Kommunistische Jugendzeitung - Zeitung des Kommunistischen Jugendbundes, Jg. 1, Nr. 3, Sept. 1971

September 1971:
Der Kommunistische Jugendbund (KJB) Freiburg des BKA gibt seine 'Kommunistische Jugendzeitung' (KJZ) Nr. 3 (vgl. Juli 1971, 13.10.1971) mit einem Umfang von 10 Seiten DIN A 4 und einem Preis von 50 Pfg. unter Verantwortung von Leo Horlacher heraus. Ein Leitartikel befaßt sich mit dem "Mord an George Jackson" in den USA (vgl. 22.8.1971).

Im anderen der beiden Leitartikel "Arbeiterjugend und Jugendvertretung" heißt es: "
Vor einiger Zeit fanden in den meisten Freiburger Betrieben Jugendvertreterwahlen (JVW, d.Vf.) statt. Viele glauben, daß jetzt ihre Interessen vertreten werden, aber in konkreten Fällen stellt es sich heraus, wie begrenzt unsere Rechte sind.

DIE ARBEITERJUGEND HAT FAST KEINE RECHTE

Die Jugendvertretung wird von uns gewählt, obwohl wir oft die Vorstellungen der Kandidaten nicht kennen. Will man eine Betriebsjugendversammlung einberufen um darüber zu diskutieren, kann es schon zum ersten Mal klemmen; denn zur Betriebsjugendversammlung bedarf es der Zustimmung der Geschäftsleitung, also der Kapitalisten oder ihrer Vertretung. Die Kapitalisten haben also von vornherein die Möglichkeit ein einheitliches Vorgehen der Lehrlinge im Ansatz zu erschweren. So sind wir gezwungen, über den Daumen gepeilt Kollegen zu wählen; die dafür bekant sind, daß sie rummeckern und sich von Chef und Meister nicht einschüchtern lassen.

Und schon kommt der nächste dicke Hammer: Auf Antrag der Kapitalisten (oder des Betriebsrats) kann die Jugendvertretung aufgelöst werden, wenn sie gegen gesetzliche Bestimmungen verstößt (Paragraph 23 Betr. Verf. Ges.) (BVG, d.Vf.).

Bestimmungen sind z.B. SCHWEIGE- UND FRIEDENSPFLICHT; d.h. daß die Jugendvertretung von der Geschäftsleitung verpflichtet werden kann über bestimmte Vorfälle im Betrieb (Entlassungen, Intensivierung der Arbeit) selbst die betroffenen Kollegen nicht zu informieren. Die Friedenspflicht hindert den Jugendvertreter Kampfmaßnahmen gegen Mißstände im Betrieb vorzubereiten. Viele Jugendvertreter nehmen dies allerdings zum Vorwand um überhaupt nichts zu tun.

'Ich bin gesetzlich dazu verpflichtet mit dem Unternehmer Frieden zu halten.' Jugendvertreter aber, denen klar ist, daß diese Gesellschaft eine Klassengesellschaft ist, in der es niemals Partnerschaft mit den Kapitalisten geben kann; daß dieser Staat ein Klassenstaat ist, den sich die Kapitalisten zur Absicherung ihrer Herrschaft geschaffen haben (was eigentlich klar sein muß, wenn man Jugendvertreter ist), KÖNNEN SICH AN KEINE SCHWEIGE- UND FRIEDENSPFLICHT HALTEN! Zusammengefaßt heißt das also: die Jugendvertretungen, die klar und konsequent die Interessen ihrer Kollegen vertreten, können also unter irgendwelchen Vorwänden aufgelöst werden. Dazu ist nur ein Antrag an das Arbeitsgericht notwendig, das Gesetze vertritt, die Gesetze der Kapitalisten sind.

Aber das ist noch lange nicht alles. Wird es den Kapitalisten gar zu bunt, können sie die Jugendvertreter rausschmeißen. ES GIBT KEINEN KÜNDIGUNGSSCHUTZ FÜR JUGENDVERTRETER! Zwar darf der Jugendvertretung durch ihre Tätigkeit kein Nachteil entstehen, aber es gibt für die Kapitalisten genug Möglichkeiten, jemand zu entlassen. Am Beispiel des Jugendvertreters bei Rombach, der von der Geschäftsleitung nur noch Arbeiten bekam, die mit seiner Ausbildung nichts zu tun hatten, sieht man wie die Kapitalisten die Jugendvertretung unter Druck setzen können. Der Jugendvertreter ist 'FREIWILLIG' gegangen.

Auch im Betriebsrat ist der Jugendvertreter kein gleichberechtigtes Mitglied. Er wird nur in den ihn betreffenden Angelegenheiten 'gehört'. So wurde der Betriebsrat, der in den meisten Fällen recht faul und träge ist, gegen unbequeme Jugendvertreter abgesichert.

DAS NEUE BETRIEBSVERFASSUNGSGESETZ BRINGT KEINE ÄNDERUNG

Der 'neue' SPD/FDP Entwurf zum Betr.Verf.Ges. ändert an der Situation des Jugendvertreters überhaupt nichts. Auch in diesem Gesetzentwurf (Paragraph 74) ist untersagt den 'Arbeitsablauf' oder den 'Frieden im Betrieb' durch politische Betätigung zu beeinträchtigen. Jedes Zurückführen der Zustände im Betrieb auf kapitalistische Produktionsverhältnisse ist damit untersagt. Zuerst stand dieses ausdrückliche Verbot nicht im Entwurf. Ein kleiner Wink der Kapitalistenverbände genügte und schon wurde der Zusatz eingefügt. Dies zeigt, unter anderm, daß die SPD/FDP Regierung die Interessen der Kapitalisten vertritt. Jetzt reicht's werdet ihr sagen, wenn wir mal so unter Druck gesetzt werden, schmeißen wir den Löffel weg und streiken. Klar müßten wir dann streiken, aber da die Lehrlinge kein Streikrecht haben, gelingt es denn Kapitalisten, uns zu spalten. Das zeigt das Beispiel der Farbwerke BAYER (in Leverkusen - vgl. 8.6.1971, d.Vf.). …

WAS KÖNNEN WIR TUN?

Nur wenn wir mit der Jugendvertretung gemeinsam unsere Forderungen vertreten, haben wir Aussichten auf Erfolg. Ein erster Schritt wäre auch die Organisierung in gewerkschaftlichen Jugendgruppen und den Betriebsgruppen des Kommunistischen Jugendbundes. Aber auch die Gewerkschaften vertreten unsere Interessen nur sehr mangelhaft. Das zeigt auch ihre Schrift 'Die Betriebsjugendvertretung im Betriebsverfassungsgesetz' (vgl. **.*.1971, d.Vf.). Da heißt es z.B.: 'es wirkt sich für den Jugendlichen schwer aus, wenn die erste Begegnung mit dem Beruf eine Enttäuschung wird …' Statt klar zu sagen, warum die Lehre eine Enttäuschung ist, soll man vermeiden, dies zu sagen. Oder '…gute Ausbildung, damit man in der beruflichen Konkurrenz besser bestehen kann'. Wir sollen also eine gute Ausbildung bekommen um unsere Kollegen besser ausstechen zu können. Dabei steht auf der Streichholzschachtel der IG - Metall (IGM, d.Vf.) immer 'Solidarität macht stark'.

Warum ist es trotzdem notwendig sich in den Gewerkschaften zu organisieren? Weil die Gewerkschaft die Organisation ist, in der wir geschlossen gegenüber den Kapitalisten unsere Forderungen durchsetzen können. Streikrecht für Lehrlinge kann man nicht isoliert in einem Betriebe durchsetzen, sondern dazu ist eine breite überbetriebliche Organisation notwendig. Wenn gerade die bewußtesten Arbeiter und Lehrlinge nicht in die Gewerkschaften gingen, würde das heißen, man überläßt den Gewerkschaftlern, die von Gemeinwohl und Sozialpartnerschaft ausgehen, das Feld. Lehrlinge, denen ihre Interessen auch nicht ganz klar sind, würden von niemandem eine Perspektive bekommen; keiner würde erklären warum die kapitalistischen Produktionsverhältnisse die Wurzel unserer Ausbeutung und Unterdrückung sind.

Als Teil der Arbeiterklasse müssen wir dazu beitragen, die Gewerkschaften zu Kampforganisationen der Arbeiterklasse zu machen und die Politik der Sozialpartnerschaft zu bekämpfen!"

Für die neuen Lehrlinge gibt es den Artikel "Was ist ein Lehrvertrag?". Von Bertolt Brecht wird der Text "Wenn die Haifische Menschen wären …" abgedruckt. Angekündigt wird der neue 'Klassenkampf' des BKA (vgl. 22.9.1971).

Zur MTR heißt es: "
METALLTARIFRUNDE 71

Ende September laufen die Tarifverträge der Metallindustrie aus. Bei den kommenden Lohnverhandlungen haben die Kapitalisten den Metallern einen 'entschlossenen Kampf' angesagt. Schon seit Monaten jammern sie über die 'schlechte Ertragslage' in der Metallindustrie. Sie fordern die Gewerkschaften auf an das 'Gemeinwohl' zu denken und bei ihren Forderungen 'wirtschaftliche vernünftig' zu handeln. Die IG Metallführung ist mit ihrer 10 bzw. 11% Forderung auf diese Linie eingeschwenkt und bereitet den Abschluß in Höhe der von der SPD-Regierung ausgegebenen Lohnleitlinien von 7, 5% vor.

Viele Kollegen meinen nun: Diese Politik ist doch richtig. Wenn wir einmal kurztreten läuft der Karren und dann sind die Arbeitsplätze gesichert. Aber was die Gewerkschaftsfunktionäre uns verschweigen ist, daß noch kein so 'vernünftiges Handeln' die Krisen im Kapitalismus abschaffen kann, daß kein noch so 'vernünftiges Handeln' unsere Arbeitsplätze sichern kann.

Kollegen, fallen wir nicht auf den Schwindel von 'wirtschaftlicher Vernunft' und 'Stabilität' hinein. Was durch unser Stillhalten erreicht werden soll, ist die Stabilität der Profite. Was wir einsehen sollen, ist, daß die arbeitende Bevölkerung die Krise der kapitalistischen Wirtschaft ausbaden soll - Hauptsache, die westdeutschen Kapitalisten bleiben international konkurrenzfähig und können ihre Macht über die Arbeiterklasse und die unterdrückten Völker immer ausdehnen."
Q: Kommunistische Jugendzeitung Nr. 3, Freiburg Sept. 1971

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