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Preußen und seine Junker

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Jürgen Schröder, Berlin, 15.1.2009

Preußen, welches hier allein aus einer unvollständigen Auswertung der linken bundesdeutschen Presse geschildert wird, ist für diese nicht nur der größte und maßgebliche Staat im Deutschen Reich (vgl. 1907), in dem auch Sozialdemokraten ihren Dienst zur Gewährleistung der Inneren Sicherheit absolvieren (vgl. 20.7.1932, 2.6.1975), während andere angeblich das Abfackeln bevorzugen, der preußischen Regierung die Steilvorlage für die Einführung des offenen Faschismus liefernd (vgl. 27.2.1933), sondern dieser deutsche Faschismus wird nicht zuletzt den preußischen oder allgemein ostelbischen Junkern angelastet, die offenbar die Macht in Preußen und den entsprechenden Teilen des Deutschen Reiches innehatten, bis die Rote Armee diesem Anachronismus ein Ende bereitete (vgl. 26.6.1951).

Plakat: Preussen bleibt scheisse! (2001)
Plakat, 2001

Preußen ist für die bundesdeutsche Linke vor allem ein Synonym für Repression und Rückständigkeit (vgl. Juni 1970), für Kadavergehorsam und Militarismus, vor allem aber für feudale Überreste in der modernen Gesellschaft.

Mit Preußen wird dabei gemeinhin nur jenes östliche Gebiet gemeint, welches mehr oder minder von slawischen Volksgruppen bevölkert wurde, aber nicht etwa jene großen Teile Preußens, die später zur Bundesrepublik Deutschland zählen sollten. Für die marxistisch-leninistischen Parteiansätze war Preußen definitiv ostelbisch. Nicht nur das, die Rückständigkeit dieses Gebietes wurde gar als Anlass für Erwägungen genommen – welch Frevel! -, die proletarische Revolution noch ein bisschen zu vertagen und erst einmal eine bürgerlich-demokratische Revolution durchzuführen. Diese Idee wurde zuerst von der KPD/ML-ZK aufgebracht, allerdings zu einer Zeit (vgl. Aug. 1970), in der eventuell auch noch spätere Zentralbüro-Thesen im ‚Roten Morgen’ veröffentlicht wurden.

Die KPD/ML-Zentralbüro zumindest geriert sich zunächst, nach unserer bescheidenen Dokumentenauswertung, als eifrigster Ankläger des Preussentums, und zwar aus Anlass der Feiern zur hundertjährigen Gründung des Deutschen Reiches, zu denen sich alte und neue Nazis zu versammeln trachteten (vgl. 6.1.1971, 13.1.1971). Nun wird das Preußentum gar als eigentliche Wurzel des Hitlerfaschismus ausgemacht, obwohl doch auch das Christentum oder die allgemeine Rückständigkeit des Deutschen Reiches, nicht zuletzt beim Gezänk um die Kolonien, nebst dem verlorenen Ersten Weltkrieg als Grund genug genannt hätten werden können. Nicht ganz von ungefähr kommt es daher zum ideologischen Streit mit der ehemaligen Mutterpartei (vgl. Feb. 1971). Allerdings wird auch später die deutsche Bourgeoisie von der KPD/ML-ZK in Kontrast zu den Junkern gestellt (vgl. 23.2.1972). Die KPD/ML-ZB bedient sich des Begriffs ‚Junker’ als Schimpfwort, welches gar im entlegenen Hessen noch heftig wirken möchte (vgl. 20.3.1972, 1.5.1972).

Das Preußentum eignet sich offenbar gar noch als ‚Geist’ (vgl. Mai 1972) weit perfekter als das abstrakte Verhältnis des Kapitals zu seinen Profiten als Schuldiger für die proletarische Perspektive, es wird angeprangert (vgl. 13.1.1971), nicht zuletzt wegen seines militaristischen Geistes (vgl. 17.1.1971, 13.9.1971). Mir fällt hierbei nun eher Friedrich Engels’ Lob auf die damals vergleichsweise moderne preußische Armee ein, aber darum geht es hier nicht. Für die hier ausgewertete linke Presse ist Preußen ein Synonym für Reaktion (vgl. 18.1.1971) und Militarismus (), dies gilt nicht nur für die KPD/MLs, wobei die KPD/ML-ZB im Preußentum, sich dabei todbringend verausgabend, den Gipfel ihrer programmatischen Schöpferkraft erklimmt (vgl. 26.8.1972, Okt. 1972, 4.10.1972), sondern auch für die DKP und ihren Freundeskreis, zumindest in Dortmund (vgl. 18.7.1971, 19.2.1973), und auch selbst noch im tiefsten Bayern, welches den Preußen primär feindlich (vgl. 21.1.1971), für die dort ideologisch an den Gymnasien oft ideologisch maßgebliche Rote Schülerfront (vgl. Juni 1973).

Die Bremer Kommunisten geben sich kritisch ob solcher Einschätzungen (vgl. 21.1.1973), bleibt doch zu fragen, ob Preußen selbst im tiefsten Bayern noch die Rolle des Bösen zukommt, bzw. wie es denn etwa um den bayrischen Militarismus, dessen Geist etc. bestellt ist. Dafür aber ist hier nicht die Gelegenheit, gilt es doch Hinweise auf die preußische Geschichte vorzustellen, die auf eine verbrecherische Tradition von den preußischen Banden im napoleonischen Befreiungskrieg bis zur Hitler-Wehrmachtsverbrecherorganisation hinweisen (vgl. 20.9.1973). Die Linke stand Preußen somit grundsätzlich ablehnend gegenüber, kein gutes Haar an dessen Glatze lassend.

Die alten und neuen Nazis dagegen finden das Preußentum offenbar vorbildlich, nicht zuletzt angesichts der Initiative ihrer politischen Freunde aus Unna (vgl. 26.3.1971, 2.4.1971).


Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

1907:
Der RJVD des KABD (vgl. Jan. 1974) berichtet über Karl Liebknecht (vgl. 13.8.1871, Berlin - 1.5.1916):"
Wir schreiben das Jahr 1907, Karl Liebknecht steht vor den Schranken des Reichsgerichts in Leipzig, in der Stadt also, wo er am 13.August 1871 als Sohn Wilhelm Liebknechts, eines bedeutenden Arbeiterführers, geboren wurde. Der preußische Kriegsminister hatte seine Schrift 'Militarismus und Antimilitarismus' beschlagnahmen lassen und die Justiz auf Karl Liebknecht gehetzt. Das Urteil: ein Jahr und sechs Monate Festungshaft wegen 'Hochverrats'.

Offensichtlich fürchteten die Herrschenden den Inhalt und die Wirkung dieser Schrift. Sie hatten auch allen Grund dazu, denn Liebknecht stellte in ihr den Militarismus, seine Volksfeindlichkeit bloß und zeigte die Notwendigkeit der speziellen Bekämpfung dieses Gebildes: 'Der Militarismus ist aber nicht nur Wehr und Waffe gegen den äußeren Feind, seiner harrt eine zweite Aufgabe... : die Aufgabe des Schutzes der herrschenden Gesellschaftsordnung, einer Stütze des Kapitalismus und aller Reaktion gegenüber dem Befreiungskampf der Arbeiterklasse. Hier zeigt er sich als ein reines Werkzeug des Klassenkampfes, als Werkzeug in den Händen der herrschenden Klassen, dazu bestimmt, ...die Entwicklung des Klassenbewußtseins zu hemmen und darüberhinaus einer Minderheit... die Herrschaft im Staat und die Ausbeuterfreiheit zu sichern.' Verrat, ja Verrat sind diese Worte - auch heute noch. Allerdings nicht an den Interessen der Arbeiterklasse und der Mehrheit der Bevölkerung. Nein, sie sind ein Verrat an den Interessen der Herrschenden."
=Rebell Nr.1,Tübingen Jan. 1974,S.9

20.07.1932:
Die KPD, Büro Bielefeld (vgl. 26.5.1975), berichtet über Carl Severing (SPD):"
- Von 1928 bis 1930 war Severing Reichsinnenminister und hat in dieser Funktion alle Maßnahmen zur Verschlechterung der Lebensbedingungen der Werktätigen unterstützt.
...
- Von 1930-1932 war er wieder preußischer Innenminister. Obwohl ihm 90 000 Polizisten unterstanden setzte er sie nicht zur Bekämpfung der immer stärkeren faschistischen Provokationen ein. Als Papen die preußische Regierung durch Putsch absetzte, lehnte er jeden Widerstand ab und ging freiwillig."
=KPD-Büro Bielefeld:Wer war Carl Severing?,Bielefeld o.J. (Mai 1975),S.2

27.02.1933:
Die KPD (vgl. 14.6.1972) berichtet über Georgi Dimitroff (vgl. 23.9.1923, 9.3.1933):"
II. DER REICHSTAGSBRANDPROZESS

Am Abend des 27.Februars 1933 brach im Gebäude des Deutschen Reichstages ein Brand aus, der offensichtlich von den deutschen Faschisten selbst gelegt war. Nach der Verhaftung des holländischen (niederländischen,d.Vf.) ehemaligen Anarchisten van der Lubbe, wurde vom preußischen Innenminister Göring veröffentlicht, daß die Reichstagsbrandstiftung ein Werk der KPD gewesen sei, die damit angeblich das Signal zum bewaffneten Aufstand geben wollte. Gleich danach wurde eine Notverordnung herausgegeben, wurden eine Reihe von Artikeln der Weimarer Verfassung aufgehoben und alle kommunistischen Zeitungen verboten. Der Terrorfeldzug gegen die Kommunistische Partei, die Arbeiterbewegung und alle fortschrittlichen Kräfte in Deutschland begann."
=Rote Fahne Nr.47,Dortmund 14.6.1972,S.8

26.06.1951:
Der KJVD der KPD/ML-ZB (vgl. Juni 1971) berichtet:"
26.6.1951 'FREIE DEUTSCHE JUGEND' VERBOTEN
...
In der sowjetischen Besatzungszone gingen die antifaschistischen Kräfte unter dem Schutz der Roten Armee tatkräftig daran, die Nazi-Bonzen aus den Verwaltungen zu treiben. Die Ländereien der Junker und die Betriebe der Kriegsverbrecher wurden dem Volk übergeben."
=Der Kampf der Arbeiterjugend Nr.6,Bochum Juni 1971,S.6

Juni 1970:
Vermutlich im Juni wird, laut AStA Uni Frankfurt (vgl. 14.6.1971), eine Antwort der Uni-Spitze Heidelberg auf eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den dortigen Rektor verfaßt, "die eingeleitet wurde, weil dieser eine Teilnahme an einer Cocktailparty der US-Armee - mit dem Hinweis auf die Ausweitung des Vietnamkrieges und die grundlose Erschießung von Demonstranten gegen diesen Krieg (in den USA - vgl. 4.5.1970,d.Vf.) - abgelehnt hat."

In den in Hessen veröffentlichten Auszügen heißt es:"
THEORIE DER UNPOLITISCHEN UNIVERSITÄT
...
Die unpolitische Konzeption der deutschen Universität hat ihre Wurzeln in der Zeit der Gründung der neuen deutschen Universität zu Anfang des 19. Jahrhunderts. Das humanistische Bildungsideal dieser Zeit 'Bildung durch Wissenschaft' implizierte zwar grundsätzlich die vernünftige Anleitung von Praxis durch Wissenschaft und damit auch den gesellschaftlichen und politischen Charakter von Wissenschaft. Zwei Umstände sorgten jedoch dafür, daß dieser Gedanke nicht praktisch werden konnte. Die Produktionsweisen jener Zeit waren vorindustriell und erschienen ebenso wie die auf ihnen beruhenden gesellschaftlichen Verhältnisse wissenschaftlicher Durchdringung und Anleitung unzugänglich. Somit reduzierte sich das Theorie-Praxis-Verständnis jener Zeit darauf, daß die Theorie die Lebenshaltung der mit Theorie befaßten Menschen selbst prägt, ihnen aus dem Verständnis des Kosmos im ganzen auch Normen für das eigene Verhalten erschließt und so durch die Handlungen der Gebildeten hindurch positive Gestalt annimmt.

Zum zweiten kam nach der Restauration des Feudalstaates und der vorläufigen Niederlage des Bürgertums trotz der festzustellenden Diskrepanz zwischen der theoretisch vorstellbaren vernünftigen gesellschaftlichen Praxis und dem historisch vorfindbaren feudalen und zu jener Zeit rückständigen preußischen Staat zwischen Staat und Wissenschaft ein Kompromiß zustande, bei dem die Universität das Zugeständnis einer partiellen Autonomie mit einer Abstinenz in politischen Angelegenheiten erkaufte. Die Distanz zum preußischen Staat wurde zur Distanz gegenüber der konkreten Geschichte und zur Bedingung von Wissenschaft überhaupt erhoben und die Konkretion als prinzipiell irrational deklariert.

Aus dieser folgenschweren Selbstbeschränkung der Wissenschaft aufgrund der historischen Gegebenheiten ist die Rolle der Universität in der zweiten Jahrhunderthälfte zu erklären. Als in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit der vollen Entfaltung der Produktivkräfte im Kapitalismus die materiellen Bedingungen für eine von Menschen vernünftig gestaltete Wirklichkeit bestanden, auf die gerade die durch die Universität vermittelte wissenschaftliche Bildung hätte zielen müssen, stand eine der aufklärerischen Tendenzen längst verlustig gegangene Wissenschaft der konkreten Geschichte ratlos gegenüber. Durch eine falsch verstandene, nämlich unkritische Autonomie und Distanz gegenüber Politik und Gesellschaft gerieten Wissenschaft und die Wissenschaft Treibenden de facto in völlige Abhängigkeit von den beherrschenden Gruppen in der Gesellschaft. So wundert es nicht, daß die Universität speziell die Disziplin der Rechtsphilosophie, der Gesellschaft ihre Ideologien lieferte, deren eine etwa Kaufmanns These vom siegreichen Krieg als dem über die Richtigkeit von Recht entscheidenden sozialen Ideal ist."
=AStA Uni Frankfurt:AStA-Materialien zum Politischen Mandat,Frankfurt o.J. (Juni 1971),S.1ff

August 1970:
Die KPD/ML-ZK gibt die Nr.7 ihres 'Roten Morgens' (vgl. Juni 1970, Sept. 1970) heraus, mit u.a. dem Artikel "Die 2. Juni-Bewegung" in dem u.a. ausgeführt wird:"
Die Revolution von 1918 zerstörte keineswegs gründlich das Bündnis von Bourgeoisie und überlebenden Teilen des Feudalismus, da die Bourgeoisie bei ihrem Kampf auf Tod und Leben mit dem Proletariat jede Waffe mit Freuden aufgriff. Im Faschismus blieb das Bündnis zwischen Monopolbourgeoisie und Junkertum bestehen. Erst als endlich die Rote Armee die Junker vertrieb, verlor die feudale Ideologie ihre alte Klassenbasis. Als Ergebnis blieb die für einen hochentwickelten imperialistischen Staat ganz anormale Stärke der feudalen Ideologie in der staatlichen Bürokratie, im Erziehungswesen sowie im übrigen Überbau. Die faschistische Diktatur hatte die feudale Ideologie in großem Umfang bewahrt und sogar wiederbelebt. Nach dem Krieg sorgte vor allem die klerikale CDU/CSU dafür, daß sie nicht so rasch absterben konnte."
=Roter Morgen Nr.7,Hamburg Aug. 1970

06.01.1971:
Nach eigenen Angaben verschickt das Zentralbüro der KPD/ML-ZB "folgendes Schreiben per Eilboten an den Parteivorstand und zwei Bezirksvorstände der DKP:
'Werte Genossen!
Am 17. 1. veranstalten die Faschisten anläßlich des 100. Jahrestages der deutschen Reichsgründung einen Sternmarsch auf Bonn. Am selben Tag will sich die NLA in 'Deutsche Union' umbenennen und als neue rechte Partei auftreten. Daß die faschistischen Kräfte in Deutschland den hundertsten Jahrestag der deutschen Reichsgründung für ihren Sternmarsch auswählen, ist eine freche Provokation. Die deutsche Reichsgründung leitete die Ausdehnung des reaktionären Preußentums auf das Reichsgebiet ein und stellte damit den Beginn einer großsprecherischen und aggressiven Außenpolitik, die schließlich zu zwei Weltkriegen führte, dar und einer Volks- und Arbeiterfeindlichen Innenpolitik. Die Reichsgründung war nicht ein Akt des revolutionären Bürgertums, das nach demokratischen Freiheiten strebte, sondern ein Gnadenakt unter Führung des ostelbischen Junkertums. Dieser Hort der Reaktion ist der direkte Vorläufer des Hitlerfaschismus und damit des blutigsten Feindes der Arbeiterklasse und der ganzen Menschheit. An diese finstere Tradition knüpfen die Faschisten heute wieder an. Ihre Eroberungspläne richten sich wieder nach Osten gegen die DDR, Polen und die Sowjetunion. Ihre Wut gilt wieder den fortschrittlichen Kräften und vor allem der Arbeiterklasse. Sie finden dabei wie Hitler die finanzkräftige Unterstützung gewisser Kreise des Großkapitals in deren Interesse eine Politik der Aggression und der Unterdrückung der Arbeiterklasse liegt. Wenn die Arbeiterklasse und alle demokratischen Kräfte sich zusammenschließen gegen den gemeinsamen Feind, gegen den Faschismus, dann kann der Faschismus nicht siegen. Die faschistische Bewegung beginnt sich zu sammeln. Wir müssen ihr entschlossen entgegentreten. Wir fordern Euch deshalb auf, mit uns in Verbindung zu treten, um Vorbereitungen zu einer gemeinsamen Gegendemonstration zu treffen."
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.4,Bochum 16.1.1971,S.2

06.01.1971:
Rundschreiben des ZB der KPD/ML an alle Leitungen, Gruppen und Zellen mit dem Titel "Das Anwachsen der Reaktion und unser Kampf gegen die Sozialdemokratie" zu einer antifaschistischen Demonstration in Bonn am 17.1., die dann aber in Dortmund stattfindet. U.a. wird darin, laut 'KND' ausgeführt:"
Am 17. Januar wird die Partei und der KJVD anläßlich der Reichsgründung 1871 eine antifaschistische Demonstration in Bonn durchführen. Die Faschisten planen am selben Tag eine freche Provokation der werktätigen Massen. Im Geiste des reaktionären Preußentums und des Hitlerfaschismus wollen sie für ihre chauvinistische Politik, für ihre Eroberungspläne und gegen die Arbeiterklasse demonstrieren. ... Die deutsche Reichsgründung war eine nationale Einigung von oben. Nachdem die 48ger Revolution gescheitert war und deshalb kein demokratisches, einheitliches Deutschland entstand, sondern ein zersplittertes, unter der Vorherrschaft des reaktionären Preußentums stehendes Kaiserreich, wurde 1871 das deutsche Reich unter Ausschluß, ja gegen Österreich geschaffen. Die Reichsgründung hatte zur Folge, daß sich eine Verpreußung Deutschlands vollzog. Nicht etwa der fortschrittliche Geist des revolutionären Bürgertums, sondern der Geist der reaktionären Junker beherrschte das Deutsche Reich. Durch das sogenannte Bauernlegen, das Freikaufen der Bauern von den Fron- und Spanndiensten, hatten sich die Junker ungeheuer bereichert. Sie wurden immer mehr zu industriellen Kapitalisten. Die Verschmelzung des feudalen Junkertums mit dem Industriekapital und schließlich dem Monopolkapital macht den besonders reaktionären und chauvinistischen Charakter der deutschen Monopolbourgeoisie aus. Der Einfluß des reaktionären Preußentums war die Grundlage für die Entstehung des Hitlerfaschismus. Der Hitlerfaschismus vollendete die reaktionäre Junkerherrschaft.

Heute sind diese Kräfte durch die Durchführung der antifaschistisch-demokratischen Revolution in der DDR stark geschwächt. Auch der breite antifaschistische Kampf der Massen in der heutigen Bundesrepublik trug dazu bei, zumindest teilweise dieses reaktionäre Preußentum zu schwächen und stärkere Elemente der bürgerlichen Demokratie zu erzwingen. Trotzdem bleibt der Einfluß des Junkertums äußerst groß. Das rheinisch-westfälische Finanzkapital war seit jeher Förderer der Reaktion und hat auch heute noch den herrschenden Eingluß auf den Staatsapparat. Es beschleunigt die faschistische Entwicklung. Das rheinisch-westfälische Finanzkapital hat den rheinischen Katholizismus, die Adenauer-Regierung seit Kriegsende mit der Durchführung einer reaktionären Politik beauftragt. Die Sozialdemokratie bildete und bildet heute noch einen Block mit der Reaktion. Die Sozialdemokratie ist Vorbereiter der faschistischen Bewegung und bereitet nach innen und nach außen die Politik des Faschismus vor.
...
Die Faschisten stehen bereit, um diesen Krieg zu führen. Nicht umsonst feiern sie das chauvinistische Preußentum. Daß die rechten sozialdemokratischen Führer diese Eroberungspolitik vorbereiten, darf uns nicht davon abhalten, den antifaschistischen Kampf konsequent zu führen. Der Kampf gegen die Reaktion ist der Prüfstein für die fortschrittlichen oder reaktionären Teile der Sozialdemokratie. Dort stellt sich die Frage, ob sie bereit sind, den ärgsten Feind der Arbeiterklasse, den Faschismus zu bekämpfen oder nicht."
=Der Parteiarbeiter Nr.2 und 5,Bochum 1971 bzw. Mai 1971,S.13f bzw. o.S.;
Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.2,Bochum 9.1.1971,S.1ff


13.01.1971:
Laut eigenen Angaben erscheint vom Politbüro der KPD/ML-ZB eine "Erläuterung zum die Demonstration am 17.1.1971 betreffenden Beschluß des Zentralbüros" (vgl. 6.1.1971):"
Welches war der Anlaß für den Beschluß, eine antifaschistische Demonstration am 17. Januar in Bonn durchzuführen?

Der Anlaß war der 100. Jahrestag der Reichsgründung 1871, die einen Sieg des reaktionären Preußentums über die revolutionären Tendenzen im Bürgertum darstellte. Der Anlaß war die wachsende faschistische Bewegung in der BRD, die verstärkte Kollaboration der rechten Sozialdemokraten mit den Faschisten und im besonderen der neueste Streich der Faschisten, die Ankündigung der Gründung der Deutschen Union und eines Sternmarsches auf Bonn."
=Der Parteiarbeiter Nr.2,Bochum **** 1971,S.*;
Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.4,Bochum 16.1.1971,S.3f


17.01.1971:
In Dortmund führt die KPD/ML-ZB eine nationale Demonstration unter dem Motto 'Sozialdemokraten und Kommunisten - Eine Front gegen die Faschisten!" durch. Laut KPD/ML-ZB nehmen ca. 1 000 Personen aus der ganzen 'BRD' teil. Dazu heißt es u.a.:"
Warum versuchen sich die rechten SPD-FÜhrer als Antifaschisten auszugeben und finanzieren gleichzeitig den Witiko-Bund, die Deutsche Jugend des Ostens (DJO,d.Vf.), die schlesischen Landsmannschaften?

Die Antwort ist:
Weil die rechten SPD-Führer darüber hinwegtäuschen wollen, daß die alten Kriegs- und Naziverbrecher, daß die Krupps und Thyssen ihre Politik bestimmen. Solche Leute wie Schiller und Mommsen, solche Leute wie Schmidt, der den preußischen arbeiterfeindlichen Geist in die Bundeswehr noch stärker einimpft, wie sollen diese Führer der SPD Feinde der Nazis sein? Auch wenn sie hundertmal das Gegenteil beteuern, sie sind in Wirklichkeit doch Feinde der Arbeiterklasse."
=Rote Fahne Nr.2,Bochum 1.2.1971,S.1ff;
Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.5,Bochum 20.1.1971,S.1ff


18.01.1971:
Die KPD/ML-ZB berichtet:"
HEINEMANNS REDE ZUR REICHSGRÜNDUNG 1871

Der Gründungstag des deutschen Reiches am 18.1.1871 war für Bundespräsident Heinemann Anlaß, die revanchistische Eroberungspolitik der SPD-Regierung heute mit einem demokratischen Schleier überzogen auf eine historische Grundfrage (wohl: Grundlage,d.Vf.) zu stellen). 'Für Generationen ist dieser Tag (an dem die preußische Reaktion ihren Sieg über das revolutionäre Bürgertum und die Arbeiterklasse demonstrierte) ein Höhepunkt ihres Geschichtsbewußtseins gewesen'. 'Uns ist aber heute nicht nach einer Hundertjahrfeier zumute. Das deutsche Reich hat sich in zwei Staaten verwandelt... Berlin, die Hauptstadt des Deutschen Reiches, ist zerschnitten'.

Und: 'Auch unter uns, die wir die nationalstaatliche Einheit verloren haben, lebt der Gedanke an ihre Rückgewinnung weiter'.

Aber Heinemann täuscht geschickt den Friedenswillen der SPD-Führer, für die er im Namen des Großkapitals spricht, vor: Mit den Methoden, mit denen der preußische Reaktionär Bismarck das Deutsche Reich damals einigte, soll die Einigung Deutschlands heute nicht betrieben werden: 'Bismarck als Schöpfer der Einheit mit Blut und Eisen - Wir müssen erkennen, daß dieses eine Vereinfachung ist, bedenklich wie jede Vereinfachung, richtig und falsch zugleich.
...Aber Bismarck gehört nicht in die Ahnenreihe derer, die mit der Einheit des Volkes zugleich demokratische Freiheit wollten'.

Und um die Verrätereien der Sozialdemokratie seit 1914 bis heute zu vertuschen, stellt er sich gegen das reaktionäre Preußentum scheinbar auf die Seite der Arbeiterklasse:
Die Sozialistengesetze Bismarcks verurteilt er. Aber er erklärt sogleich, warum:
'Manche haben frühzeitig erkannt, welche Gefahrenquelle in dieser inneren Zerklüftung lag'. Die innere Zerklüftung, der Klassenkampf, darin liegt die Gefahr, die Heinemann heute fürchtet: die 'Gefahr' der proletarischen Revolution.

Heinemann versucht davon abzulenken, wie die Ebert und Noske die Arbeiterklasse betrogen haben und Hitler in den Sattel heben halfen: 'Man vergißt allzuleicht die gesellschaftlichen Zusammenhänge insbesondere des bismarckschen Reiches und der Weimarer Republik, die beide an ihrer inneren Zerklüftung litten und nicht zuletzt daran zugrunde gingen'.

Die Einheit des Volkes in Zeiten wachsender Krisen und Klassenkämpfe zu beschwören: daß ist eine Methode des Sozialfaschismus. Gleichzeitig mit den Anstrengungen, die 'Einheit' des Volkes im Sinne des Kapitals herzustellen (Heinemann: 'Die innere Einheit der BRD ist ein gutes Stück vorangekommen'!), wird auch die Expansion nach außen vorbereitet.

Unter dem Deckmantel 'Entspannungspolitik' wird die Rückeroberung der Ostgebiete vorbereitet. Die Erben des reaktionären Preußentums, das Finanz- und Rüstungskapital, haben die SPD-Führer vorgeschickt, damit ihnen der Weg geebnet wird."
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.6,Bochum 23.1.1971,S.2f

21.01.1971:
Der AStA der Ruhr-Universität Bochum (RUB - vgl. 11.2.1971) berichtet:"
KEINE PREUSSEN IN BAYERN

München. Das Gesetz über die Zulassung an bayrischen Hochschulen, welches am 21.1. auch vom Rechts- und Verfassungsausschuß des bayrischen Landtags als 'verfassungskonform' bezeichnet worden war, zeigt die ersten bossitifen auswirrgungen: Nach Mitteilungen der TU-München begannen im WS 1970/1971 908 Bayern und 104 Deutsche ihr Studium dortselbst."
=Bochumer Studentenzeitung Nr.73,Bochum 11.2.1971,S.3

Februar 1971:
Die Nr.2 des 'Roten Morgens' der KPD/ML-ZK (vgl. Jan. 1971, März 1971) beschäftigt sich u.a. mit der KPD/ML-ZB und dem antifaschistischen Kampf. Dazu sagt die KPD/ML-ZK:"
Wir stellen dazu fest: Die KPD/ML hat mit dieser Organisation nichts zu tun. Sie lehnt es auf Grund eines Beschlusses prinzipiell ab, Bündnisse mit Revisionisten auf organisatorischer Ebene abzuschließen. Das vorliegende Dokument zeigt klar zu welchem Prinzipienverrat solche Anbiederungsversuche führen (Statt deutscher Imperialismus: 'Ausdehnung des reaktionären Preußentums auf das Reichsgebiet. ... Beginn einer großsprecherischen und aggressiven Außenpolitik.' Statt Kampf gegen die Diktatur der Bourgeoisie in allen ihren Formen einschließlich SPD: 'Wenn die Arbeiterklasse und alle demokratischen Kräfte sich zusammenschließen gegen den gemeinsamen Feind, gegen den Faschismus, dann kann der Faschismus nicht siegen'. ... Die KPD/ML tritt natürlich für ein kämpferisches Aktionsbündnis an der Basis mit allen Werktätigen ein, egal ob es sich dabei um Mitglieder der DKP, der SPD oder sogar der CDU handelt, solange diese bereit sind, sich aktiv für die Durchsetzung korrekter Forderungen einzusetzen."
=Roter Morgen Nr.2,Hamburg Feb. 1971

26.03.1971:
Die NPD befaßt sich, laut KPD/ML-ZB, in ihren 'Deutschen Nachrichten' (DN -
vgl. **.3.1971, 2.4.1971) u.a. mit dem Putsch in der Türkei (vgl. 12.3.1971). Dabei "weisen die NPD-Faschisten direkt auf die Notwendigkeit der Militärdiktatur hin: In den 'Deutschen Nachrichten' vom 26.3. heißt es: 'Seitdem die FÜHRUNG DER TÜRKISCHEN WEHRMACHT in einem beispielgebenden Akt höchster soldatischer und politischer Verantwortung die schwache Regierung Demirel - die vor der Auflösung der Inneren Ordnung in der Türkei praktisch kapituliert hatte - zum Rücktritt zwang und SELBST VORÜBERGEHEND DIE MACHT ÜBERNAHM, haben sich die politischen Verhältnisse im östlichen Mittelmeer entscheidend verändert.'"

Zu einer Denkschrift zur Bundeswehr aus Unna (vgl. 15.3.1971) heißt es:"
Was sich die Faschisten in der BRD für eine Zusammenarbeit mit den reaktionären Militärführern wünschen, geht aus ihren Kommentaren zu der reaktionären Denkschrift der 30 Kompaniechefs der Bundeswehr hervor. Die 'Deutschen Nachrichten' schreiben am 26.3.:
'Aus tiefster Verantwortung für die Erhaltung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland haben 30 Kompaniechefs der 7. westfälischen Panzerdivision in der Öffentlichkeit über die innere Verfassung der Bundeswehr Alarm geschlagen... Da die Generalität vielfach aus politischem Opportunismus resignierend schweigt, folgten die Kompaniechefs in bester preußisch-deutscher Soldatentradition der Pflicht ihres Gewissens.'"
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.27,Bochum 7.4.1971,S.10f

02.04.1971:
Die NPD befaßt sich, laut KPD/ML-ZB, in ihren 'Deutschen Nachrichten' (DN - vgl. 26.3.1971, **.4.1971) erneut mit der Bundeswehrdenkschrift aus Unna (vgl. 15.3.1971):"
In den DN vom 2.4. hebt die NPD die 'preußisch-deutsche' Pflichterfüllung der Hauptleute sogar in einem eigenen Leitartikel hervor und zitiert ihre Forderungen."
=Kommunistischer Nachrichtendienst Nr.27,Bochum 7.4.1971,S.11

18.07.1971:
In Dortmund, wird laut einem handschriftlichen Vermerk das folgende Flugblatt von zwei Seiten DIN A 4, unterzeichnet vom Dortmunder DKP-Mitglied Heinz Junge verbreitet:"
WAS IST DAS: 'EINHEITLICHE DEUTSCHE NATION'?

Auf dem VII. Parteitag der SED setzte sich Erich Honecker mit dem Schlagwort westdeutscher Politiker von der 'einheitlichen deutschen Nation' auseinander.

'Die herrschenden Kreise in der BRD suchen ihre revanchistische Linie von den bereits erwähnten 'innerdeutschen Beziehungen' mit der betrügerischen Behauptung zu stützen, es bestehe unverändert eine einheitliche deutsche Nation. Davon kann keine Rede sein. Was die nationale Frage betrifft, so hat hierüber bereits die Geschichte entschieden.' (Erich Honecker, Rechenschaftsbericht, ND vom 16.6.1971/S.4)

Die 'Nation' hat nicht immer bestanden, sie hat sich mit der Entwicklung des Kapitalismus gebildet und die Herausbildung der meisten europäischen Nationen liegt schon mehr als 150 Jahre zurück.

Als im vorigen Jahrhundert, besonders bis zur Revolution 1848, die Arbeiter, Bauern und das städtische Bürgertum jene große nationale Bewegung hervorriefen, die fast 40 deutsche Fürsten um ihre Throne bangen ließ, ging es tatsächlich um die Bildung eines deutschen Nationalstaates, um eine einheitliche deutsche Nation. Der gesellschaftliche Fortschritt brach sich mit der kapitalistischen Entwicklung Bahn und diese neue KAPITALISTISCHE Produktionsweise konnte sich nur in einem größeren Raum ohne Zollschranken, bei einheitlicher Währung, einheitlichen Maßen und Gewichten, entwickeln.

Dieser Raum wurde in der Regel durch die jeweiligen Sprachgrenzen abgesteckt, denn die mühelose Verständigung im Handel u.a. war Bedingung.

Die Revolution von 1848 wurde von den fürstlichen Söldner in Wien und Berlin, in Dresden und auch in unserer engeren Heimat blutig niedergeschlagen. Trotzdem drängte die Entwicklung elementar zur Bildung größerer Märkte. Die Großbourgeoisie im damaligen Rheinpreußen, nämlich an Rhein und Ruhr, verriet die Sache der deutschen Nation und begnügte sich im Bündnis mit den preußischen Junkern mit der Ausweitung ihres Marktes, zunächst auf Norddeutschland im 'Norddeutschen Bund' und nach der gewaltsamen Ausschaltung Österreichs im Bürgerkrieg 1866, mit der sogenannten kleindeutschen Lösung unter Führung Preußens. Diese durch die Reaktion erzwungene Spaltung der deutschen Nation fand durch die 'Reichsgründung' 1871 zunächst ihren Abschluß.

Die preußischen Junker wollten keinen einheitlichen deutschen Staatsverband, weil ihnen ihre militärische Vorherrschaft und ihr Schmarotzerdasein wichtiger war als das Anliegen der Nation; die rheinische Großbourgeoisie wiederum wollte bei der Eroberung des Marktes südlich der Mainlinie die österreichisch-böhmische Konkurrenz ausschalten.

So entstand EINE deutsche Nation im Deutschen Reich, welches für die Arbeiterklasse ein Kasernenhof und für Millionen Polen, aber auch für Franzosen (im Elsaß) und Dänen ein Völkergefängnis war. Österreich nahm eine selbständige Entwicklung und bildete eine zweite deutsche oder die österreichische Nation heraus.

Da die Entstehung der Nation eine historische Notwendigkeit war, innerhalb derer sich der Kapitalismus, der gegenüber der Leibeigenschaft den gesellschaftlichen Fortschritt verkörperte, voll entfalten konnte, handelte es sich bei der Herausbildung der ZWEI DEUTSCHEN NATIONEN um stabile Gebilde ungeachtet vieler Gemeinsamkeiten.

Der preußisch-deutsche Militarismus erlangte in seiner Entwicklung zum Imperialismus um die Jahrhundertwende eine noch gesteigerte Aggressivität. Er brach den ersten Weltkrieg vom Zaune, verlor und stürzte die Welt in die Katastrophe des zweiten Weltkriegs und setzte die Existenz der deutschen Nation überhaupt aufs Spiel. Er hat damit bewiesen, daß seine Profit- und Eroberungsinteressen in krassem Gegensatz zu den Interessen der Nation stehen und daß, will die Nation nicht untergehen, eine andere Kraft die Führung innerhalb der Nation übernehmen muß. Diese Kraft konnte sich im Rahmen der Nation entwickeln und kämpfte Jahrzehnte erbittert um deren Führung: Die deutsche Arbeiterklasse."
=Junge, Heinz:Was ist das: 'Einheitliche deutsche Nation'?,o.O. (Dortmund) o.J. (1971)

13.09.1971:
Der 'Rote Morgen' der KPD/ML-ZK Nr.9 (vgl. Aug. 1971, 27.9.1971) enthält u.a. auch den Artikel "Antifaschistischer Kampf und Parteiaufbau. Eine Kritik an dem Artikel 'Erklärung der Ortsgruppe Freiburg' im Roten Morgen Nr.2/1971". Der Artikel führt u.a. aus:"
Keinesfalls können wir dulden, daß die Neonazis den Sieg des preußischen Militarismus vor 100 Jahren unbehelligt feiern. Die Teilnahme der Revisionisten an Gegendemonstrationen darf uns nicht hindern. Im Gegenteil, wir müssen mit allen Mitteln versuchen, einer solchen Aktion die richtige Richtung zu geben, die konsequent antifaschistische Linie wahrer Kommunisten durchzusetzen."
=Roter Morgen Nr.9,Hamburg 13.9.1971

23.02.1972:
Die KPD (vgl. 10.3.1972) berichtet anläßlich heute:"
DIE UNTERDRÜCKER REDEN VON SELBSTBESTIMMUNG - DIE SPALTER FORDERN DIE NATIONALE EINHEIT.

Anläßlich der Debatte über die 'Ostverträge' im Bundestag setzten sich alle Parteien warm für das Selbstbestimmungsrecht der Deutschen ein. Man stritt, ob dieses Recht hinreichend im Rahmen der Verträge berücksichtigt sei. Alle Deutschen, auch die in der DDR, sollten die Möglichkeit haben, über die Frage der Einheit Deutschlands zu entscheiden.

Die Vertreter des deutschen Monopolkapitals, die in diesem Jahrhundert zweimal das Selbstbestimmungsrecht der europäischen Völker mit Füßen getreten haben, haben jedes Recht verwirkt, sich zum Sprecher des Selbstbestimmungsrechtes der Deutschen zu machen.

Die Fahne der Selbstbestimmung schwenkend, hat der deutsche Faschismus Österreich und die Tschechoslowakei (später: CSSR,d.Vf.) annektiert, im Namen der Selbstbestimmung hat er seine Ausrottungsfeldzüge gegen Polen und gegen die Sowjetunion (SU,d.Vf.) durchgeführt. Das deutsche Volk hat niemals selbst bestimmt, in welchen Grenzen und unter welcher Staatsordnung es zu leben wünscht. Das besorgte stets die herrschende Klasse.

Der deutsche Nationalstaat von 1871 wurde unter der Vorherrschaft des preußischen Staates begründet. Von allem Anfang an war er gezeichnet durch die Schandmale seiner Geburt: Widerrechtliche Annektierung französischer Gebiete, Beihilfe bei der Niederschlagung der Pariser Kommune, Unterdrückung aller fortschrittlichen Vorstellungen über die zukünftige Verfassung des deutschen Reiches.

Das deutsche Reich war eine Koalition der Bourgeoisie mit den preußischen Junkern. Die deutsche Bourgeoisie hatte schon in der 48er Revolution kapituliert. Im preußisch-deutschen Reich gab sie alle Hoffnungen auf, an der Spitze einer bürgerlich-demokratischen Revolution die Ketten des Feudalismus zu sprengen. Karl Marx schrieb:
'Das Reich ist ein mit parlamentarischen Formen verbrämter, mit feudalem Beisatz vermischter, aber zugleich auch schon von der Bourgeoisie beeinflußter, bürokratisch gezimmerter polizeilich gehüteter Militärdespotismus.'

Die Sozialdemokraten Bebels und Liebknechts akzeptierten den Einheitsstaat. Sie wußten, daß die ungeheure Entfaltung der Produktivkräfte eine einheitliche Armee von Proletariern hervorbringen würde. Sie wußten auch, daß die Arbeiterklasse auf einheitliche Kampfbedingungen, auf einheitliche Zwangsmaßnahmen treffen würde. Franz Mehring, großer Historiker der deutschen Arbeiterbewegung schrieb:

'Allerdings, da es das Versäumnis der Bourgeoisie ist, sich nicht auf großem Fuße entfalten zu können, ohne daß sich das Proletariat auch auf großem Fuße entfaltet, so mag man die Gründung des deutschen Reiches etwas gutes, einen 'unschätzbaren Fortschritt' auch für die Arbeiterklasse nennen.'

Im Kampf gegen die herrschenden Klassen der Monopolbourgeoisie und des Junkertums schloß sich die deutsche Arbeiterklasse zusammen. Da die Bourgeoisie nie einen prägenden Einfluß auf die Arbeiterklasse ausgeübt hatte, verfochten die revolutionären Sozialdemokraten die deutsche Republik als sozialistischen Staat auch gegen die Bourgeoisie. Wilhelm Liebknecht rief aus:
'ZWEI NATIONEN, DAS SOLL HEISSEN: DIE NATION DER KAPITALISTEN UND DIE NATION DER ARBEITER - DIE NATION DER BESITZENDEN UND DIE NATION DER PROLETARIER.'

Wir wissen, daß die revolutionären Kräfte innerhalb der deutschen Sozialdemokratie zu schwach waren, um zu verhindern, daß die bestochenen Oberschichten der deutschen Sozialdemokratie auf die Seite des Imperialismus übergingen."
=Rote Fahne Nr.38,Dortmund 10.3.1972,S.5

20.03.1972:
In der Nr.6 ihrer 'Roten Fahne' (vgl. 6.3.1972, 3.4.1972) berichtet die KPD/ML-ZB im Leitartikel über die:"
Staatskrise. Im Volke gärt es - Bankrott der sozialdemokratischen Politik - Schiller bittet Kapitalisten um Hilfe
...
Es gelang der CDU, den Vertriebenenführer der SPD, den Revanchisten Hupka, durch Auszahlung einer hohen Altersrente in ihre Reihen zu locken. Auch in den Reihen der FDP wackelt es schon. Der hessische Junker von Kühlmann-Stumm und der Abgeordnete Kienbaum besinnen sich ebenfalls auf dieses ihr 'Gewissen'."
=Rote Fahne Nr.6,Bochum 20.3.1972

Mai 1972:
Die Jugendbetriebsgruppe (JBG) Hoesch Westfalenhütte Dortmund (IGM-Bereich in NRW) des KJVD der KPD/ML-ZB berichtet vermutlich aus dem Mai:"
DIE 'ROTE WESTFALENWALZE' KOMMENTIERT
KRIEGSMINISTER SCHMIDT WIDERRUFT HAARERLASS!
...
Probung von Bürgerkrieg bei der Verfolgung von Baader-Meinhof-Leuten (RAF,d.Vf.), Aufrüstung des Bundeskriminalamtes (BKA,d.Vf.), des Verfassungsschutzes (VS,d.Vf.) und des Bundesgrenzschutzes (BGS,d.Vf.), Prozesse gegen die Kommunisten und ihre Presse. Alle diese Notstandsmaßnahmen waren schon seit jeher die Kehrseite der Vorbereitung auf einen neuen Krieg.

Wenn man dann den Haarerlaß noch mal anschaut, so meint die 'ROTE WESTFALENWALZE' jedenfalls, dann wollte der Schmidt den Soldaten und der Öffentlichkeit doch wohl offensichtlich ein kleines Trostpflaster geben, sie bestechen, sie bei der Zunahme des militärischen Drills in der Bundeswehr (Die Formalausbildung soll jetzt verschärft werden, damit 'die Disziplin der Soldaten besser wird') davon ablenken.

Das deutsche Volk soll wohl alles vergessen, was mit dem 'Preußengeist' in Deutschland schon so alles angestellt wurde? Es soll wohl bei der wahnwitzigen Aufrüstung der Bundeswehr, des Bundesgrenzschutzes und der Polizei einfach beide Augen zudrücken?"
=Die Rote Westfalenwalze Für kämpferische Jugendvertreter!,Dortmund o.J. (Mai 1972),S.5f

01.05.1972:
In der Nr.9 der 'Roten Fahne' (vgl. 17.4.1972, 15.5.1972) der KPD/ML-ZB wird im Leitartikel "Nieder mit dem Bonner Kuhhandel" u.a. ausgeführt:
"Am Donnerstag, den 27. April sollte die Regierung Brandt mit Hilfe gekaufter Abgeordneter gestürzt werden. Als 1969 nach der Bundestagswahl die CDU die bisherigen Fleischtöpfe im Bonner Staatsapparat verlor, kauften sich die Führer von CDU und CSU einen Abgeordneten nach dem anderen, durch Direktorenposten, einträgliche Beraterverträge, Altersrenten usw. ... Mende, Zogelmann, Hupka und nun den Junker von Kühlmann-Stumm, Kienbaum und Helms wurden so eingekauft."
=Rote Fahne Nr.9,Bochum 1.5.1972

26.08.1972:
Nach eigenen Angaben der KPD/ML-ZB beginnt heute in NRW, vermutlich in Bochum, eine zweitägige "Konferenz der Landeskomitees der KPD/ML und der Politleiter der Landeskomitees des KJVD, der Jugendorganisation der KPD/ML". Dazu heißt es u.a.:"
Diese Konferenz war besonders wichtig, weil hier über den Stand der programmatischen Arbeit des Zentralbüros angesichts der bevorstehenden Neuwahlen berichtet wurde. Die Politik und Taktik der Partei bei den Neuwahlen wurde diskutiert, Beschlüsse zur Reorganisation der Partei
gefaßt und die besonderen Aufgaben der Partei beim Antikriegstag am 2. September bestimmt. "

Zum Stand der programmatischen Fragen wird u.a. ausgeführt:"
Die Feststellung im 'Bolschewik' 7 ..., daß die Revisionisten deshalb Revisionisten sind, weil sie den demokratischen Kampf führen ... ist falsch. ... Die Partei und die marxistisch-leninistische Bewegung haben deshalb die erstrangige Aufgabe, die Bedeutung des demokratischen Kampfes zu untersuchen und sich nicht durch das trotzkistische und 'links'- revisionistische Geschrei beeindrucken zu lassen. Dabei ist es erstens notwendig, die objektive Seite der Entwicklung des westdeutschen Imperialismus zu untersuchen, seine Verschmelzung mit dem Junkertum und dem feudalen Klerus, die Agrarverhältnisse in Deutschland usw.. Zweitens ist die subjektive Seite der Arbeiterbewegung zu untersuchen, besonders die Tatsache, daß die deutsche Arbeiterklasse nicht in ganz Deutschland eine demokratische Revolution zu Ende geführt hat. Für die Zeit nach dem II. Weltkrieg ist es wichtig, die Frage der Beseitigung der Grundlagen des Faschismus in Deutschland und die nationale Frage für heute aufzuwerfen und klar zu beantworten."
=Rote Fahne Nr.18,Bochum 2.9.1972,S.1ff

Oktober 1972:
C. Cordel, Mitglied des Frankfurter Kampfbund/Marxisten-Leninisten (FKB/ML) veröffentlicht vermutlich im Oktober den folgenden Artikel:"
ZUR PROGRAMMATISCHEN ARBEIT DER REVOLUTIONÄREN BEWEGUNG
...
3.) Unsere ersten Vorstellungen über die wesentlichen Fragen der westdeutschen Revolution seien kurz dargestellt:

A. BESONDERHEITEN AUFGRUND DER GESCHICHTE DEUTSCHLANDS

1. DIE URSACHEN UND FOLGEN DER REVOLUTION 1918-1923

Dazu meint z.B. der KJVD (Bolschewik Nr.6), daß das Junkertum als Klasse dadurch keineswegs ökonomisch und politisch liquidiert war, sondern weiterhin eine soziale Ursache für den Revanchismus und Militarismus in Deutschland war und heute noch ist! Daher spricht er von der 'Vollendung der bürgerlichen Revolution' in der DDR 1947/1948 und von ihrer Notwendigkeit heute noch in der BRD! Aus unserer, allerdings nur lückenhaften Kenntnis der Zusammensetzung des deutschen Finanzkapitals vor und nach 1918 und seines Einflusses auf die Regierung bestreiten wir diese Thesen entschieden. Unserer Meinung nach war dem ostelbischen Junkertum jegliche wesentliche und besondere ökonomische und politische Rolle mit dem Verlust der oberschlesischen Kohlezechen und Stahlkonzerne genommen. Vor 1918 hatte es sich im Bündnis mit der Bourgeoisie zu eigenen Kapitalisten in diesem Gebiet entwickelt und daher diese besondere Rolle gespielt. Bloßer Großgrundbesitz rechtfertigt nicht, von Junkertum als besondere soziale Klasse zu sprechen, da es ja Leibeigene keineswegs mehr gab. Wer aber der reaktionären Rolle von unbedeutend gewordenen sozialen Resten des Feudalismus besonderen Wert zumißt, der erweckt damit den Eindruck, als ob die Monopolbourgeoisie weniger reaktionär wäre!

Ansonsten gibt es zu dieser Frage keinen wesentlichen Beitrag der revolutionären Bewegung, obwohl doch sicher das Scheitern der Revolution von 1918 - 1923 die Niederlage gegen den Faschismus mit beeinflußte!"
=Klassenkampf und Programm Nr.1,Dortmund Dez. 1972,S.48ff

04.10.1972:
Es erscheint die Nr.20 der 'Roten Fahne' der KPD/ML-ZB (vgl. 18.9.1972, 24.10.1972). Im Artikel "Über den Weg zur Revolution in Westdeutschland. Antwort an eine Kritik aus Kiel" wird u.a. die Kritik der Ortsgruppe Kiel der KPD/ML-ZB behandelt, die sich hauptsächlich mit der Frage des Verhältnisses von demokratischem und sozialistischem Kampf befaßt. Das ZB nennt einige demokratische Aufgaben der Revolution in Westdeutschland:"
Nach wie vor besteht die Aufgabe, den reaktionären imperialistisch-feudalen Staatsapparat in Westdeutschland zu zerschlagen. Keineswegs ist der Bonner Staat demokratisch geworden ... Die Monopolherren, Junker und die preußischen Beamten und Generäle sind die Träger dieses Staates ... Dieser Bonner Staat muß durch den bewaffneten Kampf des Volkes unter der Führung der Arbeiterklasse zerschlagen werden und an seine Stelle muß eine Form der Diktatur des Proletariats treten."
=Rote Fahne Nr.20,Bochum 4.10.1972


21.01.1973:
In der 'Wahrheit' des KB Bremen (KBB - vgl. 21.1.1973), dem quasi-Zentraloran des späteren KBW erscheint vermutlich frühestens heute folgender Artikel von Christine Bucher zur KPD/ML-ZB:"
DIE KRISE DER KPD/ML
WIE SICH DAS LINKSSEKTIERERTUM SELBST ZU GRABE TRÄGT
...
Der deutsche Imperialismus war vor dem 1.Weltkrieg besonders aggressiv, weil Deutschland ökonomisch das fortgeschrittenste und stärkste kapitalistische Land war mit den geringsten ökonomischen Expansionsmöglichkeiten. Die Welt war bereits unter den älteren europäischen Mächten aufgeteilt. Deutschland versuchte deshalb die Neuaufteilung der Welt zu seinen Gunsten gewaltsam durchzuführen. Das imperialistische Deutschland war außerdem besonders reaktionär, weil die Bourgeoisie mit der alten herrschenden Klasse, den Großgrundbesitzern politisch ein Bündnis gegen die starke deutsche Arbeiterklasse eingegangen war, was sich z.B. in der reaktionären Verfassung, der Erhaltung der Monarchie, dem beschränkten Dreiklassenwahlrecht in Preußen, in der Herrschaft der preußischen Junker in Heer und Staatsverwaltung und vielem mehr ausdrückte. Obgleich ganz offensichtlich in der Weimarer Republik und erst recht nach 1945 diese Formen abgeschafft wurden, 1918 die proletarische Revolution und die Errichtung der Räterepublik auf dem Altar der BÜRGERLICHEN Republik geopfert, 1945 zum zweiten Male die Bourgeoisie sich mittels der Herstellung der bürgerlichen Republik politisch restaurieren konnte, wiederholt die Leitung der KPD/ML schematisch die Behauptung, daß der WESTdeutsche Imperialismus BESONDERS reaktionär sei, scheut sie sich in ihrem Schematismus nicht einmal, die Herrschaft der 'Krautjunker' wiederaufleben zu lassen, und begründet schließlich auf diesen Behauptungen sogar die Notwendigkeit einer demokratischen Zwischenetappe, der Vollendung der bürgerlich-demokratischen Revolution, eine Losung, die bereits 1918 von den Arbeiter- und Soldatenräten geschichtlich überholt worden ist."
=Wahrheit Nr.1,Bremen Jan. 1973,S.12ff

19.02.1973:
Vermutlich zu Beginn dieser Woche erscheint das Flugblatt der VVN-BdA Dortmund:"
WEISSE ROSE KONTRA HAKENKREUZ
WIDERSTANDSKAMPF IM 3. REICH
DEMOKRATIEVERSTÄNDNIS UND WIDERSTANDSKAMPF HEUTE

Am 22. Februar 1973 jährt sich zum 30. Male der Tag, an dem im Münchener Zuchthaus Stadelheim die Geschwister Hans und Sophie Scholl sowie ihr Freund Christoph Probst von den Hitlerfaschisten ermordet wurden.
...
Leidenschaftlich hatten sie in ihren Schriften an das deutsche Volk appelliert, nicht blindlings seinen Verführern in das Verderben zu folgen. In ihrem Aufruf hieß es:
'Ein Verbrechertum kann keinen deutschen Sieg erringen. Trennt Euch von allem, was mit dem Nationalsozialismus zusammenhängt; glaubt nicht der nationalsozialistischen Propaganda, die Euch den 'Bolschewistenschreck' in die Glieder gejagt hat! Beendet den faschistischen Krieg! Beseitigt den preußischen Militarismus! Jedes Volk, jeder Einzelne hat ein Recht auf die Güter dieser Welt!'"
=VVN-BdA Dortmund:Weiße Rose kontra Hakenkreuz. Widerstandskampf im 3. Reich. Demokratieverständnis und Widerstandskampf heute,Dortmund o.J. (Feb. 1973)

Juni 1973:
Innerhalb der bayrischen Roten Schülerfront (RSF) der ABG wird vermutlich im Juni vom Zentralkollektiv ein Text verfaßt, in dem es u.a. heißt:"
Rechenschaftsbericht des ZKolls (Gliederung)
...
Das Ziel des antimilitaristischen Kampfes ist für uns aber nicht wie für die 'Links'sektierer, eine abstrakte Formel, die wir bei jeder Gelegenheit nachbeten, vielmehr führen wir heute konkret den Kampf gegen die einzelnen Formen des Militarismus und können so die Massen an das Ziel des Kampfes heranführen.

Besonders wichtig ist dabei der Kampf um den Frieden. Denn der deutsche Militarismus hat sich in der Geschichte als besonders reaktionär und kriegslüstern erwiesen. 'Die Wurzel liegt vor allem darin, daß sich der Kapitalismus in Deutschland später als in vergleichbaren Ländern durchsetzte und - damit eng zusammenhängend - die bürgerliche Revolution nie zu Ende geführt wurde. Die deutsche Bourgeoisie - die 1871 in der Pariser Kommune mit Schrecken die Stärke der Arbeiterklasse hatte erkennen müssen, zog es noch jedesmal vor, mit dem Junkertum zu paktieren. Weder nach dem ersten, noch nach dem zweiten imperialistischen Weltkrieg gelang es in Deutschland bzw. Westdeutschland, die bürgerlich-demokratischen Freiheiten umfassend durchzusetzen und zu behaupten. Es war und blieb für den Imperialismus Gesetz, daß er bei der imperialistischen Aufteilung zu kurz gekommen war, und darum sowohl auf eine besonders scharfe Ausbeutung der Arbeiterklasse im eigenen Land, als auch auf die Neuaufteilung der Welt aus ist. Es war und blieb für den deutschen Imperialismus Gesetz, daß er, mehr noch als in vergleichbaren kapitalistischen Ländern die Gefahr einschließt, daß die Monopolbourgeoisie die bürgerlich-parlamentarische Form ihrer Diktatur durch die offene Gewaltherrschaft ersetzt. Die zwei fürchterlichen Versuche des deutschen Imperialismus, die Welt zu seinen Gunsten neu aufzuteilen, haben ihn jeweils weiter zurückgeworfen, aber seinem Drängen kein Ende bereitet, sondern dieses Drängen mußte in dem Maße, wie er wieder erstarkt, sein handeln wieder stärker bestimmen.' (Nachwort des ZK zu Dimitroff, Arbeiterklasse gegen Faschismus (vgl. S25f*197*,d.Vf.), S.118f)

Der Militarismus war dabei stets ein williges Werkezeug des Imperialismus, ja, er war und ist sogar eine treibende Kraft sowohl für die Unterdrückung nach innen wie für die Aggression nach außen. Denn das Militär war in Deutschland stets die Domäne der reaktionärsten Elemente der Gesellschaft, des Junkertums. Aus dem kapitalistischen Militarismus wurde daher in Deutschland der durch feudale Elemente 'angereicherte' preußische Militarismus, gekennzeichnet durch besonders unmenschlichen Drill, durch tiefe Feindschaft gegenüber der Demokratie und durch den Drang zum Krieg, der für das ökonomisch längst verkommene Junkertum noch die einzige 'Existenzberechtigung' war. In der Bundeswehr lebt dieser Charakterzug des deutschen Militarismus fort und kommt gerade in letzter Zeit - mit Erstarken der Arbeiterbewegung, damit, daß der Betrug mit dem 'Staatsbürger in Uniform' immer weniger zieht - verstärkt zum Vorschein.

All das führt heute wieder zu einer besonderen Kriegsgefahr und verleiht damit dem antimilitaristischen Kampf eine besondere Bedeutung."
=RSF:Rechenschaftsbericht des Z-Kolls,o.O. o.J. (1973)

20.09.1973:
Laut einem anonymen Protokoll "Dortmund: Prozeß wegen Beleidigung der Bundesrepublik" (vgl. 29.8.1973), welches vermutlich für die Rote Hilfe (RH) Dortmund der KPD/ML verfaßt wurde, wird Klaus Dillmann "am 20. September erneut vor Gericht stehen, diesmal in Bochum in 2. Instanz wegen 'öffentlicher Billigung eines Mordes' (Paragraph 140 StGB). Zusammen mit 2 weiteren ehemaligen Redakteuren der Bochumer Studentenzeitung (BSZ) soll er sich für zwei Artikel verantworten, in denen die Erschießung des westdeutschen Botschafters Spreti als notwendig für die Befreiungsbewegung Guatemalas vom Joch des Imperialismus dargestellt wurde. In der Verteidigungsrede von Klaus Dillmann heißt es u.a.:"
Als Lehrer in der Schule darf ich den Schülern gegenüber Im Geschichtsunterricht die preußische Erhebung 1813/1814 loben und ihnen beibringen, wie mutig damals das deutsche Volk die Fremdherrschaft Napoleons abgeschüttelt hat. Und in der preußisch/russischen Kriegsgefangenschaft sind Tausende französischer Soldaten ermordet worden! Wenn man dasselbe auf andere Völker anwendet, dann soll das alles keine Gültigkeit mehr haben? Das Gericht beweist damit, daß es für einen Geist der Völkerverständigung, wovon Leute wie Brandt groß herumschwätzen, nichts übrig hat. Als Vertreter der westdeutschen Monopolherrschaft muß es den proletarischen Internationalismus, den Zusammenschluß der Arbeiter aller Länder und der unterdrückten Völker, hassen wie die Pest. Denn ein solcher Zusammenschluß, wenn er einmal zustandekommt, wird das Ende der Monopolherrschaft bedeuten. Ich bekenne mich hiermit unumwunden für die Einheit der Arbeiter aller Länder und der unterdrückten Völker der Welt."
=Dillmann, Klaus:Verteidigungsrede des Angeklagten Klaus Dillmann im Verfahren 16 Ms 2/71 wegen 'öffentlicher Billigung eines Mordes' vor der II. Strafkammer Bochum am 20.September 1973,o.O. 20.9.1973

06.01.1974:
Die Initiative Braunschweig für freie politische Betätigung (vgl. 22.1.1974) berichtet von der heutigen Veranstaltung des Rote-Fahne-Freundeskreises (RFFK) Braunschweig der KPD gegen das KSV-Verbot, auf der u.a. das folgende Referat gehalten worden sei:"
ZUR GESCHICHTE DER BRD
...
Wer es vergessen hat, wer noch ein Kind war in den ersten Jahren nach dem Krieg, ihm sei in Erinnerung gerufen, daß die CDU und CSU als verrottete, korrupte, mit faschistischen Elementen durchsetzte, als durch und durch kapitalhörige arbeiterfeindliche Clique von reaktionären Politikern, Bankiers und Kapitalisten, Vertretern der Junker, höchsten kirchlichen 'Würdenträgern', Nazigeneralen und Nazidiplomaten das neue Deutschland schufen, dessen Erbe die heutige Bundesrepublik ist und in der wir heute leben."
=Initiative Braunschweig für freie politische Betätigung:Diskussionspapiere Nr.1,Braunschweig 22.1.1974,S.5ff

02.06.1975:
Die KPD, Büro Bielfeld, gibt in dieser Woche ein Flugblatt aus Anlaß der gestrigen Severing-Feier heraus:"
SEVERING - ARBEITERMÖRDER!
...
Als Innenminister von Preußen und später des Reiches hat er immer wieder dafür gesorgt, daß alle Maßnahmen zur Verschlechterung der Lebensbedingungen der Arbeitermassen (manchmal bis zu 30% Lohnkürzungen) blutig durchgesetzt wurden."
=KPD-Büro Bielefeld:Severing - Arbeitermörder!,Bielefeld o.J. (Juni 1975)

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