Hamburg und Schleswig-Holstein:
Die Auseinandersetzungen um das Weihnachtsgeld und das 13. Monatseinkommen in der Metallindustrie von 1970 bis 1973

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin

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Zu den Auseinandersetzungen um das Weihnachtsgeld bzw. das 13. Monatseinkommen in der Metallindustrie in Hamburg und Schleswig-Holstein können hier bisher nur wenige Hinweise erschlossen werden. Wir bitten um Ergänzungen.

Einleitend für diese Darstellung wird das Weihnachtsgeld bei Duragd hamburg als Spaltungsmittel der Lehrlinge eingesetzt, aber offenbar erfolglos (vgl. Dez. 1970). Bei Heidenreich & Harbeck in Hamburg soll das Weihnachtsgeld im folgenden Jahr die Krankmeldungen verringern und Streiks verhindern (vgl. 11.10.1971, 25.10.1971), während bei der HDW Kiel das Tonnagegeld, also eine Jahresleistungsprämie, teilweise auf das Weihnachtsgeld angerechnet werden soll, was zu Streikaktionen führt (vgl. 2.11.1972).

In der wilden Streikwelle 1973 wird dann bei Kolbenschmidt Hamburg nicht nur eine Teuerungszulage gefordert, sondern auch das tariflich abgesicherte 13. Monatseinkommen (vgl. 3.7.1973), während im Herbst bei Hanomag Henschel zum vorläufigen Abschluß dieser Darstellung die volle Auszahlung des Weihnachtsgeldes ohne Anrechnung der Teuerungszulage mit Streik durchgesetzt werden muss (vgl. 15.10.1973, 16.10.1973, 1.11.1973).

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

Dezember 1970:
Der KJVD der KPD/ML-ZB (vgl. Feb. 1971) berichtet vermutlich aus dem Dezember:"
WEIHNACHTSGELD ALS 'ERZIEHUNGSMITTEL'?

Teile und Herrsche, dachte der Kapitalist der Firma Duragd in Hamburg, denn er fürchtete die Einheit seiner Lehrlinge.

Um Zwietracht unter den Lehrlingen zu säen, beschloß er, jedem Lehrling ein verschiedenes Weihnachtsgeld zu zahlen. Je nach ihrem 'Betriebszeugnis', das auch noch an einem Schwarzen Brett im Betrieb ausgehängt wurde, bekamen sie 50 DM oder gar nichts.

Aber der Kapitalist hatte sich verrechnet.

Die Lehrlinge fielen auf seinen Trick nicht herein.

'Wir sind fast ausschließlich in der Produktion beschäftigt, wie will man uns da bewerten?' fragte ein Lehrling.

Und zu Recht. Die einzige richtige 'Bewertung' kann hier nur heißen: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!

Für die Arbeit in der Produktion - Arbeiterlohn.

Die Lehrlinge haben einen Anfang gemacht. Sie warfen das gesamte Weihnachtsgeld in einen Topf und teilten es gleichmäßig auf."
Quelle: Der Kampf der Arbeiterjugend Nr. 2, Bochum Feb. 1971, S. 5

11.10.1971:
Das SALZ Hamburg gibt die Nr. 7 seines 'Metallarbeiter' (vgl. 4.10.1971, 25.10.1971) heraus mit dem Artikel "Angriff der Geschäftsleitung zurückschlagen" zur Staffelung des Weihnachtsgeldes nach der Anzahl der Krankheitstage bei Heidenreich und Harbeck.
Q: Der Metallarbeiter Nr. 7, Hamburg 11.10.1971, S. 7f

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25.10.1971:
Das SALZ Hamburg gibt die Nr. 8 seines 'Metallarbeiter' (vgl. 11.10.1971, 1.11.1971) heraus mit dem Artikel "Gebührende Antwort erteilen. Erpressungsversuch der Geschäftsleitung" bei Heidenreich und Harbeck, wo Kollegen, die streiken, kein Weihnachtsgeld erhalten sollen.
Q: Der Metallarbeiter Nr. 8, Hamburg 25.10.1971, S. 5

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02.11.1972:
In Kiel beginnt die Serie von Streiks auf der HDW, an denen sich, laut KOB Bremen, bis zu 3 000 Werftarbeiter beteiligen. Laut KPD/ML-ZK gibt es heute einen einstündigen Ausstand von 30 Kollegen im Werk Gaarden (vgl. 3.11.1972).

Der KSB Göttingen (vgl. 14.12.1972) berichtet:"
Am 2. Nov. dieses Jahres fanden zeitweilige Arbeitsniederlegungen auf der Kieler Howaldt-Werft statt. In der Woche darauf dehnte sich der Streik zu einer Bewegung von 2 000 bis 3 000 Kollegen aus. Grund des Streiks: Die Unternehmensleitung will Lohnkürzungen vornehmen, um den Gewinn zu erhöhen. Konkret: seit Jahren erhalten die Howaldt-Arbeiter 100 DM, sog. Tonnagegeld pro Jahr. Das ist eine Art Prämie, die für eine bestimmte Menge der an Reederei abgelieferten Tonnen gebauten Schiffe gezahlt wird. Jetzt soll das Tonnagegeld um 50 % gekürzt werden. 50,- DM will die Unternehmensleitung als Teil des Weihnachtsgeldes anrechnen (Weihnachtsgeld ist gleich 30 % eines Monatslohns, einmal im Jahr extra). Dieses Weihnachtsgeld wurde jedoch unabhängig vom Tonnagegeld in der Metalltarifrunde (MTR, d. Vf.) im Herbst letzten Jahres erkämpft."
Q: Roter Kurs Nr. 37, Göttingen 14.12.1972, S. 2; Roter Morgen Nr. 25, Hamburg 18.12.1972;Schulkampf Nr. 1, Bremen 10.1.1973

03.07.1973:
Das Branchenkollektiv Metall der Kommunistischen Gruppe Hamburg gibt die 'Informationen für die Kollegen der Metallindustrie Hamburgs' (vgl. 25.6.1973, 28.8.1973) heraus unter der Überschrift "Teuerungszulage - ein Schweigegeld!". Aufgefordert wird:"
Kolbenschmidt: Den Lohnkampf organisieren!

Bei Kolbenschmidt in Hamburg hat der Vertrauenskörper Ende vorletzter Woche eine ausreichende Forderung beschlossen: 70 Pf. mehr die Stunde für alle und ein 13. Monatsgehalt. Das ist eine richtige Forderung, die wir jetzt brauchen, um einigermaßen mit dem Geld über die Runden zu kommen. Für diese Forderung müssen alle Kollegen geschlossen eintreten. Deshalb ist eine Diskussion über diese Forderung mit den Vertrauensleuten im ganzen Betrieb notwendig. Diese Diskussion in Gang zu bringen, hat der Vertrauensleutekörper versäumt."

Geschildert werden:"
Forderungen aus Betrieben

Auch in Hamburg entwickelt sich eine zunehmende Front gegen Teuerung und Lohnraub.

So wurden in den verschiedenen Hamburger Betrieben folgendes besprochen und gefordert:
bei KOLBENSCHMIDT forderte der VLK 70 Pf mehr pro Stunde und ein 13. Monatsgehalt."
Q: Kommunistische Gruppe Hamburg: Informationen für die Kollegen der Metallindustrie Hamburgs Die Forderungen klären!, Hamburg 3. Juli 1973

15.10.1973:
Der Kommunistische Bund Westdeutschland Ortsgruppe Hamburg gibt seine 'Informationen für die Kollegen von Hanomag Henschel' (vgl. 27.9.1973, 19.10.1973) unter der Schlagzeile "Für die volle Auszahlung des Weihnachtsgeldes!" in einer Auflage von 1 000 Stück heraus.
Q: KBW-OG Hamburg: Informationen für die Kollegen von Hanomag Henschel Für die volle Auszahlung des Weihnachtsgeldes!, Hamburg 15.10.1973

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16.10.1973:
Die Ortsgruppe Hamburg des KBW gibt die 'Informationen für die Kollegen der Metall Industrie Hamburgs' (vgl. 2.10.1973, 31.10.1973) heraus. Berichtet wird:"
Bei Hanomag-Henschel gab es einen kurzen ersten Warnstreik, weil eine ausgezahlte Teuerungszulage von 250,- DM wieder vom Weihnachtsgeld abgezogen werden soll."
Q: KBW-OG Hamburg: Informationen für die Kollegen der Metall Industrie Hamburgs Auch in Hamburg: Die Initiative im Lohnkampf selbst in die Hand nehmen!, Hamburg 16. Okt. 1973

01.11.1973:
Die Ortsgruppe Hamburg des KBW gibt ihre 'Informationen für die Kollegen der Chemischen Industrie Hamburgs' (vgl. 28.8.1973, 27.11.1973) heraus, wobei berichtet wird:"
- Bei Hanomag-Henschel gab es einen Warnstreik, weil die ausgezahlte Teuerungszulage vom Weihnachtsgeld abgezogen werden soll."
Q: KBW OG Hamburg: Informationen für die Kollegen der Chemischen Industrie Hamburgs, Hamburg 1.11.1973

Letzte Änderungen: 2.1.2015

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