1. Mai in Freiburg bis einschließlich 1971

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 17.3.2013

Diese, wie immer äußerst lückenhafte Darstellung beginnt bereits 1963, dann aber gibt es eine größere Lücke bis 1969, wo die die Freiburger Gewerkschaftsjugend eine handfeste Lektion über das Demokratieverständnis der örtlichen DGB-Anhänger bzw. deren Führung (vgl. 1.5.1969) erhält.

Während uns aus dem Jahr 1970 derzeit nur wenig bekannt ist, ruft die Entscheidung des DGB-Kreisvorstands zur Feier des 1. Mai 1971 im Saal (vgl. 31.3.1971, 16.4.1971) offenbar den Protest zahlreicher gewerkschaftlicher Jugendgruppen und Jugendgremien hervor (vgl. 7.4.1971), allerdings auch mit Ausnahmen, wie bei derjenigen von der Deutschen Rhodiaceta AG (vgl. Apr. 1971).

Getragen wird das Gewerkschaftliche Maikomitee offenbar u.a. von Anhängern des Bund Kommunistischer Arbeiter (BKA) Freiburg, aber nicht von der örtlichen KPD/ML-ZB (vgl. 13.4.1971). Vielmehr kommt es zwischen diesen beiden Gruppen bzw. zwischen dem gewerkschaftlichen Maikomitee und der KPD/ML-ZB zu einer intensiven Auseinandersetzung (vgl. 11.5.1971). Die KPD/ML-ZK dagegen beharrt offenbar von Anfang an auf ihrer eigenen Aktion (vgl. 26.4.1971).

Der Freiburger DGB-Vorsitzende Jorzig scheint nicht erfreut über die Aktivitäten des BKA und des Maikomitees (vgl. 22.4.1971), wenigstens in der regionalen Gewerkschaftsjugend aber findet das Maikomitee offenbar Rückhalt (vgl. 24.4.1971).

Vor Ort dagegen gibt es Angriffe sowohl vom DGB als auch von der KPD/ML-ZB und der KPD/ML-ZK (vgl. 30.4.1971). Von den beiden Maidemonstrationen 1971 scheint diejenige des Maikomitees größer gewesen zu sein als die der KPD/ML-ZK, zumindest wenn der neutralen KPD/ML-ZB Glauben geschenkt wird.

Hinzuweisen ist auf die Betonung der Forderungen zur Frauenarbeit bzw. den Leichtlohngruppen durch den BKA (vgl. 11.5.1971).

Nachdem es Anfang 1972 erneut zu Konflikten zwischen der KPD/ML-ZB und dem BKA kam, werden auch die Differenzen des 1. Mai 1971 neu diskutiert (vgl. 15.2.1972), wobei sich die KPD/ML-ZB dem BKA gegenüber in der Rolle des übervorteilten Juniorpartners zu befinden schien.

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

August 1963:
Der Vorstand des Initiativausschuß zur Gründung einer Sozialistischen Partei gibt seinen 'Informationsbrief' Nr.5 (vgl. Juli 1963, Sept. 1963) heraus. Dokumentiert wird ein Beitrag eines Mitglieds der Freiburger Gruppe des IA auf deren 1.Mai-Feier 1963.
Quelle: Initiativausschuß zur Gründung einer Sozialistischen Partei: Informationsbrief Nr. 5, Bergisch Gladbach Aug. 1963, S. 10

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01.05.1969:
In Freiburg wird, laut BKA, die Gewerkschaftsjugend für ihre Forderung nach Diskussion auf der DGB Maifeier im Kolpingsaal verprügelt.
Q: Klassenkampf Nr. 32, Freiburg o. J. (1973), S. 1

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31.03.1971:
In Freiburg gibt der BKA ein sechsseitiges Extrablatt "1. Mai. Kampftag der internationalen Arbeiterklasse" seines 'Klassenkampfes' (vgl. März 1971, 16.4.1971) heraus, in dem der Beschluß des DGB Kreisvorstandes, im Saal zu feiern, bekanntgegeben wird. Aufgerufen wird, dagegen Resolutionen zu verabschieden (vgl. 7.4.1971).
Q: Klassenkampf Extrablatt 1. Mai. Kampftag der internationalen Arbeiterklasse, Freiburg 31.3.1971

April 1971:
Der Kommunistische Jugendbund (KJB) Freiburg des BKA berichtet vermutlich aus dem April von der Jugendgruppe der IG Chemie (CPK) bei Rhodia Freiburg (vgl. 27.9.1971):"
Für den Freiburger DGB-Vorsitzenden JORZIG war noch vor einem halben Jahr die IG-Chemiejugend (der heutige Arbeitskreis) ein richtiges Aushängeschild. denn diese Jugendgruppe war ihm und den Rhodia-Kapitalisten noch nie unangenehm aufgefallen. Unter Aufsicht von CONNY KENK, Jugendbeauftragter des Betriebsrates (BR,d.Vf.) bei der Rhodia, distanzierte sich die IG-Chemiejugend als EINZIGE gewerkschaftliche Jugendgruppe in Freiburg und weiterer Umgebung vom 'Gewerkschaftlichen Maikomitee' der Freiburger Gewerkschaftsjugend! 30 Rhodia-Lehrlinge, die eigentlich für das 'Maikomitee' waren (viele waren auch auf der Demonstration) mußten eine entsprechende 'Entschließung' unterschreiben. Wer nicht unterschrieb, wäre der Geschäftsleitung der Rhodia sofort als 'Kommunist' oder zumindest als ein für den Betriebsfrieden gefährliches Subjekt bekanntgeworden. Also unterschrieben fast alle."
Q: Kommunistische Jugendzeitung Nr. 4, Freiburg 13.12.1971, S. 4

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07.04.1971:
In Freiburg wird, laut BKA, auf eine Einladung der IGM-Jugend hin von 30 Personen ein Gewerkschaftliches Maikomitee gegründet (vgl. 13.4.1971), in das 3 Mitglieder der IGM-Jugend, 2 von der HBV-Jugend und 2 von der DAG-Jugend hineingewählt werden, während 2 Vertreter des Vertrauensleutekörpers Intermetall beratend teilnehmen.

Das Komitee selbst berichtet:"
Die Initiative ging aus von der IG Metall-Jugend. Dort sind Lehrlinge und Jungarbeiter organisiert, die entschlossen den gewerkschaftlichen Kampf in Freiburg in ihrem Bereich führen wollen. Dabei gehen sie davon aus, daß diese Gesellschaft eine Klassengesellschaft ist, in der es niemals eine Partnerschaft zwischen Kapitalisten und Arbeitern gibt, daß dieser Staat ein Klassenstaat ist, den sich die Kapitalisten zur Absicherung ihrer Herrschaft geschaffen haben, daß die bürgerlichen Parteien allesamt, wenn auch auf unterschiedliche Weise, die Interessen des Kapitals vertreten. Die Lehrlinge und Jungarbeiter führen diesen Kampf im klaren Bewußtsein, daß ihr eigentliches Ziel, die endgültige Zerschlagung der Herrschaft des Kapitals und die Befreiung der Arbeiterklasse vom Joch des Kapitals im Sozialismus, niemals durch den organisierten ökonomischen Kampf der Arbeiterklasse allein zu erreichen ist. Sie wissen, daß sich die Arbeiterklasse dazu eine eigene politische Organisation schaffen muß.

Diese Initiative der IG Metall Jugend zu einem klassenkämpferischen 1.Mai in Freiburg steht in einem Zusammenhang mit der durch die anrollende Krise sich verschärfenden Situation in den Betrieben. Nur so ist zu verstehen, daß sich verschiedene Gewerkschafts-Jugendgruppen und Vertrauensleute der Initiative der IG Metall-Jugend anschlossen. Am 7.April trafen sich ca. 30 Gewerkschafter im Gewerkschaftshaus und beschlossen, am 1.Mai eine Demonstration und Kundgebung in Freiburg zu organisieren, die dem 1.Mai als internationalem Kampftag der Arbeiterklasse entspricht. Was war die Antwort des DGB-Kreisvorstands auf unseren Beschluß, zur Durchführung des 1.Mai ein Gewerkschaftliches Maikomitee zu gründen? Wir erhielten Hausverbot und wurden mit Ausschlußanträgen bedroht! In einer Presseerklärung in der Badischen Zeitung suchte uns der DGB-Kreisvorsitzende Jorzig als 'Rote Zelle' zu beschimpfen. Er versuchte, die Kollegen im Betrieb gegen uns aufzuwiegeln, indem er sagte, daß das Maikomitee sie 'auf die Straße locken' wolle, um für 'utopische Vorstellungen' zu demonstrieren. Die Ursache für den immer stärker werdenden Kampf der Arbeiterklasse gegen das kapitalistische System ist aber kein Lockvogel, keine Utopie, sondern ihre Lage im KAPITALISMUS, ihr Ausgebeutetsein, ihr Unterdrücktsein in allen Lebensbereichen. Und niemand wird diesen Kampf dadurch aufhalten, daß er die entschlossensten Kollegen als 'Radikalinskis' denunzieren und von den übrigen Kollegen isolieren will."

Vom Bund Kommunistischer Arbeiter (BKA) Freiburg heißt es:"
Der Freiburger DGB-Vorsitzende Jorzig bekämpfte am Mittwoch das Gewerkschaftliche Mai-Komitee, noch bevor es gewählt worden war, weil der Aufruf der IG Metall-Jugend zu einem 1.Mai auf der Straße 'kommunistisches Gedankengut' enthalte. Damit will Herr Jorzig doch sagen, daß der Kommunismus sich nicht mit den Interessen der Arbeiterklasse vertragen würde. Genau das Gegenteil aber ist der Fall, Herr Jorzig! … Wir brauchen keine Gewerkschaftsvertreter, deren größte Sorge darin besteht, daß die Kommunisten Einfluß auf die Gewerkschaften gewinnen könnten, und die deshalb schon ihre Pöstchen entschwinden sehen. Wir brauchen vielmehr Gewerkschaftsvertreter, die vom unversöhnlichen Gegensatz zwischen Lohnarbeit und Kapital ausgehen, die jede Partnerschaft mit den Kapitalisten ablehnen und radikal die Interessen der Arbeiterklasse vertreten."
Q: Stellungnahme des Gewerkschaftlichen Maikomitees (auf der Universität am Vorabend des 1. Mai 1971), Freiburg o. J. (1971),S.1; Klassenkampf Nr. 8, Freiburg 16.4.1971, S. 12;BKA/KJB Freiburg: Antwort auf den 'Offenen Brief' der KPD/ML (Rote Fahne) an den Bund Kommunistischer Arbeiter und den Kommunistischen Jugendbund, Freiburg März 1972, S. 13

13.04.1971:
Der BKA Freiburg berichtet in einer Polemik gegen die KPD/ML-ZB (vgl. 20.3.1972) vom Gewerkschaftlichen Maikomitee Freiburg (vgl. 7.4.1971, 22.4.1971) u.a. von heute:"
Am 7. April letzten Jahres gründeten cirka 30 Gewerkschafter auf Einladung der IG Metalljugend ein gewerkschaftliches 1.MAI-KOMITEE. Harte Konfrontationen mit DGB-Chef Jorzig u.a. gingen voraus und folgten. Was tatet ihr?
In einer Besprechung am 13. April erklärtet ihr zunächst, zu einer 1.Mai Veranstaltung der KPD/ML nach Ludwigshafen fahren zu wollen, und daß ihr die Freiburger Kollegen aufrufen wolltet, mit nach Ludwigshafen zu fahren. Dies in einer Situation scharfer Auseinandersetzungen HIER in Freiburg. Als dann die ZB-Veranstaltung in Ludwigshafen platzte, seid ihr den Kollegen des gewerkschaftlichen Mai-Komitees in den Rücken gefallen, als ihr in Flugblättern die Gründung des Maikomitees 'in der augenblicklichen Situation zu früh' erklärtet. Ihr belehrtet die Kollegen, daß 'wir die organisierten und nichtorganisierten Kollegen zunächst in den Betrieben und in den Gewerkschaften von der Notwendigkeit des Kampfes gegen die Kapitalisten und ihre SPD-Regierung überzeugen müssen', bevor 'wir unter Führung der KPD/ML die Gewerkschaften wieder zu unseren Kampforganisationen machen können'. Schon damals zeigtet ihr ein totales Unverständnis gegenüber den WIRKLICHEN Kämpfen der Kollegen. Anstatt die proletarische Front gegenüber den wütenden Angriffen der Jorzig, Hellinger und Kenk zu unterstützen, habt ihr in euren 1.Mai Flugblättern ausschließlich zur Unterstützung eurer eigenen Kundgebung aufgerufen. Ihr, die ihr die schulterklopfende Parole 'Vertrauen in die eigene Kraft' zu einer der Hauptparolen eurer 'Partei' gemacht habt, ihr erweist euch dann, wenn die Kollegen unabhängig von euch KONKRET den Kampf zu führen beginnen, als Spalter und als Abwiegler. Das war die Erfahrung vieler Kollegen schon letzten 1.Mai."
Q: BKA/KJB Freiburg: Antwort auf den 'Offenen Brief' der KPD/ML (Rote Fahne) an den Bund Kommunistischer Arbeiter und den Kommunistischen Jugendbund, Freiburg März 1972, S. 13

16.04.1971:
Der BKA Freiburg gibt die Nr.8 seines 'Klassenkampfes' (vgl. 31.3.1971, 22.4.1971) heraus. Berichtet wird über die Gründung des Gewerkschaftlichen Maikomitees (vgl. 7.4.1971):"
Der DGB Freiburg dagegen will, wie schon in den vergangenen Jahren, auch diesmal eine Maifeier im Kolpingsaal veranstalten. Anstatt angesichts der krisenhaften Entwicklung und der notwendig zu führenden Arbeitskämpfe gerade in diesem Jahr zu einer machtvollen Demonstration alle Werktätigen Freiburgs aufzurufen, überlegen die DGB-Funktionäre, wie sie den 1.Mai am besten über die Runden bringen können. Eine unverbindliche Podiumsdiskussion über das Betriebsverfassungsgesetz (BVG,d.Vf.) soll das entschlossene Nein zu diesem arbeiterfeindlichen 'Reform'entwurf der SPD/FDP-Regierung ersetzen. …

Kollegen,
kritisiert gegenüber Euren Vertrauensleuten und Betriebsräten den Beschluß des DGB Freiburg, anstatt einer Demonstration eine Feierstunde im Saal abzuhalten, unterstützt das Gewerkschaftliche Maikomitee, damit am 1.Mai die Arbeiterklasse machtvoll demonstriert."

In "1.Mai Festtag der Partnerschaft mit den Kapitalisten oder Kampftag der Arbeiterklasse?" wird zunächst eingegangen auf die Geschichte des 1.Mai und dann fortgefahren:"
KAMPF DER POLITIK DER SOZIALPARTNERSCHAFT - FÜR DEN AUFBAU DER KOMMUNISTISCHEN PARTEI …
Die heutigen Gewerkschaften in Westdeutschland vertreten jedoch nicht einmal konsequent die Tagesinteressen der Arbeiterklasse. Die Gewerkschaftsführer reden von Sozialpartnerschaft, treiben eine kapitalistenfreundliche Politik und verhindern so den entschlossenen gewerkschaftlichen Kampf der Arbeiterklasse gegen die sich ständig verschlechternde Lage der Arbeiter und Angestellten. Die Kapitalisten binden die Gewerkschaften durch ihren Staat mehr und mehr an ihre Interessen: über die SPD-Regierung soll jeder Lohnkampf im Keim erstickt werden. Über die Lohnleitlinien wollen die Kapitalisten die Gewerkschaften von vornherein zum Stillhalten verpflichten. In der Konzertierten Aktion will Schiller die Arbeiterklasse zum Wohl der Unternehmer dirigieren. …

KOLLEGEN,
auch dieses Jahr will der DGB in Freiburg eine Feierstunde im Kolpingsaal abhalten. Drei Vertreter von bürgerlichen Parteien (Burger/CDU, Schieler/SPD, Spitzmüller/FDP) wollen dort mit einem IG Chemie Vorstandsmitglied über das Betriebsverfassungsgesetz diskutieren. Zahlreiche Gewerkschafter der unteren Gewerkschaftsgremien sind empört über die 1.Mai Beschlüsse der Freiburger DGB-Führung. Sie haben erkannt, daß es dieses Jahr notwendiger denn je ist, den 1.Mai wieder als Kampftag der Arbeiterklasse zu begehen. Der Bund Kommunistischer Arbeiter unterstützt die Initiative des gewerkschaftlichen 1.Mai-Komitee am 1.Mai eine Demonstration und Kundgebung zu veranstalten. Wir rufen alle Kollegen dazu auf an dieser Demonstration teilzunehmen unter den Parolen:
- Die Krise darf nicht auf die Arbeiterklasse abgewälzt werden
- Gegen die Spaltung der Arbeiterklasse
- Gegen das arbeiterfeindliche Betriebsverfassungsgesetz
- Internationale Solidarität der Arbeiterklasse und unterdrückten Völker
- Gegen die Angriffe der Kapitalisten und ihres Staates - für den Aufbau der kommunistischen Partei - für starke kampfentschlossene Gewerkschaften".
Q: Klassenkampf Nr. 8, Freiburg 16.4.1971

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22.04.1971:
Das Gewerkschaftliche Maikomitee Freiburg (vgl. 13.4.1971, 24.4.1971) berichtet von Reaktionen auf seine Feststellung einer beginnenden Krise:"
Der Freiburger DGB-Vorsitzende Jorzig spricht dagegen in der Badischen Zeitung vom 22.4. von 'Vorgängen in einem einzelnen Betrieb', in dem es 'gewisse wirtschaftliche Schwierigkeiten' gebe. Er verniedlicht damit die Angriffe der Kapitalisten auf die Lebensverhältnisse der Arbeiter und Angestellten und tut so, als ob diese Verschlechterung nicht in einem Zusammenhang mit der allgemeinen Krise stünden, die es immer wieder geben wird, solange es einen Kapitalismus gibt. Weiter wurde uns von Jorzig die Zerschlagung der Gewerkschaftsbewegung vorgeworfen. Genau das Gegenteil ist der Fall. Wir arbeiten dafür, daß die Gewerkschaften wieder zu Kampforganisationen der Arbeiterklasse werden, während die Politik von Gewerkschaftlern wie Jorzig und Hörmann (SPD-Bundestagsabgeordneter) die Arbeiterklasse entwaffnet und an die Kapitalisten ausliefert."
Q: Stellungnahme des Gewerkschaftlichen Maikomitees (auf der Universität am Vorabend des 1.Mai 1971), Freiburg o. J. (1971), S. 1

24.04.1971:
Auf der Regionaltagung Süd des DGB Landesbezirks Baden-Württemberg Abteilung Jugend, solidarisieren sich Vertreter aus u.a. Tuttlingen, Offenburg, Calw, Villingen, Singen, Rottweil, Freiburg, Freudenstadt, Rastatt, Ravensburg, Friedrichshafen, Waiblingen, Lahr, Gaggenau und Baden-Baden mit dem Gewerkschaftlichen Maikomitee 1971 in Freiburg (vgl. 22.4.1971, 30.4.1971).
Q: Gewerkschaftliches Maikomitee 1971, Freiburg o. J. (1971)

26.04.1971:
Vermutlich in dieser Woche gibt der BKA Freiburg ein zehnseitiges Extra "Wir rufen auf zur 1. Mai-Demonstration des gewerkschaftlichen Maikomitees" seines 'Klassenkampfes' (vgl. 16.4.1971, 11.5.1971) heraus. Aufgerufen wird zur Demonstration vom Gewerkschaftshaus zur Kundgebung auf dem Rathausplatz:"
Was ist die Antwort der DGB-Führung auf die sich verschlechternde Situation der Arbeiterklasse? Überall festliche Veranstaltungen, Festansprachen und unverbindliche Diskussionen. Deshalb haben sich in vielen Großstädten Mai-Komitees aus Gewerkschaftern gebildet, die trotz Ausschlußdrohungen und anderer Unterdrückungsversuche der DGB-Führung am 1.Mai Demonstration und Kundgebung organisieren werden. In Freiburg werden die Mitglieder des Gewerkschaftlichen Maikomitees vom DGB-Kreisvorstand mit Ausschluß bedroht, das Mai-Komitee kann die Räume des Gewerkschaftshauses nicht mehr benutzen. Die richtige Antwort kann darauf nur lauten: Nehmen wir zahlreich an der Demonstration des Mai-Komitees teil! In Freiburg ist der Bund Kommunistischer Arbeiter die einzige kommunistische Organisation, die das Gewerkschaftliche Maikomitee vorbehaltlos unterstützt. Die KPD/ML (Roter Morgen (KPD/ML-ZK, d.Vf.)), deren Parolen von DGB-Chef Jorzig zur Diffamierung des Gewerkschaftlichen Maikomitees benutzt werden, hat sich vom Maikomitee dadurch distanziert, daß sie eine eigene Demonstration angekündigt hat. Die Gruppe Roter Morgen hält es für sinnlos, in den Gewerkschaften die Politik des friedlichen Nebeneinander von Kapital und Arbeit, die Politik der Sozialpartnerschaft zu bekämpfen. Für sie sind die Gewerkschaften zu einer Organisation geworden, 'deren gesamter Apparat in die Hände des Feindes übergegangen ist' (Flugblatt der Roten Garde (RG, d.Vf.) der KPD/ML). Für uns dagegen sind die Gewerkschaften grundsätzlich Organisationen der Arbeiterklasse. Gerade deshalb müssen wir die Politik der Gewerkschaftsführer von Konzertierter Aktion, von Zusammenarbeit mit den Kapitalisten, als Verrat an den Interessen der Arbeiterklasse bekämpfen. Die Roter Morgen-Gruppe kapituliert vor der Politik der Gewerkschaftsführung, damit auch letztlich vor der Kapitalistenklasse, die ja gerade ein wirkliches Interesse daran hat, daß die Arbeiter die Gewerkschaften nicht wieder zu ihrem Kampfinstrument machen.

DGB-Chef Jorzig benutzt die gewerkschaftsfeindlichen Parolen der Roter Morgen-Gruppe dazu, um kommunistisch und gewerkschaftsfeindlich gleichsetzen zu können. Wenn Jorzig aber meint, daß wir gegen die Politik der Sozialpartnerschaft sind und ihre Vertreter, die die Arbeiterklasse an die Kapitalistenklasse ausliefern, dann hat er Recht. Wenn die Kommunisten fordern, FÜR STARKE KAMPFENTSCHLOSSENE GEWERKSCHAFTEN, DANN HEISST DAS IMMER: KAMPF GEGEN DIE FEINDE DER GEWERKSCHAFTSBEWEGUNG, gegen die mit dem Kapital koalierende Gewerkschaftsführung, gegen diejenigen Betriebsräte, die mit den Unternehmern gegen die Belegschaften zusammenarbeiten!

Aber auch die andere KPD/ML (KPD/ML-ZB, d.Vf.) unterstützt das Gewerkschaftliche Maikomitee nur halbherzig. In einem Flugblatt schreibt sie: es sei nicht richtig, 'schon jetzt in den Gewerkschaften organisiert, wie durch die Gründung eines Maikomitees, die Verrätereien der rechten Gewerkschaftsführer zu bekämpfen'. Die Gruppe Rote Fahne sagt zu schwach, zu früh und greift damit diejenigen Kolleginnen und Kollegen an, die durch die Gründung eines Mai-Komitees gezeigt haben, daß der 1.Mai der Kampftag der Arbeiter gegen die Kapitalisten ist, daß es nicht genügt, durch Resolutionen und Diskussionen die Vertreter der Politik der Versöhnung mit den Kapitalisten zu entlarven, sondern daß dazu für den 1.Mai die Organisierung einer machtvollen Demonstration und Kundgebung notwendig ist.

Kolleginnen und Kollegen,
am 1.Mai werden wir zeigen, daß wir entschlossen sind, uns gegen die Angriffe der Kapitalisten und ihres Staates zu wehren, daß wir nicht länger die Politik der Sozialpartnerschaft mitmachen, sondern uns entschieden für unsere Interessen einsetzen.

HERAUS ZUR 1.MAI-DEMONSTRATION!"

Ein Artikel ruft auf: "Es lebe der proletarische Internationalismus!" und schildert die Geschichte des 1. Mai.

Ebenfalls enthalten sind jeweils wenige Zeilen auf Spanisch, Türkisch und Italienisch.
Q: Klassenkampf Extra Wir rufen auf zur 1. Mai-Demonstration des gewerkschaftlichen Maikomitees, Freiburg o. J. (1971)

30.04.1971:
In der Freiburger Universität findet eine Maiveranstaltung des Gewerkschaftlichen Maikomitees statt.
In der Stellungnahme des Gewerkschaftlichen Maikomitees heißt es u.a.:"
Das Gewerkschaftliche Maikomitee ruft alle Studenten, die den Kampf der Arbeiterklasse gegen Kapitalismus und Imperialismus unterstützen wollen, auf, an der morgigen Demonstration und Kundgebung unter der Parole: STATT SOZIALPARTNERSCHAFT - KLASSENKAMPF teilzunehmen.

Es ist notwendig, kurz auf die Entstehung des Gewerkschaftlichen Maikomitees einzugehen, um so mehr, als die KPD/ML (RM) (KPD/ML-ZK,d.Vf.) uns öffentlich diffamiert hat, wir hätten uns vor den Karren der DGB-Führung spannen lassen."

Es folgt eine Darstellung der Gründung (vgl. 7.4.1971) und der Auseinandersetzung (vgl. 22.4.1971, 24.4.1971) und dann wird fortgefahren:"
Von Jorzig wurde versucht, uns mit den gewerkschaftsfeindlichen Parolen der KPD/ML(RM) in Einklang zu bringen, um uns dadurch von den Kollegen zu isolieren. Wir erklärten jedoch ausdrücklich, daß wir die Haltung der Gruppe Roter Morgen als gewerkschaftsfeindlich ablehnten. Jetzt stellt sich diese Gruppe hin und sagt, sie sei gar nicht gewerkschaftsfeindlich, sie sei nur DGB-feindlich. Wir müssen uns aber fragen: Was für Gewerkschaften gibt es außer den im DGB zusammengeschlossenen Einzelgewerkschaften? Fest steht doch, daß die Gruppe Roter Morgen den bestehenden Gewerkschaften feindlich gegenübersteht, daß sie in ihnen Organisationen sieht, 'deren gesamter Apparat in die Hände des Feindes übergegangen ist', 'ein festes Instrument der Herrschenden' (Flugblatt der Freiburger Roten Garde (RG,d.Vf.), Roter Morgen). Die im DGB zusammengeschlossenen Einzelgewerkschaften sind für sie ein für alle mal keine Organisationen der Arbeiterklasse mehr, sie werden insgesamt als Organisationen bekämpft und soweit man sich in ihnen noch aufhält dann nur, um 'die fortschrittlichen Gewerkschafter für die Roten Betriebsgruppen zu gewinnen' (Plattform der KPD/ML zum 1.Mai) und 'die Widersprüche zwischen dem DGB-Apparat und den Massen der Gewerkschafter zu verschärfen' (Plattform).

Und dies alles mit dem Ziel, neue revolutionäre Gewerkschaften zu gründen. Es ist also festzuhalten: die Gruppe Roter Morgen ist gegenüber den bestehenden Gewerkschaften insgesamt feindlich eingestellt, sie muß deshalb eine Initiative wie das Gewerkschaftliche Maikomitee bekämpfen und alles tun, damit diese Initiative Schiffbruch erleidet: denn, dann hat sich wieder einmal gezeigt, daß die Opposition klassenbewußter Gewerkschafter in den Gewerkschaften unmöglich ist und man am besten gleich damit anfängt, neue Gewerkschaften aufzubauen. Die Gruppe Roter Morgen ist aber nicht nur gegenüber den bestehenden Gewerkschaften feindlich eingestellt, sondern ist prinzipiell gewerkschaftsfeindlich. Warum?

Die Strategie der Gruppe Roter Morgen sieht vor, neue revolutionäre Gewerkschaften aufzubauen, die aus den Roten Betriebsgruppen entstehen sollen. Diese Roten Betriebsgruppen sollen die revolutionären Arbeiter umfassen, die gegen den sog. Dreibund Kapital, Staat, DGB-Apparat sind. Was aber ist mit den übrigen Arbeitern, die nicht revolutionär sind, die sich zunächst nur organisieren wollen, um den Tageskampf gegen Kapital und Regierung entschlossen zu führen? In die bestehenden Gewerkschaften, die ja nur noch im Interesse des Kapitals die Ware Arbeitskraft makeln (so Flugblatt des KSB/ML) kann sie ja wohl nicht schicken. Revolutionär sind diese Arbeiter aber auch nicht. Also verweigert die Gruppe Roter Morgen dem Großteil der Arbeiterklasse breite umfassende Organisationen … . … Richtig ist, daß die Arbeiter zu kurzen spontanen Erhebungen auch ohne Gewerkschaften auskommen können. Aber genauso richtig ist es, daß es hinter das gewerkschaftliche Bewußtsein der Arbeiter zurückfallen heißt, daß man überhaupt keine Gewerkschaften als Massenorganisationen des Tageskampfes braucht. Wer auch nur einmal sich überlegt hat, welche organisatorischen Anforderungen ein langer Streik stellt, der kann niemals so dumm daherreden, daß es auch ohne Gewerkschaften geht.

Was sagt die Gruppe Roter Morgen weiter in ihrer Erklärung: Hier wird von 'opportunistischen Führern im Maikomitee' gesprochen, behauptet, das Maikomitee würde sich 'in eine Reihe mit diesen Feinden der Arbeiterklasse stellen' - wobei auf die Reformisten Bezug genommen wird, die 1949 eine einheitliche deutsche Gewerkschaftsbewegung verhindert hätten. Wieso wir in einer Linie mit diesen Reformisten stehen sollen, ist uns unklar. Sollen wir mit dem Ruf nach gesamtdeutschen Revolutionären Gewerkschaften auf die konkrete Arbeit in den DGB-Gewerkschaften verzichten? Solchen Blödsinn überlassen wir der Gruppe Roter Morgen.

Wir werden aufs Übelste verleumdet, indem man uns als Feinde der Arbeiterbewegung, Versöhnler mit dem DGB und ähnlich beschimpft. Wenn wir, das Maikomitee, gegen die Politik der Kapitulation vor dem Kapital kämpfen, wenn wir gegen die Politik der Sozialpartnerschaft, der Konzertierten Aktion und für starke kampfentschlossene Gewerkschaften kämpfen, wenn wir durch unser Handeln für alle Kollegen klar sichtbar die Jorzig und Hörmann als solche Gewerkschaftler entlarven, deren Politik den Interessen des Kapitals entspricht und die Arbeiterklasse kampfunfähig machen soll, wenn wir gegen Kapitalismus und Imperialismus unsere Solidarität mit der Arbeiterklasse der übrigen kapitalistischen Länder und der um ihre Befreiung vom Imperialismus kämpfenden Völker zum Ausdruck bringen, dann zu sagen, wir seien zu Feinden der Arbeiterbewegung geworden - das kann nur einer sagen, der selbst zum wirklichen Feind der wirklichen Arbeiterbewegung geworden ist.

Wie heißt es weiter im Papier der Ortsgruppe?
Vor zwei Jahren hätte der DGB Freiburg die Opposition der Jugend noch mit brutaler Gewalt unterdrücken können. Heute sei das anders, und warum? Weil es heute die Gruppe Roter Morgen gäbe, die 'den Widerstand der Gewerkschaftsjugend wirklich zu unterstützen, zu führen und ihm revolutionäre Perspektive zu geben' imstande sei. Das ist ein großer Irrtum, denn die Arbeiterklasse hat von ihrer Vorhut in der KPD/ML gottseidank noch nicht viel gemerkt. Und insoweit sie etwas davon gemerkt hat, dann nicht als Unterstützung, sondern als üble Beschimpfung. Auf solche Führung verzichten wir dankend!

Die Ortsgruppe überschlägt sich vor Selbstüberheblichkeit: 'Inzwischen hat sich auch in Freiburg die revolutionäre Arbeiterbewegung beträchtlich entwickelt und vor allem in und um die KPD/ML organisiert.' … Die Erklärungen zeugen nicht nur von einmaliger Arroganz und Selbstüberheblichkeit, sie zeigen auch, daß diese Gruppe nicht begriffen hat, daß in der gegenwärtigen Phase der Neuentstehung der Arbeiterbewegung es keine Gruppe gibt, die einen gegenüber der Arbeiterklasse gerechtfertigten Anspruch als ihre kommunistische Partei hat. Aller Selbstüberheblichkeit zum Trotz wird die KPD/ML-RM für die Kollegen kein Schutz sein, die mit Rausschmiß aus ihrer Gewerkschaft bedroht sind. Im Gegenteil: Sie gefährden uns, indem sie ständig erklären, wir seien nur der Deckmantel des Bundes Kommunistischer Arbeiter. Damit begibt sie sich auf die gleiche Ebene wie Jorzig, der auch nicht sehen will, daß der Widerstand gegen sozialpartnerschaftliche Maifeiern seinen Ursprung nicht in irgendeinem kommunistischen Lockvogel, sondern in der verschärften Situation der Arbeiterschaft gegenwärtig hat. Die Ortsgruppe kann offensichtlich, ebenso wie Jorzig, nur in Rädelsführertheorien denken, eine übrigens für Marxisten-Leninisten ziemlich fremde Denkweise.

Die Gruppe Roter Morgen greift uns an, indem sie sagt: 'Was das Gewerkschaftliche Maikomitee propagiert, ist ein Reformismus, der nichtmal mehr in Worten den Sozialismus anstrebt, ist Verrat an den proletarischen Klasseninteressen, die dem Wesen nach revolutionär sind.' Nach all unseren Erfahrungen mit der Gruppe Roter Morgen müssen wir sagen: Was die KPD/ML Gruppe Roter Morgen propagiert ist das Geschwätz der Super-Linken, nur noch in Worten den Sozialismus anstrebend, ist Verrat an den proletarischen Klasseninteressen, die dem Wesen nach revolutionär sind! Soweit unsere Position zu den Angriffen der Gruppe Roter Morgen.

Die KPD/ML Gruppe Rote Fahne (KPD/ML-ZB - vgl. 13.4.1971,d.Vf.) ruft zu einer eigenen Kundgebung auf, um ihre Parole vom Hauptfeind der sozialfaschistischen SPD loszuwerden. Nachdem diese Gruppe zuerst nach Mannheim, dann nach Ludwigshafen zu großen Parteikundgebungen fahren und dazu sogar öffentlich vor den Betrieben aufrufen wollte, schwächt sie jetzt einen einheitlichen, klassenkämpferischen 1.Mai in Freiburg, indem sie:
a) nicht aufruft, an der Demonstration und Kundgebung des Maikomitees teilzunehmen und
b) öffentlich das Maikomitee in Flugblättern als verfrüht angreift und damit versucht, das Maikomitee zu schwächen - um im gleichen Atemzug sich der Kundgebung dieser angeblichen Frühgeburt frech anzuhängen.

Das alles hat nichts mit einer Unterstützung des Gewerkschaftlichen Maikomitees zu tun, sondern nur mit einer durch nichts gerechtfertigten spalterischen Politik, nachdem der Gruppe Rote Fahne angeboten wurde, auf der Kundgebung eine Grußadresse an die Teilnehmer zu richten."

Gegen das Hausverbot im DGB Haus (vgl. 7.4.1971) seien Solidaritätserklärungen gekommen von der DAG Jugend Freiburg und Offenburg, dem neugewählten Vorsitzenden des DGB KJA Freiburg, der DruPa Jugend und der Regionaltagung Süd des DGB Landesbezirks Baden-Württemberg Abteilung Jugend (vgl. 24.4.1971). Eingegangen wird u.a. auch noch auf die Stellung der KPD/ML-ZK zur antifaschistischen Demonstration am 18.1.1971 (vgl. dort).

Die KPD/ML-ZB wirft dem BKA Bruch der Abmachungen vor.
Q: KPD/ML-ZB-OAK Freiburg, KJVD-SAK Freiburg: Offener Brief. An die Mitglieder und Sympathisanten des Bundes Kommunistischer Arbeiter und der Universitäts-Basisgruppen, Freiburg 15.2.1972; Gewerkschaftliches Maikomitee 1971, Freiburg o. J. (1971)

01.05.1971:
In Freiburg führt, laut KAB/ML, ein Gewerkschaftliches Maikomitee eine Demonstration durch, an der sich, laut SALZ's Hamburg und Bremerhaven, ca. 400 beteiligen, wobei es sich um überwiegend junge Demonstranten handelte.

Laut KPD/ML-ZK gab es zwei Maidemonstrationen. Eine wurde vom BKA und dem aus Lehrlingen bestehenden Maikomitee organisiert und wies ca. 250 bis 300 Leute auf. Die eigene Ortsgruppe sei zusammen mit der RG mit ca. 350 Personen durch Haslach und Stühlinger marschiert. Laut einem Aufrufflugblatt hat es sich dabei um eine der drei zentralen Maidemonstrationen des Landesverbandes Südwest der KPD/ML-ZK gehandelt.

Laut BKA führen die KPD/ML's ZB und ZK jeweils eigene Maiveranstaltungen durch. Die KPD/ML-ZB führt auch eine eigene Kundgebung durch, weil ihr scheinbar das Angebot des Maikomitees, eine Grußadresse zu verlesen, nicht verlockend erschien. Die DKP verteilt, laut BKA, ein Flugblatt, in dem sie zum Besuch der offiziellen Podiumsdiskussion des DGB im Kolpinghaus aufruft und sich somit gegen die Demonstration des Maikomitees wendet, welches seine Demonstration zur Kundgebung am Rathaus durchführt. An dieser Demonstration beteiligen sich, laut BKA, rund 800, in der Folge aber wird die HBV-Jugend aufgelöst.

Der BKA berichtet weiter:"
Dieser 1.Mai 1971 enthüllte schlaglichtartig die Positionen der verschiedenen Organisationen, die sich kommunistisch nennen. Die DKP zeigte einmal mehr, daß sie eine parlamentarische Reformpartei, mit Sicherheit aber nicht die kommunistische Partei der westdeutschen Arbeiterklasse ist. Sie rief entweder wie in Freiburg zu den Sozialpartnerschafts-Veranstaltungen der DGB-Führer auf oder organisierte eigene Demonstrationen unter dem Motto 'Mitbestimmung - Contra Großkapital'.

Als ob wir nicht wüßten, daß Mitbestimmung einiger 'Arbeitnehmervertreter' in den Aufsichtsräten der Großunternehmen nur heißen kann, daß einige ehemalige Arbeiter und Angestellte zum 'Wohle des Betriebs' über die wirksamste Ausbeutung aller Arbeiter und Angestellten 'mitbestimmen' dürfen. Den Abbau von Löhnen, die Arbeitshetze und die 'wirtschaftliche bedingten Entlassungen' verhindert keine Mitbestimmung. … Für uns war es ein gutes Zeichen, daß Kollegen aus der DKP dem klassenkämpferischen Aufruf des Maikomitees folgten und damit ihrer Parteiführung eine klare Absage erteilten. … Der 1.Mai hat auch gezeigt, daß es nichts als Selbstbetrug ist, wenn sich Gruppen wie die beiden KPD/MLs schon 'Partei' nennen. Ihr Führungsanspruch gegenüber der westdeutschen Arbeiterklasse hat sich durch nichts ausgewiesen. Im Gegenteil! Ihr sektiererisches Verhalten am 1.Mai, wo beide Gruppen es für unerläßlich hielten, eigene Veranstaltungen zu organisieren, trägt nur dazu bei, die Kommunisten bei den Kollegen lächerlich und unglaubhaft zu machen. Der durch nichts ausgewiesene Parteianspruch stellte sich als Klotz am Bein heraus."

Zur KPD/ML-ZB (vgl. 13.4.1971) heißt es:"
Diese Gruppe wirft auch uns, dem Bund Kommunistischer Arbeiter vor, wir würden die 'Verrätereien der SPD-Regierung' nicht angreifen. Dabei haben wir immer klar gesagt, daß eine SPD-Regierung - vor allem in Krisensituationen -, ein brauchbares Werkzeug der Kapitalisten ist, um die Arbeiterklasse vom entschlossenen Kampf gegen das kapitalistische System abzuhalten. Die SPD- Regierung liefert einerseits mit Notstandsgesetzen (NSG,d.Vf.), mit gesetzlicher Vorbereitung des Militäreinsatzes im Innern, mit verstärkter Polizei und ausgebautem Bundesgrenzschutz (BGS,d.Vf.) die Mittel, mit denen die Herrschenden in ihrem 'Notstand' den Widerstand und die Organisationen der Arbeiterklasse ganz legal zerschlagen können. Sie schafft andererseits mit ihrem Gerede vom Ende des Klassenkampfes die Illusion: über das Parlament
- mit der SPD - durch Reform auf Reform - die Lage der Arbeiterklasse verbessern oder gar grundsätzlich zum Sozialismus verändern zu können. Die Politik der SPD muß von uns bekämpft werden, weil sie den grundsätzlich ausbeuterischen und gewalttätigen Charakter des kapitalistischen Systems absichert und gleichzeitig zu verschleiern sucht. Dieser Kampf kann aber nie bedeuten, EINE bürgerliche Partei zum Hauptfeind der Arbeiterklasse zu erklären, sondern sie als eine der politischen Vertretungen der Kapitalisten zu begreifen. Der 'Hauptfeind' der Arbeiterklasse ist und bleibt die Klasse der Kapitalisten, solange es einen Kapitalismus gibt. Deshalb haben wir die Kolleginnen und Kollegen vom Maikomitee gegen die Angriffe der KPD/ML Gruppe Rote Fahne unterstützt und halten es für richtig, daß das Maikomitee ablehnte, unter den 'Hauptfeind SPD' Parolen der Rote Fahne Leute zu demonstrieren."

Das Gewerkschaftliche Maikomitee 1971 veröffentlicht später, noch vor dem 11.5.1971, eine Broschüre mit seinen Reden von der heutigen Kundgebung und der gestrigen Veranstaltung.

Die KPD/ML-ZB berichtet:"
In Freiburg fanden am 1.Mai 2 Demonstrationen statt, eine des gewerkschaftlichen Maikomitees mit ca. 350 Beteiligten (300 Studenten, 10 Arbeiter und 40 Lehrlinge) unter der Hauptparole:'1.Mai - Internationaler Kampftag der Arbeiterklasse. Klassenkampf statt Sozialpartnerschaft' und eine der Gruppe 'Roter Morgen' mit ca. 200 Beteiligten im Arbeiterviertel Haslach (ca. 20 Arbeiter und Lehrlinge) unter den Hauptparolen: 'Die Krise kommt. Vereinigt euch gegen den Lohnabbau, Kurzarbeit und Entlassungen! Gegen das Kapital und seine SPD-Regierung die geschlossene Kampffront der Arbeiterklasse! Kampf dem Dreibund: Kapital, Staat und DGB-Apparat! Alle Macht in jedem Staat für das Proletariat!'

Das Mai-Komitee wurde initiiert von der IGM-Jugendgruppe (Mitglieder des Kommunistischen Jugendbundes KJB) und bestand außerdem aus Vertretern der HBV-Jugendgruppe, DAG-Jugendgruppe, IG DuP (DP,d.Vf.)-Jugendgruppe, außerdem 2 Mitgliedern des V-Leute-Körpers von ITT.

Das Mai-Komitee war von Anfang an den schärfsten Angriffen der rechten DGB-Führung unter dem DGB-Chef Jorzig ausgesetzt. Es bekam gleich nach der ersten Sitzung Hausverbot im DGB-Haus und dem Komitee und jedem Gewerkschaftsmitglied, das sich an der Demonstration des MK beteiligen wollte, wurde ein Ausschlußverfahren wegen gewerkschaftsschädigenden Verhaltens angedroht. Zudem nutzte die DGB-Führung jede Gelegenheit aus, um das Mai-Komitee als gewerkschaftsfeindlich zu diffamieren. In sämtlichen Unterorganisationen ließ Jorzig durch seine Handlanger verbreiten, es hätte sich mit den Parolen der Gruppe 'Roter Morgen' solidarisiert, obwohl das Mai-Komitee diese durch Beschluß abgelehnt hatte. Das ging sogar so weit, daß das Gerücht verbreitet wurde, das Mai-Komitee wolle die DGB-Feierstunde sprengen und in allen Gewerkschaftsorganisationen fieberhaft nach Ordnungskräften gesucht wurde.

Das Mai-Komitee hatte von Anfang an kaum Rückhalt in den Betrieben. Die Mitglieder, die meist gleichzeitig Mitglieder vom BKA, KJB, IFL (Trotzkisten-artig (Initiativausschuß Freiburger Lehrlinge,d.Vf.)) waren, waren ohne diesen Rückhalt im Betrieb und den Gewerkschaften den Angriffen der DGB-Führung ausgesetzt und konnten deren Demagogie in den Gewerkschaften und im Betrieb nichts entgegensetzen.

Ein organisiertes Auftreten von Partei und JV war darum im Mai-Komitee und seiner Demonstration und Kundgebung politisch falsch und hätte die Gewerkschaftsmitglieder noch stärker isoliert und gefährdet. Wir kündigten darum eine eigene Kundgebung im Anschluß an die Kundgebung des Mai-Komitees an. An der Demonstration der Gruppe 'Roter Morgen' konnten wir uns wegen ihrer gewerkschaftsfeindlichen Haltung nicht beteiligen.

Wir schickten zu beiden Demonstrationen Agit-Trupps, die insgesamt 40 Rote-Fahne-Extrablätter, 80 Rote Fahnen Nr.8 und 50 KDAJ sowie 15 Agit-Broschüren des KJVD verkauften. Außerdem verteilten wir 2 000 Flugblätter, in denen unsere Solidarität mit dem Mai-Komitee und seinem Kampf gegen die rechten Gewerkschaftsführer bekundet wurde, die Parolen der Partei zum 1.Mai propagiert wurden und zu unserer Kundgebung aufgerufen wurde.

Die Demonstration des MK führte durch das Arbeiterviertel Stühlinger in die Innenstadt. Es wurden Arbeiterlieder gesungen und Parolen gerufen wie:
Gegen Lohndrückerei - kommt heraus zum 1.Mai!
Vereinigen wir uns gegen Lohndrückerei, Kurzarbeit und Entlassungen!
Statt Sozialpartnerschaft - Klassenkampf!
Schluß mit der Konzertierten Aktion!
Weg mit den Lohnleitlinien!
Zusammen kämpfen Frau und Mann geschlossen gegen die Kapitalisten an!

Nach der Demonstration wurde vom MK eine Rede gehalten. Im Anschluß an diese Rede begannen die KPD/ML und der KJVD ihre Kundgebung. Zuerst wurde die 1. Strophe des Roten Wedding gespielt, dann sprach ein Redner der Partei. Er sagte:
'Kolleginnen und Kollegen, Genossen!
Der 1.Mai gehört als internationaler Kampftag aller Werktätigen zur ruhmreichen Tradition der Arbeiterklasse in ihrem Kampf um Freiheit, Gerechtigkeit und eine von Ausbeutung freie Gesellschaft. Am 1.Mai demonstrieren die Arbeiter aller Länder ihre Solidarität im Kampf gegen den Kapitalismus - für den Sozialismus und die Errichtung des Arbeiter- und Bauernstaates.

Hier in Freiburg haben junge Gewerkschaftler ein gewerkschaftliches Mai-Komitee gegründet. Trotz schärfster Angriffe durch die rechten Gewerkschaftsführer hat das Mai-Komitee die Kollegen aufgerufen, am 1.Mai für die Interessen der Arbeiter zu demonstrieren. Gegen diejenigen, die gestern im kleinen Kreis im Kolpinghaus ihre gute Zusammenarbeit mit den Kapitalisten feierten, die Jorzig, Hellinger und Co., hat das gewerkschaftliche Mai-Komitee die Kollegen aufgefordert: Heraus zum 1.Mai - Statt Sozialpartnerschaft Klassenkampf.

Die KPD/ML unterstützt die Gewerkschaftskollegen in ihrem Kampf für starke, unabhängige Gewerkschaften, die wirkliche Kampforganisationen der Arbeiter sind. Der Kampf der Arbeiter gegen die kapitalistische Ausbeutung kann jedoch nur erfolgreich geführt werden, wenn klar ist, wer gegenwärtig die stärkste politische Stütze der kapitalistischen Ausbeuterordnung ist, wenn klar ist, wer gegenwärtig die gefährlichsten politischen und wirtschaftlichen Angriffe der Kapitalistenklasse führt, wenn klar ist, wer deshalb gegenwärtig der Hauptfeind der Arbeiterklasse ist.

Die revolutionäre Partei der Arbeiterklasse muß den Klassenkampf auf diesen Hauptfeind ausrichten.

Dieser Kampf der Arbeiter muß von der Kommunistischen Partei organisiert und bis zur höchsten Form des Klassenkampfes, dem bewaffneten Kampf um die Macht im Staate, vorangetrieben werden. Wir wissen, daß wir nur durch die proletarische Revolution, durch die Zerschlagung des kapitalistischen Staates eine neue, von Ausbeutung und Unterdrückung freie Gesellschaft, den Sozialismus aufbauen können. Weder dieses Ziel des proletarischen Klassenkampfes noch der Weg dahin wird durch die Hauptparole des Mai-Komitees: Statt Sozialpartnerschaft - Klassenkampf aufgezeigt.

Der Aufruf der KPD/ML führt deshalb die Forderungen des gewerkschaftlichen Mai-Komitees weiter, gibt dem Kampf der Kollegen Richtung und Ziel.'

Der Sprecher ging dann ausführlich auf die Parolen der KPD/ML zum 1.Mai ein und propagierte an Hand der Parolen unsere politische Linie.

Danach sprach ein Vertreter des KJVD. Er erklärte, daß sich die Arbeiterjugend unter Führung des KJVD hinter die Kampfparolen der KPD/ML zum 1.Mai stellen muß. Er brandmarkte scharf die Spaltungsversuche der rechten Gewerkschaftsführer und der SPD-Regierung und stellte ihnen die Forderungen des KJVD:
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!
Weg mit den Altersabschlägen!
Kampf den Jugendtarifkommissionen!
Streikrecht für Lehrlinge!
entgegen. Der Genosse schloß mit den Worten:
'Jungarbeiter und Lehrlinge!
Der Weg der Arbeiterklasse, sich von Ausbeutung und Krise, Arbeitslosigkeit und Krieg zu befreien, ist der Sturz des Kapitalismus und die Errichtung des Arbeiter- und Bauernstaates. Auch für die Arbeiterjugend gilt es, zuerst den Hauptfeind in ihren eigenen Reihen, die rechten SPD- und Gewerkschaftsführer, zu besiegen und ihren Einfluß zurückzudrängen, damit sie geschlossen in der Front der Arbeiterklasse den Kampf für den Sturz der Kapitalistenklasse aufnehmen können. In diesem Kampf die Arbeiterjugend anzuführen und sie hinter der Kommunistischen Partei zu sammeln, ist die Aufgabe des KJVD.'"

Die KPD/ML-ZB wirft dem BKA später auch Bruch der Abmachungen vor.

Laut KJB des BKA haben "weit über 100 Lehrlinge und Jungarbeiter zusammen mit ihren älteren Kollegen unter der Parole des gewerkschaftlichen Maikomitees demonstriert:
'Statt Sozialpartnerschaft - Klassenkampf! Für starke, kampfentschlossene Gewerkschaften!'"
Q: Kommunistische Jugendzeitung Nr. 4, Freiburg 13.12.1971, S. 9; KPD/ML-ZB-OAK Freiburg, KJVD-SAK Freiburg: Offener Brief. An die Mitglieder und Sympathisanten des Bundes Kommunistischer Arbeiter und der Universitäts- Basisgruppen, Freiburg 15.2.1972;Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 35, Bochum 8.5.1971, S. 7ff;Gewerkschaftliches Maikomitee 1971, Freiburg o. J. (1971);KPD/ML-ZK, RG, KSB/ML: Wir zahlen keinen Pfennig mehr - Nulltarif im Nahverkehr, Marburg o. J. (1971);Roter Morgen Nr. 5, Hamburg Mai 1971, S. 6f;Kommunistische Arbeiter Zeitung Nr. 7, Hamburg 26.5.1971, S. 6;Rote Fahne Nr. 5, Tübingen Mai 1971;Arbeiterstimme Nr. 9, Bremerhaven Mai 1971, S. 5;Klassenkampf Nr. 9, Nr. 19, 1.Mai-Zeitung und Nr. 32, Freiburg 11.5.1971, 23.3.1972, o. J. (Apr. 1972) bzw. 1973, S. 1 und 9ff, S. 2, S. 2 bzw. S. 1

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11.05.1971:
Der BKA Freiburg gibt die 12-seitige Nr.9 seines 'Klassenkampfes' (vgl. 22.4.1971, 30.6.1971) heraus, die sich vor allem mit dem 1.Mai befaßt. Außer Berichten über die Demonstrationen in Hamburg und Berlin wird die Haltung der Freiburger KPD/ML's zum Gewerkschaftlichen Maikomitee geschildert. Sowohl dieses Komitee als auch der BKA haben bereits je eine Broschüre mit ihren Beiträgen von Veranstaltung (vgl. 30.4.1971) und Kundgebung erstellt.

Die KPD/ML-ZB wirft dem BKA wegen der Maiberichterstattung das Verbreiten von "Lügen und Halbwahrheiten" über andere revolutionäre Organisationen, d.h. z.B. die KPD/ML-ZB vor.

Am 1.Mai knüpft ein weiterer Artikel an:"
GLEICHER LOHN FÜR MÄNNER UND FRAUEN
So lautete eine unserer Parolen zum 1.Mai.

Seit 1955 gilt gesetzlich: gleicher tariflicher Lohn für Frauen und Männer.

TROTZDEM bleibt der Effektivverdienst der Kolleginnen unter dem ihrer Kollegen in der gleichen Lohngruppe, sie bekommen weniger Prämien und Leistungszulagen und oft wird ihnen einfach weniger Lohn gezahlt, weil sich niemand um die Verstöße der Unternehmer kümmert.

TROTZDEM ist der Bruttostundenverdienst der Kolleginnen im Durchschnitt um ein Drittel niedriger als der Stundenlohn der Kollegen, weil 90% der Arbeiterinnen angelernt und ungelernt sind, nur 9 von 100 Arbeiterinnen sind Facharbeiter. So sind die meisten Kolleginnen in den untersten Lohn- und Leistungsgruppen und verdienen in der gleichen Arbeitszeit viel weniger!

WARUM IST FRAUENARBEIT SCHLECHTER BEZAHLT ALS MÄNNERARBEIT?

Die Unternehmer sagen: Weil Frauen schlechter ausgebildet sind, weil sie kein technisches Verständnis haben, weil sie häufiger krank sind (oder bei einem kranken Kind zuhause bleiben müssen), weil sie Kinder kriegen und die Arbeit unterbrechen.
Das heißt:

FRAUEN WERDEN SCHLECHTER BEZAHLT, WEIL MAN SIE VON KINDHEIT AN BENACHTEILIGT UND UNTERDRÜCKT!

Es fängt an in der Schule, wo die Mädchen Handarbeits- und Kochunterricht haben, wo es heißt, Mädchen brauchen von Mathematik nichts zu verstehen. Nach der Grundschule wird gesagt: Mädchen brauchen keine Ausbildung, die heiraten ja doch. Zur höheren Schule gehen sowieso kaum Arbeiterkinder. Die meisten Jungen aus Arbeiterfamilien machen eine Lehre, aber bei den Mädchen hält man nicht einmal das für nötig. Wenn sie eine Lehre machen, dann in den 'Frauenberufen', die wieder am schlechtesten bezahlt sind. Dabei ist es eine Illusion zu glauben, daß sich durch Heirat etwas an ihrer Lage ändern würde, daß sie es dann nicht mehr nötig haben würden zu arbeiten. Die meisten Töchter von Arbeitern heiraten wieder Arbeiter und müssen einige Jahre oder Jahrzehnte mitarbeiten. Ihnen bleibt dann nichts anderes übrig, als ungelernte Arbeit unter schlechtesten Arbeitsbedingungen zu niedrigsten Löhnen zu tun oder als 'kleine' Angestellte als Verkäuferin oder im Büro -genauso schikaniert und schlecht bezahlt - zu arbeiten. An diesen Arbeitsplätzen hat man keine Aufstiegsmöglichkeiten, diese Arbeitsplätze sind als erste von Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit betroffen - wie wir jetzt gerade wieder sehen -, der Akkord zwingt zu schärfster Konkurrenz, die angeblich 'leichte' Arbeit ist langweilig und anstrengend, weil sie immer nur einzelne Muskeln und die Nerven belastet. Neben der Arbeit müssen Haushalt und Kinder versorgt werden, Arbeiterinnen können sich keine Hausangestellten leisten. Zu der doppelten Arbeit kommt noch das schlechte Gewissen, die Kinder zu vernachlässigen. Der Arbeitstag der Kolleginnen beginnt durchschnittlich eine Stunde vor dem ihrer Männer und endet zwei Stunden später, Freizeit gibt es so gut wie gar nicht. Das Ergebnis: mit 30 werden viele bei der Arbeitssuche schon als 'zu alt' abgewiesen. Die Frühinvalidität ist hoch und höher als bei den Kollegen. Und die Rente, die eine Kollegin bekommt ist zu niedrig, weil ihr Lohn zu niedrig war.

Die schlechtere Bezahlung der Kolleginnen, ihre zusätzliche Ausbeutung als 'billige Arbeitskräfte' ist also nur ein Punkt ihrer allgemeinen Benachteiligung in der kapitalistischen Gesellschaft. Im Kapitalismus wird es niemals eine vollständige Angleichung der Löhne von Frauen und Männern geben, weil die Ursachen der Lohnungleichheit nur mit der Abschaffung der allseitigen Unterdrückung der Frauen beseitigt werden können. Aber die gemeinsame Parole 'gleicher Lohn für Männer und Frauen' bedeutet:
GEMEINSAM FRONT MACHEN GEGEN DIE SPALTUNGSVERSUCHE der Unternehmer, um GEMEINSAM DEN KAMPF zu ORGANISIEREN FÜR DIE VERBESSERUNG DER LÖHNE UND ARBEITSBEDINGUNGEN und FÜR DIE GEMEINSAME EMANZIPATION VON ARBEITERINNEN UND ARBEITERN IN EINER SOZIALISTISCHEN GESELLSCHAFT."
Q: Klassenkampf Nr. 9, Freiburg 11.5.1971; KPD/ML-ZB-OAK Freiburg, KJVD-SAK Freiburg: Offener Brief. An die Mitglieder und Sympathisanten des Bundes Kommunistischer Arbeiter und der Universitäts- Basisgruppen, Freiburg 15.2.1972

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15.02.1972:
Die KPD/ML-ZB und ihr KJVD richten in Freiburg einen Offenen Brief an den Bund Kommunistischer Arbeiter (BKA) Freiburg, der ebenfalls öffentlich antwortet (vgl. 20.3.1972):"
Ortsaufbaukomitee der Kommunistischen Partei Deutschlands / KPD/ML
Stadtaufbaukomitee des Kommunistischen Jugendverbandes Deutschland KJVD

Offener Brief
An die Mitglieder und Sympathisanten des Bundes Kommunistischer Arbeiter und der Universitäts-Basisgruppen

Führende Genossen von Euch haben bei zahlreichen Anlässen bewiesen, daß sie offensichtlich nicht gewillt sind, sich an die eigenen Abmachungen und Vorschläge zu halten (1.Mai-Teach-In (vgl. 30.4.1971,d.Vf.), 1.Mai-Kundgebung, Antifa-Kundgebung (vgl. 23.10.1971,d.Vf.), Verteilen von Flugblättern vor der DRAG (Deutsche Rhodiaceta AG,d.Vf.), Uni-Teach-In am 7.2. usw.). Dabei haben sie es nicht für notwendig gehalten, ihr Verhalten öffentlich zu begründen, sondern das Mittel verdeckter und kindischer Angriffe gewählt. Daraus könne wir nur schließen, daß es diesen Genossen in Wirklichkeit gar nicht darum geht, eine Zusammenarbeit auf der Grundlage der organisatorischen Gleichberechtigung herbeizuführen, um der Sache des Proletariats zu dienen, sondern offenbar darum, durch den Versuch des Übervorteilens und versteckter Manöver 'Erfolge' zu erringen."
Q: KPD/ML-ZB-OAK Freiburg, KJVD-SAK Freiburg: Offener Brief. An die Mitglieder und Sympathisanten des Bundes Kommunistischer Arbeiter und der Universitäts-Basisgruppen, Freiburg 15.2.1972; BKA/KJB Freiburg: Antwort auf den 'Offenen Brief' der KPD/ML (Rote Fahne) an den Bund Kommunistischer Arbeiter und den Kommunistischen Jugendbund, Freiburg März 1972

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