen Verbot ihrer Demonstration, gegen das bereits gestern Beschwerde eingelegt wurde:"
Unsere weitere Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Münster wurde am 1.Mai um 12 Uhr abgelehnt. Wie aus der mündlichen Begründung hervorgeht, gingen die Richter von der Identität unserer Partei mit der verbotenen KPD aus. Auch die am 1.Mai um 8 Uhr angemeldete Protestdemonstration des Rote-Hilfe-Komitees (RHK,d.Vf.) wurde sofort mit der Begründung verworfen, sie sei eine Ersatzdemonstration für die verbotene 1.Mai Demonstration.

Diese ganze Komödie beweist nur eins: Um der Verbotsankündigung des Innenministers Weyer (FDP,d.Vf.) nachkommen zu können, ließen Polizei-Juristen keine noch so offensichtliche Verdrehung der einfachen Logik aus. In Gelsenkirchen brachten wir in Erfahrung, daß das Gericht zwar mit dem Dortmunder Polizeipräsidenten telefoniert hatte, uns aber jede Anhörung unter Hinweis auf formale Gründe verweigerte. Die Polizei von Dortmund, unterstützt von den Gerichten, ist offensichtlich fest entschlossen, ein generelles Demonstrationsverbot gegen uns durchzusetzen.

Daß wir davor nicht zurückweichen, haben wir am Sonntag bewiesen. Aber auch an der Front der Klassenjustiz werden wir keinen Schritt zurückweichen. Der endgültige Entscheid über unseren Widerspruch wird neues Material für die Entlarvung der 'Unabhängigkeit' der dritten Gewalt sein."

Weiter berichtet die KPD über die:"
DURCHBRECHUNG DES DORTMUNDER DEMONSTRATIONS-VERBOTS!

Die Dortmunder Nordstadt gleicht einer besetzten Stadt. Nach Angaben des Düsseldorfer Innenministeriums fünf Hundertschaften Polizei, nach Überschlagszählungen sind hier das Drei- bis Vierfache postiert. Der städtische Schlachthof, direkt neben dem KPD-Büro, gleicht einem Heer-Lager. Vor den Revieren parken Mannschaftswagen, Busse, Wasserwerfer; Lastwagen, voll beladen mit Polizisten, patrouillieren durch die Straßen. Ein Hubschrauber kreist ständig in geringer Höhe über der Nordstadt; ungezählte Spitzelautos fahren herum, kreisen beständig um den Häuserblock Zimmerstraße - Steinplatz - Münsterstraße.

Kurz vor 12 Uhr ist der Nordmarkt nicht mehr zu betreten, überall Uniformen. Wer einen Helm hat oder wer Flugblätter verteilt, den versuchen die Polizisten festzunehmen - wie schon den ganzen Vormittag in der Innenstadt.

Die Demonstranten haben sofort erkannt, daß hier kein Versammeln ist. Sie bilden daher schnell an der nächsten großen Kreuzung einen Demonstrationszug. Erst stehen wenige Reihen, die Genossen halten sich fest untergehakt.

Schnell geordnet und in Massen stoßen Genossen und Freunde vom Nordmarkt und Umgebung herüber. In weniger als fünf Minuten wächst der Zug auf 1 500 Teilnehmer. Die Demonstration zieht durch die belebte Münsterstraße Richtung Innenstadt. Jetzt tragen die Demonstranten alle kleine Fähnchen, hunderte roter Fähnchen mit der Aufschrift '1.Mai - KPD!' und an der Spitze des Zuges ein großes Transparent: 'Weg mit den Demonstrationsverboten!' und die KPD-Fahne!

An der Bahnunterführung am Ende der Münsterstraße riegelt die Polizei in aller Eile die Straße ab. Allein fünf große Busse, mehrere Mannschaftswagen und andere Fahrzeuge stehen hier. Mit großer Brutalität schlagen Polizisten auf Demonstranten ein. Ein Mädchen bricht nach einem Schlag mit dem Gummiknüppel auf den Kopf bewußtlos zusammen. Festgenommene werden von fünf und mehr Beamten abgeführt, die alle auf sie einschlagen und treten, besonders in die Nieren und den Unterleib. Unter den so Mißhandelten sind auch viele Mädchen und junge Frauen. Passanten sind erregt, 'SS-Schläger' schreit ein älterer Kollege dauernd in Richtung der Polizei.

Aus einem Gefangenentransporter brechen plötzlich vier Inhaftierte aus, ein Polizeioffizier wird überrascht, er kann nur noch mit seinen Untergebenen schimpfen.

Die Demonstration hat sich geteilt. Ein Block versucht an anderer Stelle in die Innenstadt zu gelangen, es gelingt den genossen nicht. Eine kasernierte Einheit hat die Straße abgeriegelt. Auf einer Parkanlage, umzingelt von Polizisten, halten sie eine kurze Kundgebung ab und lösen sich auf. Gemeinsam mit den anderen sickern sie durch die Polizeisperren und treffen sich vor dem Bahnhof. Hier auf der großen Freitreppe wird eine weitere Kundgebung abgehalten, unter den Fahnen der KPD und des KJV. Als die Polizei nach längerer Zeit eintrifft und ihre Wasserwerfer in Stellung bringen will, löst sich die Demonstration auf.

Das Demonstrationsverbot ist durchbrochen. Die Taktik von Klassenjustiz und Bürgerkriegsmanöver zur Unterstützung des Verbots hatte keinen Erfolg."

In einem weiteren Artikel berichtet die KPD:"
ÜBER 1 000 GENOSSEN AUF DEM WEG NACH DORTMUND FESTGEHALTEN!

Überall in Nordrhein-Westfalen versuchte die Polizei, das rechtswidrige Demonstrationsverbot mit einem großangelegten Bürgerkriegsmanöver durchzusetzen. Auf den Autobahnen und Zufahrtsstraßen nach Dortmund wurden Busse, PKWs und Kleinbusse, die zur Maidemonstration der KPD fuhren, von der Polizei gestoppt und an der Weiterfahrt gehindert.

Freunde und Genossen aus Bielefeld wurden an einer entlegenen Autobahnausfahrt festgehalten und von ca. 50 Polizisten mit Hunden bedroht. Einige der Polizisten versuchten mehrfach, Schlägereien zu provozieren.

In Münster verbot die Polizei dem Busunternehmer den bereits zugesagten Bus zum Abfahrtsplatz zu schicken. Ein Teil der Genossen fuhr daraufhin ungeschoren mit PKWs nach Dortmund, die andere Gruppe, die zum Bahnhof ging, wurde dort von Polizisten angehalten, die ihre Personalien feststellen wollten. Die Genossen weigerten sich und wurden daraufhin von der Polizei angegriffen und zwei von ihnen festgenommen.

Mehr Glück hatte ein Kölner Bus. Die Genossen fuhren nicht über die Autobahn nach Dortmund, nachdem sie in Köln einen oppositionellen Block auf der DGB-Demonstration gebildet hatten, sondern über Landstraßen. Aber selkbst auf den Bundesstraßen gerieten sie zweimal in Polizeisperren, konnten aber jedesmal den Anschein harmloser Maiausflügler erwecken.

Die anderen Kölner Busse wurden jedoch festgehalten.

Die Genossen aus Aachen, wo die Kundgebung der KPD für den Vorabend des 1.Mai ebenfalls verboten worden war, waren besonderen Verfolgungen der Weyer-Polizei ausgesetzt. … Nach der Demonstration (am Abend des 30.4.,d.Vf.) fuhren Aachener Genossen und Freunde mit dem Bus auf die Autobahn. In Remscheid werden sie von mehreren Polizeiwagen aufgehalten. Unter dem unsinnigen Vorwand, der Fahrer sei unausgeschlafen, halten die Polizisten den Bus zwei Stunden fest. Sie beschlagnahmen Transparente, nehmen die Personalien auf und verhören Einzelne. Einen Kollegen versuchen sie, mit vorgehaltener Maschinenpistole einzuschüchtern. …

Alle Düsseldorfer Freunde und Genossen waren am 1.Mai in Dortmund.

In Siegen hatten die Polizisten ähnlich wie in Münster den Busunternehmer vorher eingeschüchtert, so daß er zwar zum Abfahrtsort kam, dort aber mehrere zivile und uniformierte Beamte in den Bus stiegen und damit fortfuhren. Den Siegenern gelang es trotzdem, noch rechtzeitig in Dortmund zu sein."

Die Ortsleitung Dortmund des KOV der KPD berichtet später (vgl. 29.4.1974):"
vor genau einem Jahr, am 1.Mai 1973, wurde hier in Dortmund die 1.Mai-Demonstration der KPD verboten. Über ganz NRW hatte Polizeiminister Weyer ein Demonstrationsverbot verhängt. Aber auch tausende von Polizisten, brutalste Knüppeleinsätze konnten nicht verhindern, daß das Demonstrationsverbot erfolgreich durchbrochen wurde. Gerade von uns Dortmundern werden sich viele noch daran erinnern, wie überall in der Stadt Polizeiposten standen, in Gruppen zusammenstehende Menschen auseinandergetrieben wurden, wahllos verhaftet wurde."

Aufgerufen wurde von der KPD u.a. im IGM-Bereich bei Hoesch Dortmund (vgl. 24.4.1973) sowie in Dortmund (vgl. 23.4.1973).
Zur Demonstration der KPD riefen auch der Vietnamausschuß (VA) Dortmunder Oberschüler des NVK der KPD (vgl. 23.4.1973) sowie die VAs Dortmund (vgl. 23.4.1973) auf.

Das oppositionelle Maikomitee der KPD-Freunde setzt sich, nach eigenen Angaben, aus Mitgliedern von 4 Gewerkschaften zusammen, wobei Lehrlinge der HBV und ÖTV sowie ein Jugendausschuß Hoesch Westfalenhütte im IGM-Bereich erwähnt werden. Das Maikomitee rief außer zur KPD-Demonstration auch zum oppositionellen Block beim DGB auf, wovon die KPD berichtet:"
150 OPPOSITIONELLE KOLLEGEN IM DORTMUNDER DGB-BLOCK

Etwa 600 Kollegen versammelten sich vor der Hoesch-Hauptverwaltung, um zum Westfalenpark zur DGB-Kundgebung zu marschieren. Davon reihten sich an die 150 Kollegen hinter den Transparenten des Blocks des 'Maikomitees oppositioneller Gewerkschafter' ein:
- Hinein in die Gewerkschaften - stärkt die RGO!
- Kampf den Demonstrationsverboten!

Sofort riegelten 30 Ordner den Block ab und ein Lautsprecherwagen schob sich dazwischen, von dem aus der oppositionelle Block mit wüsten Beschimpfungen überschüttet wurde, nur öfter unterbrochen von der Aufforderung, sich nur nicht in diesen Block einzureihen.

Gegen dieses Geplärre riefen die Genossen: DGB und Polizei - Straße frei! DGB und DKP tun dem Kapital nicht weh! Straße frei für den 1.Mai! und Kommt zu unserer Demonstration!

Die Polizei versuchte, den DGB-Bossen mit zwei Mannschaftswagen behilflich zu sein, sie unternahm mehrere provozierende Vorstöße gegen Genossen, ein Genosse mit einem Megaphon wurde verhaftet.

So wenig wie die Polizei es schaffte, eine Prügelei anzuzetteln, sowenig gelang es ihr, den oppositionellen Block abzuspalten: Er marschierte mit in den Westfalenpark, wo ein Genosse eine kurze Kundgebungsrede hielt, der die Massen mit Interesse zuhörten. Er schloß mit der Aufforderung, zur Protestdemonstration unserer Partei zu kommen."

Laut dem Gewerkschaftlichen Maikomitee Dortmund 1974 der KPD wird "zum ersten Mal nach 1945 eine Maidemonstration verboten, die Demonstration der KPD. NRW-Innenminister Weyer wollte sogar ein allgemeines Demonstrationsverbot durchsetzen. Gegen diese Maßnahmen demonstrierten dann am 1.Mai trotz Verbot über 1 000 Menschen. Friedlich zogen sie durch die Münsterstraße, bis sie am Steinplatz von der SPD-Polizei überfallen wurden. Die Bullen prügelten auf alles ein, was sich ihnen in den Weg stellte. Viele Ältere riefen: 'Das ist ja wie 1933!' Die Demonstranten schafften es jedoch noch, auf dem Bahnhofsvorplatz eine Abschlußkundgebung abzuhalten, wobei es die Polizei nicht wagte, einzugreifen. Erst als die Kundgebung sich auflöste, begannen die Bullen wieder zu prügeln. Doch der Versuch, die klassenbewußten Arbeiter zu isolieren, gelang nicht. Das Demonstrationsverbot war durchbrochen und konnte von Weyer bis heute nicht durchgesetzt werden. Selbst die bürgerliche Presse konnte diesen Polizeiterror nicht verschweigen. Sie mußte berichten, daß über 1 500 Menschen die Einfahrt nach Dortmund verweigert wurde. Auch der DGB hatte zu einer Demonstration aufgerufen. Doch hier zeigten fortschrittliche Kollegen, daß nicht die Parole nach 'mehr Mitbestimmung' die Interessen der Arbeiter vertritt, sondern der Kampf gegen die arbeiterfeindliche Brandt-Regierung, gegen Polizeiterror und Klassenjustiz, für einen Lohn, der zum Leben reicht, und nicht der Lohnverrat der Gewerkschaftsführung."

Laut dem Dortmunder Solidaritätskomitee Hände weg von der KPD, verbietet NRW-Innenminister Weyer "die von der KPD geplante Demonstration. Tausende Polizisten werden aufgeboten, um in Dortmund jede größere Menschenansammlung zu verhindern, Straßen abgeriegelt, Busse durchsucht und aufgehalten usw. Trotzdem demonstrieren rund 2 000 Menschen durch die Straßen und fordern: Weg mit dem Demonstrationsverbot. Die Presse kann nicht mehr verschweigen, daß es die Polizei war, die Gewalt anwendet, brutal auf Demonstranten einknüppelt und keine 'umherziehenden Politrocker'. Die Kriminalisierungsversuche gegen die KPD gehen weiter" (vgl. 15.5.1973).

Der KSV der KPD (vgl. Mai 1973) berichtet:"
'Weg mit der Polizei - Straße frei zum 1. Mai' - das war der Kampfruf am Dienstag in Dortmund. Tausende Polizisten hatten die Stadt in ein Heerlager verwandelt, um die Maidemonstration der KPD niederzuknüppeln. Am 30. April mittags verbot der sozialdemokratische Polizeipräsident Riwotzki die schon am 19. 4. genehmigte Demonstration unter dem fadenscheinigen Vorwand 'Sicherheit und Ordnung' seien dadurch gefährdet, da die KPD die 'DGB-Schau entlarven' wolle. Allgemeine Zitate aus Flugblättern der KPD und plumpe Lügen muten herhalten, um diesen massiven Eingriff in die demokratischen Grundrechte zumindest scheinbare Legitimität zu verleihen.
Seit 1929 das erste Verbot einer Maidemonstration in Nordrhein-Westfalen. Damals verbot ebenfalls ein SPD-Polizeipräsident die Maidemonstration der KPD. Trotzdem gingen die Arbeiter auf die Straße - die Polizei erschoß 33 von ihnen. 'Trotz Verbot - 12 Uhr Nordmarkt' - überall agitierten Genossen und Freunde der KPD, vor den Werkstoren von Hoesch, in den Kneipen der proletarischen Stadtviertel, vor Kaufhäusern und Verkehrsknotenpunkten, an PH und Uni. Sie riefen die Kollegen auf, sich nicht vom Demonstrationsrecht einschüchtern zu lassen, das Recht auf die Straße zu erkämpfen.
Trotz des massiven Einsatzes von Polizeitruppen gelang es am 1. Mai nicht, den gewerkschaftsoppositionellen Block auf der DGB-Demonstration zu zerschlagen. Viele Kollegen reihten sich ein und demonstrierten unter den Losungen und Forderungen der revolutionären Gewerkschaftsopposition - genauso wie ihre Kollegen in Münster, Duisburg, Hamm, Sachen, Solingen und Düsseldorf, Köln und in den Städten der anderen Bundesländer.

Um 12 Uhr am Nordmarkt: trotz eines Riesenaufgebotes der Polizei formierte sich ein Demonstrationszug zum Dortmunder Hauptbahnhof. 1. 500 Kollegen und Genossen sind bereit, das Recht auf die Straße zu erkämpfen. Wahllos prügelt die Polizei. Einige Genossen werden verletzt: Gehirnerschütterungen, zwei Schädelbrüche, Magenverletzungen und Nierenquetschungen, Schlag- und Gesichtsverletzungen. Aber auch der Terror der Prügelgarde von Polizeiminister Weyer kann die Demonstranten nicht aufhalten: nach einer Zwischenkundgebung im Norden der Stadt findet am Hauptbahnhof eine kurze Abschlußkundgebung statt, Parolen gegen den Polizeiterror, gegen die arbeiterfeindliche Brandt-Regierung werden gerufen, die Internationale wird gesungen. Das Demonstrationsverbot der SPD-Polizei war durchbrochen und zu einem Fetzen Papier gemacht worden.
Über fünfzig Genossen wurden von den Bullen während der Demonstration vorübergehend verhaftet und teilweise erkennungsdienstlich behandelt. Doch der brutale Terror der sozialdemokratisch geführten Polizeihorden rief die Empörung und die Wut der Bevölkerung hervor: die Polizei wurde beschimpft und ausgepfiffen, Genossen wurden vor dem Zugriff der Bullen von der Menge in Schutz genommen.

'Wie bei den Faschisten' sagten viele ältere Kollegen, die den Terror der Nazis und ihrer sozialdemokratischen Vorgänger gegenüber den Dortmunder Kommunisten noch nicht vergessen haben. Mehr als 1. 000 Freunde und Genossen aus Bielefeld, Köln, Bonn, Aachen, Detmold, Gießen, Marburg und anderen Städten wurden von der Weyerpolizei daran gehindert, an der Demonstration teilzunehmen. Die Busse wurden durchkontrolliert, die Insassen erkennungsdienstlich behandelt, stundenlang wurden Autobusse auf den Parkplätzen und Autobahn in Richtung Dortmund festgehalten und an der Weiterfahrt gehindert, unter ihnen auch Busse mit Ausflüglern. Ein Aachener Bus wurde bei Remscheid gestoppt, Bullen mit Hunden und Maschinenpistolen stürzten aus dem Mannschaftswagen und beschlagnahmten sämtliches Agitationsmaterial, ein Genosse wurde verhaftet. Der Bus wurde zur Umkehr nach Aachen gezwungen. Während der ganzen Aktion kreist ein Hubschrauber über dem Bus und den Bullenwagen.

In anderen Städten, so in Lüneburg und Münster wurden Bustransporte im vornherein verboten. Als die Genossen mit dem Zug anreisten, wurden sie behindert, ihre Personalien wurden aufgenommen. Weyers Polizei hatte sich gerüstet. Doch ihre Bürgerkriegsmanöver haben ihr Ziel verfehlt. Weder gelang es ihr, die revolutionäre Maidemonstration der KPD in Dortmund zu verhindern, noch die KPD von der Bevölkerung zu isolieren. Im Gegenteil: die Größe der oppositionellen Blöcke auf den Maidemonstrationen des DGB, die große Zahl der zur Demonstration der Partei angereisten Kollegen und Freunde zeigt - die Partei hat seit dem letzten 1. Mai einen großen Sprung nach vorn getan; sie besitzt zu viele Sympathien in der Arbeiterklasse und im ganzen Volk, als da man sie zerschlagen könnte."

Die Zelle des KSV der KPD an der PH Dortmund berichtet:"
TROTZ POLIZEITERROR: DER KAMPF GEGEN DEN IMPERIALISMUS LÄSST SICH NICHT VERBIETEN!

Der SPD-Polizeipräsident Riwotzki aus Dortmund erließ am 1.Mai 1973 ein Verbot gegen die Maidemonstration der KPD. Seit 1929, als der SPD-Polizeipräsident Zörgiebel den Mai-Aufmarsch der KPD verbot, ist es nicht mehr zu einer solchen Provokation gekommen!

Wie sah es an diesem 1.Mai in Dortmund aus?

Aufgeschreckt durch das sprunghafte Voranschreiten der Revolutionären Gewerkschaftsopposition, das sich im Nationalen Kongreß der RGO in Dortmund-Mengede (vgl. 14.4.1973,d.Vf.) dokumentierte und durch die mutigen Antiimperialisten, die durch ihre Aktionen angesichts des Empfangs des Faschisten und Völkermörders Thieu (vgl. 10.4.1973,d.Vf.) durch den Bundespräsidenten die Komplizenschaft der SPD-Regierung mit dem Mörder Nixon entlarvten, sollte das Demonstrationsverbot einen ersten Höhepunkt der vorausgegangenen wüsten Hetzkampagne darstellen. Die revolutionären Kräfte sollten eingeschüchtert und die Massen von der Solidarisierung mit diesen Kräften abgeschreckt werden, um so nach einer Isolierung von der Bevölkerung die Stimme der Revolution umso leichter zum Schweigen bringen zu können.

Zu diesem Zweck benutzte die SPD/FDP-Regierung des Landes NRW den 1.Mai für ein großangelegtes Bürgerkriegsmanöver ihres polizeilichen Unterdrückungsapparates. Auf allen Zufahrtswegen nach Dortmund hielten Polizeisperren Busse und PKWs an und hielten über 1 000 Menschen fest, die zur Demonstration nach Dortmund wollten.

In Dortmund sollten 5 000 Polizisten die Demonstration für eine Politik gegen Ausbeutung und Unterdrückung verhindern, eine Demonstration, die klar die Stoßrichtung des Kampfes benennt:

GEGEN DIE ARBEITERFEINDLICHE BRANDT-REGIERUNG -
REVOLUTIONÄRE ARBEITEREINHEIT - REVOLUTIONÄRE VOLKSEINHEIT

Dort, wo nicht dem Arbeiterverrat und der Klassenharmonie gehuldigt wird, dort sollte durch den staatlichen Terror der SPD-Regierung die Effizienz der 'Inneren Reform' von Polizei und Spitzelapparat unter Beweis gestellt werden.

Gegenüber den revolutionären Massen erwiesen sich jedoch Hubschrauber, Wasserwerfer, Funksprechgeräte und alle anderen Mittel der staatlichen Terrororgane als nutzlos, denn die revolutionär gesinnten Arbeiter, anderen Werktätigen, Studenten und Schüler ließen sich durch die Herrschau nicht einschüchtern, sondern formierten sich zu einer Demonstration von über 1 500 Menschen, die revolutionäre Parolen rufend durch die Straßen Dortmunds zogen. Zahlreiche Menschen reihten sich in den Zug ein und gaben so ihrer Sympathie für die Demonstranten und ihrer Ablehnung gegen das Demonstrations-Verbot Ausdruck, und am Ende der Demonstration fanden Schlußkundgebungen statt, die die Polizei nicht verhindern konnte.

Zwar erreichten die Schläger des Bürgerkriegsministers Weyer durch ihr äußerst brutales Vorgehen, daß mehrere Demonstranten zum Teil schwer verletzt wurden, doch erweckte dieser brutale Polizei-Einsatz die heftige Empörung und den Abscheu der Bevölkerung, die Vergleiche mit dem Terror der SA- und SS-Banden zog. Doch der Mut und die Entschlossenheit der Demonstranten, die sich das Recht auf die freie Straße nicht nehmen ließen, bewirkten, daß dieser 1.Mai zu einem Sieg für die konsequent klassenkämpferischen Kräfte wurde, besonders aber zu einem Sieg der KPD.

Der Angriff der Konterrevolution in Gestalt der SPD-Regierung und der Gewerkschaftsbonzen mit der die wahrhaft kommunistischen Kräfte verleumdenden DKP im Gefolge wurde erfolgreich zurückgeschlagen.

Zahlreichen Menschen wurden durch die kriminellen Aktionen der Polizei die Augen geöffnet, sie erkannten den arbeiterfeindlichen Charakter der SPD-Regierung. Ihnen, die von der Sozialdemokratie 'enttäuscht' sind, eine revolutionäre Perspektive an der Seite der Arbeiterklasse unter der Führung der KPD aufzuzeigen, ist jetzt die sich stellende Aufgabe, um sie zusammenzuschließen gegen das menschenfeindliche System des BRD-Imperialismus.

Durch Einschüchterungsversuche und Unterdrückungsversuche werden wir uns nicht lähmen und zurückdrängen lassen, sondern aus dem Kampf dagegen gehen wir gestärkt und ermutigt hervor, und die Antwort auf die terroristische Gewalt der SPD-Regierung ist die revolutionäre Gewalt der Volksmassen.

Die Hetzkampagne, die von einem breiten Bündnis der bürgerlichen, revisionistischen und kryptorevisionistischen Presseorgane getragen wird, richtet sich nicht nur gegen die KPD sondern ebenso gegen ihren Studentenverband, den KSV, da der KSV die Widersprüche, die sich auch im Bereich der Hochschulen verstärken, aufgreift und konsequent den Kampf gegen die reaktionäre Bildungspolitik der SPD-Regierung aufnimmt. Die Hetze wird ihr Ziel - die Isolierung und Zerschlagung der revolutionären Kräfte auch an den Hochschulen - nicht erreichen, denn gegen die verleumderischen Beschimpfungen der Geheimbündeleien usw. setzen wir die öffentliche Propagierung unserer Politik und den Kampf gegen die reaktionär-bürokratische Hochschulreform.

FÜR DAS FESTE BÜNDNIS DER ARBEITERKLASSE MIT ALLEN UNTERDRÜCKTEN SCHICHTEN DES VOLKES"

Die KPD berichtet auch:"
DER 1.MAI 1933:

DAS KURZE GEDÄCHTNIS DER SPD-FÜHRER

'Heute vor 40 Jahren', so ließ sich IGM-Bonze Preiss vor den im Dortmunder Westfalenpark versammelten Gewerkschaftern am Vormittag des 1.Mai 1973 vernehmen, 'mußten wir erleben, wie SA die Gewerkschaftshäuser stürmte.'"

Die KPD berichtet sodann von der Vor- (vgl. Jan. 1933, 22.4.1933) und Nachgeschichte (vgl. 2.5.1933) des 1.Mai 1933 und fährt fort:"
Wenn IGM-Bonze Preiss diese Tatsachen den Gewerkschaftern im Dortmunder Westfalenpark am 1.Mai 1973 eröffnet hätte, dann hätte er sich auch zur Politik der Sammlung der arbeiterfeindlichen Kräfte mit Hilfe der Sozialdemokratie äußern müssen. Und wenn die 'UZ', das Organ der revisionistischen DKP, statt zu diesen Tatsachen ebenso zu schweigen wie die SPD- und DGB-Führer, die Wirklichkeit des 1.Mai 1933 beleuchtet hätte, dann hätte sie ihren eigenen Mitgliedern, ihren Freunden und denen, die sie - vergeblich - zu gewinnen trachtet, erklären müssen, warum sie jene Sozialdemokratie, die das Erbe dieser imperialistischen Partei seit 1914 meisterhaft verwaltet und die Monopolbourgeoisie gegen die Arbeiter rüstet, heute verschont und umarmt!"

Laut KB Bremen (KBB) stand der "1. Mai in Dortmund im Zeichen des Polizeiterrors. Mit Polizeiterror wurde das Verbot von Kundgebungen und Demonstrationen der 'Gruppe Rote Fahne' (KPD) durchgesetzt." Ca. 2 500 Menschen kommen zusammen. Ein Block des der KFR nahestehenden Maikomitees (MK) umfaßt ca. 50 Menschen, der Block der RGO ca. 100.

Laut BKA Freiburg beteiligen sich 1 000 an einer verbotenen Demonstration von mehreren kommunistischen Organisationen.
Sie wird von der Polizei teilweise brutal auseinandergetrieben. Viele Teilnehmer werden erkennungsdienstlich (ED) behandelt.

Das daraufhin gebildete Regionale Komitee (vgl. 8.5.1973) berichtet, in einem auch von der KFR (vgl. 9.5.1973) verbreiteten "Aufruf" (vgl. 8.5.1973) so:"
Zum ersten Mal in der Geschichte der BRD wurden am 1.Mai 1973 am Kampftag der Arbeiterklasse Maidemonstrationen verboten, weil sie von Kommunisten durchgeführt wurden. In Dortmund war ein riesiges Polizeiaufgebaut zusammengezogen, um diese Maidemonstration zu verhindern und um jeden Protest gegen das Demonstrationsverbot mit allen Mitteln zu ersticken.

Schon morgens griff sich die Polizei überfallartig Teilnehmer der DGB-Demonstration heraus, die unter den Losungen: 'Für kampfstarke, klassenbewußte Gewerkschaften' und 'Für freie politische und gewerkschaftliche Betätigung der Arbeiterklasse und des Volkes' marschierten. Sie wurden durchsucht und teilweise festgenommen.

Mittags war die Dortmunder Innenstadt bürgerkriegsmäßig von der Polizei besetzt. Der 1 500 Mann starke Protestzug gegen die Demonstrationsverbote, der sich spontan gebildet hatte, wurden immer wieder brutal von der Polizei überfallen. Für die Polizei galt von Anfang an die Parole: Knüppel frei. Ergebnis: 60 Festnahmen, 2 Schädelbrüche, 1 Kieferbruch.

Um zu verhindern, daß sich noch mehr Menschen am Protest gegen das Demonstrationsverbot beteiligten, hielt die Polizei auf den Zufahrtsstraßen nach Dortmund Busse und Privatwagen stundenlang fest. Verdächtige Eisenbahnfahrer wurden am Verlassen des Dortmunder Hauptbahnhofs gehindert, oder wie z.B. in Münster, erst gar nicht in den Zug nach Dortmund gelassen. Trotz dieser Unterdrückungsmaßnahmen durch die bürgerliche Staatsgewalt gelang es am Nachmittag auf der großen Freitreppe gegenüber dem Dortmunder Hauptbahnhof eine Protestkundgebung gegen die Demonstrationsverbote durchzuführen."

Das Komitee gegen die Demonstrationsverbote berichtet auch:"
Am 1.Mai plante die Gruppe 'Rote Fahne' (KPD)' eine 1.Mai-Demonstration, die mit eindeutig politischer Begründung verboten wurde. Daraufhin entstand, trotz des massiven Polizeieinsatzes, am 1.Mai spontan eine Protestdemonstration gegen dieses Verbot. Hierbei wurden ca. 60 Personen verhaftet und drei schwer verletzt. Schon am Vormittag ging die Polizei brutal gegen fortschrittliche Kollegen und Genossen im DGB-Zug vor. Hierbei wurde ein Genosse festgenommen."

Vom Regionalen Komitee gegen das Demonstrationsverbot (vgl. 14.5.1973) und der KFR (vgl. 9.5.1973) wird ein Bericht eines Mitglieds des Sekretariats der KFR, erstellt im Auftrag des Sekretariats verbreitet, der sich zunächst mit den Verboten der Demonstrationen der KPD und KPD/ML-ZK (vgl. 30.4.1973) befaßt und fortfährt:"
Der 1.Mai begann in Dortmund mit der Demonstration des DGB. Sie bestand aus drei Marschsäulen, die sich an der Westfalenhütte, bei Phoenix und am Postscheckamt aufstellten, um dann zum gemeinsamen Kundgebungsplatz im Westfalenpark zu marschieren, Wir reihten uns mit den Parolen des regionalen 1.Mai-Komitees in den Zug an der Westfalenhalle ein. Es wurden zwei Transparente mitgeführt: FÜR KAMPFSTARKE, KLASSENBEWUSSTE GEWERKSCHAFTEN! und FÜR FREIE POLITISCHE UND GEWERKSCHAFTLICHE BETÄTIGUNG DER ARBEITERKLASSE UND DES VOLKES!

Insgesamt hatten sich an der Westfalenhütte ungefähr 800 Menschen eingefunden. Bei der Aufstellung gelang es den Ordnern des DKP-Blocks, einen VW-Bully zwischen ihren Block und die Demonstranten zu schieben, die unten den Parolen des Maikomitees sich versammelt hatten. Dahinter hatte sich der 'RGO'-Block aufgestellt. Der VW-Bus stammte übrigens von der Hoesch-Werksfeuerwehr. Mit diesem Manöver sollte versucht werden, einen Keil in die Demonstration zu treiben. Trotzdem versuchten wir, die Aufstellung friedlich durchzuführen, was auch gelang.

Wir stimmten von vorneherein eine Parole gegen das Demonstrationsverbot an, denn gerade am 1.Mai bedeutet das Verbot eine ungeheuerliche Provokation aller klassenbewußten Kollegen, aller Demokraten und Kommunisten.
WEG MIT DEM DEMONSTRATIONSVERBOT!
FÜR UNEINGESCHRÄNKTE DEMONSTRATIONSFREIHEIT FÜR ALLE DEMOKRATEN UND KOMMUNISTEN!
Die Genossen und Kollegen des 'RGO'-Blocks schlossen sich ebenfalls dieser Parole an.

Indem sie auf die falsche Politik der Gruppe Rote Fahne (KPD,d.Vf.) bei der Besetzung des Bonner Rathauses anspielten, versuchten die Ordner der DKP am Anfang, über den Lautsprecher den letzten Block als den der 'Chaoten' zu diffamieren, 'die ja in Bonn gezeigt hätten, was sie unter Demokratie verstehen'. Außerdem verbreitetem sie: 'Der Demonstrationszug besteht aus Kollegen, der Westfalenhütte, die mit diesen Kräften nichts zu tun haben wollen.'

Durch das Auftreten des letzten Blocks und insbesondere der Teile des Maikomitees waren sie aber bald gezwungen, die Hetze einzustellen. Die Parolen des Maikomitees waren eben klar an den Interessen der Arbeiterklasse und des Volkes ausgerichtet!

Die ersten Blocks stimmten nicht einmal Parolen an, das wurde lautstark durch drei Spielmannszüge ersetzt. An den Marschzug schlossen sich nach einiger Zeit zwei Mannschaftswagen der Polizei an, außerdem ein PKW mit einem Polizeioffizier. Als der Zug eine unbewohnte Zone der Demonstrationsroute erreicht hatte, stieg ein kleiner Stoßtrupp aus und lief neben dem letzten Block her. Plötzlich stieß er in die Demonstration vor und nahm drei Genossen des RGO-Blocks anhand von Fotolisten fest. Ihre Ausweise, Einkaufstüten und Mäntel wurden untersucht. Anschließend konnten die Genossen wieder in den Zug zurückkehren. Das gleiche geschah noch ein zweites Mal. Gleichzeitig wurde versucht, den gesamten letzten Block von der Demonstration zu trennen, was nicht gelang, weil er dicht auf den DKP-Block aufschloß. Die DKP-Ordner machten angesichts der Polizei keine Schwierigkeiten und ließen uns aufrücken, zeigten sich aber auch nicht aktiv solidarisch. In einem dritten Versuch nahm der Stoßtrupp der Polizei einen Genossen des 'Regionalen Maikomitees' fest, der über Megaphon die Parolen angestimmt hatte. Er wurde nicht gleich wieder freigelassen, sondern 8 Stunden von der Polizei festgehalten. Das Megaphon wurde eingezogen. Ihm wurde ein Verfahren wegen Rädelsführerschaft und wegen Anführens einer verbotenen Demonstration angedroht. (Das zweite bezog sich auf die zweideutig formulierte Verbotsverfügung, die offensichtlich gegen den RGO-Block gerichtet war). Das Eingreifen der Polizei wurde von den Demonstranten sofort als offene Provokation erkannt, die einen Anlaß zum umfangreichen Einsatz ihrer Kräfte suchte. Die Genossen und Freunde blieben ruhig in ihrem Demonstrationszug und stimmten die Parole an: Weg mit der Polizei - Straße frei zum 1. Mai!

Der Einsatz der Polizei führte dazu, daß selbst die DKP-Ordner sich dagegen empörten, weil sie keinen Grund dafür sehen konnten. Als die Polizei feststellen mußte, daß ihre Provokation keinen Erfolg hatte, zog sie sich wieder zurück. Auf der Abschlußkundgebung im Westfalenpark fanden sich etwa 2 500 Menschen zusammen.

Der Block des Maikomitees war die einzige politische Kraft, die dem scheinradikalen Mitbestimmungsgerede des IGM-Redners klassenbewußte Parolen entgegenhielt. Insbesondere wurde hier noch einmal das aktuelle Demonstrationsverbot in den Mittelpunkt gestellt. Wir beschlossen dann die Kundgebung mit der Parole:

Vorwärts im Kampf für die Rechte der Arbeiterklasse und des Volkes!
Vorwärts im Kampf für den Sozialismus!
und
Weg mit dem Demonstrationsverbot!

Während der Kundgebung waren vor den Eingängen des Parks Einheiten der Polizei in Bereitschaft gehalten worden. Über unser Auftreten wurde von den anwesenden Polizisten ständig über Funk berichtet.

Anschließend begaben sich die Demonstranten des Regionalen Maikomitees wieder in den Norden der Stadt zum Nordmarkt. Dort sollte um 12 Uhr die Kundgebung gegen das Demonstrationsverbot stattfinden. Die Polizei hatte sich umfangreich darauf vorbereitet: Um die Stadt Dortmund herum waren sämtliche Zufahrtsstraßen bewacht, wurden mengenweise PKW untersucht und fast alle Busse. Die Personalien der Insassen wurden festgestellt, ganze Busse, die zur Demonstration wollten, wurden nicht mehr weitergelassen. Der Hauptbahnhof wurde durch starke Einheiten überwacht, 'demonstrationsverdächtige Personen' wurden sofort angehalten, durchsucht, ein Teil auch festgenommen, wenn sie etwa Fahnen, kommunistische Zeitungen, Flugblätter oder ähnliches bei sich trugen. Fünf Busse mit Sportlern, die aus Richtung Norden auf Dortmund zufuhren, wurden zuerst, bis sie untersucht worden waren, im Polizeifunk als angereiste linksradikale Schlägertrupps angekündigt. Auf diese Weise gelangte der größte Teil der angereisten Demonstranten gar nicht ans Ziel.

Im Norden Dortmunds und in der Innenstadt war jede Straße bewacht, an strategischen Punkten waren Hundertschaften postiert (in Bussen), Wasserwerfer wurden teils offen, teils versteckt aufgefahren. An den Polizeirevieren und auf dem Gelände des Städtischen Schlachthofes waren umfangreiche Reserven zusammengezogen, dort hielten sich auch etliche Sanitätswagen versteckt. Der Gesamteinsatz der Polizei wurde von einem Hubschrauber aus geleitet, der ständig während des ganzen Nachmittages über der Nordstadt schwebte. Das Postamt und die Telefonzentrale wurden gesperrt. Offensichtlich auch Telefone, von denen aus die Polizei Berichte nach außen vermutete (z.B. im Buchladen rote front (der KFR,d.Vf.)). Auf dem Nordmarkt kam es dann zu einer größeren Ansammlung von Demonstranten (1 000), umgeben von Einheiten der Polizei, Wasserwerfer und einer Unmenge Zivilpolizisten. Außerdem dazwischen überall Passanten und Schaulustige. Nach einiger Zeit erfolgt, ohne daß die Kundgebung begonnen hätte, die dreifache Aufforderung, den Platz zu räumen. Es werden noch neue Hundertschaften angefordert. Um den Nordmarkt herum werden Verteiler von Flugblättern festgenommen, Leute, die ein Exemplar der 'Roten Fahne' (RF der KPD,d.Vf.) in der Hand halten, müssen sie abgeben, sie wird für beschlagnahmt erklärt. Passanten geben offen ihrer Empörung Ausdruck, bzw. beteiligen sich dabei durch scheinbar dumme Fragen nach dem Polizeieinsatz, die Reihen der Polizei zu verunsichern. Weiterhin werden auf den Zufahrten nach Dortmund und in der Innenstadt Busse mit Demonstranten festgehalten. Am Bahnhof wird zur gleichen Zeit (12 Uhr 20) eine Gruppe von vorbeigehenden Demonstranten (20) ohne Ankündigung festgenommen. Auf dem Nordmarkt zerstreuen sich die Demonstranten nach der dritten Aufforderung in kleine Gruppen. Es wird die Parole ausgegeben, sich dreihundert Meter weiter an der Straßenecke Münsterstr./Mallinckrodtstr. zu treffen und einen Demonstrationszug gegen das Verbot zu formieren. Erst als sich der größte Teil der Demonstranten schon zu einem Demonstrationszug formiert hat und Richtung Innenstadt marschiert, begreifen die Polizisten die Lage und riegeln die Innenstadt an verschiedenen Bahnunterführungen, die den Zugang bilden, ab. Die Demonstration umfaßt ca. 600 Menschen, die unter der Parole:
Weg mit dem Demonstrationsverbot! ohne Transparente in geordneten 10er-Reihen marschieren. Am Burgtor stößt der Zug auf einen massiven Riegel der Polizei. Die Demonstranten bleiben stehen und stimmen wieder die Parolen an. Dann wird die Parole ausgegeben, den Zug zu wenden und einen anderen Weg zu nehmen. Als sich die Reihen gewendet haben, beginnt die Polizei plötzlich, in brutalster Weise auf die Demonstranten einzuknüppeln. Gerade auf einzelne, die sich in Geschäftseingängen gefangen haben oder zwischen parkenden Autos eingeklemmt sind, wird sinnlos eingeschlagen. Unter den Polizisten kommt inzwischen die Schreckensmeldung auf, daß die Demonstranten teilweise mit Erfolg versucht hätten, Passanten in den Zug einzureihen. Der Demonstrationszug formiert sich im Rückzug neu, obwohl einige Teile sich schon zerstreut haben. Es bleibt allerdings ein Zug von 400 - 500 Menschen übrig, der im Laufschritt einen anderen Weg zur Innenstadt in Angriff nimmt. Die Polizei gerät infolge der Schnelligkeit der Aktionen und der Zersplitterung in Nervosität. Im Funk wird plötzlich ein LKW, aus dem Fahnenstangen ausgeladen werden, zu einem LKW, aus dem Waffen verladen werden. Allerdings wird dieser Irrtum von der Polizei am LKW nach näherem Hinsehen wieder berichtigt.

Um 13 Uhr 04 wird von der zentralen Einsatzleitung der Polizei die Parole ausgegeben: In der Innenstadt jede Ansammlung von mehr als 10 Menschen ohne Ankündigung zerschlagen! Selbst ein Bus mit älteren Damen wird verdächtigt, neue Demonstranten heranzuschaffen.

Der Demonstrationszug wird am Bahnübergang Bornstraße wieder aufgehalten, die Polizei geht mit Knüppeln vor. Allerdings löst sich an diesem Punkt der Zug schon zu sehr in verschiedene Richtungen auf, um noch eine klare politische Aufgabe wahrnehmen zu können. Als sich ein Trupp von 200 Menschen in einer Sackgasse wiedertrifft, wird er aufgelöst und die Parole überall verbreitet, sich in kleinen Gruppen zum Bahnhof zu begeben.

Die Taktik gelingt. Obwohl noch an einzelnen Stellen Kurzkundgebungen stattfinden (eine genaue Übersicht fehlt), ist nach kurzer Zeit die große Freitreppe vor dem Hauptbahnhof mit Demonstranten übersät. Die Polizei ist nur schwerfällig in der Lage, Hundertschaften heranzufahren. Die Wasserwerfer haben den Befehl bekommen, auf den Bahnhofsvorplatz zu fahren und den Vorplatz und die Treppe unter Wasser zu setzen. Im gesamten Nordstadt- und Innenstadtbereich wird inzwischen weiter verhaftet, Einzelpersonen und kleinere Gruppen. Die Polizei gerät dabei zunehmend in Schwierigkeiten mit dem Abtransport.

Die Zeit wird von den Demonstranten auf der Freitreppe genutzt, um den gemeinsamen Protest gegen das Demonstrationsverbot noch einmal auszudrücken. Es wird die Parole noch einmal kräftig angestimmt und die Internationale gesungen. Anschließend löst sich die Demonstration auf, im selben Moment, als die Polizei verstärkt anrückt.

Sie hat inzwischen den Befehl bekommen, ohne Ankündigung in jeder Situation von Wasserwerfern und Schlagstöcken Gebrauch zu machen. Etwa um 14 Uhr tritt endgültig eine Situation ein, wo an den verschiedenen Stellen im Stadtgebiet kleine Gruppen Kundgebungen veranstalten oder Diskussionsgruppen bilden. Der Zusammenhalt der Demonstranten ist nicht mehr vorhanden. Über den genauen Verlauf dieser Kundgebungen fehlt uns bis heute die Übersicht, auch darüber, wer sie organisiert hat.

Wir wissen aus dem Polizeifunk, daß noch bis 17 Uhr einzelne Demonstranten und Gruppen gejagt worden sind und auch Verhaftungen stattgefunden haben.

ZUSAMMENFASSUNG:

Der wichtigste Erfolg war, daß die Demonstration und die Aktionen fast nur in belebten Gegenden stattgefunden haben. Sehr viele Passanten konnten also deutlich wahrnehmen, daß die Polizei brutal gegen alles vorging, was nur danach aussah, gegen das Demonstrationsverbot zu protestieren und für das Recht auf Demonstrationsfreiheit zu kämpfen. Ein Großteil der Passanten hat sich entsprechend solidarisch verhalten und war über den Einsatz der Polizei äußerst empört. Dieser Einsatz war leicht als Provokation friedlicher Demonstranten zu erkennen. Die Demonstranten verhielten sich aber so diszipliniert, daß keine Provokation möglich war. Trotz verschiedener Versuche der 'KPD', die Aktion für ihre Parteipropaganda auszunutzen, war die politische Stoßrichtung gegen das Demonstrationsverbot klar erkennbar und gemeinsam. Praktisch ist auch an keiner Stelle der Polizei die geplante Provokation gelungen."

Laut KBW Dortmund wird Heinz-Jürgen Fey wegen wiederholten Ausrufen der Parole 'Nieder mit den Demonstrationsverboten' festgenommen (vgl. 12.5.1973).

Laut KG Hamburg sammeln sich im Anschluß an eine DGB-Demonstration ca. "400 Genossen der Gruppe Rote Fahne(KPD) zu der von ihnen angekündigten, jedoch verbotenen Demonstration. Tausende Polizisten und BGS-Einheiten trieben die Demonstranten auseinander. Diese sammelten sich daraufhin an einem anderen Platz und führten eine ca. 15-minütige Demonstration durch, die von der Polizei brutal auseinandergeknüppelt wurde. 4 Menschen wurden schwer verletzt, 50 verhaftet."

Die KPD/ML-ZK wollte eine eigene Maidemonstration um 12 Uhr ab Nordmarkt und eine Maiveranstaltung um 17 Uhr im Haus Voss in der Rheinischen Straße durchführen, auf der Ernst Aust sprechen sollte. Aufgerufen wurde dazu u.a. im IGM-Bereich bei Hoesch (vgl. 23.4.1973). Diese Demonstration wurde am 30.4.1973 (vgl. dort) verboten. Die KPD/ML-ZK berichtet u.a. auch über die Beteiligung Türkischer Marxisten-Leninisten und der PCE/ML Spaniens. In einer Zusammenfassung der Geschehnisse um den 1. Mai 1973 in Dortmund schreibt das ZK der KPD/ML 1979 in seinem Jubiläumsband "Zehn Jahre KPD/ML" dazu:"
In Vorbereitung des 1. Mai 1973 ruft die Partei 'zur Aktionseinheit aller revolutionären Kräfte' auf. Der Aufruf steht unter der zentralen Losung: 'Gegen Lohnraub, Teuerung und politische Unterdrückung! Vereinigt euch im revolutionären Klassenkampf gegen das Kapital und seine Handlanger!' In einer Sonderausgabe des 'Roten Morgen' vom 11.4. wendet sich das Zentralkomitee der Partei an die westdeutsche und die Westberliner Arbeiterklasse und ruft sie auf, gemeinsam den Kampf aufzunehmen, unter Losungen wie: 'Weg mit dem Betriebsverfassungsgesetz!“; „Weg mit dem Ausländergesetz!“; „Kampf gegen Arbeitshetze und Rationalisierungsterror!“; „Kampf den Mitbestimmungsillusionen!'; 'Kampf dem Mietwucher!'; 'Schluß mit den Notstandsübungen, Polizeiterror und antikommunistischer Hetze!'; 'Für ein vereintes, unabhängiges, sozialistisches Deutschland!' u. a. m.

Nachdem zuvor schon einige Demonstrationen verhindert wurden, wird vom Düsseldorfer Polizeipräsidenten am 21. April eine Demonstration der Partei gegen den griechischen Faschismus und am 25. April von Nordrhein-Westfalens Innenminister Weyer für mehrere Städte des Ruhrgebietes die 1. Mai-Demonstrationen der revolutionären Arbeiterschaft, der Partei verboten. Die Partei ruft trotz Verbot zur 1. Mai-Demonstration in Dortmund auf.

Am Morgen des 1. Mai gleicht Dortmund einer belagerten Festung. Auf allen Zufahrtsstraßen Polizeikontrollen, auf dem Hauptbahnhof werden die Koffer von Reisenden nach roten Fahnen durchsucht. Auf den Straßen Polizeistreifen auf Motorrädern, in Polizei- und Zivilwagen, über den Dächern kreisen die Hubschrauber. 11 Uhr 30: auf dem angekündigten Sammelplatz, dem Nordmarkt, viele Menschen sind versammelt, tönen Lautsprecher der Polizei: „Diese Versammlung und die angekündigte Demonstration sind verboten. Wer an der Versammlung teilnimmt, macht sich strafbar.“

Nur kurze Zeit später versammeln sich in Hörde und anderen Stadtteilen Dortmunds Arbeiter, Genossen auf verschiedenen Plätzen. Transparente werden entrollt, eine Kurzansprache wird gehalten, ein Zug formiert sich, rote Fahnen flattern, revolutionäre Lieder und Parolen erklingen. Dann löst sich der Demonstrationszug so schnell wie er sich gebildet hat wieder auf, um sich eine Stunde später an anderer Stelle neu zu formieren. Die heranrasende Polizei stößt ins Leere, ist völlig verwirrt.

15 Uhr 30, Hoesch-Platz: Zunächst das normale Bild eines verregneten Feiertags - der Platz liegt wie ausgestorben da. Dann, nur innerhalb von fünf Minuten, ein völlig anderes Bild: Wie aus dem Erdboden gestampft eine Demonstration von rund 600 Menschen. Rote Transparente, rote Fahnen: 'Trotz Verbot, der 1. Mai bleibt rot!“ Und dann brausender Beifall. Genosse Ernst Aust, der Vorsitzende der Partei, steht auf einem Auto mitten unter den Demonstranten und hält eine kurze Rede. 'Straße frei für die kommunistische Partei! Vorwärts mit der KPD/ML!“ Mitten durch den Dortmunder Norden geht die verbotene Demonstration. Die Internationale und die Sprechchöre der Demonstranten dringen in die Häuser, Fenster öffnen sich, .erhobene Fäuste. Dann noch einmal der Ruf: 'Trotz Verbot - der 1. Mai bleibt rot!'. Auflösung.

Auch in Westberlin und im übrigen Bundesgebiet, wie in Nürnberg, München, Mannheim, Kempten, Hannover, Duisburg, Bielefeld, Stuttgart, Hamburg, Wetzlar, Würzburg und Kiel, finden Demonstrationen und Versammlungen der Partei zum 1. Mai unter teils reger Beteiligung der ausländischen Kollegen statt.

Aktionseinheit, gemeinsame Kämpfe, die Angriffe der Bourgeoisie sowie die sachliche Auseinandersetzung über ideologische und politische Fragen treiben den Kampf für die Einheit aller Marxisten-Leninisten in der KPD/ML voran. Bereits im Februar kommt es zu einem gemeinsamen Kommunique der KPD/ML und der provisorischen Bundesleitung des KJVD. Auf seiner letzten Bundesdelegiertenkonferenz Mitte April beschließt der KJVD (Kommunistischer Jugendverband Deutschlands) seine Auflösung und empfiehlt seinen Mitgliedern, die KPD/ML und die Rote Garde zu stärken. Kurz darauf beschließen die Delegierten einer Konferenz der Gruppe Rote Fahne [KPD/ML-ZB, d. Verf.] aus Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Westberlin und Wasserkante die Auflösung ihrer Organisation und rufen alle ihre Mitglieder und Sympathisanten auf, 'sich der KPD/ML zu unterstellen, um auf dem Weg zum politischen Ziel der westdeutschen Arbeiterklasse, der Diktatur des Proletariats und der sozialistischen Revolution, voranzuschreiten'. Sowohl durch den Anschluß bzw. Wiederanschluß des Thälmannkampfbundes, der Roten Garde Kiel, der Gruppe Rote Fahne Bochum mit KJVD, der Rückkehr einer Reihe ehemaliger Liquidatoren sowie den noch folgenden Anschluß weiterer Gruppen erfährt die Partei eine Stärkung. Nicht wenige der Genossen werden in der weiteren Entwicklung der Partei zu standfesten, revolutionären Kadern."

Die GIM berichtet bei Hoesch (IGM-Bereich - vgl. 10.5.1973):"
KEIN INTERESSE AN 'PREISS-GESCHWÄTZ' - NACHLESE ZUM 1. MAI

Der wohl am sichtbarsten gewordene Unterschied zu der 1. Mai-Demonstration des DGB im letzten Jahr ist zunächst die Tatsache, daß 1972 90 000 (!) Kollegen zur Kundgebung mit dem 'Friedenskanzler' Brandt strömten, aber in diesem Jahr höchstens 5 000 Kollegen auf die Straße gingen, um sich die 'scheinradikalen Töne' des 'Kollegen' H. Preiss vom IGM-Vorstand anzuhören. Nicht nur, daß die 1.Mai-Parole des DGB: 'Mitbestimmen' (Oh wie schön!), 'Mitdenken' (Im Sinne des Profitinteresses!), 'Mitverantworten' (Für die bsicherung des Profits!) vollkommen an den gegenwärtigen Interessen der Kollegen vorbeiging, sondern auch gerade die Erfahrungen vieler Kollegen mit dem verräterischen und abwieglerischen Verhalten der Gewerkschaftsbürokraten (Judith, Troche und Co.) während der letzten Tarifbewegung und des Streiks um 14 Pfennig im Februar trugen dazu bei, daß nur relativ wenige Kollegen sich an der diesjährigen Maidemonstration beteiligten.
Die Wetterlage spielte wohl keine so bedeutende Rolle, wie es einem oft versucht wurde, weiszumachen: Gewerkschaftler demonstrieren auch bei trübem Wetter für ihre Interessen!
Neu auf der Maidemonstration war das Auftreten einiger sozialistischer Organisationen u.a. auch der Gruppe Internationale Marxisten (GIM), die mit teils sehr unterschiedlichen Parolen auf der DGB-Demonstration mitmarschierten. War die Beteiligung der RGO-Gruppe lediglich dazu bestimmt, um für ihren eigenen sektiererischen Haufen zu werben, so versuchte die GIM die realen Interessen der Kollegen zum Ausdruck zu bringen, indem sie für kampfbewußte, vom Staat und SPD/FDP-Regierung unabhängige Gewerkschaften demonstrierte und Transparente trug mit Forderungen wie: 'Für die sofortige Kündigung der 46 Pfennig/8,5 % Tarifabschlüsse', 'Für lineare Lohnerhöhungen und Preisgleitklauseln', 'Gegen die Maßregelung fortschrittlicher und aktiver Kollegen', 'Für freie politische und gewerkschaftliche Betätigung in Ausbildung und Beruf' usw. (…)

Trotz der Provokations- und Störversuche durch eine bezahlte Prügelgarde (Stundenlohn: 14 DM, d.h. Verschwendung der Beiträge der Gewerkschaftsmitglieder und der vorhergegangenen Hetz- und Verleumdungskampagne ('Terroristen'), gelang es diesen Knaben und der Polizei nicht, den friedlichen Verlauf der Demonstration zu verhindern.

Auf der Kundgebung redete 'Kollege' H. Preiss viel von Inflation, unverantwortlichen Preissteigerungen usw. Kein einziges Wort auch nur über die letzte Tarifbewegung und den völlig unzureichenden Abschluß und den darauffolgenden Unmut der Streikaktionen in vielen Betrieben.

Stattdessen: Appelle an die SPD/FDP-Regierung, die Preise zu stoppen und nun endlich einmal etwas für die Arbeiter zu tun. Daß diese Appelle nur eine Illusion im Kopfe des 'Kollegen' Preiss bleiben, wird offensichtlich. War es doch gerade diese Regierung, die mittels der konzertierten Aktion in Kumpanei mit ihren Parteifreunden in der Gewerkschaftsführung für den 46 Pfennig/8,5% Abschluß mitverantwortlich ist, und deren Finanzminister Schmidt drohte, jeden Abschluß über 8% rigoros wegzusteuern.

Zeigen doch gerade die Erfahrungen in England (Großbritannien,d.Vf.), daß es nicht möglich ist, die Preise zu stoppen, der sogenannte Preisstopp lediglich ein Vorwand ist, um die Löhne als 'Gegenleistung' zu drücken.

Das einzige Mittel mit dem wir uns gegen die Preissteigerungen wehren können, ist die Verankerung von Preisgleitklauseln in den Tarifverträgen, d.h. ein automatisches Ansteigen der Löhne bei Preiserhöhungen, um diese so wieder auffangen zu können, damit Hinterherhinken der Löhne hinter der Preisentwicklung verhindert wird, und der Lohnkampf als Kampf um eine reale Steigerung des Einkommens geführt wird."

Vermutlich in den frühen Abendstunden erscheint folgendes Flugblatt der KPD Dortmund, unter Verantwortung von Maria Bergmann, Zimmerstr.19:"
TROTZ VERBOT - DER 1. MAI BLEIBT ROT! - MAIDEMONSTRATION DER KPD ERFOLGREICH!

Freunde, Kollegen Genossen!

Wir haben heute einen großen Sieg über die herrschende Klasse und ihren Gewaltapparat davongetragen. Über 5 000 Polizisten hatte NRW-Innenminister Weyer in Dortmund zusammengezogen, dazu noch Bundesgrenzschutz. Die Aufgabe dieser Polizeitruppen: das Verbot der Maidemonstration durchzusetzen, ein Demonstrationsverbot, wie es in unserem Lande seit 1929 nicht mehr verhängt wurde. Damals verbot ebenfalls ein SPD-Polizeipräsident die Maidemonstration der KPD. Trotzdem gingen die Arbeiter auf die Straße - die Polizei erschoß 33 von ihnen.

Es liegt voll in der sozialdemokratischen Tradition, wenn gerade die Brandt-Regierung, die immerzu von Frieden, Fortschritt und Reformen spricht, heute wieder Maidemonstrationen verbietet und brutal Polizei dagegen einsetzt.

Trotzdem fand die Demonstration statt. Im Handumdrehen stand der 2 000 Mann starke Zug - er erfüllte die ganze Münsterstraße. Viele Passanten und politisch bisher uninteressierte Leute schlossen sich an. Denn die Empörung über dieses Demonstrationsverbot und den Polizeieinsatz war in breiten Teilen der Bevölkerung groß.

Die SPD-Regierung wollte uns durch das Verbot empfindlich treffen; doch der Stein, den sie erhoben hatten, fiel auf ihre eigenen Füße: vielen Menschen ist durch diese Vorfälle der reaktionäre Charakter dieser Regierung klargeworden.

Obwohl die Bullen brutal prügelten, marschierten wir über eine Stunde lang durch Dortmunds Straßen. Wir haben gezeigt: die Arbeiterklasse und die fortschrittlichen Menschen lassen sich ihr Recht auf Demonstrationen für ihre Ziele am 1.Mai nicht nehmen. Das muß die Kapitalistenklasse und ihr Polizeipräsident Riwotzki erstmal schlucken - für uns bedeutet das einen großen Sieg.

GEGEN DIE ARBEITERFEINDLICHE BRANDT-REGIERUNG!

REVOLUTIONÄRE ARBEITEREINHEIT! REVOLUTIONÄRE VOLKSEINHEIT!"

Die 'Werk und Wir' der Hoesch Hüttenwerke AG (IGM-Bereich) berichtet vom DGB:"
Sprecher der Veranstaltung war das Vorstandsmitglied der IG Metall - Hans Preiss - den Hüttenleuten als stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrat der Hoesch Hüttenwerke AG bekannt.
In drei Marschsäulen zogen die Arbeitnehmer der Werke Westfalenhütte, Phoenix und Union zum Kundgebungsplatz."

Der AStA der PH Dortmund (vgl. 21.5.1973) berichtet durch Abtippen eines Artikels der 'Westfälischen Rundschau' (WR - vgl. S4ff.*.1973):"
Die Polizei nahm 51 Demonstranten vorläufig fest, nachdem zuvor - im Gegensatz zum Bonner Rathaussturm - diesmal unbewaffnete Demonstranten zum Teil mit Schlagstöcken brutal niedergeschlagen worden waren. Das NRW-Innenministerium, das 'noch nie solche Sicherheitsvorkehrungen getroffen' hatte, stoppte zudem rund zehn Busse mit KPD-Sympathisanten in Städten außerhalb des Reviers."

Für den UB Dortmund der Jusos der SPD (vgl. 23.7.1973) übersetzten Lilli Rutter und Rolf Brandt den folgenden Artikel von Rafael Garcia, wozu es heißt:"
Mit Genehmigung des Verfassers gekürzte Übersetzung eines Artikels aus: 'Boletin del Centro Espanol de Dortmund e.V.', 2. Jg. Nr.17, Juni 1973 (vgl. Juni 1973),d.Vf.)

Rafael ist Mitarbeiter im AK 'Ausländische Arbeitnehmer' der AG Nordmitte. Ausgeführt wird:"
1.MAI IN DORTMUND

In einigen Ländern - wie Portugal, Griechenland, Türkei oder Spanien - wird der 1.Mai auch heute noch nicht als Tag des Arbeitskampfes begangen. In Griechenland, Spanien und in der Türkei feiert man stattdessen das Fest des Hl. Josefs des Handwerkers. Hier prügelt und erschießt die Polizei diejenigen Arbeiter, die den Tag ihrer Klasse feiern wollen und Gerechtigkeit und Brot fordern.

Wenn man von dem diesjährigen 1.Mai sprechen will, muß man auch über den in Dortmund sprechen, den ich erlebt habe. Erlebt in zwei Formen: eine Blechmusik, die, wenn, das Wetter entsprechend gewesen wäre, an eine Kirmes erinnert hätte, und den, wie in Portugal, Griechenland, Spanien und der Türkei verbotenen 1.Mai, den 1.Mai der Polizei und der Prügel, der staatlichen Gewalt.

DER HEITERE UND FRÖHLICHE 1.MAI DES DGB MIT ORCHESTERN UND TRIUMPHIEREND

Der Marsch zum Westfalenpark, der durch wenige Polizisten und einige Arbeiter gut organisiert war, wurde von zwei Blechmusikkapellen begleitet, die fröhlich und festlich aufspielten. Die Transparente forderten mehr Mitbestimmung in den Fabriken, mehr Demokratie in den Schulen, usw. usw. Im Park selbst versammelten sich ungefähr 5 000 Personen, um zwei kurze, aber weitschweifige, Reden von zwei DGB-Vertretern anzuhören. Ich verstand nicht alles genau, was sie sagten, aber das, was ich nicht verstand, konnte ich mir vorstellen. Danach wurde die Kundgebung beendet (aus Witterungsgründen) und mit ihr die Forderungen. (Im Wissen über das, was der 1.Mai bedeutet bzw. bedeuten sollte, fragte ich mich: 'Haben wir dem Kapital nicht eine fette Fleischbrühe zubereitet?').

Statt um einen 1.Mai des Arbeiters schien es sich nach meiner persönlichen Meinung mehr um eine gut geleitete und kontrollierte Gruppe zu handeln.

Für mich - vielleicht, weil ich zu sensibel bin - heißt das, dieses Datum seiner revolutionären Kraft zu berauben.

DER VERBOTENE 1.MAI DER PRÜGEL UND DER STRASSEN, VERANSTALTET VON DER VERBOTENEN PROCHINESISCHEN KPD

Um 12 Uhr mittags sollte eine weitere, von der KPD organisierte Kundgebung stattfinden, die vom Polizeipräsidenten verboten worden war. Als wir uns dem Nordmarkt näherten, stürzten sich 20 Polizisten auf uns und entrissen uns die Transparente, die kurz zuvor vor der Polizei offen im Westfalenpark gezeigt werden konnten. So begann eines der deprimierendsten Schauspiele, das ich in meinem Leben gesehen habe und das mich in Spanien nicht überrascht hätte, das mich aber in einer Bundesrepublik mit einer sozialdemokratischen Regierung und freien Gewerkschaften in Erstaunen versetzte.

Mehr als 700 Polizisten schirmten den Platz ab. Hinzu kamen einige Polizeibusse, einige -zig Polizeiautos, Wasserwerfer, Hubschrauber usw. 700 Polizisten für ungefähr 1 000 Personen. Aus den Polizeiautos drangen Stimmen, die wiederholten: 'Räumen Sie den Platz, diese Kundgebung wurde verboten, wenn sie den Platz nicht räumen, werden wir kein Mitleid zeigen und die Wasserwerfer und Gewalt einsetzen!' Man war gezwungen, sich in kleine Gruppen in verschiedene Straßen zu verstreuen. Polizeikordone verhinderten den Durchgang durch die Nordstadt. Sehr junge (getäuschte?) Polizisten verteidigten nach ihren eigenen Worten die Ordnung, die Sicherheit und die Demokratie. Welche Demokratie? Welche Sicherheit? Welche Ordnung? Niemand hatte die Ordnung gestört. Die Kundgebung war ebenso friedlich wie die im Westfalenpark.

Die Polizei wich zurück. In kleinen Gruppen und auf verschiedenen Wegen begaben sich viele Teilnehmer - nicht alle - zum Bahnhof. Hier auf der Straße gegenüber dem Hauptbahnhof versammelte sich eine Gruppe von Demonstranten, die einige Fahnen, die einzigen, die die Polizei nicht beschlagnahmt hatte, entrollten und begleitet vom Lärm eines tief fliegenden Hubschraubers die Internationale sangen und sonst nichts.

Von neuem umgaben etwa 500 Polizisten den Ort, diesmal nicht so friedlich. Den Gummiknüppel in der Hand betraten sie die Straße. Die Folgen: Einige Verprügelte, 51 Festgenommene, 3 Polizisten je Demonstrant, viele Fotos für die Polizeiarchive und die Auflösung der Demonstration.

Ich will nicht untersuchen, ob die geplante Kundgebung richtig war oder nicht, ob sie antigewerkschaftlich war, oder ob diese Leute ihre Unzufriedenheit im Westfalenpark manifestiert hätten sollen oder nicht. Das wirklich Wichtige für mich war das Polizeischauspiel.

War dies für eine friedliche Demonstration nötig, die nicht daran dachte, irgendjemand zu töten. Die Demonstranten waren nicht bewaffnet. Sie waren eine leichte Beute für die Gummiknüppel. Ein deprimierendes Schauspiel für ein Land mit freien, progressiven Gewerkschaften auf dem Papier und einer sozialdemokratischen Regierung mit sozialistischer Tendenz auf dem Papier."
Q: SPD-LV NRW-Bezirk Westliches Westfalen-UB Dortmund-Jusos:Juso Information Nr.3,Dortmund 1973,S.14f; ZK der KPD/ML (Hrsg.): 1968/69 bis 1978/79. Zehn Jahre KPD/ML. 10 Jahre Kampf für ein vereintes, unabhängiges, sozialistisches Deutschland, Dortmund 1979, S. 114-116;Werk und Wir Nr.5,Dortmund Mai 1973,S.69;KPD Dortmund:Trotz Verbot - Der 1. Mai bleibt rot! - Maidemonstration der KPD erfolgreich,Dortmund 1.5.1973;Kommunistische Studentenpresse PH Dortmund Nr.4,Dortmund 7.5.1973,S.2f;Rote Fahne Sonderdruck Jetzt erst recht: Heraus zum 1.Mai!,Dortmund o.J. (Apr. 1973);Solidarität Nr.4,Dortmund 10.5.1973;Roter Morgen Nr.15, 16 und Extra Trotz Verbot der 1.Mai bleibt rot,Dortmund 21.4.1973, 28.4.1973 bzw. Mai 1973;Hamburger Arbeiter-Zeitung Extra Wem nützt das Verbot der 'KPD'? und 1.Mai-Extra,Hamburg 21.5.1973 bzw. Mai 1973,S.1 bzw. S.2;Wahrheit Nr.5/6,Bremen 1973,S.9;Rote Presse Korrespondenz Nr.13/14,Berlin ****1973,S.24;Die Rote Front Extra 1.Mai 73 in Dortmund,Dortmund o.J. (Mai 1973),S.1ff;Klassenkampf Nr.33,Freiburg 24.5.1973;Kommunistische Arbeiterpresse KWU Nr.25,Berlin 15.5.1973;Kommunistische Arbeiterpresse Hoesch Dortmund Nr.23,Dortmund 24.4.1973,S.1 und 5;Rote Fahne Nr.14, 17, 18, 19 und 20,Dortmund 4.4.1973, 25.4.1973, 2.5.1973, 9.5.1973 bzw. 16.5.1973,S.2, S.1, S.1ff, S.1f bzw. S.*;Rote Robe Nr. 3/1973,Heidelberg 9.Juli 1973;Revolutionäre Gewerkschaftsopposition Nr.4,Dortmund Juni 1973;Dortmunder Solidaritätskomitee-Hände weg von der KPD:Hände weg von der KPD,Dortmund o.J. (Juni 1973);Kämpfende Jugend Nr.5 und 6,Dortmund Apr. 1973 bzw. Mai 1973,S.9 bzw. S.6f;Kämpfende Jugend Sdr.druck RK NRW,Dortmund Mai 1973;Schulkampf Sdr.druck,Berlin Apr. 1973;1.Mai Internationaler Kampftag der Arbeiterklasse o.Nr.,Dortmund o.J. (Apr. 1974),S.3;Kommunistische Volkszeitung - Ortsbeilage Dortmund Nr.22,Dortmund o.J. (30.10.1974),S.1;Stählerne Faust Extra,Dortmund 1.5.1973,S.2 und 8;Weg mit den Demonstrationsverboten! Uneingeschränkte Demonstrationsfreiheit für Demokraten und Kommunisten!,Dortmund o.J. (Mai 1973),S.1ff;Regionales Komitee gegen das Demonstrationsverbot - für uneingeschränkte Demonstrations- und Organisationsfreiheit der Arbeiterklasse und des Volkes!: Aufruf,Dortmund o.J. (Mai 1973),S. 1;Komitee gegen die Demonstrationsverbote:18./19. Mai 73 Dokumentation,Dortmund o.J. (Juni 1973),S.1;VA Dortmunder Oberschüler:Unterstützen wir am 1. Mai verstärkt das kämpfende vietnamesische Volk,Dortmund o.J. (1973);Vietnamausschüsse Dortmund:Das Pariser Abkommen sah 60 Tage…,Dortmund o.J. (1973);KOV-OL Dortmund:Mitschüler!,Dortmund o.J. (Apr. 1974),S.1;DOS Nr.20,Dortmund o.J. (1973),S.4

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01.05.1973:
Bei Hoesch Dortmund kommt es in der Folge des 1.Mai zu einem Ausschlußverfahren aus der IGM aufgrund der Unvereinbarkeitsbeschlüsse (UVB) gegen Rolf Strojec (vgl. 8.5.1973).
Der KJV der KPD veröffentlicht die Mairesolution der Jugendvertrauensleute und der Jugendvertreter der Westfalenhütte (vgl. 12.4.1973) und fährt fort:"
Das waren die Forderungen unter denen er im Block des Maikomitees oppositioneller Gewerkschafter auf der DGB-Demonstration marschierte. Diese Parolen waren zuvor in einer Resolution vom Jugendausschuß verabschiedet worden.
- Warum aber hat Kiel von Anfang an verhindert, daß diese Resolution unter den Kollegen verbreitet wird?
- Warum hat Kiel im Block des DGB nicht diese Parolen, wie ebenfalls vom JA beschlossen, getragen? Stattdessen demonstrierte er einträchtig mit stadtbekannten Arbeiterverrätern.
Es ist doch klar: Kollegen, die es ernst mit dem Kampf für die Forderungen der Arbeiterjugend meinen, waren am 1.Mai im Block des Maikomitees oppositioneller Gewerkschafter zu finden.
Verräter und Saboteure an diesem Kampf, wie Kiel und die Seinen, die nur auf Pöstchen aus sind, handelten auch hier wie immer - gegen die Kollegen! Wir werden deshalb den Plan der IGM-Bonzen und der Kielverräterclique durchkreuzen, Rolf Strojec aus der Gewerkschaft auszuschließen."
Q: Kommunistische Jugendpresse - Hoesch Dortmund Nr.4,Dortmund Juni 1973,S.3

05.05.1973:
Die KPD/ML-ZK gibt ihren 'Roten Morgen' (RM) Nr.17 (vgl. 28.4.1973, 12.5.1973) heraus. Der Artikel "Trotz alledem – vorwärts im Kampf!" vom 30. April berichtet vom drohenden Verbot der KPD/ML und der Maidemonstration in Dortmund, für die auch in Duisburg agitiert wurde.

Vermutlich u.a. mit dieser regulären Ausgabe und auch einzeln wurde ein auf Mai datiertes Extrablatt "Trotz Verbot, der 1.Mai bleibt rot!" verbreitet. Aus NRW wird darin berichtet von der Demonstration in Dortmund.
Q: Roter Morgen Nr.17 und Extra Trotz Verbot der 1.Mai bleibt rot,Dortmund 5.5.1973 bzw. Mai 1973

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12.05.1973:
Die KPD/ML gibt ihren 'Roten Morgen' (RM) Nr.18 (vgl. 5.5.1973, 19.5.1973) heraus. Es erscheint der Artikel:"
TROTZ TERROR DER BOURGEOISIE. DER ROTE 1. MAI LEBT!

Seit einigen Wochen führt die bürgerliche Klasse in Presse- berichten und Fernsehreports einen grossangelegten Hetzfeldzug gegen die Kommunisten ('Chaoten', 'Terroristen', 'Politrocker' usw.). Plötzlich werden einzelne kommunistische Aktionen groß an die Glocke gehängt, jetzt kommen Kübel, Jauche, jetzt zeigt die herrschende Klasse ihre Krallen. In Nordhein-Westfalen wurde bereits jeder Maiumzug 'von Gruppen links der DKP' verboten. In Dortmund verhinderten Tausende von Polizisten in bürgerkriegsähnlichem Aufmarsch die 1. Mai-Demonstration, prügelten am Hauptbahnhof auf illegale Demonstranten ein
(zwei Schädelbrüche, ein Unterkieferbruch, usw.), Polizisten auf Motorrädern in Tankstellen versteckt, auf Schulhöfen lagernd, Einsatzwagen, Zivile, ein Hubschrauber, Verkehrskontrollen zum Abfangen von Bussen aus anderen Städten. Die kapitalistische Staatsmacht schert sich, wo ihr die kommunistische Massenagitation bedrohlich wird, den Teufel um ihr eigenes Grundgesetz, das jedem Staatsbürger das Recht auf Versammlungen und Demonstrationen zusichert.

Auch außerhalb von Nordrhein-Westfalen überall das gleiche Bild: Polizeieinheiten im Hintergrund der Umzüge oder in Innenhöfen entlang der Umzugsroute verborgen, Schnüffler, die sich mit roten Nelken im Knopfloch tarnen wollten. Politische Polizei als behagliche Begleiterseheinungen, Fotografen, einschlägiger Art. Auf den DGB-Demonstrationen tritt das Gleiche Unwesen in Gestalt von SPD-, DGB-, und D'K'P-Ordnertrupps auf, damit die wohlbestellten 'Arbeitervertreter' ihre Lügen und Phrasen vom 'Mitdenken-Mitbestimmen-Mitverantworten' verzapfen können. Warum fürchten denn die Bonzen die oppositionellen Gewerkschaftler und die Kommunisten? Weil sie einen Grund Fürchten haben, weil es in der 'Basis' rumort, weil schon genug Gewerkschaftler sich so ihre eigenen Gedanken über die Tarifabschlüsse und die 'Gewerkschaftsdemokratie' machen.

Die Bourgeoisie hat zu diesem 1. Mai gezeigt, wie sie auf die wachsende revolutionäre Bewegung zu reagieren gedenkt. Verbote, Polizeiaufmärsche, Prügel, Pressehetze, Schlägergarden von DGB und D'K'P, das ist der Mai von Seiten der Bourgeoisie. Dieser 1. Mai hat aber auch gezeigt, welche Seite heranwächst und mächtiger wird, das ist die Seite der Arbeiterbewegung, des Anwachsens der Gewerkschaftsopposition, des Erstarkens der Kommunistischen Partei, der KPD/ML. Der 1. Mai 1973 hat gezeigt, daß sich ein Roter 1. Mai 1973 nicht durch Verbot und nicht durch Terror verbieten läßt."
Q: Roter Morgen Nr.18,Dortmund 12.5.1973,S.2

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01.12.1973:
Die KPD/ML gibt ihren 'Roten Morgen' (RM) Nr.47 (vgl. 24.11.1973, 8.12.1973) heraus. Berichtet wird über Prozesse aus Dortmund auch wegen dem 1.5.1973.
Q: Roter Morgen Nr.47,Dortmund 1.12.1973,S.7

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April 1974:
Der KOV der KPD gibt vermutlich im April einen Sonderdruck ihres 'Schulkampf' (vgl. März 1974, Mai 1974) zum 1.Mai heraus. Aus der Nr.14 der 'Internationalen Solidarität' der LgdI wird übernommen die "Kurzgeschichte 1. Mai 73 Dortmund. Trotz Verbot - der 1. Mai bleibt rot!".
Q: Schulkampf Sdr.druck 1.Mai,Dortmund 1974,S.3

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24.04.1974:
Der KJV der KPD gibt seine 'Kämpfende Jugend' (KJ) Nr.8 (vgl. 10.4.1974, 8.5.1974) heraus. Aus Dortmund wird berichtet vom 1. Mai 1973 und vom Maikomitee (MK - vgl. 10.4.1974).
Q: Kämpfende Jugend Nr.8,Dortmund 24.4.1974,S. 4f

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19.02.1975:
Der Kommunistische Jugendverband (KJV) der KPD gibt die Nr.4 seiner 'Kämpfenden Jugend' (KJ - vgl. 5.2.1975, 5.3.1975) heraus. Gewürdigt wird das fünfjährige Bestehen der KPD, wobei auch auf den 1.Mai 1973 in Dortmund eingegangen wird.
Q: Kämpfende Jugend Nr.4,Dortmund 19.2.1975,S.4

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Letzte Änderungen: 5.4.2011

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