AKW Biblis

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 26.5.2011

Vom Atomkraftwerk Biblis berichtet in dieser Darstellung zuerst der KBW (vgl. 8.10.1973), wenn dieser auch zunächst erst einmal das Kraftwerk Frankfurt-Fechenheim bekämpft. Aufgegriffen wird das Thema in dieser Darstellung erneut durch die KPD/ML (vgl. 4.10.1975), deren frischgebackene örtliche Vertretung (vgl. 24.4.1976) aber zunächst einmal die selig erleuchtet strahlenden Meditierenden angreift (vgl. 27.3.1976) als das fröhlich vor sich hin strahlende AKW, welches noch zwei Monate auf die nächste hier dokumentierte Demonstration warten muss (vgl. 23.5.1976). Die SAG berichtet (vgl. 17.11.1976), die Rote Garde Bergstraße (RG) der KPD/ML führt eine vergleichsweise (vgl. 29.4.1977) zahlreich besuchte gegen das AKW Biblis durch (vgl. 28.11.1976), über die technischen Details informiert die DKP Schleswig-Holstein (vgl. Dez. 1976).

Im Sommer 1977 wird gegen das AKW Biblis gezeltet (vgl. 24.6.1977), demonstriert (vgl. 26.6.1977) und bundesweit über die Taktik im Kampf gezetert (vgl. 17.7.1977). Im Herbst 1977 (vgl. 4.11.1977) kommt es auch in Biblis zu vermutlich gesetzeswidrigen Aktionen.

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

08.10.1973:
Für den KBW berichtet J.F. vermutlich u.a. aus dieser Woche:"
GROSSVERSCHMUTZER KRAFTWERK FECHENHEIM
WEM NÜTZT DAS GROSSKRAFTWERK?

Mit riesigen Anzeigen in lokalen Zeitungen und Lokalausgaben der Frankfurter Rundschau wirbt derzeit die Stadt Frankfurt bei der Bevölkerung um Verständnis für den Bau eines Mammutkraftwerks (Leistung 600 Megawatt, Endausbaustufe 1 500 Megawatt).

Berechnungen haben ergeben, daß der Ausstoß des Schwefeldioxyds bei der Endausbaustufe reichen würde, um einen Luftraum von 60 mal 60 km bei 200m Höhe gesundheitsgefährdend zu vergiften. (Das entspricht dem Raum von Mainz bis Aschaffenburg und Darmstadt bis Friedberg.) Schon jetzt steigt die Schadstoffkonzentration in Frankfurt und Umgebung bei 'austauscharmen Wetterlagen' (das sind 100 von 300 Tagen) auf mehr als das Doppelte der behördlich vorgeschriebenen Höchstkonzentration an. Die Folgen des dann auftretenden Smogs sind Kopfweh, Übelkeit, Erbrechen und Schwierigkeiten mit den Atemwegen. Durch die vielfach erhöhte und andauernde Smogbildung des geplanten Kraftwerks werden längerfristige Krankheiten wie Asthma, Bronchitis, Rachitis (besonders bei Kindern) und die Wahrscheinlichkeit von Krebs stark zunehmen.

In der BRD sollen in den nächsten Jahren zwei Dutzend Kernkraftwerke (AKW,d.Vf.) gebaut werden, die zwischen 1 200 und 2 450 Megawatt Leistung erbringen. Eines davon wird schon im Juni 1974, 60 km von Frankfurt entfernt (bei Biblis) fertiggestellt. Die erste Ausbaustufe mit 1 200 MW allein ist nach Ansicht ihrer Erbauer imstande, 'mehrere Millionenstädte mit Strom zu versorgen'. Die zweite, 1 240 MW liefernde Ausbaustufe ist im Bau und soll in drei Jahren betriebsbereit sein, also noch vor der Fertigstellung des Fechenheimer Kraftwerks (1979). Auch in Ludwigshafen, bei Schweinfurt, bei Bad Breisig (Koblenz) und an der Oberweser werden bereits Planstudien für ähnliche Kraftwerke angefertigt. 'Mit anderen Worten: Rund um das Ballungsgebiet Rhein-Main-Kinzig werden Kernkraftwerke gebaut, die rund 8 400 MW Leistung bringen, ohne die Umwelt zu verseuchen. Was soll unter diesen Umständen in einem Gebiet, das von rund 1,5 Millionen Menschen bewohnt wird, eine solche 'Dreckfabrik'?' (Offenbachpost, 17.7.1973)"
Quelle: Kommunistische Volkszeitung Nr.5,Mannheim 24.10.1973,S.16

04.10.1975:
Die KPD/ML gibt ihren 'Roten Morgen' (RM) Nr. 40 (vgl. 27.9.1975, 11.10.1975) heraus und berichtet vom AKW Biblis: "Bespitzelung soll ein neues Wyhl verhindern".
Q: Roter Morgen Nr. 40, Dortmund 4.10.1975, S. 2

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23.05.1976:
In Biblis beteiligen sich, laut KPD/ML, rund 1 000 an einer Anti-AKW-Kundgebung, u.a. auch die eigene Rote Garde (RG) Bergstraße.
Q: Roter Morgen Nr. 23, Dortmund 5.6.1976, S. 12

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07.08.1976:
Die KPD/ML gibt ihren 'Roten Morgen' (RM - vgl. 31.7.1976, 14.8.1976) Nr. 32 heraus und berichtet vom AKW "Vor der Bevölkerung vertuscht – Schwere Schäden am KKW Biblis".
Q: Roter Morgen Nr. 32, Dortmund 7.8.1976, S. 12

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28.08.1976:
Die KPD/ML gibt ihren 'Roten Morgen' (RM - vgl. 21.8.1976, 4.9.1976) Nr. 35 heraus. Aus Hessen wird berichtet vom AKW "Vor der Bevölkerung geheimgehalten – Katastrophenabwehr-Plan in Biblis".
Q: Roter Morgen Nr. 35, Dortmund 28.8.1976, S. 12

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17.11.1976:
Die SAG gibt die Nr.13 ihrer 'Sozialistischen Arbeiter Zeitung' (vgl. 5.11.1976, Dez. 1976) heraus und berichtet vom AKW Biblis.
Q: Sozialistische Arbeiter Zeitung Nr.13,Frankfurt 17.11.1976

28.11.1976:
Heute führt die RG Bergstraße der KPD/ML in Bensheim eine Veranstaltung gegen das AKW Biblis mit, nach eigenen Angaben, rund 40 Personen durch.
Q: Roter Morgen Nr.48 und 52/53,Dortmund 26.11.1976 bzw. 24.12.1976

Dezember 1976:
Der DKP Bezirksvorstand Schleswig-Holstein gibt eine zweiseitige DIN A 3 Ausgabe des 'DKP Report' - Zeitung der DKP Schleswig-Holstein - zum Anti-AKW-Kampf heraus. In einem Artikel heißt es:"
SICHERHEIT GEHT VOR PROFIT

Die Bürger unseres Landes fühlen sich zurecht belogen und betrogen. Die Atompropagandisten erklären, es gehe ihnen um billige Energie für die Zukunft. Sie verschweigen, daß es ihnen zuerst um ihren Profit geht. Die Atompropagandisten behaupten, die Atomkraft sei gebändigt und ungefährlich.

SICHERHEITSPROBLEME BEI KERNKRAFTWERKEN

An erster Stelle aller Probleme steht die Sicherheit der Bevölkerung und der Umwelt. Es geht hier um die Existenz, die Lebensgrundlage unserer Bevölkerung. Nicht nur der jetzt lebenden Generation, sondern auch der kommenden Generationen. Es geht also schlechtweg um unsere Zukunft. Welche Gefahren bestehen bei Kernkraftwerken?

Es besteht die Gefahr der Verstrahlung. Sie ist mit dem Normalbetrieb jedes Kernkraftwerkes verbunden, sie wird besonders groß bei Havarien. Allein zwischen 1972 - 1974 sind in der Bundesrepublik 16 Kernkraftwerkshavarien bekannt geworden (die wirkliche Zahl mag größer sein), bei denen zum größten Teil radioaktives Material in die Luft oder ins Wasser oder in den Boden gekommen ist.

Das Kernkraftwerk Biblis (in Hessen,d.Vf.), als Wunderwerk der Technik und als absolut sicher gepriesen, mußte längere Zeit stillgelegt werden und wurde trotz Haarrissen im Speisewasserbehälter wieder in Betrieb genommen. Inzwischen wurde es schon wieder abgeschaltet. Es zeigt sich, daß hier wohl aller Grund besteht, die Gefährdung durch Verstrahlung bei Havarien sehr ernst einzuschätzen. Es ist auch ein offenes Geheimnis, daß es bei Kernkraftwerken keine wirklich wirksame öffentliche staatliche Kontrolle gibt. Das ist bereits daraus zu ersehen, daß 1973 im Bundesinnenministerium im Bereich Sicherheit von Kernkraftwerken und Reaktoren 45 Planstellen vorhanden, aber nur 32 besetzt waren. Aber man will bis 1985 50 Kernkraftwerke bauen. Also pro besetzte Planstelle anderthalb Kernkraftwerke."
Q: DKP-Report,Kiel Dez. 1976

24.06.1977:
Die KPD/ML gibt ihren 'Roten Morgen' (RM) Nr. 25 (vgl. 17.6.1977, 1.7.1977) heraus. Enthalten ist auch eine Korrespondenz der Roten Garde Bergstraße zum Kampf gegen das AKW Biblis.
Q: Roter Morgen Nr. 25, Dortmund 24.6.1977, S. 5

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24.06.1977:
Beim AKW Biblis soll heute, laut SAG, ein Zeltlager bis zum 27.6.1977 beginnen (vgl. 26.6.1977).
Q: Sozialistische Arbeiterzeitung o.Nr.(25),Frankfurt o.J. (1977)

26.06.1977:
Die Gruppe Arbeiterstimme-Mehrheitsgruppe gibt ihre 'Arbeiterstimme' (ARSTI - vgl. 9.3.1977, 20.9.1977) Nr.3/4 (29/30) heraus. Berichtet wird vom AKW Biblis.
Q: Arbeiterstimme Nr.3/4,Nürnberg 26.6.1977

26.06.1977:
In Biblis demonstrieren, laut und mit KPD/ML, 2 500 Personen, u.a. Bauern, gegen das AKW. Laut SAG demonstrieren 3 000 gegen das AKW (vgl. 24.6.1977), gegen das bereits 55 000 Unterschriften gesammelt wurden.
Q: Sozialistische Arbeiterzeitung o. Nr. (25) und Nr. 26, Frankfurt o.J. (1977) bzw. 6.7.1977; Roter Morgen Nr. 27, Dortmund 8.7.1977, S. 8

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17.07.1977:
Das KPD-RK NRW (vgl. 8.8.1977) berichtet aus der Anti-AKW-Bewegung über die für den 27./28.8.1977 geplante Bundeskonferenz bzw. über ein auf heute datiertes, vermutlich bundesweites, KB-Papier aus Hamburg:"
INTERNES PAPIER DES KB ZUR VERHINDERUNG EINER BUNDESKONFERENZ

'Ein Bundeskongreß ist aus mehreren Gründen nicht richtig:

1. Die NRW-Initiativen und der Planungsausschuß Kalkar können nicht einen derartigen Kongreß beschließen, ohne vorher mit den anderen Landesverbänden/BIs Rücksprache genommen zu haben,

2. hat eine klare Mehrheit auf dem letzten Bundeskongreß in Hannover (vgl. 14.5.1977,d.Vf.) einen eindeutigen Beschluß zur nächsten Bundeskonferenz gefaßt. Er besagt, daß dieser Kongreß im Zusammenhang mit Aktionswochen im September einberufen und über weitere Aktionen beschließen soll,

3. unsinnig ist es auch, einen Bundeskongreß - wie in der TO vorgeschlagen - allein auf der Basis der Kalkar-Aktion einzuberufen. In der Anti-AKW-Bewegung stehen schon jetzt eine Reihe von Aufgaben an, die bei der weiteren Planung berücksichtigt werden müssen: Für Philippsburg II ist eine Baugenehmigung erteilt, in Ohu II steht sie kurz bevor, In Esenshamm droht jeden Augenblick die Inbetriebnahme, in Biblis soll der Block C im Gefolge des 'Erörterungsverfahrens' in Bau gehen, in Gorleben sind Bohrungen zu erwarten…"
Q: KPD-RK NRW: Stellungnahme der KPD zur Verhinderung einer Bundeskonferenz am 27./28.August, Dortmund o.J. (Aug. 1977),S.4

27.07.1977:
Die KPD/ML gibt ihren 'Roten Morgen' (RM) Nr. 29 (vgl. 22.7.1977, 5.8.1977) heraus. Berichtet wird vom AKW "Biblis: Block C stillgelegt".
Q: Roter Morgen Nr. 29, Dortmund 27.7.1977, S. 12

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04.11.1977:
In Biblis wird, laut SAG, das Informationszentrum der RWE besetzt.
Q: Sozialistische Arbeiterzeitung Nr.35,Frankfurt 16.11.1977

Februar 1978:
Die Gruppe Arbeiterstimme-Minderheitsgruppe bzw. Montagsfraktion gibt ihre 'Arbeiterstimme' (ARSTI - vgl. 28.11.1977) Nr. 3/4 für 1977, laut der Mehrheitsgruppe (vgl. 6.3.1978), erst im Februar 1978 heraus. Berichtet wird u.a. über Anti-AKW-Bürgerinitiativen (BIs) bzw. Proteste in Biblis.
Q: Arbeiterstimme Nr. 1/2 bzw. 3/4, Nürnberg 6.3.1978 bzw. Nürnberg 1977

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