Rote Skizze
Studentenzeitung an der Universität Kiel

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 16.10.2013

Die Datenbank MAO ist ein
vollständig selbstfinanziertes Projekt.
Unterstützen Sie uns durch:

Die Kieler Zeitschrift 'Rote Skizze' kann hier bisher leider nur lückenhaft dokumentiert werden, wir bitten um Ergänzungen.

Die 'Rote Skizze' ist hervorgegangen aus der früheren, langjährig erscheinenden, 'Skizze', der offiziellen Studentenzeitung der Universität Kiel, die sich nach links entwickelte (vgl. 10.4.1969) und dann zu der durch den SDS Kiel und dessen Basisgruppen, später dann die Roten Zellen, gestalteten 'Roten Skizze' umwandelte.

Bereits die erste Ausgabe der 'Roten Skizze' vom Juni 1969 führt zu einem Gerichtsverfahren (vgl. 12.2.1970).

Inhaltlich ist die 'Rote Skizze' bestimmt durch die ideologische Auseinandersetzung in der Kieler Linken bzw. der Studentenbewegung, bei der die Gruppe um die 'Rote Skizze' eine Führungsrolle beansprucht, die sich dann in der Gründung des Zentralen Aktivistenkollektivs (ZAK) der Marxistisch-leninistischen Hochschulorganisation (MLHO) Kiel, die die letzte Ausgabe der 'Roten Skizze' redigiert, niederschlägt.

Liste der als Scans vorhandenen Zeitungen

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

10.04.1969:
In Kiel wird, laut 'Digest' (vgl. 19.5.1969), das Rote Kieler Pressesyndikat gegründet, bei dem sich die unabhängige Kieler Jugendzeitung 'Forum' der Schüler (Auflage 3 500), die Kieler Studentenzeitung 'Skizze' (Auflage 3 000), die unabhängige Jugendzeitung 'Action' der Lehrlinge und Jungarbeiter (Auflage 3 000) und die 'Lasziv' der Realschüler (Auflage 1 000) zur Proleten-Presse zusammenschließen, die aus einem Zentralrat mit einem Delegierten pro Redaktion sowie der Vollversammlung besteht und über Jochen Auer erreichbar ist.
Quelle: Digest, Kiel o. J., S. 8

Digest008


Juni 1969:
In Kiel erscheint die bisherige Studentenzeitung an der Universität Kiel, 'Skizze', erstmals als 'Rote Skizze' Nr. 4 für Juni (vgl. Nov. 1969) als Streikausgabe. Das Redaktionskollektiv bilden Jochen Auer, Johannes Bröcker, Bernd Neufeldt (verantwortlich) und Adolf Riedl. Die Auflage beträgt 5 000.

Auf dem Titelblatt heißt es einleitend zum Streik gegen das Landeshochschulgesetz (LHG) u.a.:"
Wir haben den aktiven Streik beschlossen. Vom 2. Juni an übernehmen wir die Universität und versuchen, die Neubestimmung unserer Studieninhalte in freier Selbstbestimmung zu organisieren. Am 9. Juni aber wollen wir den Funktionsträgern dieses faschistoiden Staates zeigen, daß wir nicht nur an der Hochschule die systemsprengende Kraft unserer Befreiung dokumentieren wollen. Am 9. Juni wird die bisher mächtigste Demonstration Kiels stattfinden, wo wir zeigen müssen, daß die Herrschenden uns nicht vom grünen Tisch aus fertig machen können, daß sie sich einer realen Macht gegenübersehen, deren Bedrohung sie nicht mit Verhandlungs-, Anhör- und Diskussionstaktik bagatellisieren können." Eine Bilderserie informiert über das Gelände des Kultusministeriums und des Landtags.

Enthalten sind die Artikel:
- "Von der liberalen Fickerei zur emanzipatorischen Unzucht" von G. Wartenberg, zu Wilhelm Reich bzw. der Sexpolkampagne, wobei sich auch "Anmerkungen zur Psychopathologie Norbert Gansels" finden;
- "Kunst ist Waffe. Kulturrevolution und Agitprop - Eine historische Analyse";
- "Schule den Schülern. I. Kieler Schülerkongreß vom 6. bis 8. Juni in Kiel";
- "John Mayall in Kiel", der am 4.6.1969 in der Mensa auftreten soll;
- "Systemterror. Die Organisation des Widerstandes hat begonnen" zum Streik bzw. den Hochschulgesetzen;
- "Aktiver Streik", wozu auch das "Streikprogramm" veröffentlicht wird;
- "Revisionismus-Diskussion" mit Beiträgen von Erk Petersen für die KPD/ML und Herbert Mies von der DKP, der auf den Artikel "Volksfrontpolitik - historische Analyse der Bündnispolitik" Bezug nimmt;
- "Revolutionärer Befreiungskrieg in Afrika" zu Angola und Guinea-Bissau;
- "Bauernfängerei. Wie man bewußtlose Studenten vor seinen Karren spannt", von B. Achterberg zu Norbert Gansel und dessen Anträgen auf Teach-Ins und Vollversammlungen; sowie
- "Wir streiken!" zum in der Urabstimmung von 71 % der Teilnehmenden beschlossenen Streik, wozu es abschließend heißt: "Diese Universität gehört uns! Das müssen wir jetzt beweisen!".

Berichtet wird:"
Justizterror gegen den Genossen Achterberg

Wieder hat sich eine Kieler Richterin (Amtsgerichtsrätin Zahn) zum Büttel von Nazi-Kiesinger, Springer & Co. gemacht. In einer sehr spaßigen Farce hat sie sich entblödet, den genossen Achterberg wegen Hausfriedenbruch zu DM 20,- bzw. einem Tag Haft zu verknacken. Fast 200 genossen machte es mächtig Spaß, den Apparat zu entlarven. Daß ein Haufen Bullen drohend hinter dem Richtertisch sich postiert (Massen von ihnen warteten noch im Innenhof), ist ein sehr bezeichnendes Symptom, gegen wen sich der Terror im Zweifelsfalle nach richten wird.

Die Justizbühne wird weiterspielen, nicht nur weil Achterberg das Urteil ablehnte."

Eine Anzeige der ESG ruft auf: "Solidarisiert Euch mit der AStA-Strategie". Eine Anzeige wirbt für die Aktion Demokratischer Fortschritt (ADF).
Q: Rote Skizze Nr. 4, Kiel Juni 1969

November 1969:
In Kiel erscheint die 'Rote Skizze' Nr. 6 für November (vgl. Juni 1969, Jan. 1970) mit den Artikeln:
- "Die sozialistischen Studenten an der Basis organisieren";
- "Die Beiträge der Genossen aus den Basisgruppen markieren die Reflexion ihrer politischen Praxis, aus der die Ansätze einer sozialistischen studentischen Massenorganisation resultieren" mit Artikeln von BG Germanistik, BG Medizin, BG Psychologie, BG Volkswirtschaft ("Entlarvung der Währungspolitik als Werkzeug des Imperialismus"), BG Biologie, BG Geschichte und BG Soziologie bzw. ROKASO (Roter Kader Soziologie);
- "Gespräch mit einem Frisörgehilfen über den Mehrwert", aus 'Einführung in den Marxismus';
- "Gegen eine opportunistische Justizkampagne", wobei es einleitend heißt: "Das vage Gebilde APO, wir also, und B. Achterberg, in dem sich die politische Vagheit imposant definiert, haben einen Prozeß verloren." wobei Achterberg verurteilt wurde;
- "ML-Schulungskollektiv", wobei es einleitend heißt: "In den Semesterferien mußten viele Genossen die Erfahrung machen, daß ihre Agitation in Betrieben die Arbeiter eher verwirrte, als daß sie wirkliche Hilfe bot.";
- "Die Lehrlingsausbildung ist der Beginn der Disziplinierung der Arbeiter. Die Ausbildungsreform ist ihre Perfektionierung" vom Lehrlingsstudienkollektiv der Roten Garde;
- "Neue Bücher"; sowie
- "Klassenkampf in Nordirland" vom SDS Kiel.

Angekündigt wird für den 3.12.1969 ein Underground Happening in der Mensa mit den Bands Xhol-Caravan aus Wiesbaden und Voodoo aus Kiel.
Q: Rote Skizze Nr. 4, Kiel Juni 1969

Januar 1970:
In Kiel erscheint die Nr. 1 der 'Roten Skizze' - Studentenzeitschrift an der Uni Kiel (vgl. Nov. 1969, März 1970), herausgegeben von der Studentenschaft der Uni Kiel für Januar unter der Überschrift "Versuch einer Klassenanalyse der Intelligenz". Von den Mitgliedern des Redaktionskollektivs werden die Namen Jochen Auer, Johannes Bröcker, R. Harten, Bernd Neufeldt und Adolf Riedl bekanntgegeben. Die Auflage beträgt, nach eigenen Angaben, 3 000 Stück.

Der erste Artikel ist "Von der Praxis ausgehen". In den letzten Semesterferien sollen sich verschiedene Kleingruppen sozialistischer Studenten herausgebildet haben (u.a. auch das 'Rote Skizze'-Redaktionskollektiv), die für eine Auflösung des SDS und dessen Transformierung in eine höhere Organisationsform eingetreten seien. Der Asta habe mit dem Howaldt-Streikrat (HDW) zusammengearbeitet und sich mit der Sexpol-Gruppe auseinandergesetzt. Die Gründung einer Roten Zelle Germanistik (Rotzeg) sei allerdings nach einem Monat wieder aufgegeben worden, da es noch zu früh für eine Organisierung gewesen sei. In der Basisgruppe Germanistik sei zum Teil die AMS vertreten. AMS und ML-Gruppen "… halten sich aus den Konflikten heraus und suchen ihre Zuflucht in der Schulung." Der Kader Psychologie - Medizin sei zweifellos der fortschrittlichste "(ca. 1/3 aller Studenten war in kommunistischen Gruppen organisiert.)". Projekte habe dieser Kader u.a. bei der Howaldt-Krankenversorgung und mit Krankenschwestern usw. gehabt. Allerdings kommt man zu folgendem bedenklichen Ergebnis: "Diese Gruppe wies im Anfang antiautoritäre wie auch kommunistische und linksopportunistische (ML) Tendenzen auf." Aufgrund ihrer Sexpol-Arbeit habe sie Differenzen mit anderen kommunistischen Gruppen gehabt. Im Moment der Fraktionierung allerdings habe die 'Rote Skizze' mit einem Papier zur Klassenanalyse eingegriffen, so daß die Spaltung verlaufen sei zwischen a) Revisionisten, b) Mitte (Genosse Schlinke) und c) Linke, die durch Übereinstimmung von 'Rote Skizze' und Roter Zelle Psychologie-Medizin gebildet wurde. Bei den Biologen leiste der Asta eine gute Arbeit.

Der Artikel "Die richtige Theorie entwickeln" leitet das Papier "Versuch einer Klasseneinteilung" ein, welches die auf dem Titel erwähnte Klassenanalyse darstellt.

In "Die korrekte Massenlinie an der Universität vertreten" der Roten Zelle Psychologie / Medizin wird auch ein Seminar der Roten Zelle(n) über Weihnachten erwähnt und die Klassenanalyse der Intelligenz unternommen. Neben einer Abgrenzung von Roten Zellen und ML Westberlin wird auch ein Statut der Roten Zelle Medizin-Psychologie entwickelt. Dort wird als Grundeinheit ein sozialistisches Plenum konzipiert, welches die Uniarbeit im Bereich Medizin-Psychologie organisiere, und an dem man teilnehmen dürfe, wenn man sich an einem der drei außeruniversitären Projekte (Randgruppensozialisation, Krankenhaus, Zusammenarbeit mit Howaldt-Streikrat) beteilige. Das Aktivistenkollektiv (AK) solle den späteren Berufsrevoluzzern vorbehalten werden und als wesentliche Aufgabe den Aufbau einer proletarischen Organisation vorantreiben. Seine Mitglieder sollten alle auch am Plenum teilnehmen, die außeruniversitären Projekte kontrollieren und mit Roter Garde und SALZ zusammenarbeiten.

Eine Fraktion der Basisgruppe Biologie veröffentlicht den Artikel "Zur Klassenlage der Naturwissenschaftler". Eine Gegendarstellung der anderen Fraktion konnte aus Platzgründen nicht erscheinen.

Enthalten ist auch eine "Rezension. Lenin über Pannekoek. Die Differenzen in der europäischen Arbeiterbewegung".

In "Zur Analyse der PH" wird die PH-Kommune Marthastr. 1 durch sich selbst als praxislos bezeichnet, obwohl sie selbst eigentlich gerne eine Praxis haben würde. Eine andere PH-Gruppe setze sich nun für den proletarischen Aufbau statt der Arbeit an PH und Volksschule ein.

Die Rote Garde Kiel (RGK) veröffentlicht einen Text "Entwickeln wir aus der Klassenanalyse unsere Strategie". Im Sommer 1969 habe man viele Aktionen durchgeführt, aber die Lehrlinge und Schüler nicht integrieren können, im Herbst habe man deshalb schwerpunktmäßig Kaderschulung betrieben. Zu den verschiedenen Arbeitsbereichen der RGK wird u.a. ausgeführt, daß es am Sozialwissenschaftlichen Gymnasium, welches von zukünftigen KindergärtnerInnen, SozialarbeiterInnen und LehrerInnen besucht werde, darum gehe, diese zu neutralisieren. Die Höhere Handelsschule sei derzeit noch unrelevant. An den Fachoberschulen wolle man den Schwerpunkt Auf die zukünftigen Ingenieure legen. An den Oberschulen könne man Einzelne rekrutieren und den Rest durch syndikalistische Organisationen neutralisieren. An den Realschulen betreibe man derzeit nur in geringem Maße Agitation, da der Aufbau der Lehrlingsorganisation Vorrang habe, aber auch hier gelte es zu neutralisieren. Zu den Volksschulen habe man derzeit noch keinen Kontakt, wolle dort aber zu Freizeitproblemen und zusammen mit der Aktion Susi arbeiten. Lehrlinge habe man derzeit aus 4 Industrie- und einigen Handwerksbetrieben. In der Industrie betreibe man Projektgruppen (PG) zur Strukturanalyse, die Handwerker arbeiten an der Berufsschule. Außerdem habe man noch eine PG Freizeit und eine PG Lehrlingsheim, die zur Hälfte aus Postlern bestehe. Diese beiden PG seien schwerpunktmäßig für Angestellte mit Sexpolerfahrung gedacht. Angestellte habe man aus dem Buchhandel und aus Kleinbetrieben. Im Bündnis sei man mit der Roten Zelle Medizin/Psychologie Kiel.

Enthalten sind auch zwei Anzeigen, von denen die erste "Wählt! Kommunisten wählen:" lautet und die Kandidaten Hardy Demoulin, Jörg Ritterhoff, Norman Willich und Manfred Jungjohann propagiert, während die zweite unter dem Titel "Wählt HSU" sich für Wolfgang von Rhoda, Rüdiger Stange, Wilfried Müller und Christof Grieger einsetzt.

In "Die Praxis der Gewerkschaften immer wieder entlarven und zur Agitation verwenden" wird über Hoesch Dortmund und Klöckner Bremen berichtet, wo der, der Gruppe Arbeiterpolitik (ARPO) angehörende, Bonno Schütter tätig ist. Dieser wird als "hervorragender Revolutionär" bezeichnet.

Der Artikel "Schweden: streikende Kumpel zerstören Ideologie vom Wohlfahrtsstaat" berichtet vom wilden Bergarbeiterstreik. Vorgestellt werden "Neue Bücher". In "Die Selbstentlarvung des L. S. Senghor" wird berichtet über Senegal und Guinea-Bissau.

Die adhoc Gruppe Internationalismus veröffentlicht "Materialien über den Pakt der Imperialisten BRD - Israel zur Unterdrückung der palästinensischen Befreiungsbewegung!.

In "Rote Fahnen über der Volksrepublik Kongo" wird berichtet aus Kongo (Brazzaville).
Q: Rote Skizze Nr. 1, Kiel Jan. 1970; Erziehung und Klassenkampf Nr. 2, Frankfurt Juli 1971, S. 29;Politikon Nr. 31, Göttingen 1970, S. 5

12.02.1970:
In Kiel soll ein Prozeß gegen die 'Rote Skizze' stattfinden, wegen derer beschlagnahmter Streikausgabe.
Q: Rote Skizze Nr. 1, Kiel Jan. 1970

März 1970:
Innerhalb der Internationalen Kommunisten Deutschlands (IKD) erscheint das zweiteilige 'Interne Bulletin' (IB) Nr. 1 (vgl. Nov. 1969, März 1970).

Die Gruppe Kiel (vgl. 13.5.1970) hat 3 Mitglieder und ein Kandidaten-Mitglied. Die Gruppe um die 'Rote Skizze' habe tendenziell eine ML-Linie.
Q: IKD: Internes Bulletin Nr. 1 und Nr. 1 Teil B, o.O. März 1970

März 1970:
In Kiel erscheint die 'Rote Skizze' Nr. 2 (vgl. Jan. 1970, Mai 1970) für März, für die Jochen Auer und Adolf Riedl verantwortlich zeichnen unter der Schlagzeile "Unsere ORGANISATION nach den Anforderungen des Proletariats vorantreiben". Die Auflage wird mit 3 000 beziffert. Eine neue Redaktion sei aus den Delegierten der fortgeschrittensten Gruppen in Kiel gebildet worden. Bei diesen Gruppen handelt es sich um die Rote Zelle Psychologie/Medizin Kiel, den provisorischen Kader Ökonomie und die Rote Zelle Historiker/Germanisten.

In "Die Organisation von der Praxis her entwickeln und mit der Theorie vereinbaren" vom Aktivistenkollektiv der Roten Zelle Med/Psych Kiel wird u.a. zu GIM und IKD bzw. Spartacus gefragt: "Oder ist es etwa die richtige Konsequenz, wenn Genossen, die sich 'proletarisieren' wollen, in den Semesterferien (!) in einen Betrieb gehen? Oder wenn sich eine Gruppe 'ein paar Lehrlinge' sucht, wie es Kiels spalterfreudige Trotzkistengruppe gerade versucht?" Ausgeführt wird weiter u.a.:"
In letzter Zeit … ist es im norddeutschen Raum zu einer gewissen Vereinheitlichung gekommen. Die proletarischen Gruppen haben auf der Kieler Konferenz begonnen, die Grundlagen einer späteren Partei durch verstärkte Zusammenarbeit und Vereinheitlichung der Gruppen zu schaffen.
Die unzähligen Grüppchen des Hamburger SALZ haben sich bis auf eine Spaltergruppe wieder zusammengeschlossen, in Flensburg haben sich die Lehrlinge von der Vormundschaft der Studenten gelöst und eine Rote Garde (RG, d.Vf.) Gruppe gegründet, usw."

Über die Kieler linke Szene wird berichtet, daß es u.a. eine kleine Gruppe bei den Mathematikern gäbe und ein Heilanstaltenprojekt. Die Rote Zelle Psychologie/Medizin umfasse ca. 80 Genossen. Aus den Basisgruppen (BG) und Roten Zellen (RZ) sei ein Sozialistisches Plenum und ein Aktivistenkollektiv (AK) entstanden. Ein Kadertreffen sei von Delegierten der Historiker/Germanisten, der Ökonomen und dem RZ-AK besucht worden. Als Beobachter hätten teilgenommen Biologen, Mathematiker, Chemiker, Anglisten, Romanisten und Sportler.

In "Die Schulung organisieren" vom Provisorischen Kader Ökonomie wird berichtet vom SDS Kiel und der BG Anglistik / Sport, Diese Zusammenfassung zweier Fächer schien notwendig gewesen zu sein, da es bei den Sportlern nur einen einen Mandel Arbeitskreis gibt, während der Anglisten 'Kader' sich u.a. aus den 'AMS-Revisionisten' der DKP rekrutiere. Nur eine kleine Minderheit dieser Gruppe wird positiv eingeschätzt. Im Aufbau befindliche sei die Roten Zelle Mathematik / Physik. Vom provisorischen Kader Ökonomie wird berichtet, daß dieser eine Strukturanalyse für die Rote Garde Kiel (RGK) erstelle.

Enthalten ist auch der Artikel "Zur Einschätzung der Sex-Pol-Arbeit und der Genossenhilfe. Ein Arbeitsbericht Sex-Pol Kader der ROZPSYCHMED" zu Sexpol, worin erklärt wird, man habe sich nun endgültig in die Rote Garde (RGK) eingeordnet. Über die RGK wird noch berichtet, daß diese einige neue Aktivisten (Volksschüler) habe und in Studienkollektiven organisiert sei. Ausgeführt wird u.a.:"
Durch eine falsche Technik, durch falksche Schulung schadet Sex-Pol-Arbeit mehr als sie nützt!! Wir warnen also grundsätzlich vor Sex-Pol-Arbeit, die nicht von besonders dazu geschulten Leuten durchgeführt wird!

Wir kennen bisher keine Gruppe im norddeutschen Raum, die wir für fähig halten, solche Schulung zu übernehmen."

Geworben wird für die 'Apo Press' Hamburg, die ankündigt:"
An alle sozialistischen Gruppen im norddeutschen Raum

Ab Anfang April arbeitet in Hamburg eine neueingerichtet moderne Druckerei, die politisch wichtige Projekte zu Genossenpreisen herstellt!

Die technischen Möglichkeiten sind zugeschnitten auf die Herstellung (d.h. Druck + Zusammentragen + Heften) von Zeitungen im Format DIN A 3 bis zu 24 Seiten bzw. im Format DIN A 4 bis zu 48 Seiten.

Wendet euch mit Fragen an die APO PRESS Hamburg."
Q: Rote Skizze Nr. 2, Kiel März 1970; Rote Presse Korrespondenz Nr. 60, Berlin 1970, S. 14

07.03.1970:
In Berlin beginnt eine zweitägige Arbeitskonferenz zur Gewerkschaftsfrage und Betriebsarbeit. Anwesend waren auch die Howaldtgruppe Kiel, Rote Skizze/Rote Zellen Kiel und Rote Garde Kiel.
Q: Protokollnotizen: Arbeitskonferenz zur Gewerkschaftsfrage und Betriebsarbeit, 7.-8.3.1970, Berlin o.J. (1970)

Mai 1970:
In Kiel erscheint die 'Rote Skizze' Nr. 3 (vgl. März 1970, Juni 1970) für Mai, deren Redaktion nun gebildet wird von den Roten Zellen (RZ) Psychologie/Medizin, Ökonomie, Geschichte/Germanistik, Mathematik/Physik und Biologie.

Neben Berichten über den 1.Mai (vgl. dort), wird in "Welche Bedeutung haben die beiden Demonstration für uns Studenten?" auch berichtet, daß es an der Uni, neben einer DKP-Zeitschrift, 3 Fraktionen gäbe:
- die RZ, da habe es in jüngster Zeit ideologische Kämpfe gegeben "innerhalb der Roten Zellen, vor allem bei der Rotz Psych/Med und der Rotz MaPh. … in beiden Fällen gegen Linksopportunisten und Antiautoritäre …, die … ausgeschlossen wurden."
- "Die AMS hat ihre Stützpunkte vor allem …, wo es keine Marxisten-Leninisten gibt, aber auch in der Germanistik, Sport und in den naturwissenschaftlichen Bereichen. Es sind auch eine Menge Assistenten und 'wissenschaftliche Hilfskräfte' dabei."
- und eine dritte Fraktion:"Diese Fraktion hatte sich zuerst auf dem Hochschulseminar (…) vorgestellt. Sie besteht vorwiegend aus ehemaligen Studenten Funktionären, … . Die einzigen Basisgruppen, in denen sie noch vertreten sind, sind die Juristen und Chemiker. In letzter Zeit sind noch eine Reihe organisationsfeindlicher Elemente hinzugekommen, die aus den Roten Zellen wegen 'Links-' bzw. 'Rechtsopportunismus' ausgeschlossen wurden. Dazu gehört die 'Renegatengruppe' bei den Psychologen, denen die Sex-Pol-Schulung schlecht bekommen ist, die 'Mitis-Fraktion' bei den Biologen, … . Es gibt auch Antiautoritäre unter ihnen, … . 'Das Proletariat braucht keine Partei' … 'Die Revolution kann nur durch syndikalistische Gruppen in den Fabriken durchgeführt werden.' … Ein Teil von ihnen, die 'Schlinke-Gruppe' hat sich vom Streikrat abgesetzt und ist aus Protest gegen die A'M'S auch bei der Demonstration (am 1.Mai, d.Vf.) nicht mitmarschiert. Ein Teil ist inzwischen der A'M'S beigetreten."
Q: Rote Skizze Nr. 3, Kiel Mai 1970

01.05.1970:
In Kiel gestaltet sich der 1.Mai, laut 'Rote Skizze', so: eine Rote Garde Demonstration habe fast 2 000 Arbeiter, Lehrlinge, Schüler, Studenten und Lehrer (u.a. von Volksschulen) umfaßt.
Diese seien allerdings auch aus vielen Städten der Umgebung gekommen oder durch die RZ an Schulen, Uni und PH mobilisiert worden. Man habe in 3 Blöcke getrennt (RG, Schüler, Studenten) durch Gaarden demonstriert. Die Lehrlinge seien u.a. von Howaldt und Hell gekommen. Ganz allgemein wird anläßlich des Maiberichts noch festgestellt:"
Der bewußteste Teil des Proletariats ist … in Kiel die Rote Garde. Deswegen haben sich alle marxistisch-leninistischen Organisationen an Uni, Schule und PH unter ihre Führung gestellt."
Die RG habe eine Maizeitung erstellt und Flugblätter bei Hell, Howaldt, dem Marinearsenal und in der DGB Jugend (bes. IGM) verteilt.

Mit Maizeitung ist wohl der "AUFRUF - Die ROTE GARDE ruft alle Kieler Lehrlinge, Jungarbeiter und Angestellte auf zur 1.MAI-DEMONSTRATION mit anschließender Kundgebung" gemeint. Die Verantwortung für diesen Aufruf übernimmt Hans Baron. Außer mit dem Berufsbildungsgesetz und dem Krupp Stufenplan beschäftigt man sich u.a. auch noch mit der Entlassung von sechs Lehrlingen (darunter 2 Jugendvertreter) bei Hell.

Eine zweite Maidemonstration sei von DKP, SDAJ, AMS und Arbeitskreis Kieler Arbeiter und Studenten organisiert worden. Bei letzterem handele es sich um den ehemaligen Howaldt-Streikrat, "der korrumpierten Mißgeburt des Kieler Septemberstreiks", in dem "einige Genossen von uns eine überaus unrühmliche Rolle spielten." Die RGK habe nicht in das Aktionskomitee für die Demonstration hineingedurft und sollte so vom 1.Mai ausgeschlossen werden. Aber es kam ganz anders an, denn die zweite Demo sah so aus:"
10 Arbeiter!! Jungsozialisten!! Dann eine Reihe basisloser Cafeteria-Revolutionäre aus der Uni, ein paar Leute aus der Subkultur, dann die uns allen bekannten Führer der reaktionären DSU, Ganschow und Stypmann und … : Die Junge Union! … Die Gruppe wuchs später auf 250 Mann an." Wegen dieser Demo habe es später bei DKP und AMS Austritte gegeben.

Laut IKD beteiligen sich 500 an der Demonstration der Roten Garde Kiel (RGK), wovon je ein Drittel Schüler, Studenten und Lehrlinge waren. Eine Demonstration von Howaldt Arbeitskreis und Jusos, an der sich weitere Gruppen beteiligten, habe 250 Teilnehmer gehabt, darunter 30 bis 40 von den Jusos und 30 von der DKP. An den Berufsschulen seien Flugblätter von IKD, Jusos und RGK verteilt worden.
Q: Rote Skizze Nr. 3, Kiel Mai 1970

24.05.1970:

In Kiel bildet sich die Marxistisch-Leninistische Hochschulorganisation (MLHO-Kiel) aus Studenten, von denen ein erheblicher Teil dem SDS angehört hatte. Die Vorläufer der MLHO-Kiel waren die Roten Zellen Psychologie, Medizin, Ökonomie, Geschichte, Mathematik, Physik, Biologie, deren Organ 'Rote Skizze' (offizielle Studentenzeitung an der Universität Kiel) die MLHO übernimmt (vgl. Juni 1970). Im heute verabschiedeten Statut der MLHO ist die ideologische Unterordnung unter die unabhängige Rote Garde Kiel festgelegt. Die Organisation der MLHO weist vier Elemente auf: die Roten Zellen, die Aktivistenversammlung, das Zentrale Aktivistenkollektiv (ZAK/MLHO) und die Kommissionen. Aus der MLHO entwickelte sich eine Fraktion, die zur KPD/ML-ZK ging, während die andere vorher noch den Thälmann Kampfbund/ML gründete.
Q: Bartsch, Günter: Anarchismus in Deutschland, Bd. II/III (1965-1973), Hannover 1973, S. 59

Juni 1970:
Vermutlich im Juni erscheint die Nr. 33-35 der 'R – Zeitschrift der Schüler-Lehrlings-Gruppen & Clubs im BDP' (vgl. Mai 1970) für Juni bis August. Das "Material zur Klassenanalyse" enthält den "Versuch einer Klasseneinteilung" von der Roten Skizze Kiel.
Q: R – Zeitschrift der Schüler-Lehrlings-Gruppen & Clubs im BDP Nr. 33-35, Berlin Juni – Juli – August 1970

Juni 1970:
Die Kieler 'Rote Skizze' Nr. 4 (vgl. Mai 1970) erscheint für Juni in einer Auflage von 3 000 Stück unter der Überschrift "Ein großer Schritt vorwärts: Die Roten Zellen gründen die ML-Hochschulorganisation". Diese 'Rote Skizze' wurde von Zentralen Aktivistenkollektiv (ZAK) der Marxistisch-Leninistischen Hochschulorganisation (MLHO) redigiert und fand, laut Günter Bartsch, viel Beachtung innerhalb der bundesdeutschen Linken.

Gewarnt wird:"
Genossen

Einige Linkssektierer, die aus der MLHO ausgeschlossen wurden, versuchen zur Zeit in einigen Provinzstädten Fuß zu fassen. Dabei geben sie sich aber frecherweise als Mitglieder der Roten Zelle Psych/Med aus, z. B. in Schleswig und Niebüll. Wir wollen deshalb noch einmal klarstellen, daß von aus nur über das ZAK mit anderen Gruppen Kontakt aufgenommen wird."

Der Artikel "Die Gründung der MLHO - ein wichtiger Schritt nach vorn!" gliedert sich in die Abschnitte:
- "Das Ende der Studentenbewegung";
- "Die Suche nach dem revolutionären Subjekt", wobei im Punkt "Die linksopportunistischen Linien" auch auf den Arbeiterbund/ML Hamburg und die Zelle Produktion (ZP) Hamburg eingegangen wird;
- "Die Vorgeschichte der MLHO", wobei auch berichtet wird über die "Liquidierung des SDS" und den Zentralrat der Basisgruppen sowie "Die Entwicklung der Rotz Psych/Med", die unter Führung der Sex-Pol-Gruppe aus den Basisgruppen Psych und Med gegründet worden sei;
- "Von welchen theoretischen Überlegungen gingen die Aktivisten bei der Gründung der MLHO aus";
- "Welche Gruppen der Intelligenz können wir unterscheiden?", nämlich Produktionsintelligenz, Erziehungsintelligenz und Verwaltungsintelligenz; sowie
- "Welches sind die Aufgaben der Kommunisten im Bereich der Intelligenz?".

Enthalten sind auch das "Statut der MLHO" sowie der Arbeitsbericht der Rotz Psych/Med: "Ständig den Kampf gegen 'Links'- und Rechtsopportunismus führen!", der sich mit einem Renegaten-Papier befasst, welches sich auszeichne durch die "Anbetung des Rätemodells im proletarischen Bereich". Hierbei handelt es sich offenbar um die Vorläufer der Kommunistischen Räteorganisation (KRO) Kiel.

In "Wider den Psychologismus" wird auf Kritiken an dem zu rigiden Organisationsmodell der MLHO eingegangen.

Im Vorwort zu dem Artikel "Die Entwicklung einer ML-Linie der Roten Zelle PH & die Rotpunkt-Aktion in Flensburg" heißt es u.a."
Seit der Gründung der MLHO ist die Zusammenarbeit mit der Rotz PH-Flensburg und der RotzSchule-Flensburg über die Regionalkommission der MLHO institutionalisiert und entwickelt sich allmählich und kontrolliert voran. Um den Standpunkt dieser Gruppen in Flensburg zu stärken und ihnen eine Möglichkeit zur effektiven Propaganda zu geben, räumen wir einen Teil in unserem Organ ein."

Im Artikel selbst heißt es zu den Fahrpreiserhöhungen einleitend:" Die Durchführung einer gegen Tariferhöhungen der öffentlichen Verkehrsmittel gerichteten Rotpunkt-Aktion stiftete in den Flensburger ML-Gruppen einige ideologische Verwirrung." Neben Rotz PH und Rotz Schule gehört dazu auch die Rote Garde Flensburg, die allesamt in einem Aufbauprozeß befindlich seien. Beteiligt gewesen seien an der Aktionsgruppe Roter Punkt neben einigen Individuen des Sozialistischen Zentrums (SZ), die DKP, SDAJ, Jusos und der SHB. Die RotzPH Habe noch keine verbindliche und kontinuierliche Beziehung zur Roten Garde Flensburg, sondern nur zur Roten Zelle Schule, in der eine Minderheit weiterhin "überlebten antiautoritären und extrem demokratischen Ideologien" anhänge.
Q: Bartsch, Günter: Anarchismus in Deutschland, Bd. II/III (1965-1973), Hannover 1973, S. 59; Rote Skizze Nr. 4, Kiel Juni 1970

Juni 1970:
In Bonn erscheint die Nr. 2 der 'Kritischen Politik' (vgl. Apr. 1970, Okt. 1970). Während man die KPD/ML für irrelevant hält, wird zur Vorsicht vor Joscha Schmierer vom SDS Heidelberg, der Berliner Ruhrkampagne und der Kieler Gruppe um die 'Rote Skizze' geraten.
Q: Kritische Politik Nr. 2, Bonn Juni 1970

27.07.1970:
Es erscheint das 'Rote Blatt München' Nr. 13 (vgl. 13.7.1970, 28.9.1970). Im SIZ ist u.a. eingegangen die Kieler 'Rote Skizze' Nr. 4, über die Gründung der MLHO Kiel durch die Roten Zellen.
Q: Rotes Blatt München Nr. 13, München 27.7.1970

   Valid HTML 4.01 Transitional   Valid CSS

[ Zum Seitenanfang ]   [ nächste Zwischenübersicht ]   [ Hauptübersicht ]