Bochum-Gerthe und Bochum-Harpen

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin

Weder aus Bochum-Gerthe noch aus Harpen wurde lokales Material, welches von der KBW-Zelle Gerthe vorlag, ausgewertet. Eigentlich geht es hier wesentlich nur um den Giftmüllskandal in Gerthe, Harpen dagegen kommt nur am Rande vor, das Kraftwerk Kirchharpen wird im Beitrag zum Bergbau in Bochum behandelt.

Die DKP berichtet schon 1969 einmal aus Gerthe (vgl. 3.7.1969), deckt aber dann den Giftmüllskandal in Gerthe auf, von dem wir in dieser Darstellung zunächst durch die DKP-Betriebszeitung auf der Zeche Hannover-Hannibal erfahren (vgl. 4.8.1971). Die Entsorgung des Problems durch Entlassung des Kippenwärters scheint der Stadtverwaltung ein probates Mittel. Der DKP Bezirk Ruhr-Westfalen aber nimmt sich nun der Sache an, veröffentlicht wiederholt Presseerklärungen (vgl. 10.8.1971, 19.8.1971, 30.8.1971), und auch die verschiedenen DKP-Gruppen an der Basis agitieren anhand des Giftmüllskandals von Bochum-Gerthe, wie aus Dortmund-Huckarde (vgl. 25.8.1971), von der Zeche Minister Stein Dortmund (vgl. 25.10.1971) und von der Ruhruniversität Bochum (vgl. Sept. 1971) dokumentiert wird.

Die Rote Opel Betriebsgruppe (RBG) der KPD/ML-ZK dagegen benutzt diesen Aufklärungserfolg der DDR-freundlichen DKP nun nicht nur zur Agitation in der Metalltarifrunde, sondern auch zur Abgrenzung von der DDR (vgl. 4.10.1971).

Die DKP organisiert die Solidarität mit denen, die die letzten Gift-Skandale in der Region aufdeckten (vgl. 4.2.1972) und gibt 1972 u.a. in Gerthe eine Stadtteilzeitung heraus (vgl. Apr. 1972, Aug. 1972, Sept. 1972).

Auf der Zeche Hansa Dortmund erinnert die KPD/ML-ZK an den Giftmüllskandal von Gerthe ein Jahr zuvor (vgl. Aug. 1972), die DKP dagegen enthüllt lieber neue Giftmüllskandale, u.a. in Dortmund-Marten (vgl. 5.9.1972, 8.9.1972) und beschafft auch neue Fakten über das Cyanid in Gerthe (vgl. 8.9.1972), protestiert bei höchsten Stellen (vgl. 15.9.1972, 22.9.1972), an die sie vermutlich nach der Wahl, u.a. vermittels ihrer Giftmüllagitation, selbst zu gelangen hofft (vgl. 21.9.1972). Auch die KPD/ML klagt sowohl die Vorfälle in Gerthe als auch Marten an (vgl. 31.12.1972), berichtet dann später auch vom Ausgang des Prozesses wegen des Giftmülls (vgl. 1.12.1972, 2.8.1975). Zum Abschluss dieser Darstellung passiert auch einmal etwas in Harpen (vgl. Okt. 1977).

Wir erfahren zwar vom Prozess wegen des Giftmülls (vgl. 1.12.1972), nicht aber von dessen Ausgang. Zum Abschluss dieser Darstellung passiert auch einmal etwas in Harpen (vgl. Okt. 1977).

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

03.07.1969:
Die DKP gibt die Nr.14 des Regionalteils NRW ihrer 'Unsere Zeit' (UZ) heraus (vgl. 26.6.1969, 10.7.1969). Berichtet wird u.a. aus Bochum-Gerthe.
Quelle: Unsere Zeit NRW Nr.14,Essen 3.7.1969

04.08.1971:
Die DKP berichtet bei der Zeche Hannover-Hannibal:"
UMWELTSCHUTZ

Der Giftskandal von Bochum-Gerthe darf nicht isoliert gesehen werden. Er offenbart das typische Verhalten der Bosse und Konzerne: Profite um jeden Preis heißt die Parole. Nach dem Gesetz des Kapitalismus darf der Arbeiter nicht mehr verdienen als er braucht, um seine Arbeitskraft zu erhalten und arbeitstüchtigen Nachwuchs großzuziehen. Deshalb ist nach dieser Rechnung jede Lohnforderung grundsätzlich überhöht und gefährdet angeblich die Wirtschaft.

Da die Profitspanne so groß wie möglich sein soll, wollen die Bosse nicht nur die Löhne niedrig halten, sondern auch ihre Kosten. Deshalb scheuen sie auch die Kosten für den Umweltschutz.

Vor zwei Jahren hat der Großkonzern DEGUSSA (CPK-Bereich,d.Vf.) seine Entgiftungsanlage geschlossen. Sie brachte keinen Gewinn. Wohin mit den bei der Produktion anfallenden Giften? Die DEGUSSA konnte ihren Kunden schlecht sagen: 'Kippt den Dreck einfach ab.' Daher wurde die Bergold-Chemie in Bochum-Gerthe - 200 m von der Müllkippe entfernt - mit der Vernichtung der gifthaltigen Stoffe beauftragt.

WIR FRAGEN: Handelte es sich bei dieser Firma vielleicht um eine Scheinfirma mit dem Auftrag, die Blausäuresalze billig auf der Kippe zu deponieren? Die Bergold-Chemie arbeitete sehr rentabel: So wie die Giftfässer vorne durchs Werktor kamen, gingen sie hinten zur Kippe raus.

Seit dem 18. Februar 1971 wußte die Stadt Bescheid. Es war offenkundig, daß in Gerthe große Mengen Gift die Bochumer Bevölkerung bedrohten. Einige Verwaltungsfürsten spielten Sandmännchen und bewiesen Geschick im Einschläfern. Man nahm in Kauf, daß die riesigen Giftmengen durch zwei Bäche in die Ruhr gelangten.

WIR FRAGEN: Gab es hier ein Komplott zwischen Polizei, Verwaltung und Großindustrie gegen die Bürger?

Am 4. August 1971 platzte die Bombe. Bochumer Kommunisten gingen an die Öffentlichkeit. Rechtsdezernent Dr. Darmstadt versuchte zwar noch zu verschleiern ('Das ist ein alter Hut') und wollte genaue Nachforschungen verhindern ('Wir haben keine Beweise'). Die DKP ließ nicht locker und der Bagger fand das Gift. Was tat die Stadt FRAGEN WIR, um die wahren Auftraggeber der Kipp-Aktionen zu bestrafen?

Die Stadt wurde rührig, zugegeben. Der Kippenwärter Bettermann (50 Jahre, vier Kinder) wurde fristlos entlassen (noch im August,d.Vf.)! Man hängte die Kleinsten, um die wahren Schuldigen zu schützen.

Die Methode, einen Sündenbock zu erfinden, um sich selbst rein zu waschen - sprich: seinen Sessel zu behalten - ist offensichtlich. Wo waren die dienst- und eilfertigen Herren und ihre Genauigkeit im Februar? warum richten sie ihre Aufmerksamkeit nicht auf ihr eigenes Versagen - um es gelinde auszudrücken? Warum haben sie nicht den Mut und das Verantwortungsbewußtsein, gegen Bergold-Chemie und Hintermänner vorzugehen?

WIR MEINEN:
Hier werden wir alle direkt angegriffen. Hier müssen wir solidarisch zusammenstehen.

DARUM FORDERN WIR:
1. Wiedereinstellung von Werner Bettermann
2. Rücktritt der Herren, die im Zusammenhang mit dem Gerther Giftskandal ihre Unfähigkeit und Unglaubwürdigkeit zeigten:
Dr. Darmstadt
Oberstadtdirektor Petschelt u.a.

SOLIDARISIERT EUCH MIT UNSEREN FORDERUNGEN!"

Berichtet wird auch durch die Rote Opel Betriebsgruppe (RBG) der KPD/ML-ZK (IGM-Bereich - vgl. 4.10.1971).
Q: Zündkerze Nr.11,Bochum o.J. (1971),S.14;
Der Hammer Nr.3,Bochum Nov. 1971,S.4;
Unsere Zeit Nr.**,Düsseldorf 7.8.1971;
DKP-Stadtteilgruppe Dortmund-Huckarde:Huckarder Bürger!,Dortmund o.J. (Aug. 1971),S.1;
Die Kumpel-Post Betriebsräte - Feinde der Arbeiter??.Dortmund o.J. (Okt. 1971),S.4

10.08.1971:
Der DKP Bezirk Ruhr-Westfalen gibt eine 'Presseinformation' (vgl. 2.7.1971, 19.8.1971) "Nach der Arsenschlamm-Affäre: DKP Bochum deckt neuen Gift-Skandal auf" zu einer Müllkippe in Bochum-Gerthe (vgl. 4.8.1971, 19.8.1971) heraus.
Q: DKP-Bezirk Ruhr-Westfalen:Presseinformation,Essen 10.8.1971

19.08.1971:
Der DKP Bezirk Ruhr-Westfalen gibt eine 'Presseinformation' (vgl. 10.8.1971, 24.8.1971) "DKP Bochum deckte Giftskandal auf! Jetzt neuer Skandal in Bochum: Bundeswehrsoldaten und Angehörige des Technischen Notdienstes werden schamlos ausgebeutet" zu einer Müllkippe in Bochum-Gerthe (vgl. 10.8.1971, 30.8.1971) heraus.
Q: DKP-Bezirk Ruhr-Westfalen:Presseinformation,Essen 19.8.1971

25.08.1971:
Die DKP-Stadtteilgruppe Dortmund-Huckarde gibt frühestens heute ein Flugblatt heraus, welches zu einer Veranstaltung am 29.8.1971 aufruft:"
HUCKARDER BÜRGER!

Viele reden von Umweltschutz. Die DKP meint, es muß gehandelt werden.
DARUM: SOFORT STOP DER UMWELTVERSCHMUTZUNG!

Jeder Bürger kann ein Lied davon singen, 'zwingt grau raus und Ruß rein'. Etliche Tausend Tonnen Staub, vermischt mit giftigen Abgasen, regnen vom 'blauen Himmel' über Huckarde herab, obwohl der jetzige Bundeskanzler (Willy Brandt - SPD,d.Vf.) schon vor vielen Jahren den 'blauen Himmel über der Ruhr' versprach.

Die Umweltverschmutzung, darüber besteht kein Zweifel mehr, ist lebensbedrohend. Und außerdem weiß jeder Bürger, wieviel Geld und Arbeit aufgebracht werden muß zur Sauberhaltung von Haushaltsgegenständen (Gardinen, Fenster usw.).

Wie zeigt sich denn unsere Umwelt?

Die Luft ist verschmutzt, Flüsse und Seen sind stinkende Abwässer. Bräunliche Brühe, wo jede Bezeichnung Wasser blanker Hohn wäre, fließt aus den Wasserleitungen, wie z.B. in Duisburg usw. Die Berichterstattung in Presse, Funk und Fernsehen zu diesem Thema zeigt alle diese Erscheinungen auf. Bis jetzt, so scheint es, aber werden durch die Art der Behandlung dieser Fragen nur die Symptome aufgezeigt. Die Wahrheit der Ursachen dagegen wird meistens vertuscht. Am 7. August 1971 brachte die UZ - sozialistische Volkszeitung - als einzige Zeitung der BRD eine alrmierende Nachricht an die Öffentlichkeit (vgl. 4.8.1971,d.Vf.): '280 Tonnen Arsen und 20 000 Fässer Natrium-Cyanid auf Müllkippen'. Erst durch hartes energisches Drängen der Bochumer DKP griff die dortige Stadtverwaltung den mittlerweile Blausäure-Skandal der Müllkippe Bochum-Gerthe auf. Durch die Mobilisierung der Öffentlichkeit und den unnachgiebigen Druck der DKP auf die Stadtverwaltung Bochum wurde eine gefährliche chemische Zeitbombe entschärft.

Der Profit der Bosse steht in diesem Staat höher als das Wohl der Allgemeinheit. Anders läßt sich der kaum zu überbietende Zynismus der 'Orm Faitec Boss', Herrn Orm-Bergold, nicht erklären, der sinngemäß sagte: 'Die 'ganze Sache' mit den 20 000 Fässern Natrium-Cyanid sei total harmlos'! Einen Dreck scheren sich die 'feinen Leute', wenn es um ihren profit geht.

Huckarder Bürger, daß die Emscher nicht mit einer weißen Fahne zu bezwingen ist, ihr widerlicher Geruch treibt einen in die Flucht, liegt auf der Hand. Was not ut, sind entsprechende Kläranlagen und drastische Sofortmaßnahmen, mit welchen die Industriebetriebe gezwungen werden, ihre Abfallstoffe entsprechend zu klären. Der Tenor der Stadtverwaltung: 'Kein Geld für Kläranlagen.'

Milliarden gibt der Bund für die Rüstung aus, trotz Verträge von Moskau und Warschau. Kein Geld zum Bau von Luftfiltern und Entgiftungsanlagen, schreien die Industriebosse trotz hoher Gewinne.

In Anbetracht der Tatsache, daß der Bundesbürger zur Beseitigung seines Unrates 'Müllgeld' zahlt, fragt die Öffentlichkeit: 'Warum bezahlt die Industrie zur Beseitigung ihres Unrates kein Geld. Warum dürfen die Chemie- und Stahlkonzerne ungehindert Flüsse verseuchen?' Weil sie etwa 'feine Leute sind und vor Geld stinken'? Fischsterben im Rhein ist schon eine Alltäglichkeit geworden. Müssen erst Menschen in unmittelbarer Gefahr schweben, bevor etwas getan wird?

WIR SAGEN:
Die Großkonzerne müssen zur Verantwortung gezogen werden; denn sie verseuchen Luft und Wasser. Sie sind die wahren Schuldigen, daß die Flüsse vergiftet werden bzw. sind. Sie tragen durch Proiftspekulation zur Verseuchung des Grundwassers bei. DIE KONERNBOSSE MÜSSEN ZAHLEN!

Die DKP lehnt jeden Versuch ab, das Umweltverschmutzungsproblem auf Kosten des kleinen Mannes zu lösen.

BÜRGER, UNTERSTÜTZT DIE FORDERUNGEN DER DEUTSCHEN KOMMUNISTISCHEN PARTEI!"

Nachgedruckt werden Berichte aus der 'WAZ' vom 21.8.1971 über einen Rußregen in Dortmund Westerholz/Fredenbaum und aus den 'Ruhrnachrichten' vom 24.8.1971 über eine Gelbsuchtepidemie in der Jungferntalsiedlung nach einem Kanalbad.
Q: DKP-Stadtteilgruppe Dortmund-Huckarde:Huckarder Bürger!,Dortmund o.J. (Aug. 1971)

30.08.1971:
Der DKP Bezirk Ruhr-Westfalen gibt eine 'Presseinformation' (vgl. 19.8.1971, 31.8.1971) "Zum Bochumer Giftskandal: Kippenwärter Werner Bettermann sofort wieder einstellen - Die Minister Weyer und Figgen entlassen" zu einer Müllkippe in Bochum-Gerthe (vgl. 19.8.1971) heraus.
Q: DKP-Bezirk Ruhr-Westfalen:Presseinformation,Essen 30.8.1971

September 1971:
Die DKP Hochschulgruppe an der Ruhruniversität Bochum (RUB) gibt die Nr.9 ihres 'Kommunist' (vgl. 12.7.1971, Jan. 1972) heraus. Berichtet wird u.a. vom Giftmüllskandal in Bochum-Gerthe.
Q: Kommunist Nr.9,Bochum Sept. 1971

04.10.1971:
In Bochum gibt die Rote Opel Betriebsgruppe (RBG) der KPD/ML-ZK in dieser Woche ihre 'Zündkerze' Nr.11 (vgl. 16.9.1971, 11.10.1971) heraus.

In der Rubrik Leserbriefe wird die folgende Zuschrift aus Bochum vom 16.7.1971 veröffentlicht:"
Herr Bock!
Teils mit Interesse, teils mit gemischten Gefühlen, lese ich Ihre ZÜNDKERZE. Mein Mann bringt sie mit, sie ist für IHN bestimmt, aber er liest sie nicht. Nun, ALLES verstehe ich auch nicht, bin eine 'Nur-Hausfrau'.
....
Gut, man nimmt uns vielen, aber man läßt uns das Hemd, was man von 'drüben' nicht sagen kann. Denen würde man am liebsten noch das Fell über die Ohren ziehen. Wir müssen pro Tag 10 DM Aufenthalt zahlen, nur um die Mutter zu sehen. Invaliden bekommen von der DDR 10 DM West für vier Wochen. Ist das auch gerecht? Wen wollen sie also aufklären? Zumindest nicht Leute, die beide Staaten kennen und denken können. Was hier falsch gemacht wird, weiß jeder denkende Mensch selber, und den Primitiven können Sie auch mit Ihrer ZÜNDKERZE nichts beibringen.

Würde Ihnen gerne meine Adresse angeben, aber mit Rücksicht auf meine Angehörigen in der DDR, kann ich sie Ihnen nicht anvertrauen. Würde nämlich auf Ihre Antwort auf mein Schreiben neugierig sein. Vielleicht steht etwas davon in der nächsten Nummer der ZÜNDKERZE...

P.S.: Sie wollten ja Zuschriften!"

Geantwortet wird:"
KPD/ML ZUR DDR

Liebe Frau D.!
Wie Sie sehen, steht nicht 'vielleicht' etwas in der ZÜNDKERZE über Ihren Brief...

Wie wir sehen, haben Sie nicht alle Nummern der ZÜNDKERZE zu lesen bekommen, da wir leider noch immer nur in beschränkter Auflage drucken können. ...
Weiter schreiben Sie, daß die Arbeiter in der DDR noch mehr ausgebeutet würden als hier. Wäre die DDR noch sozialistisch und nicht in die Hände von Arbeiterverrätern a la Ulbricht und Honecker gefallen, dann träfe dies sicherlich nicht zu, weil es dann ganz schlicht und einfach keine Ausbeutung mehr gäbe. Albanien und China sind hierfür Beispiele genug. Aber auch wenn die DDR von einer neuen Kapitalistenklasse beherrscht wird - und dafür gibt es genug Beweise - dann träfe Ihre Ansicht nicht zu. Entweder Ausbeutung oder nicht - es gibt kein 'mehr oder weniger', höchstens ein mehr oder weniger an Hunger usw. Sie brauchen da nur unsere Verhältnisse mit denen in der Türkei zu vergleichen. Das Grundübel ist überall das gleiche: eine kleine Minderheit herrscht über das Volk. Ist es denn wirklich grundsätzlich anders in der Türkei, wenn wir hier damit rechnen müssen, durch Arsenschlamm oder Cyanid zu verrecken? Was nützen uns da Perlonhemden, ein VW oder ein Fernseher? Nichts!"

Auf der letzten Seite wird zur MTR und STR festgestellt:"
JETZT WEHT EIN ANDERER WIND...
...
Millionen Steuergelder werden für Devisenausgleichszahlungen an die Amis, für Rüstung und sogar Vernichtung von 'überflüssigen' Lebensmitteln ausgegeben, aber in Bochum z.B. fehlen 20 000 Kindergartenplätze, fehlen Wohnungen für junge Ehepaare und für Studenten (die in leerstehenden Fabrikhallen untergebracht werden sollen). Und wer hat das Auspumpen des Arsenschlamms in Gerthe (vgl. 4.8.1971,d.Vf.) bezahlt? Natürlich nicht Krupp, Thyssen, Opel, sondern die Stadt, die dafür keine Wohnungen, Krankenhäuser usw. bauen kann.

Die Massen beginnen zu begreifen, daß sie von diesem Staat der Kapitalisten bei lebendigem Leibe verkauft werden. Sie fragen sich, wie sie sich dagegen wehren können."
Q: Zündkerze Nr.11 und 12,Bochum o.J. (1971) bzw. Nov. 1971,o.S. bzw. S.1

25.10.1971:
Auf der Zeche Minister Stein Dortmund gibt die DKP vermutlich diesen Montag, laut KPD/ML-ZB, ihre 'Kumpel-Post' (vgl. 23.8.1971, Dez. 1971) heraus. Gefragt wird:"
HEUTE UMWELTVERSCHMUTZUNG - MORGEN ENDE DER ZIVILISATION?
...
Spätestens durch den Giftskandal in Bochum-Gerthe (vgl. 4.8.1971,d.Vf.) wurde die Feststellung der DKP bestätigt:
DIE HAUPTSCHULD AN DER UMWELTVERGIFTUNG UND -VERSCHMUTZUNG TRAGEN DIE GROSSEN KONZERNE. SIE WOLLEN IHREN PROFIT NICHT DURCH 'UNRENTABLE' ENTGIFTUNGS- UND´FILTERANLAGEN SCHMÄLERN LASSEN.

Kollegen, hier zeigt sich doch ganz deutlich, mit welch einem verbrecherischen Leichtsinn die Unternehmer die Abfallprodukte der Industrie vor unserer Haustür ausschütten und mit dem Mäntelchen der Gleichgültigkeit zudecken!
Ist es nicht unsere gemeinsame Aufgabe, dafür zu sorgen, daß die Konzerne zur Beseitigung ihres Schmutzes herangezogen und haftbar gemacht werden? Sofort muß vom Bundestag ein ausreichendes Umweltschutzgesetz verabschiedet werden! Die Verantwortlichen für derartige Giftskandale - wie in Bochum - sollten nicht nur wegen Verschmutzung der Umwelt, sondern wegen versuchten Mordes gerichtlich zur Verantwortung gezogen werden. Unseren Kindern soll es später einmal vergönnt sein, die Natur als eine heile Welt kennenzulernen! Werden sie nicht mit Recht fragen, warum wir es zugelassen haben, daß Seen und Flüsse starben, daß sich die Landschaft in eine Müllhalde verwandelte, daß das Grundwasser verpestet und der Acker vergiftet wurde? Heute ist es noch Zeit! Warten wir nicht, bis es zu spät ist! Darum auch wegen der Umwelt: KONTRA GROSSKAPITAL".
Q: Die Kumpel-Post Betriebsräte - Feinde der Arbeiter??.Dortmund o.J. (Okt. 1971)

04.02.1972:
Der Bezirksvorstand Ruhr-Westfalen der DKP richtet das folgende Schreiben von einer Seite DIN A 4:"
AN ALLE KREISVORSITZENDEN

Liebe Genossinnen und Genossen,

heute bildete sich ein Aktions-Komitee zur Unterstützung der Arbeiter, die die Giftskandale in Bochum, Essen und Duisburg aufgedeckt haben. Gegen sie wird ein Kesseltreiben eingeleitet. Außer der politischen Solidarität durch den Kampf gegen die Umweltvergiftung kommt es jetzt auf praktische Solidarität an. Die Arbeiter brauchen materielle Mittel.

Die notwendige Spendenaktion duldet keinen Aufschub. Wir bitten, UNVERZÜGLICH
mit der Spenden-Aktion zu beginnen und die ersten, wenn auch bescheidenen Beträge sofort einzuzahlen.

Anbei erhaltet ihr die letzte Presserklärung des Bezirksvorstandes zur Umweltverschmutzung (vgl. 3.2.1972,d.Vf.)."
Q: DKP-Bezirksvorstand Ruhr-Westfalen:An alle Kreisvorsitzenden,Essen 4.2.1972

April 1972:
Die DKP gibt erstmals ihren 'Blick auf Bochum' (vgl. Aug. 1972) für Vöde, Gerthe, Harpen, Kornharpen und Hiltrop heraus.
Q: Blick auf Bochum Nr.1,Bochum Apr. 1972

August 1972:
Die DKP gibt ihren 'Blick auf Bochum' Nr.2 (vgl. Apr. 1972, Sept. 1972) für Vöde, Gerthe, Harpen, Kornharpen und Hiltrop heraus.
Q: Blick auf Bochum Nr.2,Bochum Aug. 1972

August 1972:
Die KPD/ML-ZK gibt auf der Zeche Hansa Dortmund gibt erstmals ihre 'Schlag zu!' (vgl. Okt. 1972) heraus. In einem Artikel heißt es:"
'ZYANID VOR EINEM JAHR AUF MÜLLKIPPE ENTDECKT

Die 2 500 Giftfässer, die im August letzten Jahres auf einer Schuttkippe in Bochum-Gerthe entdeckt worden sind und seither auf den Abtransport warten, sollen Mitte Oktober nördlich der Azoren im Atlantik versenkt werden. Die Abteilung Seeverkehr des Bundesverkehrsministeriums in Hamburg hat diese Sondergenehmigung jetzt zwei Spezialfirmen erteilt.' (WAZ)

IM KAPITALISMUS

2 500 Giftfässer sollen im Atlantik versenkt werden, trotz aller Warnungen, daß das Meeresleben dadurch zerstört wird. In ihrer Profitsucht verpesten die Kapitalisten Luft, Wasser und Erde. Das Volk, das die Folgen tragen muß, ist ihnen dabei völlig Wurst. Wie z.B. den Preussag-Kapitalisten in Nordenham (CPK-Bereich in Niedersachsen,d.Vf.), daß dort die Kühe auf den Wiesen an Bleivergiftung verrecken und die Existenzgrundlage der Bauern kaputt ist.

DAGEGEN IN DER VR CHINA

Der Grundsatz für Umweltschutz heißt: Schädliches in Nützliches verwandeln. Die Pekinger Petrochemische Hauptfabrik hat eine vorbildliche Abwässerreinigung angelegt. Schädliche Stoffe wie Erdöl, Soda und Schwefel werden in der Kläranlage in stickstoffhaltiges, gereinigtes Wasser verwandelt, das die Bauern zur Bewässerung ihrer Felder notwendig brauchen. In den Teichen dieser Abwässer gedeihen Goldfische und Enten. Die Bauern nennen die Abwässer 'fruchtbare Abwässer'."
Q: Schlag zu! Nr.1,Dortmund Aug. 1972

September 1972:
Die DKP gibt ihren 'Blick auf Bochum' Nr.2/3 (vgl. Aug. 1972) für Vöde, Gerthe, Harpen, Kornharpen und Hiltrop heraus.
Q: Blick auf Bochum Nr.2/3,Bochum Sept. 1972

05.09.1972:
Der DKP Bezirk Ruhr-Westfalen gibt zu ihrer heutigen Pressekonferenz eine 'Presseinformation' (vgl. 30.8.1972, 8.9.1972), "DKP deckt Giftskandal von internationalem Maßstab auf", in der auf Cyanidablagerungen außer in Bochum-Gerthe auch auf den Müllkippen Brandheide in Castrop-Rauxel, Emscher Bruch in Gelsenkirchen, in Dortmund-Marten und Kalkbeuren bei Köln sowie die Einleitung in die Nordsee eingegangen wird.
Q: DKP-Bezirk Ruhr-Westfalen:DKP deckt Giftskandal von internationalem Maßstab auf,Essen 5.9.1972

08.09.1972:
Der DKP Bezirk Ruhr-Westfalen gibt eine 'Presseinformation' (vgl. 5.9.1972, 21.9.1972) "Dementis erbrachten Bestätigungen - Antwort der DKP an Minister Deneke - Neue Fakten erhärten Giftskandal" zur Cyanidablagerung in Bochum-Gerthe heraus.
Q: DKP-Bezirk Ruhr-Westfalen:Presseinformation,Essen 8.9.1972

08.09.1972:
Der DKP-Kreisvorstand Dortmund verfaßt einen Brief an den Dortmunder Oberbürgermeister Heinrich Sondermann (SPD):"
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister!

Eine Mitteilung des Informations- und Presseamtes der Stadt Dortmund in der Angelegenheit 'Giftskandal' veranlaßt uns, Sie noch einmal im Interesse unserer Bevölkerung zu bitten, Ihrerseits alles zu veranlassen, damit die skandalöse Umweltverseuchung schnellstens weiter aufgedeckt und unschädlich gemacht wird. ... Wir können uns aufgrund dieser Tatsachen einfach nicht damit zufrieden geben, daß die Bohrungen auf der Martener Kippe keine Spuren von Zyanid ergeben haben sollen. Die Gefahren sind zu groß. Es dürfte Ihnen nicht entgangen sein, daß die in Bochum-Gerthe abgekippte Menge Zyanid ausreichen würde, 250 Millionen Menschen zu vergiften."
Q: DKP-Kreisvorstand Dortmund:Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister!,Dortmund 8.9.1972

15.09.1972:
Der DKP Bezirk Ruhr-Westfalen richtet ein Schreiben an den Minister für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten von NRW, Deneke, bezüglich des Giftmüllskandals in Bochum-Gerthe.
Q: DKP-Bezirk Ruhr-Westfalen:An den Minister für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten des Landes NRW,Essen 15.9.1972

21.09.1972:
Der DKP Bezirk Ruhr-Westfalen gibt eine Presseinformation (vgl. 8.9.1972, 22.9.1972) mit einer Einladung zum eigenen Landeswahlkongreß NRW (vgl. 30.9.1972) heraus. Beigelegt sind bezüglich des Giftmüllskandals in Bochum-Gerthe das Schreiben an Minister Deneke (vgl. 15.9.1972) und eine Strafanzeige gegen die Zweigniederlassung Wolfgang Durferrit bei Hanau der Firma Degussa. Die Degussa habe bis August 1970 die Entgiftung von Cyaniden in der Chemischen Fabrik Wesseling übernommen und diese danach bis Okt. 1970 der Spedition Haniel in Duisburg übergeben, die danach die Annahme verweigerte, woraufhin Degussa diese Aufgabe an die Firma Orm Fairtec Bochum übergeben und auch ihre Kunden an diese verwiesen, ohne diese Firma zu überprüfen. Die Cyanide wurden sodann in Bochum-Gerthe illegal abgelagert.
Q: DKP-Bezirk Ruhr-Westfalen:An alle Redaktionen,Essen 21.9.1972;
DKP-Bezirk Ruhr-Westfalen:Presseinformation Strafanzeige,Essen o.J. (1972);
DKP-Bezirk Ruhr-Westfalen:An den Minister für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten des Landes NRW,Essen 15.9.1972

22.09.1972:
Der DKP Bezirk Ruhr-Westfalen gibt eine 'Presseinformation' (vgl. 21.9.1972, 27.9.1972) zum Giftmüllskandal in Bochum-Gerthe unter dem Titel "DKP antwortet Bundesinnenminister Genscher - Vorwürfe im Giftskandal bekräftigt" heraus, in der von Cyanidablagerungen außer in NRW in Dortmund-Marten, Castrop-Rauxel-Brandheide und Kalkbeuren bei Köln auch auf ebensolche in Säckingen in Baden-Württemberg, Neu-Ulm in Bayern und bei Hanau in Hessen hingewiesen wird. Die Antwort Genschers auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Hansen sei unzureichend gewesen.
Q: DKP-Bezirk Ruhr-Westfalen:Presseinformation,Essen 22.9.1972

01.12.1972:
Der DKP Bezirk Ruhr-Westfalen gibt eine 'Presseinformation' (vgl. 15.11.1972, 18.2.1973) mit einem Bericht von dem seit zwei Wochen in Bochum stattfindenden Prozeß wegen der Giftmüllablagerungen der Degussa in Bochum-Gerthe heraus.
Q: DKP-Bezirk Ruhr-Westfalen:Presseinformation,Essen 1.12.1972

31.12.1972:
Die KPD/ML-ZK gibt ihren 'Roten Morgen' Nr.26 (vgl. 18.12.1972, 14.1.1973) heraus. Aus Bochum-Gerthe wird berichtet: "Bochumer Giftskandal. Kapitalismus auf der Anklagebank", wobei auch die Giftmülldeponie Dortmund-Marten erwähnt wird.
Quelle: Roter Morgen Nr. 26, Hamburg 31.12.1972, S. 12

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02.08.1975:
Die KPD/ML gibt ihren 'Roten Morgen' (RM) Nr.31 (vgl. 26.7.1975, 9.8.1975) heraus. Aus Bochum-Gerthe wird berichtet "Urteil im Bochumer Giftmüllprozess – 'Bewährung' für tausendfachen Mordversuch".
Q: Roter Morgen Nr. 31, Dortmund 2.8.1975, S. 6

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Oktober 1977:
Vermutlich im Oktober führt der AB in Bochum-Harpen eine Veranstaltung zum 60.Jahrestag der Oktoberrevolution durch.
Q: Kommunistische Arbeiterzeitung Nr.123,München 18.10.1977

Letzte Änderungen: 16.5.2011

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