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Schwalm-Eder-Kreis

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 20.3.2008

Für diese wie immer unvollständige Darstellung wurden keine lokalen Dokumenten, die von den Zellen des KBW aus Borken und Melsungen teilweise vorlagen benutzt.

Der Schwalm-Eder-Kreis wird hier zunächst von APO-Aktivitäten im Rahmen der Heimkampagne des SDS Frankfurt (vgl. 13.9.1969) berührt.

Neben dem wichtigen Pharmabetrieb Braun Melsungen (vgl. 7.12.1970), dessen Belegschaft sich an der Chemietarifrunde 1971 kämpferisch beteiligt (vgl. 16.6.1971), ist auch die PREAG Borken von Bedeutung, zunächst allein für den Bergbau (vgl. Feb. 1971, 1.1.1972, 24.9.1972, März 1973). Die Textilindustrie dagegen scheint von Stilllegung betroffen (vgl. 8.3.1971). Aufmüpfige Jugendvertreter werden offenbar aus den Betrieben herausgesäubert (vgl. 12.9.1973) während rechtsradikale Stoßtrupps staatstreu agieren können (vgl. Okt. 1973).

Die Bundeswehr ist im Schwalm-Eder-Kreis ebenfalls präsent, wobei nicht nur die Übereinstimmung der Berichterstattung zwischen der Kasseler SSKs, der KPD Bielefeld und der Gruppe Arbeiterstimme auffällt (vgl. Feb. 1974, Apr. 1975, 10.3.1976), sondern auch die Strategie der Linksradikalen, in Fritzlar eine ÖTV-Soldatengruppe zu gründen (vgl. 8.5.1974), was diese aber nicht vor den üblichen Repressionen schützte.

In der Justizvollzugsanstalt (JVA) Schwalmstadt sitzen damals offenbar politische Gefangene ein (vgl. 20.9.1975, 27.9.1975, 15.11.1975) was zu Protesten vor der Anstalt Anlass bietet (vgl. 18.10.1975), ebenso wie vorläufig abschließend das Atomkraftwerk Borken der Preussag bzw. PREAG (vgl. 17.11.1976, Dez. 1976, 1.5.1980).


Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

13.09.1969:
Der SC Frankfurt gibt sein 'Info' Nr.12 (vgl. 6.9.1969, 20.9.1969) heraus. Eingegangen wird auch auf den Kampf der Jugendlichen aus den Erziehungsheimen, die mittlerweile nicht mehr nur aus Staffelberg, sondern auch aus den Heimen Wabern, Rengshausen und Steinmühle geflohen sind (vgl. 23.7.1969, 6.9.1969, 12.9.1969).
=SC-Info Nr.12,Frankfurt 13.9.1969

07.12.1970:
Die KPD/ML-ZB berichtet vermutlich aus dieser Woche:"
Nachdem die Braun 'Medizinisch-Pharmazeutischen Werke' Melsungen bereits 70 Arbeitern gekündigt hatten, wurde jetzt für 500 Arbeiter Kurzarbeit eingeführt."
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.58,Bochum 12.12.1970,S.8

Februar 1971:
Die IGBE (vgl. 15.3.1971) berichtet vermutlich aus dem Februar von der PREAG:"
10 PROZENT MEHR

Es gibt 10 Prozent mehr Lohn und Gehalt im hessischen Braunkohlenbergbau ab 1.Februar. Das ist das Ergebnis der Tarifverhandlungen zwischen dem Arbeitgeberverband des hessischen Braunkohlenbergbaus e.V. und der IG Bergbau und Energie.

Die Arbeiter in den bergbaulichen Abteilungen Borken und Wölfersheim der Preußenelektra erhalten neben der Lohnerhöhung pauschale Monatsbeiträge unterschiedlich in den einzelnen Lohngruppen zwischen 5 und 22 DM, die in die Lohntafel eingebaut sind.

Den Angestellten in diesem Bereich wird neben der 10prozentigen Gehaltserhöhung eine Einmalzahlung von 120 DM gewährt. Außerdem erhalten alle Arbeitnehmer im Bergbau der Preußenelektra ab 1.Januar 1971 vermögenswirksame Leistungen von 26 DM pro Monat."
=Einheit Nr.6 und 7,Bochum 15.3.1971 bzw. 1.4.1971,S.1 bzw. S.4

08.03.1971:
Die KPD/ML-ZB berichtet vermutlich aus dieser Woche:"
Die Kasseler TEXTILFABRIK SALZMANN UND COMP. wird in diesem Jahr einen großen Teil ihrer Produktion einstellen. 440 Kollegen sollen in den drei Betrieben in Kassel-Bettenhausen, Verna und Schwarzenborn entlassen werden. Angeblich sollen die Arbeitsplätze zum Teil durch andere Firmen übernommen werden."
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.20,Bochum 13.3.1971,S.8f

16.06.1971:
Ab heute wird, laut KPD, bei Braun Melsungen gestreikt (vgl. 22.6.1971).
=Rote Fahne Nr.21,Berlin Juli 1971

01.01.1972:
Die IGBE gibt ihre 'Einheit' Nr.1 (vgl. 15.12.1971, 15.1.1972) nun mit dem neuen Untertitel "Zeitung für Mitglieder der IG Bergbau und Energie" heraus. Auf Seite 3 heißt es:"
ZWÖLF MONATE TARIFARBEIT: MEHR GELD - MEHR FREIZEIT
...
PREUSSISCHE ELEKTRIZITÄTS AG (PREAG,d.Vf.): 1 600 Beschäftigte; Neufassung eines Tarifvertrages über Weihnachtsgeld; Ergebnisbeteiligung u.a. für die Arbeitnehmer in den bergbaulichen Betrieben der Abteilungen Borken und Wölfersheim."
=Einheit Nr.1,Bochum 1.1.1972

24.09.1972:
Laut IGBE (vgl. 15.12.1971, 15.5.1972) soll heute in Hannover ihr 10. Gewerkschaftskongreß (vgl. 30.9.1971) beginnen (vgl. 3.1.1972), der am 28.9.1972 abgeschlossen sein soll und auch in Borken aktiv vorbereitet wurde.
=Einheit Nr. 15, Bochum 1.8.1972

März 1973:
Die IGBE (vgl. 1.4.1973) berichtet vermutlich aus dem März:"
PREAG BORKEN
TARIFVERTRAG ABGESCHLOSSEN

Die IG Bergbau und Energie hat nach schwierigen Verhandlungen für die Arbeitnehmer in der PREAG-Betriebsabteilung Borken höhere Einkommen und höhere vermögenswirksame Leistungen vereinbart. Die geltenden Vergütungssätze werden rückwirkend ab 1.Februar 1973 um 9,65 Prozent erhöht. Die vermögenswirksamen Leistungen wurden um 13 DM auf 39 DM pro Monat angehoben. Außerdem werden die Ausbildungsbeihilfen angehoben."
=Einheit Nr.7,Bochum 1.4.1973,S.5

12.09.1973:
Die KPD gibt ihre 'Rote Fahne' Nr.37 (vgl. 5.9.1973, 19.9.1973) heraus.
Es wird eine Liste von Betrieben veröffentlicht, in denen es zur Entlassung bzw. Nichtübernahme von Jugendvertretern kam, u.a. in je einem Betrieb in Fritzlar und Homberg.
=Rote Fahne Nr.37,Dortmund 12.9.1973

Oktober 1973:
Die Sozialistische Arbeitsgemeinschaft (SAG) Alsfeld gibt vermutlich im Oktober die Sept./Okt. datierte Nr.8 ihres 'Roten Oberhess' (RO - vgl. 9.7.1973)- Lehrlings- und Jungarbeiter-Zeitung der SAG - heraus. In "Nach RECHTS ist dieser Staat taub!" heißt es:"
Innenminister Bielefeld (FDP) gestattete ein faschistisches Jugendlager in Sebbeterode/Krs. Ziegenhain. Obwohl dieses Treffen aufgrund zahlreicher Proteste in Antwerpen (Belgien,d.Vf.) verboten wurde, konnten faschistische Jugendorganisationen, die unter anderem aus Spanien, Portugal und den USA kamen sowie verschiedene extremnationalistische deutsche Verbände, unter dem NPD-Emblem eine faschistische 'Jugendinternationale' durchführen. Einer der anwesenden 'Berufsjugendlichen' konnte TROTZ des sog. Extremisten-Erlasses (BV,d.Vf.) damit prahlen, daß er, obwohl er seit acht Jahren Mitglied der NPD ist, in den hessischen Staatsdienst aufgenommen wurde."
=Der Rote Oberhess Nr.8,Alsfeld Sept./Okt. 1973

Februar 1974:
Die Sozialistischen Schüler und Studenten Kassel (SSKs) geben erstmals ihre 'Auseinandersetzung' (vgl. Apr. 1974) heraus. Berichtet wird u.a. von Henschel Kassel und von der Bundeswehr vom RakArtlBtl. 22 in Treysa.
=Auseinandersetzung Nr.1,Kassel Feb. 1974

08.05.1974:
Der KJV der KPD gibt seine 'Kämpfende Jugend' (KJ) Nr.8 (vgl. 24.4.1974) heraus und berichtet u.a. von der ÖTV Soldatengruppe Fritzlar.
=Kämpfende Jugend Nr.9,Dortmund 8.5.1974

12.06.1974:
In der Nr.24 ihrer 'Roten Fahne' (vgl. 5.6.1974, 15.5.1974) berichtet die KPD u.a. über Spenden für den Parteitag. Diese gingen u.a. ein aus Ziegenhain.
=Rote Fahne Nr.24,Dortmund 12.6.1974

03.07.1974:
In der Nr.27 ihrer 'Roten Fahne' (vgl. 26.6.1974, 10.7.1974) berichtet die KPD u.a. über Parteitagsspenden. Diese gingen u.a. ein aus Seigertshausen.
=Rote Fahne Nr.27,Dortmund 3.7.1974

21.09.1974:
Die KPD/ML gibt ihren 'Roten Morgen' (RM) Nr.38 (vgl. 14.9.1974, 28.9.1974) heraus. Erwähnt werden auch die JVA Schwalmstadt und Frankfurt-Preungesheim.
=Roter Morgen Nr.38,Dortmund 21.9.1974

April 1975:
Das KPD-Büro Bielefeld gibt vermutlich im Frühjahr 1975 ein Flugblatt heraus:"
Mit der heutigen Militärshow und der Polizeishow am letzten Samstag versucht die SPD/FDP-Regierung ihre Unterdrückungsinstrumente bei der Bevölkerung anzubiedern. Mit Erbsensuppe und Blasmusik soll über die wirklichen Aufgaben der Bundeswehr hinweggetäuscht werden. Durch das folgende Beispiel wollen wir eine der Aufgaben der Bundeswehr verdeutlichen:

'RÖMERKASTELL' im Raum Treysa, durchgeführt von der 2.Jägerdivision. Lageschilderung: Bei Henschel in Kassel wurde wild gestreikt. 'Rote Banden' würden den Betrieb besetzen, nachdem weder Betriebsleitung noch Gewerkschaften (gemeint sind die Gewerkschaftsbonzen) die Arbeiter hätten beruhigen können. Vor dem Gießener 'Scharnhorstlager' (Munitionslager) würde die Polizei nicht mehr mit 'Demonstranten' fertig. Die Bundeswehr würde eingesetzt.

Zusammen mit den zahlreichen ähnlichen Manövern und Übungen im ganzen Bundesgebiet beweist dies:
DIE BUNDESWEHR IST EIN UNTERNEHMERHEER ZUR UNTERDRÜCKUNG DER ARBEITERKLASSE UND DES GANZEN VOLKES. SIE IST EIN UNTERDRÜCKUNGSINSTRUMENT NACH INNEN!"
=KPD-Büro Bielefeld:Mit der heutigen Militärshow...,Bielefeld o.J. (1975)

14.04.1975:
Der Spartacusbund (SpB) gibt sein 'Spartacus' Nr.15 (vgl. März 1975, 1.5.1975) heraus. Leserbriefe kommen u.a. aus Neuenhain.
=Spartacus Nr.15,Essen 14.4.1975

20.09.1975:
Die KPD/ML gibt ihren 'Roten Morgen' (RM) Nr.38 (vgl. 13.9.1975, 27.9.1975) heraus. Erwähnt wird auch die JVA Schwalmstadt.
=Roter Morgen Nr.38,Dortmund 20.9.1975

27.09.1975:
Die KPD/ML gibt ihren 'Roten Morgen' (RM) Nr.39 (vgl. 20.9.1975, 4.10.1975) heraus. Erwähnt wird auch die JVA Schwalmstadt.
=Roter Morgen Nr.39,Dortmund 27.9.1975

18.10.1975:
Die KPD/ML gibt ihren 'Roten Morgen' (RM) Nr.42 (vgl. 11.10.1975, 25.10.1975) heraus. Die RHD OG Marburg führte eine Kundgebung vor der JVA Schwalmstadt durch.
=Roter Morgen Nr.42,Dortmund 18.10.1975

15.11.1975:
Die KPD/ML gibt ihren 'Roten Morgen' (RM) Nr.46 (vgl. 8.11.1975, 22.11.1975) heraus. Erwähnt wird auch die JVA Schwalmstadt.
=Roter Morgen Nr.46,Dortmund 15.11.1975

10.03.1976:
Die Gruppe Arbeiterstimme-Minderheitsgruppe bzw. Montagsfraktion gibt erstmals ihre 'Arbeiterstimme' (ARSTI - vgl. 15.6.1976) heraus. Aus Hessen wird berichtet vom RakArtlRegt22 in Treysa und von Thyssen-Henschel (IGM-Bereich) Kassel.
=Arbeiterstimme Nr.1,Nürnberg 10.3.1976

11.03.1976:
Zum Abschluss des Warnstreiks der Fachschulen für Sozialpädagogik beteiligen sich, laut SSKs Kassel (vgl. 22.3.1976), an der Demonstration in Kassel Schüler aus Kassel, Marburg und Hephata im Schwalm-Eder-Kreis.
=Auseinandersetzung Schülerausgabe Nr.19,Kassel März/Apr. 1976

17.11.1976:
In Kassel besuchen, laut KB, ca. 30 Mitglieder der BI gegen das AKW Borken die Eröffnungsveranstaltung der staatlich organisierten Reihe 'Umdenken - Umschwenken'. Es kommt zu einem Polizeieinsatz.
=Arbeiterkampf Nr.96,Hamburg 10.1.1977

Dezember 1976:
In Borken beteiligen sich, laut KB/Gruppe Kassel, vermutlich im Dezember über 300 Personen an einer Kundgebung gegen das AKW. Bei der AKW-Betreiberin Preussag (IGBE-Bereich) seien allerdings im Braunkohlekraftwerk und -tagebau allein 1 200 beschäftigt.
=Arbeiterkampf Nr.96,Hamburg 10.1.1977

13.12.1977:
Der AB gibt seine 'Kommunistische Arbeiterzeitung' (KAZ) Nr.127/128 (vgl. 3.12.1977) heraus. Die Kämpfende Jugend (KJ) berichtet aus Hessen vom Raketenbataillon 22 in Schwalmstadt.
=Kommunistische Arbeiterzeitung Nr.127/128,München 13.12.1977

01.05.1980:
Laut KB beteiligen sich an einer 1. Mai-Demonstration des DGB in Marburg ca. 1 000 Menschen.
"Die Linke hatte hauptsächlich nach Borken mobilisiert und war auf der Demo nur am Rande vertreten."
=Arbeiterkampf Nr.176,Hamburg 5.5.1980,S.6

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