RGO-Nachrichten, 4. Jg., Juli/August 1981, Nr. 7/8

Juli 1981:
Die RGO gibt ihre „RGO-Nachrichten“ als Doppelnummer Nr. 7/8 1981, heraus.

Inhalt der Ausgabe ist u. a.:
- Telefunken/Westberlin: RGO-Betriebsrätin in Aktion gegen Arbeitsplatzabbau
- Stahl: 50. 000 Arbeitsplätze bedroht
- DGB - Bundesfrauenkonferenz
- Rechtliche Tipps
- Skandal bei Opel: Betriebsrat soll als Spitzel geworben werden
- Revolutionäre Gewerkschaftsopposition in England gegründet.
- Den nächsten Krieg gewinnt der Tod.

Im Artikel „Skandal bei Opel“ heißt es:

„Die Behauptung des Innenministers Baum, der Verfassungsschutz werde keine Spitzeldienste mehr in den Betrieben leisten, hat sich jetzt durch einen unglaublichen Vorfall bei Opel in Bochum als Märchen herausgestellt. Am 10. Juni berichtete der Betriebsrat Peter Jasczyk auf einer Vertrauensleuteversammlung bei Opel in Bochum, dass ein Agent des Verfassungsschutzes versucht habe, ihn als Spitzel zum Aushorchen des Betriebsrates und der IG Metall anzuwerben. Der Betriebsrat jedoch hatte die Gelegenheit wahrgenommen, bei einem Treff in seiner Wohnung am 1. Juni seinerseits den Spitzel nach dessen Auftrag und Auftraggeber auszufragen. Ganz freiwillig aber soll der Agent seine Informationen dabei nicht preisgegeben haben. Zunächst jedoch wahrte der Verfassungsschutz peinliches Stillschweigen über diesen Vorfall. Er wollte wohl seine geheime Wühltätigkeit in den Betrieben nicht gefährdet sehen, nachdem bereits vor Monaten ein Sturm der Empörung gegen diese Bespitzelungen durchs Land gegangen war.

Das änderte sich jedoch schlagartig, als Peter Jasczyk selber den Anwerbeversuch an die Öffentlichkeit brachte. Jetzt - knapp drei Wochen nach dem eigentlichen Vorfall - tauchen in einer breiten Presskampagne Horrormeldungen auf, der Spitzel sei stundenlang Skandal bei Opel ‘gefoltert‘ worden, er liege lebensgefährlich verletzt in einem geheim gehaltenen Krankenhaus und so weiter und so fort. Die Methode ist durchsichtig: Das Opfer soll zum Täter gemacht, der Spieß soll umgedreht werden. Abgelenkt wird so zudem von dem wirklichen Skandal, dass hier weiterhin durch den Verfassungsschutz in den Betrieben rumspioniert wird, dass Informationen über fortschrittliche Gewerkschafter gesammelt werden, um sie zu gegebener Zeit auszuschalten.

Die Verantwortlichen der IG Metall, die hier eigentlich gefordert wären, Solidarität mit Peter Jasczyk zu üben und dem Treiben des Verfassungsschutzes endlich Einhalt zu gebieten, sprechen lediglich sehr zweideutig von einem ‘höchst delikaten Vorfall‘. Dabei zeigt der Fall des Hamburger Gewerkschafters Gaßmann (siehe unten stehender Artikel, d. Verf.), was passiert, wenn man in die Fänge des Spitzels gerät und dies nicht rechtzeitig bekanntmacht. Jasczyk mußte so handeln, um nicht hinterher mit der Drohung erpressbar zu sein, er habe Kontakt zum Verfassungsschutz gehabt.

Die Gewerkschaft ist jetzt gefordert, endlich klare Verhältnisse zu schaffen, Licht in dieses Dunkel zu bringen, den Sumpf der Spitzelei auszutrocknen und ihre Mitglieder unzweideutig gegen solche Machenschaften in Schutz zu nehmen. Sie muss sich jetzt klar zu den Forderungen stellen: Das inzwischen eingeleitete Ermittlungsverfahren gegen P. Jasczyk muss sofort eingestellt werden! Raus mit dem Verfassungsschutz aus den Betrieben! Verbot jeglicher Bespitzelung der Belegschaft und ihrer betrieblichen und gewerkschaftlichen Vertreter!“

In einem weiteren Artikel „Spionagevorwurf: IGM-Sekretär seit Wochen in Haft“ heißt es:

„Ende März wurde in Hamburg der Bildungssekretär der IG Metall, Hermann Gaßmann, verhaftet. Seitdem - also nunmehr seit über zwölf Wochen - sitzt er, teilweise sogar unter unmenschlichen Bedingungen, in Einzelhaft, ohne dass bisher ein Haftprüfungstermin durchgeführt, geschweige denn öffentlich Anklage erhoben worden wäre. Das Bundeskriminalamt (BKA) bezichtigt ihn der Spionage. Handfeste Beweise wurden bisher jedoch keine vorgelegt. Inzwischen hat dieser Fall in giert. Außerdem hatte er sich Hamburger Gewerkschafter-Kreisen und bereits darüber hinaus große Empörung und einige Aktivitäten ausgelöst. So fand bereits Mitte Mai in Hamburg eine Veranstaltung dazu statt, an der sich über 150 Gewerkschafter beteiligten.

Einstimmig forderten die dort versammelten Kollegen in einer Resolution die Ortsverwaltung der IGM auf, endlich etwas zu unternehmen und Schritte zur Freilassung des Kollegen einzuleiten. Der Fall Hermann Gaßmann wurde in Verbindung gebracht mit den Polizeieinsätzen gegen Gewerkschafter, Strafanzeigen gegen IGM-Bevollmächtigte in der Tarifrunde und die allgemeine Hetze über die angebliche ‘kommunistische Unterwanderung der Gewerkschaften‘. Paralellen zu ähnlichen Fällen der Vergangenheit wurden aufgezeigt, die nach jahrelangen Ermittlungen im Sande verliefen, jedoch den politischen Tod des jeweils Betroffenen herbeiführten (Heinz Dürrbeck).

Der Kollege Gaßmann hatte sich in der Kampagne gegen die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik, der Kampagne ‘Kampf dem Atomtod‘ und gegen die Notstandsgesetze engagiert. Außerdem hatte er sich zusammen mit anderen Gewerkschaftern dagegen gewehrt, dass die Hamburger Metallindustrie immer mehr durch Rüstungsproduktion bestimmt wird. Es liegt also der Verdacht nahe, dass im Hintergrund handfeste Interessen bei der Verhaftung von Hermann Gaßmann im Spiel sind. Besonders angegriffen wurde in der Resolution die Haltung der IGM-Führung, die. Statt Freilassung Gaßmanns eine ‘umfassende und schnelle Aufklärung‘ forderte und von Nichteinmischung in ein schwebendes Verfahren faselte. Die Mitte Mai verabschiedete Resolution ist jetzt … nochmals einstimmig von der Hamburger Funktionärsversammlung der IGM unterstützt worden, bei zwei Enthaltungen. Ausdrücklich wurde da auch nochmals eine öffentliche Veranstaltung zusammen mit den anderen DGB-Gewerkschaften in Hamburg zum Thema Hermann Gaßmann gefordert. Die Hamburger Kollegen hoffen nun, dass damit endlich der entscheidende Schritt getan worden ist zu einem öffentlichen Eintreten der IG Metall für ihren Bildungssekretär.“

Berichtet wird weiter von den Demonstrationen zum NATO-Doppelbeschluss (am 20. Juni 1981 in Hamburg mit ca. 120. 000 Teilnehmern; am 10. Oktober 1981 in Bonn mit ca. 300. 000 Teilnehmern; am 10. Juni 1982 in Bonn mit etwa 400. 000 Teilnehmern; am 11. September 1982 in Bochum mit etwa 200. 000 Teilnehmern, d. Verf.) berichtet.

Die „10. Bundesfrauenkonferenz des DGB“ stand unter dem Motto: „Gleiche Rechte und Chancen“. Dort sparten die „Delegierten nicht mit ihrer Kritik“. Für die RGO bedeutete die Konferenz, dass es „wichtig ist, fortschrittliche Positionen aufzugreifen und ihnen eine klare klassenkämpferische Richtung zu geben, in organisierter Weise einzugreifen und damit diese Strömung unter den Frauen im DGB mehr Schlagkraft zu verleihen“.

Es erscheint auch ein Bericht über das „Treffen der Branchenverantwortlichen der RGO am 17. Juni in Dortmund,. Anwesend waren Vertreter aus: Frauen, Jugend, Druck-Industrie, Chemie-Industrie, Werften, Bergbau, Automobilindustrie, Stahl-Industrie, Metall, HBV-Bereich, Bereich Sozial-Pädagogen und Gesundheitswesen.

Am 6. September soll in Kassel eine Großveranstaltung der IG Druck und Papier stattfinden. Die RGO fordert zur Teilnahme auf.
Q: RGO: RGO-Nachrichten, Nr. 7/8, Kassel, Juli/August 1981.

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