RGO-Nachrichten, 4. Jg., November 1980, Nr. 11

November 1980:
Die RGO gibt ihre „RGO-Nachrichten“, Nr. 11/1980, heraus.

Inhalt der Ausgabe ist u. a.:
- Siemens - Ideologie zur Frauenarbeit
- IG DruPa Gewerkschaftstag: Interview mit einem Teilnehmer. Linksopposition mit leichtem Rechtsruck
- Serie: Die Bonzen: Blauer Dunst in der NGG
- Verschärfte Überwachung im Betrieb
- Westberlin: Kündigungsdrohung gegen KWU - Betriebsrat
- Demonstrationsaufruf: Rettet Rüsselsheim
- Beilage: Anträge zum 2. RGO Kongress
- Betriebsratswahlen 1981
- Schichtarbeiter
- Hoesch: 10. 000 Arbeitsplätze bedroht- Das Gespenst von Longwy über Dortmund.

Im Artikel „Hoesch/10.000 Arbeitsplätze bedroht. Das Gespenst von Longwy über Dortmund“ heißt es:

„Wie inzwischen bekannt wurde, geht es bei den Rationalisierungsmaßnahmen der Hoesch - Unternehmer in Dortmund, nicht mehr allein um den bereits laufenden Abbau von 2. 400 Arbeitsplätzen,. sondern 10. 000 sollen möglicherweise vernichtet werden. Damals wurde den 23. 000 Hoesch-Arbeitern eingehämmert, dass der Verzicht auf 4. 200 Arbeitsplätze unumgänglich sei, um das Unternehmen gesund und konkurrenzfähig zu halten. Diese Rationalisierung mit Schließung der drei Siemens-Martin-Werke und dem dafür geplanten und fest zugesagten Neubau eines modernen Oxygenstahlwerkes sollten die übrigen Arbeitsplätze sicher machen. Die Landesregierung bewilligte mittlerweile 240 Millionen DM staatliche Subventionen für dieses Bauprojekt. Doch die Hoesch-Kapitalisten wollten offenbar gar kein neues Stahlwerk. War das ganze nur ein hinterhältiger Betrug, um so erst mal die Vernichtung der Arbeitsplätze über die Bühne zu bringen und nun Stück für Stück weitere Massenentlassungen vorzubereiten?

Dieser Verdacht drängt sich einem geradezu auf, wenn man folgende Tatsachen sieht, wie in einem Flugblatt der RGO-Betriebsgruppe Hoesch dargestellt sind: ‘Der Vorstand der Hüttenwerke hat vom obersten Boss. Rohwedder, den Auftrag, die Struktur der Dortmunder Hütte neu festzulegen. Dies wurde der Sitzung des Wirtschaftsausschusses der Hoesch - Werke AG am 21.10.80 bekanntgegeben. Welche Vorstellungen der Mann aus Bonn hat, der bei seinem Amtsantritt ankündigte, dass er alle fußkranken Betriebe abhacken wolle, erläuterte er vor Kurzem vor dem Verband Junger Unternehmer in Dortmund,: 1. Nur noch ein Werk in Dortmund,; 2. Konzentration der Produktion auf die Absatzmöglichkeiten im Umkreis von 100 Kilometern; 3. Langfristig keine eigene bzw. nur noch geringe Stahlproduktion in Dortmund,, nur noch ein Walzwerk und Weiterverarbeitung. Der Vorstand der Hütte hat zur Zeit offiziell die Aufgabe zu prüfen, ob man überhaupt noch ein neues Stahlwerk benötigt! Selbst wenn man dies bejahen würde, soll er prüfen, mit welcher Kapazität und wann überhaupt.‘

Dortmund, darf nicht sterben

Eine Studie von Hoesch selbst besagt, dass auf jeden betroffenen Arbeitsplatz bei Hoesch mindestens ein weiterer aus anderen Bereichen wie Kohle, Energieversorgung, Handel oder Stadtverwaltung kommt. An jedem dieser Arbeitsplätze wiederum hängt ja in der Regel noch eine Familie mit dran. Dass die Tatsachen so zu beurteilen sind, da können auch offizielle Stellen nicht mehr umhin. Dr. Aden, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer in Dortmund,, äußerte bei der Vorstellung, dass Hoesch 10 000 Arbeitsplätze abbaut: Das wäre für diese Region außerordentlich gefährlich. Zulieferer, Einzelhandel und Handwerker würden mit in den Abgrund gerissen.

Wo bleibt die IG Metall?

Einige Herren Gewerkschaftsfunktionäre, wie der IGM-Bevollmächtigte von Dortmund,, Dietrich, nehmen in dieser Situation eine wirklich beschämende Haltung ein. Dietrich sagte: ‘Ich glaube immer noch an das Wort des Vorstandes‘. Muss der Hoesch-Vorstand erst weitere Massenentlassungen beschlossen und verkündet haben, ehe solche Leute mal wach werden? Wer in dieser Situation noch Vertrauen in die Hoesch-Bosse meint schüren zu müssen, stellt sich ganz und gar gegen die gewerkschaftlichen Interessen. Bedauerlicherweise nehmen auch die Betriebsratsspitzen der IGM bei Hoesch diese schädliche Abwartehaltung ein, anstatt die Kollegen und die gewerkschaftliche Kampfkraft über den Betrieb hinaus zu mobilisieren.

Das hier etwas bös stinkt, kommt auch in einem ausführlichen Artikel der WAZ („Westdeutsche Allgemeine Zeitung", eine der größten Tageszeitungen in Nordrhein-Westfalen) vom 25.10.1980 sehr gut zum Ausdruck, wo obenbeschriebene Haltung von Dietrich und der Betriebsratsführung dargestellt ist, und dann der Artikel fortfährt: ‘Nicht erst die aktuelle Situation hat bei den Männern an den Hochöfen und in den Walzwerken Zweifel am entschlossenen Vorgehen ‘ihrer' IG Metall aufkommen lassen.

Massive Unzufriedenheit mit Europas größter Einzelgewerkschaft leitete die Geburt der ‘Revolutiotionären Gewerkschaftsopposition‘ (RGO) ein. Deren Spitzenfunktionär versuchte das Unternehmen vergeblich mit einer Prozesswelle vor die Tür zu setzen. RGO-Funktionär Hartmut Siemon: ,Ich darf als Betriebsrat nicht zu Demonstrationen und Betriebsbesetzungen aufrufen. Aber ich hätte Verständnis dafür. Stillhalteparolen nutzen nichts mehr. Nur noch eine politische Entscheidung kann eine katastrophale Entwicklung in Dortmund, aufhalten.‘

Dass die beiden RGO-Betriebsräte schon damals beim Bekanntwerden erster Abbaupläne einen klaren gewerkschaftlichen Standpunkt für den Erhalt der Arbeitsplätze einnahmen, und dass dies auch der einzig richtige Weg für die Interessen der Kollegen war, wird heute immer deutlicher … Dortmund, darf nicht sterben! Das neue Stahlwerk muss gebaut werden! Kein weiterer Arbeitsplatzabbau bei Hoesch! Aktiver Kampf im Betrieb und in Dortmund, für den Erhalt der Arbeitsplätze bei Hoesch!“

Im Artikel „Betriebsratswahlen 1981: Jetzt planen und eingreifen“ wird betont, dass nun „die Weichen für eine möglichst breite gewerkschaftliche Einheit aller fortschrittlichen und oppositionellen Kräfte im Betrieb“ gestellt werden müssen. „Nur mit einer solchen Vorbereitung kann es die Möglichkeit geben, mit den Wahlen eine wirkliche Veränderung in den Betriebsräten herbeizuführen … Die RGO wird jede Initiative unterstützen und auch selber eingreifen, um möglichst breite, für jeden Kollegen offene Listen durchzusetzen. Wir treten für Einheitslisten an, die eine echte, demokratische Persönlichkeitswahl ermöglichen.“

Berichtet wird weiter, dass die HBV (Handel, Banken und Versicherungen) unter der Losung „Hände weg vom Ladenschluss“, eine „bundesweite Kampagne organisiert“, dass der „Manteltarifvertrag bei Holz“ gekündigt worden sei und die Verhandlungen nun „in Richtung 35-Stunden-Woche laufen“.

Bei KWU in Westberlin ist dem oppositionellen Betriebsrat Uwe Jessen, der „auf einer Betriebsversammlung seine Haltung zur Kernenergie und der damit verbundenen angeblichen Sicherung von Arbeitsplätzen in sachlicher Weise äußerte“ eine „Abmahnung mit Kündigungsdrohung“ ins Haus geflattert.

In den „Nachrichten aus der RGO“ wird bekanntgegeben, dass eine Broschüre erschienen ist, die zum „Leitfaden“ für die Betriebsratswahlen werden sollte: „Die Betriebsratswahl. Juristischer Leitfaden für gewerkschaftsoppositonelle Gruppen und Kolleg-inn-en.“

Am 29. November soll in Rüsselsheim eine Demonstration stattfinden: „Es geht um Tausende Arbeitsplätze“. Sie soll unter dem Thema stehen: „Jetzt gemeinsam für die kompromisslose Verteidigung unserer Arbeitsplätze. Rettet Rüsselsheim.“

Die Nummer 11/1980 enthält eine Beilage, ein "RGO-Kongress-Extra", mit bisher eingegangenen Anträgen zum 2. RGO-Kongress.
Q: RGO: RGO-Nachrichten, Nr. 11, Vellmar, November 1980.

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