Reutlingen:
Druck und Papier

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 13.2.2013

Aus dem Bereich der IG Druck und Papier bzw. der Druckindustrie und der Papierverarbeitung in Reutlingen können hier bisher nur vereinzelte Hinweise und keine örtlichen Dokumente erschlossen werden, wir bitten um Ergänzungen.

Während bei dem papierverarbeitenden Betrieb Emil Adolff ein trotzkistischer Betriebsrat (vgl. 30.10.1971), der vermutlich dem Bund Sozialistischer Arbeiter (BSA) nahestand, entlassen wird (vgl. 9.12.1974, 26.2.1975), kommt es in der Druckindustrie mehrmals zu Protesten, zunächst mit einer Demonstration gegen die Stillegung von Ensslin und Laiblin (vgl. Mai 1970), dann bei dem Kleinbetrieb Sautter in Form eines selbständigen Streiks (vgl. 15.4.1974, 23.4.1974, 29.4.1974) und schliesslich während der Drucktarifrunde (DTR) 1976 zu Auseinandersetzungen der Streikposten und ihrer Unterstützer beim Reutlinger Generalanzeiger mit der Polizei (vgl. 3.5.1976, 6.5.1976, 7.5.1976, 10.5.1976, 1.6.1976, 3.10.1976, 13.1.1977, 20.3.1977).

Aktiv in der Reutlinger Druckindustrie ist im Jahr 1977 offenbar der Kommunistische Arbeiterbund Deutschlands (KABD - vgl. 2.4.1977, Mai 1977).

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

Mai 1970:
In Reutlingen wird, laut DKP, vermutlich im Mai der Druckbetrieb Ensslin und Laiblin geschlossen, wogegen 1 000 demonstrieren, die auch von der IGM unterstützt werden.
Quelle: Unsere Zeit - Ausgabe NRW Nr. 21, Düsseldorf 23.5.1970

30.10.1971:
Die KPD/ML-ZB gibt ihren 'KND' Nr.83 (vgl. 27.10.1971, 3.11.1971) heraus.
Aus Baden-Württemberg berichtet der KJVD Reutlingen von Bosch, Burkhardt und Weber, aus dem DGB KJA und von dem trotzkistischen Betriebsrat der Papierfabrik Emil Adolff.
Q: Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 83 ,Bochum 30.10.1971

20.03.1972:
In der Nr.6 der 'druck und papier' erscheinen verschiedene Leserbriefe. Nach Ansicht von Anton Hunger aus Dettingen/Erms war Mahleins Artikel ein 'Schlag ins Wasser'. "Anstatt eine echte Analyse zu liefern, wurden diesen Gruppen die Prädikate 'Linksfaschismus' und 'Unausgegorenheit' angehängt; Wertungen, wie sie Strauß und Guttenberg am laufenden Meter abgeben. Um die Situation der 'Neuen Linken' begreifen zu können, sollte man mindestens die Geschichte seit 1945 - unter dem speziellen Gesichtspunkt der erzwungenen Errichtung des Kapitalismus und der daraus resultierenden Arbeiterbewegung - rekapitulieren." Dies wird nun unter Berufung auf vor allem Schmidt/Fichter, Der erzwungene Kapitalismus, getan. Zu den Notstandsgesetzen 1968 wird bemerkt:
"Es lag damals in der Hand der Gewerkschaften, mit einem Generalstreik dieses Gesetz vom Tisch zu wischen, aber die Gewerkschaften haben diese Chance nicht wahrgenommen. Sie dürfen sich deshalb heute auch nicht wundern, wenn ihnen andere politische Gruppen den Ruf streitig machen, Interessenvertreter der Arbeiter zu sein. … Die Auseinandersetzung der Gewerkschaften mit den 'Neuen Linken' wird kommen. Für die Gewerkschaften wäre es aber besser, wenn sie nicht nur die Haltung der Sozialpartner am konzertierten Aktionstisch einnehmen, sondern die Interessenfunktion der Arbeiter ausüben würden."
Q: druck und papier Nr.6,Stuttgart 20.3.1972

15.04.1974:
Bei Sautter Reutlingen beginnt vermutlich in dieser Woche ein Streik für die Einhaltung des Tarifergebnisses, der laut AB 10 Tage dauert.
Q: Roter Aufmucker Nr.38,München Mai 1974; Der Motor Nr. 17, München Mai 1974

23.04.1974:
Bei Sautter Reutlingen treten, laut KSG des KABD, 37 Kollegen in einen wilden Streik (vgl. 29.4.1974) gegen die Anrechnung der 11,3%igen Lohnerhöhung auf die innerbetrieblichen Zulagen.
Q: Roter Pfeil Nr. 4, Tübingen 1974, S. 22

29.04.1974:
Bei Sautter Reutlingen findet heute, laut KSG des KABD, eine Arbeitsgerichtsverhandlung über den wilden Streik (vgl. 23.4.1974) statt, bei dem sich das "Arbeitsgericht gegen selbstständigen Streik" aussprach. Die GIM habe dies als eindeutige Niederlage bezeichnet, während tatsächlich die Kampfkraft der Kollegen gestiegen sei
Q: Roter Pfeil Nr. 4, Tübingen 1974, S. 22ff

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09.12.1974:
Bei Emil Adolff Reutlingen wird, laut Sympathisanten der KPD, vermutlich in dieser Woche ein Betriebsrat entlassen.
Q: Rote Fahne Nr. 51/52, Dortmund 18.12.1974

26.02.1975:
Die Gruppe Arbeiterstimme gibt ihre 'Arbeiterstimme' (ARSTI - vgl. 14.7.1974, 26.5.1975) Nr. 1 heraus und berichtet u.a. von Emil Adolff Papierverarbeitung Reutlingen, wozu ein Flugblatt des BSA aus der 'Demokratischen Jugendzeitung' Nr.1/1975 nachgedruckt wird.
Q: Arbeiterstimme Nr. 1, Nürnberg 26.2.1975

03.05.1976:
In Reutlingen wird, laut KPD, vermutlich in dieser Woche beim Generalanzeiger im Rahmen der Drucktarifrunde (DTR) gestreikt, wobei die Streikpostenketten durch Arbeiterjugendliche und StudentInnen der PH verstärkt werden (vgl. 6.5.1976).
Eingegriffen wird auch durch die SDAJ der DKP.
Q: Rote Fahne Nr. 19, Köln 12.5.1976

06.05.1976:
In Reutlingen werden, laut KPD, beim Versuch die Auslieferung der Reutlinger Generalanzeigers zu verhindern 25 Personen festgenommen. Beteiligt an den Aktionen sind neben den Druckern auch Arbeiterjugendliche und Studenten der PH sowie die SDAJ der DKP.

Das KPD-RK NRW (vgl. 10.5.1976) berichtet:"
In Reutlingen konnte die Auslieferung nur nach massivem Polizeiaufgebot und brutalem Vorgehen gegen die Streikposten, bei dem 30 Drucker verhaftet wurden, durchgeprügelt werden."
Q: KPD-RK NRW: Polizeiliche Staatsgewalt gegen Druckarbeiter. Den Streik entschlossen fortführen!, Dortmund o. J. (Mai 1976),S.1; Rote Fahne Nr. 19, Köln 12.5.1976

07.05.1976:
Beim Reutlinger Generalanzeiger wird gestreikt. In der Nacht zu heute wird die Auslieferung der Zeitung von ca. 150 Personen behindert. In der Folge kommt es zu Repressionen (vgl. 13.1.1977).
Q: Kommunistische Arbeiterzeitung Nr. 104 und 107, München 23.1.1977 bzw. 6.3.1977

10.05.1976:
Das KPD-RK NRW gibt vermutlich in dieser Woche ein Flugblatt zur Drucktarifrunde (DTR) der DP heraus:"
POLIZEILICHE STAATSGEWALT GEGEN DRUCKARBEITER
DEN STREIK ENTSCHLOSSEN FORTFÜHREN!

KOLLEGEN! In der gesamten BRD begrüßten die klassenbewußten Arbeiter und Werktätigen eure Kampfkraft, mit der ihr den Kapitalisten die Stirn bietet. Die Geschlossenheit der Kampffront, die zahlreichen selbständigen Initiativen der Drucker aus größeren Betrieben auch die kleinen Druckereien mit in den Streik einzubeziehen, die selbständige Organisierung von Verbindungsnetzen zu den einzelnen Betrieben und das gemeinsame Lernen von Kampferfahrungen, all das beweist, daß die Arbeiterklasse in der Lage ist, im Verrauen auf die eigene Kraft für ihre Interessen zu kämpfen.

Der angeblich über den Klassengegensätzen stehende Staatsapparat hat mit seinen Polizeieinsätzen wieder einmal deutlich bewiesen, daß er fest an der Seite der Kapitalisten steht. In vielen Städten ging die Polizei gegen Streikposten vor, um die Auslieferung sogenannter Notausgaben zu erzwingen. In Reutlingen (vgl. 6.5.1976,d.Vf.) konnte die Auslieferung nur nach massivem Polizeiaufgebot und brutalem Vorgehen gegen die Streikposten, bei dem 30 Drucker verhaftet wurden, durchgeprügelt werden."
Q: KPD-RK NRW:Polizeiliche Staatsgewalt gegen Druckarbeiter. Den Streik entschlossen fortführen!, Dortmund o. J. (Mai 1976)

01.06.1976:
Die Nr. 28 des 'Spartacus' des SpB (vgl. Juni 1976, 1.7.1976) erscheint und berichtet u.a. vom Generalanzeiger Reutlingen, wobei auch Bosch Reutlingen (IGM-Bereich) Erwähnung findet.
Q: Spartacus Nr. 28, Essen 1.6.1976

01.06.1976:
Die Gruppe Arbeiterstimme-Mehrheitsgruppe gibt ihre 'Arbeiterstimme' (ARSTI - vgl. 29.2.1976, 1.9.1976) Nr.2 (23) heraus. Berichtet wird u.a. vom Generalanzeiger Reutlingen.
Q: Arbeiterstimme Nr. 2, Nürnberg 1.6.1976

03.10.1976:
Der AB gibt seine 'Kommunistische Arbeiterzeitung' Nr.97 (vgl. 19.9.1976, 17.10.1976) heraus. Aus Baden-Württemberg wird berichtet über die Druckindustrie in Reutlingen.
Q: Kommunistische Arbeiterzeitung Nr. 97, München 3.10.1976

13.01.1977:
In Reutlingen besuchen, laut AB, 1 200 die Solidaritätsveranstaltung von DGB und IG Metall (IGM) für die Drucker des Reutlinger Generalanzeigers (vgl. 7.5.1976). Mit denen haben sich u.a. auch der DGB Reutlingen, die IGM und die DGB Ortsjugendelegiertenkonferenz (OJDK), der MSB Spartakus der DKP und der KABD sowie die Belegschaften der Bremer Nachrichten und des Weserkuriers Bremen solidarisiert.
Q: Kommunistische Arbeiterzeitung Nr. 104, München 23.1.1977

20.03.1977:
Der AB gibt seine 'Kommunistische Arbeiterzeitung' Nr.108 (vgl. 6.3.1977, 3.4.1977) heraus und berichtet auch vom Generalanzeiger Reutlingen.
Q: Kommunistische Arbeiterzeitung Nr. 108, München 20.3.1977

02.04.1977:
In Düsseldorf führt der KABD, nach eigenen Angaben, eine Druckkonferenz durch. Insgesamt verfüge der KABD momentan über 4 Druckzellen. Eingeladen zu der Konferenz habe man 15 Ortsgruppen und zwar u.a. Reutlingen.
Q: Lernen und kämpfen Nr. 9, o.O. Sept. 1977

Mai 1977:
Innerhalb des KABD erscheint 'Lernen und kämpfen' Nr.5 (vgl. Apr. 1977, Juni 1977). Die kleine OG R in Baden-Württemberg (vermutlich Reutlingen) berichtet über eine Veranstaltung zur Druckindustrie.
Q: Lernen und kämpfen Nr. 5, o.O. Mai 1977

27.06.1977:
Der KBW Bezirk Mittlerer Neckar gibt die 'Kommunistische Volkszeitung – Bezirksbeilage Mittlerer Neckar Nr. 26 (vgl. 12.6.1977, 4.7.1977) zur KVZ heraus. In "Ferienarbeit" wird aus Reutlingen berichtet über PH-Studenten bzw. aus dem DP-Bereich von Emil Adolff.
Q: Kommunistische Volkszeitung – Bezirksbeilage Mittlerer Neckar Nr. 26, Stuttgart 27.6.1977, S. 3

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