Die „Rote Presse-Korrespondenz“, Nr. 21 - 40

Materialien zur Analyse von Opposition

Von Dietmar Kesten, Gelsenkirchen, August 2013


Hand RPK, Nr. 1 - 20


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„Rote Presse-Korrespondenz“ - Nr. 21/1969 (11.7.1969)

Die „RPK“ 21 legt zwei Schwergewichte. Zum einen, und das erstmalig, wird auf die spezielle Unterdrückung von Frauen an ihrem Arbeitsplatz, den Frauenarbeitsplätzen, eingegangen. Die „doppelte Ausbeutung“ der Frauen (Familie und Beruf) führe dazu, dass sie nicht „als klassenbewusste Arbeiterin“ auftreten würden. Es gelte, „Organisationsansätze unmittelbar am Arbeitsplatz“ zu schaffen. Genannt wird die „Organisation von Betriebsgruppen“, um so „die spezifischen Probleme der Arbeiterinnen aufzuarbeiten“.

Zum anderen wird weiter über die „Organisationsfrage“ debattiert. Dazu fand ein Seminar am 7.6.1969 statt, auf dem sich eine Kommission bildete, die einen ersten Bericht „über den Stand unserer Praxis und die daraus abzuleitenden Perspektiven“ vorlegte. Damit ging einher die „Campagne für das Sozialistische Zentrum“.

Von einer tiefer gehenden Kritik am Patriarchat oder der Abspaltung ist der Artikel jedoch weit entfernt (vgl. „RPK“, Nr. 21/1969).

„Rote Presse-Korrespondenz“ - Nr. 22/1969 (18.7.1969)

Der internationale Klassenkampf ist einer der Hauptthemen der „RPK“ 22. Debattiert wird über die „Bolivianische Guerilla“ und die „Black Panther Party“. Den Formen der unterschiedlichsten Unterdrückung und Ausbeutung in Bolivien und den USA wird etwa die „militärische und politische Organisation“ entgegengesetzt. Der Internationalismus, die Solidarität mit Gruppen und Menschen in den verschiedenen Ländern, solle auch der Zusammenarbeit dienen. Selbiger wird in der „RPK“ unterstützt durch die Agitations- und Propagandakampagnen zu verschiedenen Anlässen.

Zur „Bolivianischen Guerilla“ wird ein Artikel vom „Arbeitskreis 3. Welt“ aus Freiburg im Breisgau übernommen. Bei dem Artikel zur „Black Panther Party“ handelt es sich um einen Abdruck aus „The Black Panther“, der Zeitung der „Black Panther“.

In der „Campagne für das Sozialistische Zentrum“ geht es weiter „um die Vorstellungen über die zu schaffende Massenorganisation“. Ein solches Zentrum könne nur „das Ergebnis einer massenhaften Kampagne sein, die auch die notwendigen technischen Kader stellen“ müsse. Bisher würden sich nur zwei Gremien theoretisch mit dem Problem beschäftigen: der „RC-Vorstand und der RPK-Beirat“. Zurzeit laufe eine „Finanzierungskampagne“. Die Parole dazu laute: „Wenn wir heute zu tausenden mit dem Lohn eines Arbeitstages das SOZIALISTISCHE ZENTRUM bauen, so schaffen wir Morgen die SOZIALISTISCHE MASSENORGANISATION.“ Plaketten und Aufkleber, die käuflich erworben werden können, sollen das Ziel unterstützen. Das „SOZIALISTISCHE ZENTRUM“ sei „die wichtigste technische Bedingung in der Transformationsperiode der diffusen APO in die SOZIALISTISCHE MASSENORGANISATION“.

Faktisch wird in dem Artikel zur „Black Panther Party“ das Schlagwort von der „internationalen Solidarität“ begründet, das fortan in der linken Bewegung nicht mehr wegzudenken ist, abgewandelt: „Hoch die internationale Solidarität!“ (vgl. „RPK“, Nr. 22/1969).

„Rote Presse-Korrespondenz“ - Nr. 23/24/1969 (1.8.1969)

Ein zentrales Thema der Doppelnummer 23/24 ist die „Justizkampagne“ bzw. deren Geschichte. Der Artikel stammt von der „Initiativgruppe Berliner Referendare“. Eingegangen wird auch auf den „Ermittlungsausschuss“ und die „Republikanische Hilfe“. Kritik wird am „Ermittlungsausschuss“ geübt, der zunächst den „Versuch einer offensiven Justizkampagne“ startete“. Das strategische Ziel sei: „Die Zerschlagung der Klassenjustiz“. „Seinen Höhepunkt erreichte diese Vorstellung eines Kampfes gegen die Klassenjustiz am Tegeler Weg, wo zum ersten Mal die symbolische Zerstörung der Klassenjustiz mit offener Gewalt versucht wurde“.

Die ausgegebene „Justizkampagne“ scheiterte letztlich, weil sie „über keinerlei Basis verfügte“. Die Kampagne sei „allein mit den Mitteln von Rechtsanwälten weitergeführt“ worden. Der „Ermittlungsausschuss“, der sich „als arbeitende Gruppe innerhalb der sozialistischen Bewegung“ verstehe, könne sich zwar weiter „um die liberalen Mitläufer der Bewegung kümmern“ und seine „sich selbst zugedachte Schutzfunktion weiterhin wahrnehmen“, doch er habe seinen Anspruch verwirkt, „mit seiner Arbeit der sozialistischen Bewegung zu dienen“. Es fällt auch der Vorwurf, dass er „objektiv konterrevolutionär“ handele.

Die „Republikanische Hilfe“, die über „die justizförmigen Unterdrückungsmaßnahmen gegen die politische Opposition informieren und dadurch einen Beitrag leisten soll für die praktische Aufklärung über die Rolle der Justiz in der Bundesrepublik Deutschland“, benötige eine „überregionale Koordination gegen die bundesweiten Versuche, die politisch aktiven Minderheiten zu zerschlagen“. Dafür müssten nun die „materiellen Voraussetzungen“ geschaffen werden.

Die Debatte um den Internationalismus wird in der Ausgabe weiter geführt. Dazu wird der Artikel „Chile - Der gescheiterte Dritte Weg“ veröffentlicht. Von der Theorie ausgehend, dass es in „Chile keine Klasse gibt, die eine kapitalistische Entwicklung der Produktivkräfte vorantreiben kann“, heißt es abschließend: „Wenn heute eine Veränderung stattfinden wird, die die Voraussetzungen der Entwicklung der Produktivkräfte schafft, dann wird es notwendig eine sozialistische Revolution sein. Allerdings, und dies muss noch hinzugefügt werden mit einer sozialistischen Revolution, mit der Machtergreifung durch das Proletariat, das industrielle und das agrarische Proletariat, werden die Probleme keineswegs gelöst sein. Es ist vielmehr damit erst der erste Schritt zu ihrer Beseitigung getan“ (vgl. „RPK“, Nr. 23/24/1969).

„Rote Presse-Korrespondenz“ - Nr. 25/26/1969 (5.8.1969)

Mit der Ausgabe 25/26 werden folgende wichtige Themen problematisiert:
- der antiimperialistische und antirevisionistische Kampf der Sozialistischen Opposition in Westberlin
- die Arbeiterkonferenz vom 12.-13. Juli
- die Bundeswehrkampagne
- das Sozialistische Zentrum und die Organisationsfrage
- die Ruhr-Kampagne.

Zum Thema „antiimperialistischer und antirevisionistischer Kampf“ bezieht sich eine der Kernaussagen auf die „neue Ostpolitik des Imperialismus“. An der „Verschleppung der Deserteure“ kristallisieren sich „die Widersprüche innerhalb der Senatsclique und das Verhältnis zwischen USA und Sowjetunion in der Berlin-Frage“ heraus. Die „neue Ostpolitik“ würde bestimmt durch den „Osthandel“ und der Provokation, die „ökonomischen Schwierigkeiten der Volksdemokratien Polen, Bulgarien, Ungarn, Rumänien auszunutzen“, um eine ähnliche Entwicklung wie in der CSSR“ zu erreichen („Roll-Back“).

In diesem Zusammenhang wird nun die „Politik der friedlichen Koexistenz der Sowjetunion“ beleuchtet. Dazu heißt es: „Dass die Theorie der ‚friedlichen Koexistenz‘ eine Rechtfertigungsideologie der sowjetischen Außenpolitik der vergangenen 15 Jahre ist und nicht Ausdruck der ‚Läuterung‘ des Imperialismus durch die Sowjetunion, ist durch die imperialistische Aggression in Vietnam, in Arabien und Lateinamerika, durch die Errichtung der NATO und SEATO, der Errichtung und Vorbereitung faschistischer Diktaturen in Südeuropa usw. genügend durch die Wirklichkeit bewiesen worden. Der Revisionismus einer revolutionären Theorie hat letztlich seine Ursache und seine theoretische Grundlage in einem kruden Ökonomismus …“

Die Verfasser des Artikels, die „Projektgruppe Ruhr-Kampagne“, sind sich allerdings nicht darüber im Klaren, inwieweit sich in der DDR auf dieser Ebene „eine Restauration des Kapitalismus“ vollzieht. Im „Augenblick scheint die DDR der einzige Staat des sozialistischen Lagers zu sein, der nicht vollständig die sozialistischen Prinzipien der Politik aufgegeben hat“.

Bei der „Arbeiterkonferenz vom 12. bis 13. Juli“ ging es u. a. um die Frage der „Organisation von Arbeitern in Betriebsgruppen“. „Die Betriebsgruppen sollten autonom arbeiten und die Arbeiter müssten sich mit Hilfe dieser Betriebsgruppen selbst organisieren.“ Weiter: „Zur Frage der Gewerkschaften.“ Im Protokoll heißt es dazu, dass „die Politik der Gewerkschaften nach 1945 die konsequente Fortsetzung ihrer Arbeit vor der Machtergreifung Hitlers war.“ Seit 1914 habe sie sich „als beste Stütze des Kapitalismus und der Bourgeoisie entpuppt und offenbarte ihren konterrevolutionären Charakter im Verrat der Revolution von 1918/19.“

Heute seien sie „wieder eine rein ökonomische Interessenvertretung“, die nichts unternehme, „um die Absicherung der Herrschaft der Bourgeoisie im Betrieb und Gesellschaft zu verhindern“. Genannt werden:
- das BVG
- die Konzertierte Aktion
- die Verabschiedung der NS-Gesetze
- die Mitbestimmung.

Die Arbeit in den Gewerkschaften, „mit der Zielsetzung, sie in ein Instrument des Klassenkampfes“ verwandeln zu wollen, wird abgelehnt. Die radikale Losung lautet: „Aufbau revolutionärer Betriebsorganisationen und die Zertrümmerung des Gewerkschaftsapparates.“

Die „Gewerkschaftsfrage“, wie sie hier erörtert wird, ist u. a auch in den folgenden Jahren stets ein Zankapfel in der linken Bewegung. Vor allem fallen die radikalen Losungen der „RPK“ („Aufbau revolutionärer Betriebsorganisationen“ und die „Zertrümmerung des Gewerkschaftsapparates“) ins Auge. Sie entsprechen in etwa der späteren Politik vieler maoistischer Gruppen, speziell der späteren RGO der KPD/ML.

In der „Organisationsfrage“, die das „Sozialistische Zentrum“ nach vorne bringen soll, wird interessanterweise erklärt, dass die bisherigen „Basisgruppen als experimentelle Form der Verbindung zwischen Studenten und Arbeiterklasse keine theoretische Perspektive hatten erarbeiten können“. Damit setzt man sich eigentlich auch vom bisherigen „Basisgruppenkonzept“ insgesamt ab. Eine „sozialistische Massenorganisation“ könne auch nur dann entstehen, „wenn ihre Schwerpunkte proletarische Betriebsorganisationen bilden“.

Wiederum bleibt der Widerspruch zwischen einer „studentischen Massenorganisation“ und der „Betriebsorganisationen“ bestehen. So wird erklärt: Die „Schaffung neuer zentraler Organisationsformen“ sei jetzt notwendig. Dazu gebe es jetzt Ansätze „in der Roten Zelle Germanistik und in den Sektionen“.

Diese „sozialistischen Zellen wären mit der Basis und dem zukünftigen SOZIALISTISCHEN ZENTRUM durch ihre praktische und theoretische Arbeit verbunden … Diese studentische Massenorganisation kann und muss sofort gebildet werden. Sie kann zurückgreifen auf das Potential von Tausenden antiautoritären Studenten. Die sozialistische Massenorganisation jedoch kann sich erst in dem Maße entwickeln, in dem eine auf den Klassenkampf orientierte einheitliche Theorie geschaffen wird und eine genügende Zahl geschulter Arbeiter existiert“.

Schulungskollektive sollen mit der Agitation den Zweck verfolgen, das Zentrum zu einem Ort der „gemeinsamen Schulung“ zu machen. Das Zentrum müsse so „eindeutig von den Bedürfnissen der Arbeiter dominiert werden“. Langfristig wird auf die Herausbildung von „Organisationsstrukturen“ außerhalb der Studentenschaft insistiert und eine „proletarische Massen-Organisation“ angedeutet. Dazu soll das Projekt einer „Arbeiterzeitung“ debattiert werden.

Die „Ruhrkampagne“ war der Versuch von studentischen SDS-Kadern der West-Berliner „Basis- und Projektgruppen“, sich im Ruhrgebiet auszuweiten. Dazu legte sie mit ihrer „Ruhrgebietsanalyse“ zunächst eine „Arbeitshypothese“ zur Untersuchung bzw. Entwicklung im Ruhrgebiet vor. Dies betraf u. a.: Wirtschaftsregionen, Unternehmerverbände, Ruhr-Struktur (etwa: Kohle, Eisen- und Stahl), Gewerkschaften, politische Parteien.

Die „Ruhrkampagne“ dürfte vor allem mit dem Bochumer SDS partiell zusammengearbeitet haben. Aus diesem sollten sich ab dem Februar-März 1970 Kader für die KPD/ML-ZB bilden. Perspektivisch wurden vom SDS-Bochum sogar in Seminaren (etwa vom 19.9.1969) einige theoretische Arbeiten der „Ruhrkampagne“ übernommen, die u. a. in Seminaren mit den Themenschwerpunkten „Analyse des Rheinstahlkonzerns“, „Lehrlingsarbeit“ usw. behandelt werden.

Entscheidend dürfte aber die Positionierung zu den „Streiks in Westdeutschland“ (Septemberstreiks, d. Verf.) gewesen sein. Dazu verfassen die „Ruhrkampagne“ und die „Basisgruppe des SDS-Bochum“ einen gemeinsamen Artikel, der in der Nr. 30/1969 vom 12.9. veröffentlicht wurde (vgl. den dazu gehörigen Datensatz). Allgemein gilt dieser Aufsatz u. a. als Gründung der „B 1“.

Weitere Parallelen zu den Berlinern sollte es in der Frage der Rolle der Avantgarde und des Aufbaus einer proletarischen Partei (vgl. hierzu: Dietmar Kesten: Ruhr Universität Bochum. Zur Geschichte des Bochumer SDS) geben. Die Spaltung der „Ruhrkampagne“ (Januar bis April 1970) führt u. a. auch zur Übersiedelung einiger ihrer Kader ins Ruhrgebiet, die sich dort am Aufbau der KPD/ML-ZB beteiligen. Schließlich tritt sie als Restgruppe, bis spätestens Juli 1970, aus der Redaktion der „RPK“ aus.

Neben dem Versuch einer wirtschaftlichen Analyse werden u. a. auch in den „Arbeitshypothesen“ die DKP, der SDS und die KPD/ML genannt. Zur DKP wird erklärt, dass sie „gegenwärtig die Phase des Klassenkampfes als Kampf um die ‚demokratische Erneuerung von Staat und Gesellschaft‘“ bestimmen würde. Dem würde die „Theorie des staatsmonopolistischen Kapitalismus“ zugrunde liegen. Sie orientiere sich immer stärker an den „kapitalistischen Normen des Konsums und den Idealen der westlichen Demokratie, so dass diese Ideologie selbst die Rückkehr der sozialistischen Staaten zum Kapitalismus einleitet“. Dies sei die „verhängnisvolle Funktion der Ideologie des Revisionismus“. Zur KPD/ML wird noch keine Position bezogen (vgl. zur „Ruhrkampagne“ insgesamt: Jürgen Schröder: Die Westberliner Ruhrkampagne 1969/1970).

In der „Bundeswehrkampagne“ wird erklärt, dass „in der augenblicklichen Situation“ in der westdeutschen Bundesrepublik „Desertion … kein Ziel unseres Kampfes in der Bundeswehr ist“. Ziel der Kampagne sei es jedoch, „den Herrschenden in Westdeutschland diese Bundeswehr aus der Hand zu schlagen“. Und: „Dafür zu sorgen, dass diese Bundeswehr niemals einsatzbereit sein wird“.

Zusammen mit den „Kriegsdienstverweigerer-Verbänden“ soll die Agitation zu „einer verstärkten Produktion von Verweigerern führen“. Dazu sollen lokale Kampagnen vorbereitet werden (vgl. „RPK“, Nr. 25/26/1969).

„Rote Presse-Korrespondenz“ - Nr. 27/28/1969 (29.8.1969)

Zwei wichtige Themen bestimmen die „RPK“-Doppelnummer 27/28. Zum einen der Artikel zur Roten Garde Berlin, zum anderen der Bericht vom Verlauf der „Arbeiterkonferenz“ (12./13. Juli - siehe auch „RPK“, Nr. 25/26).

Zur Roten Garde Westberlin, die im August 1968 auf einer Schülerdemonstration Flugblätter gegen den CSSR-Einmarsch verteilt und ein gutes Jahr später (am 20. August 1969) ein Teach-In in der TU veranstaltet, auf dem zu einer Demonstration für den 21. August unter den Parolen „Unterstützt den revolutionären Kampf des tschechoslowakischen Volkes!“ und „Gegen das Komplott des Sowjetimperialismus mit dem US-Imperialismus“ aufgerufen wird, nimmt der Artikel „Die Rote Garde Berlin und der 21. August“ von Tilman Fichter und Jürgen Werth Stellung.

Eingangs wird betont, dass es das Verdienst der RG Berlin sei, die „nationale Frage und die Stalin-Frage“ wieder in die theoretische Diskussion eingeführt zu haben. Die Autoren kritisieren die Herangehensweise der RG Berlin, die meint, dass ‚die revisionistische Politik (gemeint ist die gegenwärtige der KPdSU, d. Verf.) nach dem Tode Stalins begann, als Chruschtschow die Macht in Staat und Partei an sich riss und damit begann, im ganzen Land den Kapitalismus wiederherzustellen“. „Damit, dass die ROTE GARDE die Geschichte der revolutionären Epoche der KPdSU mit dem Tode Stalins enden lässt“, begehe sie „den gleichen Fehler wie diejenigen, die den Revisionismus in der CSSR mit dem Sturz Novotnys und dem Machtantritt Dubceks beginnen lassen“.

Weiter wird kritisiert, dass die RG Berlin nicht den Versuch unternimmt, „die Innen- und Außenpolitik Stalins zu analysieren“. „Der Kern dieser Analyse“ hätte zur Frage vordringen müssen, „welchen Einfluss Stalin auf die Entwicklung der KPdSU und der Kommunistischen Internationale in der Etappe der Entwicklung des Sozialismus in einem Land genommen hat“. Die „falsche Behandlung der Stalin-Frage“ führe dazu, dass „das antikommunistische Stalin-Syndrom verstärkt wird und jede rationale Auseinandersetzung mit den Fehlern, Verbrechen und Verdiensten Stalins verhindert wird“.

Zudem sei die Parole der Unterstützung des „revolutionären Kampfes des tschechoslowakischen Volkes“ falsch. Sie unterscheide nämlich nicht „zwischen dem nationalen Widerstand und den Bedingungen eines unterentwickelten Landes und denen eines hochindustriellen Landes im Comecon“. Sie verkenne somit, „dass das Klassenbewusstsein in einer durch den Imperialismus ausgebeuteten Kolonie und in einem Land des Warschauer Pakts … nicht miteinander gleichgesetzt werden kann“. Heute gäbe es in der CSSR keine „revolutionäre Avantgarde“. Diese müsse „erst wieder aufgebaut werden“.

Der Bericht über die „Arbeiterkonferenz“ will noch einmal über „die Situation der Arbeiter in der Sozialistischen Bewegung“ aufklären. Es handelt sich hierbei um einen „korrigierten Bericht“ an die AK vom 12./13. Juli.

Teilgenommen hatten „50 Genossen aus 10 Betriebsgruppen der Basisgruppen, S.A.L.Z, Rote Garde etc. Die Teilnehmer verstanden sich nicht als Delegierte diese Gruppen, sondern folgten der Intention der Arbeiterkonferenz als Forum der Arbeiter“. Im Wesentlichen wurde in der Debatte die „Organisationsfrage in den Mittelpunkt gestellt“, aus der jedoch „keine Perspektive oder eine Strategie zu entnehmen war“. Hierzu wurden die „unterschiedlichen Meinungen sehr polemisch vorgetragen, ohne dass eine Einschätzung aller möglich war“. „Bis zur Klärung der Organisationsfrage soll sie (die „Arbeiterkonferenz“, d. Verf.) den Meinungsaustausch und die Kontakte unter den Arbeitern sichern“, heißt es weiter.

Im Unterabschnitt „Über die Situation der Arbeiter in der sozialistischen Bewegung“ wird über das Verhältnis von Arbeitern zu den Studenten reflektiert und erklärt, dass die Studenten „unter der proletarischen Klassensituation nicht leben. Und sie kann auch nicht künstlich hergestellt werden“.

Der Artikel behandelt, ohne das allerdings in der Klarheit zu formulieren, einen der eigentlichen Konflikte in der linken Bewegung: wie entsteht Klassenbewusstsein, „Proletarische Linie“, Kleinbürger und sein Verhältnis zur Arbeiterklasse. Daher heißt es auch: „Wir Arbeiter müssen uns selbst organisieren und selbst unser Arbeitsverhältnis für die Basis entwickeln. Wir müssen das Verhältnis zu den studentischen Genossen neu bestimmen und ihnen die Rolle im Klassenkampf aus unserer Situation heraus zuweisen … Wir müssen die Klassenauseinandersetzung aus der Beschränkung auf den Produktionsprozess herausbringen und alle Bereiche, zum Beispiel Universität, Schule, Kultur etc. in den Klassenkampf oder für den Klassenkampf anwenden“ (vgl. „RPK“, Nr. 27/28/1969).

„Rote Presse-Korrespondenz“ - Nr. 29/1969 (5.9.1969)

Diese Ausgabe der „RPK“ veröffentlicht aus Anlass „der entstellenden und diffamierenden Berichterstattung der Presse über die Sommerjugendlager, insbesondere das Falkenlager in Schweden“, einen „umfangreichen Artikel von Reinhard Bolk (Mitglied des Sexual-politischen Zentrums im Falkenlager) und einen die bürgerliche Berichterstattung korrigierenden vorläufigen Bericht über das Jugendlager Oberwarmensteinach“.

Der Artikel zur „Antiparlamentarischen Aktion“ verweist auf Wahlveranstaltungen „der etablierten Bonner ‚demokratischen‘ Parteien“, die „nicht mehr ohne aufwendigen Polizeischutz stattfinden“ können.

Im Artikel „Zur Funktion der Justizkampagne“ nimmt das „Sozialistische Anwaltskollektiv“ zum Artikel aus der „RPK“, Nr. 23/24 „Zur Geschichte der Justizkampagne“ Stellung. Tenor des Artikels ist, das die „Justizkampagne nur in engem Zusammenhang mit allen sozialistischen Gruppierungen und Genossen und ihrem Kampf geführt werden und nicht durch ein besonderes Gremium“. Sie muss „im politischen Bereich“ gehalten werden und „wo die Justiz ihren Nachwuchs rekrutiert: im Hochschulbereich und während des juristischen Vorbereitungsdienstes“.

In der „Auseinandersetzung mit der Justiz“, obliegt ihnen folgende Aufgaben:
- Freiräume erkämpfen
- Bildung von Initiativgruppen
- Existentielle Konflikte bereinigen (Entlassungen, Relegationen, Sperrung, Unterhalt)
- Mobilisierung
- Klassenkämpferisches Bewusstsein entwickeln
- Justizielle Auseinandersetzungsformen stabilisieren
- Vorbereitung von politischen Prozessen (vgl. „RPK“, Nr. 29/1969).

„Rote Presse-Korrespondenz“ - Nr. 30/1969 (12.9.1969)

Der wichtigste Artikel der „RPK“, Nr. 30 ist der zu den Septemberstreiks 1969: „Streik in Westdeutschland.“ Der „Rote Morgen“ der KPD/ML hatte in seiner September-Ausgabe von einem „Mythos“ geschrieben, der „jetzt zusammengebrochen sei“. Unter dem Titel „Jetzt spricht die Arbeiterklasse“ erklärte die KPD/ML u. a.: „Die umfassendste Streikbewegung seit 1963 hat diesen bürgerlichen Mythos, der auch in der kleinbürgerlich-revolutionären APO weit verbreitet ist, innerhalb einer Woche völlig zerfetzt und vom Tisch gefegt … Man kann sagen, dass die streikenden Kumpels Marcuse, Habermas usw. ideologisch getötet haben.“

Der Artikel des „Roten Morgen“ dürften der „Ruhrkampagne“ und dem Bochumer SDS nicht unbekannt gewesen sein, was nahelegt, dass der RPK-Artikel gar mit ihm korrespondierte, wenn etwa an den Terminus „wilde Streiks“ (zuerst vom „Roten Morgen“ benutzt, d. Verf.), die Herausbildung von Kadern, die Verweise auf Hoesch-Dortmund, die DKP oder wie zukünftige Streikbewegung zu führen seien, gedacht wird.

Die Berliner „Ruhrkampagne“ und die SDS-Basisgruppe Bochum“ veröffentlichen in der „RPK“ eine gemeinsame Stellungnahme. Ausgehend von der „Entstehung und Verlauf des wilden Streiks im Ruhrgebiet, Bremen und dem Saarland“, wird erklärt, dass sie „Aufschluss über die Entwicklung der Widersprüche des bundesrepublikanischen Spätkapitalismus geben“.

Bei der Analyse der Streiks konzentriert man sich auf die „Hoesch AG“ in Dortmund („Westfalenhütte“, „Union“ und „Phoenix“), auf „Klöckner“ in Bremen und Osnabrück, auf den „Rheinstahlkonzern“ und auf die Streiks der Bergarbeiter im Saarland. Die abgeschlossenen Tarifverträge markierten die „zurückgebliebenen - und eingefrorenen Löhne“ gegenüber den „Konzerngewinnen“. Dazu stelle sich heraus, dass die „langfristig abgeschlossenen Tarifverträge“ der „bürokratischen Tarifpolitik“ der Gewerkschaften zuzuschreiben seien. Diese Streiks seien „gegen die Gewerkschaften geführt worden“. Die „Gewerkschaftsbürokratie hat an den Streiks keinen Anteil.“

Die „verschärfte Ausbeutung“ und „Dividendenerhöhung“ für die Aktionäre führe u. a. bei den „Hoesch-Werken“ dazu, dass Lohnangleichungen mit „Hinhaltetaktik beantwortet“ wurde. Daraufhin beschloss „die Vertrauensleuteversammlung den Streik“. Ähnliches wird für den „Rheinstahlkonzern“, „Klöckner“ und „für den Streik der Bergarbeiter im Saargebiet“ herausgearbeitet.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass „die Gewerkschaften“ (gemeint dürfte u. a. die IG Metall gewesen sein, d. Verf.) durch „radikale Forderungen - 14% Lohnerhöhung“ den Streik „abwiegeln“ wollten. Das kommt wiederum sehr nahe an den Mythos der 15%-Forderungen heran, die Anfang der 1970er Jahre - dieses Mal allerdings als Forderungen der Hoesch-Arbeiter - herumschwirrte. Und auch die „Westfalenhütte“ als Initiator für andere Streiks sind sicherlich richtungweisend gewesen, etwa durch die Parole: „Streiken wie die Hoesch-Arbeiter, Hoesch-Arbeiter bringen uns weiter“, ein zweiter Mythos also.

Zur DKP wird festgehalten: „Die DKP war auf die Streiks insgesamt als Partei nicht vorbereitet. Arbeitskämpfe waren nicht ‚geplant‘ … Während des Streiks ist die DKP nicht als Partei aufgetreten, ihre Kader agitierten ausschließlich als Arbeiter … Ansätze einer prinzipiellen Kritik des Betriebsrates wurden personalistisch gewendet: einzelne Betriebsräte haben versagt … Zweifelsohne hat die DKP die Streiks mitgetragen, gleichwohl ist es falsch, ihre Kader und Organisation zu überschätzen …“

Zur Entwicklung des „Arbeiterbewusstseins“ führt der Artikel aus: „Streikführung und Dauer lassen eine zunehmend anti-gewerkschaftlich und anti-kapitalistische Tendenz erkennen … Im Ruhrgebiet ist ein spontanes Arbeiterbewusstsein feststellbar …“. Konkret sei es die „Westfalenhütte“ in Dortmund gewesen, deren Streik „für andere Betriebe Initialcharakter hatte“.

Folgende Charakteristika ließen sich ausmachen:
- Große Unzufriedenheit mit der Lohnentwicklung
- Ansätze der Solidarität und des Selbstbewusstseins
- Forderungen waren reinegewerkschaftlich, Lohnerhöhungen
- Streiks wurden nicht politisch begriffen
- Antikapitalistische Parolen gab es nicht.

Zur Linken wird formuliert:

Die „revolutionäre Linke“ im Ruhrgebiet sei „miserabel schwach“. Das sei ein „Kaderproblem“, ein Problem der „Schulung und Aktion“. Beides seien „die nächsten wichtigen Aufgaben“. Schwerpunkte seien hierbei: „Betriebsarbeit, Lehrlings- und Schüleragitation.“

Die DKP wird gegenüber den bisherigen Verlautbarungen der „RPK“ zwar nicht direkt als „revisionistische Gruppe“ genannt, der Artikel kommt aber zu dem Schluss: „Die spezifischen Ruhrgebietsbedingungen weisen sich vor allem durch die Notwendigkeit einer Auseinandersetzung mit revisionistischen Gruppen aus … Beispielweise ist die abstrakte Gegenüberstellung von Arbeiterkontrolle gegen Mitbestimmung recht nutzlos. Arbeiterkontrolle allein als Forderung besagt gar nichts, welche Forderungen zu stellen sind und in welchen Aktionen sie durchzusetzen sind.“

Als theoretischen Ansatz für die nächste Zeit solle die „Konzernanalyse“ weitere Aufschlüsse bringen. Dazu zähle:
- Entwicklung der Lohndifferenzen innerhalb der Arbeiterklasse
- Widersprüche innerhalb der Gewerkschaften
- Verhältnis betrieblicher Agitation und außerbetrieblichen Angriffen
- Lehrlings- und Schülerkampagne.

Im Artikel „Antiparlamentarische Aktionen“ wird darauf verwiesen, dass die „sozialistischen Aktionen“ (etwa bei Wahlveranstaltungen, Straßenbahnblockaden (ÜSTRA-Streik) oder NPD-Veranstaltungen) von drei Punkten ausgingen:

„1. Schaffung neuer Schüler- und Lehrlingsgruppen außerhalb der Universität.
2. Kampfaktionen im Sozial- und Konsumbereich
3. Kampf gegen den Imperialismus der Bundesrepublik.“

Die beiden zentralen Artikel aus der „RPK“ machen deutlich, dass die Hinwendung zur Arbeiterbewegung mehr und mehr einen entscheidenden Stellenwert einnimmt, eigentlich legen sie auch mit die Grundlagen für das theoretische Gebäude der maoistischen Gruppen, wobei die explizite Forderung nach dem Aufbau einer marxistisch-leninistischen Organisation noch fehlt. Die Schaffung von neuen „Schüler- und Lehrlingsgruppen außerhalb der Universität“ wird ebenfalls für die kommenden Jahre richtungweisend sein (vgl. „RPK“, Nr. 30/1969).

„Rote Presse-Korrespondenz“ - Nr. 31/1969 (19.9.1969)

In der Ausgabe 31 der „RPK“ wird die Debatte über die „Septemberstreiks“ fortgesetzt. Sie bildet auch den entscheidenden Artikel der Ausgabe, wobei der Artikel zur „Währungspolitik“, der „Währungskrise“ und „Aufwertung oder Nichtaufwertung der DM“, durchaus als flankierend für die Entwicklung der Löhne in der westdeutschen Industrie verstanden werden kann; denn an diesen entzündeten sich ja die „Septemberstreiks“.

Die „Arbeiterkonferenz“ vom 6./7. September diskutierte u. a. über die Unterstützung und Solidarität von „Aktionen und Demonstrationen in Westberliner Betrieben“. Zur „immer mehr um sich greifenden Streikwelle“ wurde die Zeitung „Arbeiterpresse“ vor den wichtigsten Berliner Betrieben verteilt. Auf einer Informationsveranstaltung an der TU sprachen Vertreter der „Ruhrkampagne“ und ein Genosse von den „Klöckner-Werken“.

Über „einige Konsequenzen“ zu den Streiks „für die sozialistische Bewegung in Westberlin“ referiert Wolfgang Lefèvre, der festhält, dass nicht klar sei, „ob die Streiks vorwiegend einem einfachen gewerkschaftlichen Bewusstsein der Arbeiter Ausdruck geben oder ob sie aber darüber hinausgehende, revolutionär zu nennende Ansätze zeigen“.

Näher analysiert werden verschiedene Streiktypen:
- Die traditionellen Kampformen der Arbeitsniederlegung
- Der Streik in den Hoesch-Werken
- In den Klöckner Werken (Bremen).

Die meisten Ausstände seien den „Hoesch-Aktionen“ zuzuschreiben. An den meisten Ausständen sehe man „lediglich die traditionelle Kampfform der Arbeitsniederlegung“, wobei die Kampfformen bei Hoesch „in der Schroffheit des objektiven Widerspruchs zu den Gewerkschaften und in seiner Widerstandskraft gegen die systemkonforme Abwiegelung weit über den traditionellen, im wesentlichen von den Gewerkschaften bestimmen Praxisrahmen“ hinausgehen. Der „Streik bei Hoesch wie Klöckner“ erhält eine „ganz außerordentliche strategische Bedeutung, sowenig das auch allen Akteuren bewusst gewesen sein mag“.

Die Beteiligten hätten „die Konsequenzen aus einer kapitalistischen Strukturänderung gezogen, die dem betriebsspezifischen Lohnkampf in den Großbetrieben einen Vorrang über die gewerkschaftliche Tarifpolitik verschafft“. Diese „Lohnkämpfe“ würden sich „qualitativ von den bisherigen der Gewerkschaftsapparate unterscheiden“.

Die „Konsequenzen für den Kampf in Westberlin“ wären u. a. „Selbstorganisation“, Befreiung von der „Gängelung der Gewerkschaftsapparate, die keine „aktive Kampfbeteiligung und Handlungsfähigkeit der Belegschaften hervorzubringen vermochten“. Wichtig sei für Berlin, den Zusammenhang herauszustellen, „der zwischen der eigenständig von der Belegschaft organisierten, aus der Umklammerung durch die Gewerkschaftsapparate gelösten Kampfführung und der Portemonnaie-Auffüllung besteht“.

Im Folgenden referiert Lefèvre über den Zusammenhang der „Betriebs- und Basisgruppenarbeit“ und der „westdeutschen Streikbewegung“. Aus dem „inhaltlichen Zusammenhang“ ergebe sich eine „zentralisierende Reorganisation“. Die „selbstorganisierte Praxis der Belegschaften“ könne dazu führen, „dass wir die Betriebsgruppenarbeit im engeren Sinne zu einem kräfteökonomisch auf strategisch wichtige Betriebe und zum Anderen auf die danach herleitbaren wichtigsten Konfliktsituationen konzentrieren könnten“.

Es zeige sich, dass die „erstaunlich weit verbreiteten Arbeitskämpfe praktisch die systemtragende Gewerkschaftslinie verlassen“. Die Chance aus der „westdeutschen Streikbewegung“ bestehe darin, einen „qualitativen Sprung“ zu erreichen und „gegen den Dogmatismus … Bedingungen für eine unakademische, auf die Praxis gerichtete Strategieverständigung … zwischen allen an der Basis arbeitenden Gruppierungen, die Organisation einer solchen, öffentlichen, und auf praktische Resultate gerichtete Strategieverständigung“ zu schaffen. Das könnten erste Schritte „zur Reorganisation unserer Arbeit“ sein.

Der von Wolfgang Lefèvre vorgetragene Ansatz misst dem „Streik in den Hoesch-Werken“ entscheidende Bedeutung zu. Dass er über den von den Gewerkschaften bisher bestimmten Rahmen hinausgehe, zeige eine deutliche Tendenz der „Selbstorganisation“ der Kämpfe. Wie im vorhergegangenen Artikel zu den „Septemberstreiks“, so wird auch hier der Widerspruch zwischen Gewerkschaften und Belegschaften zum eigentlichen Anknüpfungspunkt, der helfen soll, eine „Reorganisation“ der „Betriebs- und Basisgruppen“ einzuleiten. Lefèvre vermeidet es allerdings, sich auf eine organisatorische Konzeption festzulegen (vgl. „RPK“, Nr. 31/1969).

„Rote Presse-Korrespondenz“ - Nr. 32/1969 (26.9.1969)

In dieser Ausgabe geht es um den BVG-Streik, den Klöckner-Streik und die Organisation der Studenten. Zunächst wird der BVG-Streik als Fortsetzung der „Streikwelle“ in der BRD, sogar teilweise als „wilder Streik“, bezeichnet. Auch hier gehe es um höhere Löhne. Der Streikverlauf habe jedoch die „Mängel der Organisation“ während „des Streikverlaufs“ gezeigt. Dieser „Mangel an Organisation ermöglichte der ÖTV“ eine „erfolgreiche Abwiegelungsstrategie“.

Mit diesem Artikel korrespondiert der zum „Klöckner-Streik“, der umschrieben ist mit: „Vom antigewerkschaftlichen zum antikapitalistischen Kampf“. Dort wurde im „wilden Streik der entfesselte Lohnkampf, der Grundwiderspruch von Lohnarbeit und Kapital, wieder frei“. In diesem Lohnkampf „entfalteten die Klöcknerarbeiter den Grundwiderspruch in der Form des antikapitalistischen Kampfes“. Die Streikaktionen werden zudem auch als „antigewerkschaftlicher Kampf“ bezeichnet. Die Arbeit des Betriebsrates wird als „naturwüchsiger Opportunismus“ bezeichnet, der stets in einem „Lakaienstatus des Vermittlers zwischen den Unternehmern und Arbeitern“ stehen würde. Misstrauen hätte man gegenüber der DKP gehegt, deren „Einmischungsversuche“ abgeschmettert worden waren. Kader müssten nicht nur im Betrieb verankert sein, „sondern auch in einer kommunistischen Partei, deren oberstes Prinzip ‚von den Massen lernen, in die Massen tragen‘, ‚aus den Massen schöpfen‘, ist“.

Als eine Konsequenz aus den Streikaktionen wird die „politische Schulung“ favorisiert, aus der sich die „Arbeiterkader“ herausbilden müssten, die „ausschließlich im Betrieb verankert sind“.

Die Quintessens aus dem Artikel „Welche Organisation brauchen die Studenten“ ist: „sie in einer Kaderorganisation zu erfassen“. „Die Aufgabe von sozialistischen Kaderorganisationen ist die Arbeit am Hauptwiderspruch zwischen Lohnarbeit und Kapital, also die Organisation der Arbeiterklasse.“

Nun hat auch „der Kampf in der Universität und im Überbau überhaupt sekundären Charakter und muss sich ableiten vom Hauptwiderspruch. Diese Rangfolge muss sich auch organisatorisch niederschlagen: universitäre Kaderorganisationen wie die ROTZEG sind deshalb für die Sozialisten ein Unding.“

Die adäquate Orientierung müsse nun „eine Massenorganisation sein, die als Kriterium für die Mitgliedschaft lediglich die Unterstützung für allgemein formulierte Ziele und die materielle Unterstützung in Form von Beiträgen vorsieht“.

Das „ROTZEG-Modell“ versteht sich „als eine Grundeinheit einer Sozialistischen Massenorganisation“, die später hinüberwachsen soll in eine ‚proletarische Partei‘. Ihr Organisationstyp entspricht aber nicht „dem einer Massenorganisation, sondern legt kadermäßige Kriterien an, die in ihrer Verbindlichkeit Ähnlichkeit mit einer bolschewistischen Partei haben“. Damit löse sie „die Organisationsfrage für eine Fraktion der tätigen Sozialistischen Studenten“.

Das „Rotzeg-Modell in der Organisationsdebatte“ würde bedeuten, dass sie

1. „Den Schwerpunkt ihrer Arbeit darin sieht, die antiautoritäre Revolte in eine sozialistische Bewegung vermittels der Revolutionären Berufspraxis zu transformieren“. Sie müsse jedoch erkennen, „dass nicht sie als kleinbürgerliche revolutionäre Intellektuelle in Überbausituationen die Avantgarde der sozialistischen Bewegung darstellen, sondern das Proletariat und seine sich im Klassenkampf herausbildende marxistisch-leninistische Partei“.

2. Würde sie sich von anderen sozialistischen Studenten dadurch unterscheiden, „dass sie aus dem theoretischen Begreifen des Kapitalismus und seinem Hauptwiderspruch keine praktischen Konsequenzen“ ziehe. Weiter wird am „Sektierertum“ der „Rotzeg“ Kritik geübt. Sie sei nur „eine radikale Fraktion des Kleinbürgertums“.

Daraus ableitend, wird die Frage nach der Organisation der Studenten an der Universität problematisiert. „Rote Studentengruppen“ als Nachfolgeorganisation der ad-hoc-Gruppen“ sollten zwar „keine Kaderorganisation sein, weil dadurch Fraktionen sehr bald eine Mitarbeit unmöglich gemacht würde“, aber diese „losen Roten Studentengruppen am universitären Arbeitsplatz sind einmal die Festlegung einer gemeinsamen antikapitalistischen Hochschulpolitik“ sowie „die Initiierung von Kampagnen auf Universitäts- und Fachbereichsebene“. Daraus ergebe sich, „dass diese Organisation die permanente Aktionseinheit der einzelnen Fraktionen für den Hochschulbereich“ sei.

Letztlich müsse das dazu führen, „dass die studentische Massenorganisation - bezeichnen wir sie als Studentengewerkschaft - zu einer wirksamen Waffe gegen die technokratische Hochschulreform wird“. Sodann wird ein Plan für die „aufzubauende Studentengewerkschaft“ entwickelt.

Die „Rotzeg“, die sich als „Grundeinheit einer sozialistischen Massenorganisation versteht“ und die „später hinüberwachsen soll in eine proletarische Partei“, wird von der „WISO-ad-hoc Gruppe“ und dem „Marxistisch-leninistischen Studentenkollektiv WISO“ massiv attackiert. Das „Rotz-Modell“ als „Organisationstyp entspricht keinesfalls dem einer Massenorganisation“. Ihre „Verbindlichkeit“ hinsichtlich der „Ähnlichkeit mit einer bolschewistischen Partei“ würde zu einer sektiererischen Politik“ an der Uni führen. Demgegenüber favorisiert die „Marxistisch-leninistischen Studentenkollektiv WISO“ „lose organisierte Rote Studentengruppen“, die in eine kommende „Studentengewerkschaft“ überführt werden müssten.

Die Debatte um die „Rotzeg“ ermöglicht einen Einblick in die ideologischen Auseinandersetzungen zwischen den einzelnen Gruppen, die kurze Zeit später mit Vehemenz zunehmen werden. Auf den Artikel in dieser Ausgabe der „RPK“, der von der „WISO-ad-hoc-Gruppe“ und vom „Marxistisch-leninistische Studentenkollektiv WISO“ stammt, wird die „Rotzeg“ in der Nr. 35/1969 der „RPK“ antworten. Auch die „Rozmat“ wird ab der Ausgabe 36/1969 in die Diskussion eingreifen. Und später wird sie sich hochschaukeln und gegen einen „Linksopportunismus und Sektierertum in der Organisationsfrage“ wettern (Nr. 41/1969). Und noch vor der „Arbeitskonferenz der RPK“ (6./7.12.1969), wo „sich zunächst die Marxisten-Leninisten (ML) Westberlin gegenüberstehen, und im weiteren Verlauf sich dann mutmaßlich zwei Gruppen befehden: die Autoritäten des SDS in Gestalt der Thesenpapierverfasser und andererseits eine Koalition aus späterer PEI und ML“ (vgl. Jürgen Schröder: Die RKP-Arbeitskonferenz 1969), wird in der „RPK“ 42/1969 dazu aufgerufen, „den Kampf gegen die schwarze Linie (zu) führen“ (vgl. „RPK“, Nr. 32/1969).

„Rote Presse-Korrespondenz“ - Nr. 33/1969 (3.10.1969)

Die Nr. 33 hat zum hauptsächlichen Inhalt: „Die Entwicklung der Klassenkämpfe in der BRD und die Bundestagswahl 1969.“

Der Artikel weist keinen Verfasser aus. Erklärt wird, dass „die streikenden Arbeiter des letzten Monats zu überwiegenden Teil SPD wählten“. Einzelne Faktoren, wie etwa der Streit über die Aufwertung der DM, Streiks und Demonstrationen von Lehrlingen und Jungarbeitern und die Drohungen der CDU/CSU, erzeugten „eine ‚politische‘ Stimmung der Wahlen, die auch Auskunft gibt über die nächste Etappe der Klassenkämpfe“.

Die Arbeiter hätten SPD gewählt, „um zu verhindern, dass die Unternehmerpartei CDU/CSU gestärkt wird“. Viele Genossen, die an der Wahl teilgenommen hätten, wählten wohl das sog. „kleinere Übel“: dadurch hofften sie, „dass durch eine starke SPD oder gar durch eine ‚kleine‘ Koalition der Abbau der Demokratie in der Bundesrepublik langsamer voranschreiten würde“. Damit würde sich das alte Problem „der Taktik der sozialistischen Organisation im Klassenkampf“ neu stellen.

Gegenübergestellt werden weiter die Ideologie des „friedlichen, demokratischen Weges“, die „von uns als falsches Bewusstsein entlarvt wurde“, der Gegensatz „zwischen den Fraktionen der monopolkapitalistischen Politik“ mit dem „Streit um die Aufwertung der DM“, die eine, die von der Fraktion Kiesinger und Strauß betrieben wird, die für den „Exportboom“ eintreten, für die „gestärkte expandierende Exportindustrie“ und die sich auf eine „verstärkte wirtschaftliche Konkurrenz mit der USA“ eintritt, sowie der „engen militärischen Zusammenarbeit mit den USA“, die andere, vertreten durch die SPD, die versucht, „eine antizyklische Wirtschaftspolitik einzuleiten, durch eine Aufwertung der DM“, die „eine Stabilisierung der außerwirtschaftlichen Beziehungen erreichen soll, um die ‚organische‘ Kartellierung im EWG-Rahmen durchzuführen“. Diese Fraktion trete auch für die „Erweiterung des Osthandels ein“.

Der sozialistischen Opposition fällt die Rolle zu, diese Widersprüche aufzuzeigen, „den Vorteil einer kleinen Koalition“ und den Nachteil einer großen Koalition“. Durch die Streiks in den letzten Wochen habe sich gezeigt, dass „die Fraktionen der Arbeiterklasse bereit sind“, sich der „sozialistischen Opposition anzuschließen, wenn sie eine klare sozialistische Strategie des Kampfes entwickelt und sie fähig wird, den Klassenkampf zu organisieren“. Die Streiks selbst „trügen antikapitalistische Charakterzüge“.

Wiederum wird mit dem Streik der Hoesch-Arbeiter argumentiert. Diese setzten sich über „die Abmachungen der IG Metall hinweg“. In dem Maße wie sich nun die „Klassenkämpfe“ entwickelten und die „Konfrontation mit dem Staatsapparat“ größer werde, werde auch „sozialistisches Bewusstsein der Arbeiter“ entstehen.

Der „Warnstreik“-Artikel zu „Orenstein & Koppel“, von der „Betriebsgruppe Orenstein & Koppel in der Basisgruppe Spandau“, flankiert den Hauptartikel. Zwar sei dieser Streik „spontan“ gewesen, aber die Kollegen hätten „ihre Organisationsform in diesem Kampf selbst entwickelt“.

Nicht unterbewertet werden sollte der Artikel des „Aktionsrates zur Frauenemanzipation“, der die Tendenz aufweist, „dass Frauen innerhalb des kapitalistischen Systems sich nicht emanzipieren können“. Daraus folgt:

- Der Widerspruch zwischen der Institution Familie und dem gesellschaftlichem Leben
- Der Unterdrückung der Frauen und Kinder
- Der Widerspruch zwischen Familie und Sozialismus und der Kindererziehung.

Erklärt wird, dass die Frauen die „Voraussetzungen schaffen“ müssten, „dass Männer und Frauen gemeinsam für den Sozialismus kämpfen“.

Mit dem Artikel „Die Entwicklung der Klassenkämpfe in der BRD und die Bundestagswahlen 1969“ wagt sich die „RPK“ daran, eine Einschätzung der Klassenkräfte und der Klassenkämpfe vorzunehmen. Interessant ist dabei die Gegenüberstellung zwischen den Fraktionen des Kapitals und ihrer politischen Büttel. Bei genauerem Hinsehen fällt auf, dass er in vielen Aussagen der späteren „Zwei-Wege-Theorie“ der KPD/ML-ZK entspricht. Der hier angedeutete osteuropäische und westeuropäische Weg des Kapitals weist auch sonst einige Parallelen mit der in der ML-Bewegung üblich werdenden ökonomischen Einschätzung einer kapitalistischen Strategie auf.

Mit dem Artikel zur „Frauenemanzipation“ wird auf die traditionelle Rollenverteilung von Mann und Frau eingegangen, speziell auf die Kindererziehung und auf den „Kampf um die Verantwortlichkeit für alle Kinder“, der ein „erster Schritt zur Befreiung der Frauen“ sein soll. Das Patriarchat insgesamt kommt hier noch relativ gut davon. Und die thematisierten Frauenrechte sind noch recht vage formuliert. Das sollte sich jedoch später deutlich ändern. Der dazu abgedruckte Artikel aus „The Black Panther“ weist da schon in eine ganz andere Richtung (vgl. „RPK“, Nr. 33/1969).

„Rote Presse-Korrespondenz“ - Nr. 34/1969 (10.10.1969)

Bei den sich in der Zwischenzeit häufenden Streikaktionen in der BRD gab es auch „studentische Aktivitäten“, die sich auch bei einem Streik bei den „Howaldtwerken Kiel“ zeigten. Ein Bericht darüber zeigt die Eckpunkte auf. U. a. gab es keine dortige Betriebsgruppe, und keine Gruppe in der „studentischen Linken“, die eine „Initiative in diese Richtung (Betriebsgruppe, d. Verf.) entwickelt“ hätte.

Polemisch wird gegen die DKP agitiert, die lediglich den Unternehmer „als Gegner hinstellte“. Der „Staatsapparat, die SPD, die Gewerkschaft oder der Betriebsrat, der während des Streiks eine windelweiche Politik des Speichelleckens bei der Direktion betrieb, wurde als Feind sorgsam ausgespart“. Die Politik der DKP wird sodann als „links-gewerkschaftlich“ und trade-unionistisch“ bezeichnet. Ein AStA-Flugblatt der Uni Kiel unterstützt die Streikaktionen.

Zur „Emanzipation der Frauen“ erfährt der Leser dieser „RPK“-Ausgabe etwas von einer „Linkskommunistischen Frauenschulungsgruppe“, die erstmalig für die „RPK“ referiert. Das Thema lautet: „Die politische Bedeutung der Frauenemanzipation.“ Klar werden müsse, dass „die Frauenemanzipation in den Zusammenhang mit der bisherigen Klassenkampfgeschichte gestellt werden“ müsse. Kritik wird am vorhergegangen Artikel aus der Nr. 33 geübt. Dort war ja die Familie als „erste Grundlage zur Kapitalbildung“ bezeichnet worden und als „die Grundlage für die weitere Unterdrückung auch im Sozialismus“.

Demgegenüber wird festgehalten: „Als erste Grundlage der Kapitalbildung stellt sich nicht die kulturelle Institution Familie dar, sondern einerseits die Trennung einer Großzahl von Produzenten vom traditionellen Zugang zu den Produktions- und Lebensmitteln, also gerade die Auflösung der auf der Großfamilie basierenden Produktion für den Eigenbedarf, andererseits der Handel als Betrug im Austausch, in Verbindung mit privater Verwertung technischer Erfindungen.“

Daraus folge, dass die Durchsetzung von Forderungen, letztlich nur in einer „noch zu schaffenden Organisation, die den Willensbildungsprozess von unten nach oben garantiert“ möglich sei. Heute müssten schon Forderungen durchgesetzt werden, etwa „Geld vom Sozialistischen Zentrum, um Wohnungen für Frauen und Kinder zu mieten“, „Abschluss von Wohnverträgen für Frauen und Kinder …“. Auch sollte das „Sozialistische Zentrum“ „Mittel für ein Kinderhaus“ aufbringen.

Im Artikel „Revolutionäre Berufspraxis für Juristen?“ wird Kritik am „Sozialistischen Anwaltskollektiv“ aus der „RPK“ Nr. 29 geübt. Referiert wird von einer Genossin über die Justizkampagne, den Anwalt als „Vermittler zu politischen Gruppen“ und dem „Genossenschutz im Zusammenhang mit der Emanzipation des Justizopfers vor Gericht“.

Mit dem Artikel zum „Streik bei den Howaldtwerken Kiel“ gerät die DKP nach der Analyse über die „Septemberstreiks“ ein weiteres Mal ins Kreuzfeuer der Kritik. Letztlich vertrete sie nur eine „links-gewerkschaftliche“ Politik, die „typisch trade-unionistisch“ sei. Festgehalten wird, dass eine „relevante Gruppe“ der „studentischen Linken“ dort fehlte. Man müsse nun eine „Initiative in diese Richtung entwickeln“. Ein Flugblatt des AStA wird vor dem Betrieb verbreitet.

Der Artikel „Revolutionäre Berufspraxis für Juristen?“ setzt die Diskussionen aus den letzten „RPK“-Ausgaben fort (vgl. „RPK“, Nr. 34/1969).

„Rote Presse-Korrespondenz“ - Nr. 35/1969 (17.10.1969)

Mit dem Artikel „Organisation der Studenten: Rote Zellen“ erreicht die Debatte um das Organisationskonzept den nächsten Schritt. Die „Rotzeg“ antwortet auf die „Vorschläge der WISO ML-Fraktion“. In der Auseinandersetzung entstanden zwei weitere RZ, die „Rote Zelle Mathematik“ und die „Rote Zelle Ökonomie“.

Die Rotzeg“ lehnt eine „studentische Gewerkschaft“ ab. Die „Form dieser Organisation entspricht ihrem Inhalt“. „Würden die politischen Ziele konkretisiert, so würde eine a priori Einheitsfronttaktik in der Form einer syndikalistischen Massenorganisation gesprengt“. Die Studenten sind für die „Rotzeg“ „keine Parteigruppierungen, mit denen es Bündnisse zu schließen gilt, sondern rebellische Kleinbürger, die erkennen müssen, dass sie im Prozess der Auseinandersetzung mit dem monopolkapitalistischen Staatsapparat sich der Führung der Arbeiterklasse unterordnen müssen.“

Die „Rotzeg“ würde eine „korrekte Massenlinie an der Universität vertreten“, die dadurch zum Ausdruck komme (siehe Statut), dass sie eine „verbindliche Mitarbeit“ regle. Somit habe auch die „Rotzeg“ eine „Erziehungsfunktion“, jedes „Mitglied zu einem guten Marxisten-Leninisten zu machen“.

Die „Rotzeg“ schlägt vor, „die studentische Massenorganisation als Organisation der Roten Zellen zu diskutieren“. Die Voraussetzung für die „Gründung der sozialistischen studentischen Massenorganisation ist die Umwandlung der ad-hoc-Gruppen in Rote Zellen“. Dazu wird ein mehrere Punkte umfassender Plan vorgelegt. Zudem wird erstmalig von der „Rotzeg“ auf die Existenz der KPD/ML verwiesen, die aber bisher „keine Rolle für unseren universitären und außeruniversitären Kampf in Westberlin“ spiele.

Zu den „Septemberstreiks“ wird ein Artikel aus den „Roten Kommentaren“ der Betriebsprojektgruppe Heidelberg“ (des dortigen SDS, d. Verf.) übernommen.

Die Genossinnen des „Aktionsrates zur Befreiung der Frau“ setzen sich für eine „Politisierung des Aktionsrates“ ein. Die bisherigen Debatten dazu liefen darauf hinaus, dem „Aktionsrat eine Perspektive zu geben“, die „letztlich wieder auf eine Unterdrückung der Frauen mit anderen Mitteln hinausläuft“.

Das Ziel sei der „gemeinsame Klassenkampf“. Dafür müssen „Bedingungen geschaffen werden“. Unumgänglich sei „die Erarbeitung einer Perspektive zur Veränderung unserer politischen und privaten Praxis“, die „Orientierung an den objektiven Notwendigkeiten, die sich aus den bestehenden Produktionsverhältnissen und unserem Kampf dagegen ergeben“.

Der „Bundesvorstand des SDS“ gibt eine Erklärung zur Delegiertenkonferenz ab und verlangt „eine umfassende und gründliche Analyse“ der „Ansprüche und Begriffe antiautoritärer Politik“. In diesem Zusammenhang wird auf die „Welle der wilden Streiks“ eingegangen, die „uns über unsere Aufgaben belehren“. Die müssten sein: „notwendige organisatorische Schritte herauszuarbeiten“ und „Auswertung der Streikereignisse“. Nur auf dieser Ebene könne man „die überholten machtpolitischen Lokalauseinandersetzungen“ zu Ende bringen“ und die „neueren Hegemonietöne der ml-Gruppen so ins politische Bewusstsein gehoben werden“.

Die „Rotzeg“ macht mit ihrem Vorstoß einen entscheidenden Schritt in Richtung Debatte um die „Roten Zellen“, die sich bis Ende des Jahres 1969 herausgebildet haben dürften. Im Wesentlichen dürften der KSV und die KPD/AO hieraus ihre Kader rekrutiert haben, wenngleich sich die Fraktionierungen teilweise doch sehr unübersichtlich gestaltet haben. Man kann jedoch nicht sagen, dass die „RPK“ bis zu diesem Zeitpunkt bereits von den Vorläufern der kommenden KPD/AO und des KSV, dazu zählt das INFI, die „Rotzeg“ selbst, die „Rotzjur“ die „Rotzmat“ und an der TU möglicherweise die „Rotzing“, vereinnahmt worden war.

Daher sicherlich das intensive Insistieren auf die „studentische Massenorganisation“ und die „Umwandlung der ad-hoc-Gruppen“ in „Rote Zellen“. Die „ad-hoc-Gruppen“ werden daher auch als „desolat“ bezeichnet, von denen die „Arbeiterklasse ebenso wenig zu erwarten“ habe wie von „einer studentischen Gewerkschaft“. Dass die „Rotzeg“ zunächst noch weiterhin das „Sozialistische Zentrum“ propagiert, dürfte reiner Selbstzweck gewesen sein. Und die seichte Abgrenzung zur KPD/ML ist, wie die zur ML-Fraktion, nur ein Hinweis darauf, dass jetzt tatsächlich der Streit um die organisatorische Führung der studentischen Kader ausgebrochen ist (vgl. „RPK“, Nr. 35/1969).

„Rote Presse-Korrespondenz“ - Nr. 36/1969 (24.10.1969)

Mit dem Artikel in der „RPK“ 36 zum „Proletarierinnen-Zentrum“ (Proz-ML) wird von der „Proz“ zur „Idee der Frauenbetriebsgruppe“, die aus „einem studentischen Frauenarbeitskreis entstand“, Stellung bezogen. Erklärt wird, dass „nachdem er sich eine Zeitlang mit Theorie beschäftig hatte, merkte, dass darüber keine wirkliche Emanzipation möglich ist, sondern nur in der Praxis“. Zudem sei aufgefallen, dass in den Betriebsgruppen „fast ausnahmslos Männer waren“, obwohl „in den entsprechenden Betrieben nur Frauen gearbeitet haben“.

Im Folgenden wird über die „Bewusstseinsfrage“ debattiert, über die „Gründung der antiautoritären Kinderläden“ und die „Lösung der Probleme der Kindererziehung“. Die „notwendigen Schritte zur Revolution, das Hauptziel, nämlich die Organisierung des Proletariats“ sind aus den „Augen verloren worden“.

Die nun folgende Selbstkritik, die als „opportunistische Politik“ bezeichnet wird und die erklärt, dass man „von falschen Vermutungen über die Bewusstseinslage des Proletariats ausging“, führt auch zu der Erkenntnis, dass auch die Intellektuellen die Aufgabe haben, „ihre Produktivkraft den Interessen des Kapitals zu entziehen, und sie dem Proletariat dienstbar zu machen, d. h. sie müssen ihr Wissen und ihre Fähigkeiten in der dem Klassenkampf angemessene Form vergesellschaften. Durch Schulung wird die Theorie Bestandteil, später Waffe im Klassenkampf, indem sie die ideologische Grundlage für die Organisierung des Proletariats zur Klasse schafft …“.

Das „Proz“ favorisiert als nächsten Schritt die „Organisierung der Proletarierinnen“. Dort „muss unsere Agitation und Propaganda sie erreichen“. Durch selbige „muss bei den Proletarierinnen die Motivation zur Schulung und Organisierung erzeigt werden“. Mit der Schulung „beginnt die Organisierung“. Agitiert werden muss „überall dort, wo das Proletariat ist: in den Betrieben, in den Wohnvierteln, in den Kneipen, auf den Spiel- und Sportplätzen, in den Krankenhäusern“. Dazu soll demnächst ein „Massenblatt“ erscheinen, dass die „wesentlichsten Erfahrungen aus der Betriebsgruppenarbeit berücksichtigt“. So soll der „Kampf des Proletariats“ unterstützt werden.

Daraus resultiert ein praktischer Leitfaden, der sich in „Grundschulung“ niederschlagen soll. Geschult werden sollen „die von Marx über Lenin bis Mao eine einheitliche politische Linie aufweisen“. Um den Proletarierinnen die Möglichkeit zu geben, an den Schulungen teilzunehmen, wird eine „Kindergartenorganisation“ ins Spiel gebracht.

Das „Proz“ ist sich darüber klar, dass auch eine „zentrale Organisierung“ erfolgen muss. Das heißt: „Zentrale Organisierung heißt die Anstrengung auf sich zu nehmen, eine kampffähige und ideologisch gefestigte proletarische Organisation in allen proletarischen Bereichen zu bilden.“

Dass es gegen den ‚Trade-Unionismus’ geht, der interpretiert wird als „ideologische Versklavung der Arbeiter durch die Bourgeoisie”, dürfte in der Zwischenzeit zu einem Allgemeingut geworden sein. Der kommende Streit in der KPD/ML um die Intellektuellenfrage und der Entstehung von Klassenbewusstsein, der in der „Plattform des ZK” auf die Spitze getrieben wurde (vgl. „Roter Morgen“, März/April 1970), wird hier vorweggenommen. „Das politische Klassenbewusstsein kann den Arbeitern nur von außen gebracht werden, d. h. aus einem Bereich außerhalb des ökonomischen Kampfes, außerhalb der Sphäre der Beziehungen zwischen Arbeitern und Unternehmern.”

Die „Rotzmat“ nimmt in ihrem Artikel zur „Organisationsfrage“ Stellung und vertritt die Auffassung, dass eine „sozialistische Praxis“ nur im Rahmen der „Erfordernisse des sozialistischen Kampfes an der Basis“ möglich sei, d. h. „des Klassenkampfes im Produktionsbereich“. Die „Mitglieder der Roten Zellen“ müssten wissen, „dass der Klassenkampf allein durch unsere Präsenz in den Betrieben vorangetrieben werden kann“. Die „außeruniversitäre Praxis“ dürfe nicht „Aufgabe des Studiums“ heißen, sondern „Ausnutzung der Privilegien (als Intellektuelle, d. Verf.) für den Klassenkampf als einzige Möglichkeit ihrer Aufhebung“.

Beide Positionierungen, des „Proz“ und der „Rotzmat“, vertreten letztlich die Position der Betriebsgruppenarbeit, die Arbeit an der Basis durch Agitation und Propaganda (Schulung), die Organisierung in einer „proletarischen Organisation“, wobei dies noch relativ vage ist. Deutlich erkennbar an diesem Diskurs ist jedoch die Entwicklung der ideologischen Positionen im Hinblick auf die Erfordernisse des Klassenkampfes (vgl. „RPK“, Nr. 36/1969).

„Rote Presse-Korrespondenz“ - Nr. 37/1969 (31.10.1969)

Die Wahlen zum „Universitätskonzil“ geben zugleich den „Fraktionskampf an der Universität“ wieder. Drei wichtige Artikel sollen „das Problem der Wahlbeteiligung und des Wahlboykotts für die Konzilswahlen“ beleuchten. Der erste ist i. A. der „RPK-Redaktion“ von Volker Volkholz und Bernd Rabehl verfasst, ein zweiter von den „marxistisch-leninistischen Gruppen an der FU“, der dritte von „Rotzeg“ und „Rotzmat“. Dazu gibt es eine Stellungnahme von Peter Gäng, Hannah Kröger und Rainer Maikowski. Zusätzlich wird ein Wahlaufruf in der Ausgabe veröffentlicht, der unterzeichnet ist von: Sektion der Soziologen, ad-hoc-Gruppe Historiker, ad-hoc Gruppe Psychologen und Studentenrat Philosophisches Seminar. Dagegen sind die Positionen von Peter Gäng, Hannah Kröger und Rainer Maikowski eher persönliche Stellungnahmen und nicht gruppengebunden. Sie werden hier nicht näher untersucht, sondern können in den Scans der Ausgabe nachgelesen werden.

Die Position von Volkholz und Rabehl:

Volkholz und Rabehl stellen fest, dass „eine einheitliche Strategie und Taktik der Sozialisten erst dann zu entwickeln ist, wenn eine einheitliche Organisation gegeben ist“. „Politische Taktik ohne Organisation“ sei „ein Unding“. Die Fraktionierungen, die nun stattfinden, würden nicht „zwischen den revolutionären und opportunistischen Gruppen“ laufen, sondern sie seien „ein Ausdruck der unterschiedlichen Einschätzung der Lage durch die dem Anspruch nach revolutionären Gruppierungen“.

„Die Frage eines revolutionären Parlamentarismus oder Wahlboykott“ sei „abhängig von der Einschätzung der Etappe, in der wir uns befinden“, u. a. ob der „universitäre Apparat für unsere Absicht ausgenutzt werden kann“. Gefragt werden müsse, ob es „einerseits eine starke Organisation und klare Strategie (gibt), die es ermöglicht, schnell und direkt auf die Maßnahmen der Konterrevolution zu antworten und andererseits eine andauernde außerparlamentarische Mobilisierung der Studenten, d. d. eine revolutionäre Kraft, die auf Gremien Druck ausüben kann“.

Rückblickend wird auf das „Hochschulgesetz“ eingegangen, das insgesamt als „technokratisch“ kritisiert wurde. Es führe längerfristig dazu, dass dieser „prinzipielle Widerspruch an der Hochschule zwischen emanzipatorischen und sozialistischen Interessen der Studenten und Interessen des Kapitals nicht aufgefangen werden“. Daher solle nun die „Beteiligung an Universitäts-Gremien … innerhalb einer sozialistischen Strategie diskutiert“ werden. Zwar würde das neue Hochschulgesetz „die Organisationsfrage teilweise erleichtern“, damit sei die „Beteiligung an den Konzilswahlen noch nicht erledigt“.

Volkholz und Rabehl unterstützen zwar etwa die „Rotzeg“, wenn sie behauptet, dass ein „antiparlamentarischer Kampf“ notwendig sei, gleichzeitig kritisieren sie die ML, wenn sie „die Vertretung einer Massenlinie zu fordern“ gedenken, sind aber für „eine Wahlbeteiligung“. Ihr zentrales Argument ist, „dass die meisten Studenten auf das Hochschulgesetz große Hoffnungen setzen, also sozialdemokratisch organisiert sind“. Die Aufgabe bestehe in der „Kritik und Entlarvung sozialdemokratischer Praxis, d. h. die Kritik der Studentenvertreter in den Spitzengremien aufgrund der notgedrungenen opportunistischen Praxis und nicht durchweg die Verhinderung dieser Praxis“.

Volkholz und Rabehl echauffieren sich bei der „Diskussion um die Massenlinie“ über die „elitäre Form der Diskussion“. Keine Gruppierung habe ihre Thesen, vor allem die über „das Bewusstsein der Studenten“ „praktisch erprobt“. „Alles vorweg zu wissen und zu entscheiden“, das sei nicht der richtige Weg. Die richtige „Massenlinie“ wäre gewesen, „die Frage eines Wahlboykotts oder einer Wahlbeteiligung zur Diskussion zu stellen, um dann zu einer Entscheidung zu gelangen“.

Schlussendlich meinen die Autoren, dass weder die ML die „Organisationsfrage gelöst haben“, noch die „Rotzeg“, die an der „revolutionären Berufspraxis für Lehrer“ festhielten. Die Konsequenz müsse nun „die Arbeit an konkreten Klassenanalysen sein“. Dass Kriterium dafür sei die „Schulung“, die „in den vergangenen Semestern nur unzureichend vorangetrieben wurde“. „Lächerliche Anlässe“, wie die Debatte über die „Kozilswahlen“, rufen das „Fehlen dieser theoretisch-konkreten Arbeit“ in Erinnerung.

Die Position der „marxistisch-leninistischen Gruppen“:

Die „marxistisch-leninistischen Gruppen“ erklären, dass es eine der Aufgaben „einer marxistisch-leninistischen Kaderorganisation“ sei, den „Kampf des Proletariats gegen die Bourgeoisie zu führen“. Sie müsse „an allen Fronten kämpfen“. Unter bestimmten Voraussetzungen könne die „Arbeit von Studenten im Überbaubereich … sinnvoll sein“. „Revolutionär“ sei nur „der Klassenkampf des Proletariats unter Führung der marxistisch-leninistischen Kaderorganisation“. Für die Studenten sei es notwendig, ihre „Existenz als Kleinbürger aufzugeben, seine Klasse zu verlassen“. Die Parole von der „revolutionären Berufspraxis“ sei falsch.

Die Arbeit unter Studenten muss zum Ziel haben: 1. „einzelne Studenten zu Mitgliedern der entstehenden marxistisch-leninistischen Kaderorganisation zu entwickeln, die dann primär im Produktionsbereich arbeiten … 2. zudem die Aufgabe haben, „die große Masse von Sympathisanten auf eine die marxistisch-leninistische Kaderorganisation unterstützende Funktion vorzubereiten“.

Für die Mehrheit der Studenten muss „der Schwerpunkt der politischen Arbeit in ihrem Beruf liegen, sie müssen auf der Basis radikalgewerkschaftlicher Vertretung ihre Interessen als lohnabhängige Kleinbürger die Widersprüche im Überbaubereich der kapitalistischen Gesellschaft verschärfen“. Das „Kleinbürgertum“ müsse „bündnisfähig für das Proletariat gemacht werden“.

Die „Rotzeg“ würde eine „falsche Ideologie“ vertreten, als auch „fehlerhafte organisatorische Vorstellungen“. Sie würde die Illusion nähren, „als ob eine revolutionäre Arbeit im unmittelbaren Sinne in den Apparaten der kapitalistischen Gesellschaft möglich sei“. Die einzige „wirklich revolutionäre Berufspraxis“ bestehe in der „berufsrevolutionären Praxis“.

Die „organisatorischen Vorstellungen der Rotzeg“ würden sich ableiten „aus der Vorstellung, dass die Roten Zellen Grundeinheiten einer sozialistischen Massenorganisation sind, die ihrerseits eine Übergangsforderung für eine proletarische Organisation sein soll“. Das würde heißen: „Nicht eine proletarische Partei soll strategisches Zentrum des Kampfes der Arbeiterklasse gegen die kapitalistische Gesellschaftsform sein, sondern eine sozialistische Massenorganisation, die dazu noch von der Universität ausgeht, sich in erster Linie aus Kleinbürgern rekrutiert, die ihre bürgerliche Existenz keineswegs aufzugeben bereit sind, und die über ein Netz von Roten Zellen in Universitäten, Schulen und Betriebsgruppen die Hegemonie über das Proletariat ausüben können.“

Die „richtige Organisation für Studenten in einer roten Gewerkschaft“ ist „die Institutsgruppe der Romanisten“. Diese MLS habe nach dem Zusammenbruch „der ad-hoc-Gruppen am Seminar die Gründung einer Organisation auf Institutsebene nach den Prinzipien einer syndikalistischen Massenorganisation begonnen“. Damit habe man sich „gegen das Organisationsmodell der Rotzeg entschieden“.

Dieser „radikal-gewerkschaftliche Kampf“ beziehe sich auch „auf die Frage der Wahlbeteiligung“. Wann immer sich die Chance böte, in den Gremien studentische Projekte und Möglichkeiten selbstbestimmter Arbeit zu sichern, sollten progressive Studenten das wahrnehmen. Linke studentische Gruppen müssten Kandidaten „mit klarem Auftrag für die Gremien aufstellen“.

Die Position von Rotzeg und Rotzmat:

Diese Position geht von den Vorschlägen aus, die eine Beteiligung an den „Konzilswahlen“ möglich machen würde oder nicht. Dazu werden zwei Argumente ins Feld geführt: Zum einen: „Die Genossen, die für die Beteiligung an den Wahlen plädieren, wollen die taktischen Widersprüche innerhalb des Lagers der Lehrenden für eine sozialistische Politik an der Uni ausnutzen.“ Zum anderen „seien sie in der Lage, in inhaltlicher und organisatorischer Einheit ihren Kampf an der Uni unter strategischen Bedingungen zu führen, aus dem sich auch ein direktes, von allen aber kontrollierbares Mandat für die linken Konzilsparlamentarier ableiten ließe“.

Das Mittel dieser Politik, die „vermuteten Interessen der linken Studenten in diesen Gremien wahrzunehmen“, sei falsch. Und die „taktische Mitarbeit im Konzil wird zum Selbstzweck“. Mehr noch: damit werde „eine Fraktionierung der linken Studentenschaft eingeleitet“.

Grundsätzlich würde „für alle Gremien und die Wahlen“ zu ihnen gelten: „Die Beteiligung von Studenten an ihnen ist nicht nur sinnlos, sondern auch gefährlich, da Wahrnehmung ihrer Interessen, am Kampf gegen die technokratische Hochschulreform, behindert.“

Die „richtige Linie gegenüber dem Hochschulgesetz“ und die „Reorganisierung der sozialistischen Studenten“ sei, die „Konzeption der revolutionären Berufspraxis“, die „jeweilige Wissenschaft zu kritisieren und Alternativen für den Klassenkampf zu entwerfen“, die „an der Universität gelernte Wissenschaft der Bourgeoisie zu kritisieren“ und daraus für den „Klassenkampf verwertbare Alternativen“ zu entwickeln. Einbezogen werden müsse die taktische Frage, wie „die Intelligenz jetzt den unmittelbaren Organisationsprozess des Proletariats direkt unterstützen kann“.

Die drei unterschiedlichen Positionen lassen klar erkennen, wohin sich der Zug in der „Organisationsfrage“ bewegt. Bis spätestens zur „RPK“-Konferenz und darüber hinaus wird es um die Frage gehen: Massenorganisation der Studenten an der Universität oder der Klassenkampf des Proletariats unter Führung der marxistisch-leninistischen Kaderorganisation, unter Beteiligung studentischer Kader.

Die Papiere zu den Konzilswahlen erscheinen aus dieser Sicht heraus eigentliche nur vorgeschoben zu sein. Während Volkholz und Rabehl sich an einer „elitären Debatte“ reiben und sich auf das Fehlen einer „theoretisch-konkreten Arbeit“ (Schulung) festlegen, die nun über die theoretische Arbeit an der „Klassenanalyse“ erfolgen müsse und dabei die „Konzilswahlen“ (Wahlboykott oder Wahlbeteiligung) mit der Frage nach der „Massenlinie“ in Verbindung bringen, und sich letztlich auf keinen Standpunkt festlegen, außer der Diskussion über sie, so ist die Position der ML doch recht deutlich: die „marxistisch-leninistische Kaderorganisation“ müsse den „Kampf des Proletariats gegen die Bourgeoisie führen“. Die Parole einer „revolutionären Berufspraxis“ sei falsch.

Die Studenten müssten in den Zellen zu ML-Kadern werden. Wodurch, das wird nicht beantwortet. Dann müssten sie in die Produktion geschickt werden, um die Kaderpartei an den wesentlichsten Fronten zu unterstützen. Doch bevor es soweit sei, müssten sich die Studenten in einer „roten Gewerkschaft“ organisieren, um die Voraussetzungen für den Produktionsbereich zu schaffen. So müsse man auch die Chance wahrnehmen, in den „Gremien der studentischen Projekte“, sprich: Beteiligung an den Konzilswahlen, zu arbeiten.

„Rotzeg“ und „Rotzmat“ argumentieren grundsätzlich gegen die Beteiligung an den „Konzilswahlen“. Ihr Hauptargument: Illusionspolitik und Fraktionierung der Studentenschaft. Die Gefährlichkeit dieser Politik besteht für sie in einer gewissen Vereinnahmung der Studentenschaft durch die Universitätsbürokratie. „Wie kann der Klassenkampf des Proletariats unterstützt werden“. Dadurch, dass Alternativen entwickelt werden, die für den Klassenkampf notwendig seien. Dadurch werde letztlich der Organisationsprozess auf eine höhere Stufe gehoben (vgl. „RPK“, Nr. 37/1969).

„Rote Presse-Korrespondenz“ - Nr. 38/1969 (7.11.1969)

In der „RPK“-Ausgabe 38 antwortet eine „ad-hoc-Gruppe Silbermann“ auf den „neuerlichen Versuch, die verschiedenen Gruppen der linken Opposition in einer Massenorganisation zusammenzufassen“. Ausgehend von den zwei Lagern (Universität und Betrieb) sieht sie sich als „Bindeglied zwischen diesen Bereichen“. Ihre Arbeit ziele darauf, „in der kommenden Massenorganisation eine Sektion Erwachsenenbildung zu schaffen“. Sie müsse etwa: Abendgymnasien, Medien der Erwachsenenbildung, Hochschul- und Betriebsgruppen einschließen. Der entscheidende Ansatz sei „die Verhinderung der Entproletarisierung der Arbeiter und kleinen Angestellten“. Als ein weiteres Ziel wird angegeben: „Bildungsstätten“ zu schaffen, die eine „eindeutig politische Funktion für klassenbewusste Arbeiter und Angestellte“ hätten.

Offenbar favorisiert die „ad-hoc-Gruppe Silbermann“, die sich ab 1967 an der „Silbermann-Schule“ (wohl: West-Berlin, d. Verf.) konstituiert haben dürfte, einen ganz anderen Ansatz, der in etwa mit der „revolutionären Berufspraxis“ in Verbindung gebracht werden könnte und der „Selbstorganisation an der Abendoberschule“ verpflichtet ist. In den kommenden Ausgaben der „RPK“ gibt es keine weitere Stellungnahme mehr von ihr (vgl. „RPK“, Nr. 38/1969).

„Rote Presse-Korrespondenz“ - Nr. 39/1969 (14.11.1969)

Die „Rotzmat“ erklärt sich in dieser Ausgabe noch einmal „zum Stellenwert des Kampfes an den Hochschulen“. Dieser „bestimmt sich von dieser Gesamtstrategie her, da unser Ziel - die Zerschlagung der Klassengesellschaft - nicht im isolierten Kampf an der Universität erreicht werden kann“.

Die „Rotzmat“ spricht sich für die „Agitation und Rekrutierung von weiteren Studenten“ aus, die für den „sozialistischen Kampf zu gewinnen“ seien. Sowie: „Erkämpfung von Freiräumen, die zur Vorbereitung auf die spätere sozialistische Berufspraxis und, um für den Klassenkampf erforderliches Wissen zur Verfügung zu stellen … notwendig sind“.

Sodann müsse „die theoretische Arbeit stringent zusammengefasst und effektiv fortgeführt werden“. Durch „politische Schulung“ solle „die Klassenanalyse“ geleistet „und ein detailliertes politisches Selbstverständnis“ erarbeitet werden. Nach Möglichkeit solle „ein organisatorischer Kern“ geschaffen werden, „der die Zusammenarbeit mit bestimmten Gruppen ermöglicht“. Kriterien müssten erstellt werden, „auf der die Zusammenarbeit in den Roten Zellen beruhen“. Durch „Arbeitsteilung und gemeinsame Festlegung der Arbeit soll verhindert werden, dass sich einzelne Genossen ein Informationsmonopol verschaffen.“

Der Artikel über „Aufgaben einer Vietnamkampagne“ von M. Krummacher, B. Rabehl und V. Volkholz fordert: „ … dass die Kampagne in den einzelnen Gruppen über die Leitlinien der revolutionären Politik und über die zukünftige Struktur einer revolutionären Organisation im nationalen Maßstab schon jetzt beginnen muss. Das zur Zeit zentrale Gremium der revolutionären Gruppierungen, der RPK-Beirat, muss diese Kampagne beginnen …“.

Der Artikel zur „Randgruppenstrategie“ gibt bisher weniger bekannten Gruppen die Möglichkeit, ihre Positionen in der „RPK“ zu verdeutlichen. Dazu zählen: „Projektgruppe Jugendkommune“, „TU-Diplomaten Gruppe: Kommunehäuser für Jugendliche“, Sozialpolitischer Arbeitskreis der ESG/KHG“, „PH-Projektgruppe 4 im Märkischen Viertel“, „A-hoc Gruppe Strafvollzug“, „Gruppe Heimerziehung im Arbeitskreis Sozialarbeiter“.

„Die Aufgaben einer Vietnamkampagne“ umreißen in etwa einige der Differenzen, die sich in den verschiedenen Gruppen herauskristallisiert haben dürften, etwa die Probleme: „Nationalismus“, „Leitlinien einer revolutionären Politik“, „Struktur einer nationalen, revolutionären Organisation“, „Internationalismus.“

Die „Rotzmat“ erklärt sich zur „Organisationsdebatte“, indem sie den Aufgabenbereich an der Hochschule bestimmt. Die in der „RPK“ 37 bestimmten Positionen werden noch einmal zusammengefasst. Es geht dementsprechend um die Bestimmung der Widersprüche bei der Arbeit im Hochschulbereich, um „den Stellenwert des Kampfes“. Die daraus abzuleitende Konsequenz sei die „Zerschlagung der Klassengesellschaft“. Dass sich die Agitation und die Rekrutierung anschließe, sei wie die „Schaffung von Freiräumen“ ein Standbein, um schließlich eine „sozialistische Praxis außerhalb der Universität“ zu schaffen. Damit hat dann auch die „Rotzmat“ auf ihre Weise die „Massenorganisation“ zu ihrem erklärten Ziel gemacht.

Für die Debatte um den strategischen Stellenwert der Agitation sollte die „Randgruppendiskussion“ von einiger Bedeutung für den Klassenkampf, die Rolle des „Lumpenproletariats“ und der Organisation des Proletariats sein. Zum Ende der 1960er Jahre tauchen überall ähnliche Gruppen wie die West-Berliner auf, etwa in Bochum innerhalb der ESG (vgl. „RPK“, Nr. 39/1969).

„Rote Presse-Korrespondenz“ - Nr. 40/1969 (21.11.1969)

Mit der Nr. 40 der „RPK“ wird bereits die „RPK“-Konferenz vorbereitet. Zunächst geht es darum, am 29./30. November eine Tagung durchzuführen, deren Aufgabe es sei, die „grundsätzlichen Probleme, die Strukturen und die Aufgabe des Beirats, die Teilnahme der Gruppen, das Verhältnis von Beirat und Redaktion“ zu klären. Es gehe auch um das „Selbstverständnis“.

„Der vom Beirat zur Vorbereitung der Tagung eingesetzte Ausschuss einigte sich darin, dass eine Beiratsdiskussion nicht losgelöst von den notwendigen Organisations- und Praxisanstrengungen der verschiedenen Fraktionen zu führen sei. Das bedeutet aber auch umgekehrt, dass eine sinnvolle Diskussion nur von den Gruppen geführt werden kann, die in der Lage sind, ihre Strategie für die Bereiche Hochschule, Proletarischer Bereich und zur Frage des Internationalismus zu entwickeln, sowie deren Beziehung zueinander anzugeben. Das theoretische Konzept müsste allerdings an der Praxis der Gruppen geprüft werden. Als konkrete Beispiele der Überprüfung fraktioneller Positionen wurde das Verhalten gegenüber und die Teilnahme an der Vietnamkampagne und den Konzilswahlen angeführt; entsprechend müsste einer Strategie im proletarischen Bereich die Darstellung der Praxis an der Basis folgen.

Voraussetzung zur Teilnahme ist 2.) die Entwicklung von Vorstellungen über die ideologische Schulung und deren Beziehung zur Organisation. Erst nach Darstellung der oben benannten Punkte sollen die Gruppen 3.) ihre Vorstellung von der Funktion, Zusammensetzung und Arbeit des Beirats und 4.) das Selbstverständnis der RPK darstellen.

Ziel der Diskussion sollte es sein, die Widersprüche der Gruppen offen auszutragen und die Gemeinsamkeiten zu finden, die sich an den Vorstellungen einer nichtrevisionistischen Praxis zu definieren hätten.

Die Gruppen, die an dieser Diskussion teilnehmen wollen, werden aufgefordert, ihre Berichte zu den oben dargestellten Punkten bis zum Donnerstag, den 27. November, an den vorbereitenden Ausschuss per Adresse der Redaktion der RPK einzuschicken. Der Tagungsort wird den Gruppen nach Vorlage des Berichts mitgeteilt.

Um eine verbindliche Diskussion zu gewährleisten, sollen die Gruppen zwei bis drei ständige Delegierte benennen.

Die Thesen der M.L. und der Ruhrkampagne sind in der RPK abzuholen.“

Liest man den Beitrag zur Tagung genau, dann fällt auf, dass sich hier die Fraktionierungen der verschiedenen Gruppen schon relativ deutlich abzeichnen. Die Konzepte der Überprüfung, die als „Voraussetzungen zur Teilnahme“ genannt werden, sind in sich schon fraktionell. Die Widersprüche, die sich bereits etwa in den „Konzilswahlen“ herausgefiltert haben, sind hier auf die Spitze getrieben. Dies betrifft auch uneingeschränkt die Formulierung: „entsprechend müsste einer Strategie im proletarischen Bereich die Darstellung der Praxis an der Basis folgen“. Damit dürfte sich der „RPK“-Beirat eindeutig positioniert haben (vgl. „RPK“, Nr. 40/1969).

Zur Redaktion der „RPK“ in dieser Zeit, Nr. 21-40, gehörten: Solveig Ehrler, Günter Mathias Tripp , Ad-hoc-Gruppen an den Hochschulen, Internationales Forschungsinstitut des SDS (INFI), Berufsbasisgruppen im Republikanischen Club Berlin, Zentralrat der (sozialistischen) Kinderläden, Aktionsgruppe Hannoversche Lehrlinge (AHL). Hinzu kamen mit der Nr. 40 die „Roten Zellen“ an den Hochschulen sowie die „ML-Gruppen“.

Liste der als Scans vorhandenen Zeitungen

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

11.07.1969:
Die Nr. 21 der „RPK” erscheint. Inhalt der Ausgabe ist:
- Ausbeutungssituation der Arbeiterin
- Hausverbot für Jungingenieur - Lehren aus der Aktion bei Osram
- Thesen zur Sexualkampagne
- Projekt Autorensyndikat
- Campagne für das Sozialistische Zentrum.

Im Artikel „Ausbeutungssituation der Arbeiterin“ wird eingangs auf ein „Seminar über die Organisationsfrage am 7.6.69“ und eine Kommission, die sich dort gebildet habe, eingegangen. Sie habe einen „ersten Bericht über den Stand unserer Praxis und die daraus abzuleitenden Perspektiven vorgelegt“. Der Bericht zur „Ausbeutungssituation der Arbeiterin“ ist von der „Untergruppe Frauenarbeit in der Kommission für den Produktionsbereich“.

Erstmalig nimmt die „RPK“ umfassender zur Frauenarbeit Stellung. Einleitend wird im Unterkapitel „Die besondere Ausbeutung der Fabrikarbeiterin” auf Otto Rühle, Rätekommunist und Autor zahlreicher Bücher über Schul- und Bildungspolitik sowie der Psychologie des Kindes, eingegangen. Rühle habe sich um eine Verbindung des Marxismus mit der Psychologie in der deutschen Arbeiterbewegung der 1920-1930er Jahre bemüht und in „seiner Kultur- und Sittengeschichte des Proletariats von 1931 die kapitalistische Ausbeutung der Proletarierinnen unter dem Titel ‚Abgründe der Ausbeutung‘ dokumentiert“.

Sodann wird auf die Berliner Situation eingegangen, auf die Berliner Industriearbeiterschaft und die Frauen, „die neben der Ausbeutung im Haus auch noch dem Kapitalisten die Drecksarbeit machen“. „Die typische und zugleich brutalste Ausbeutungsform für Frauen ist die Arbeit am Band und der Einzelakkord, vor allem an Halbautomaten.“ Kritisiert wird das „MTM-System“, das die „Situation verschärfen“ würde. Hier sind „alle Zeiten (Vorgabezeiten, Einrichtungszeiten, Erholungszeiten) vorbestimmt. Hinzu kommt, dass die Stückzahlnormen bei diesem Verfahren immer schon optimal angesetzt sind, so dass es kaum einer Frau gelingt, die Akkordspitze zu erreichen, geschweige denn zu überschreiten“.

Das alles würde „Schwierigkeiten bei der Entstehung des Klassenbewusstsein” mit sich bringen. „Die daraus abzuleitende Art der Tätigkeit im Betrieb, die fehlende Ausbildung machen die Frauen zu idealen Lückenbüßern in der Produktion, die sich über die Notwendigkeit und Unentbehrlichkeit im Produktionsprozess nicht bewusst sind.“ Die „Familiensituation“ sei durch die „doppelte Ausbeutung der Frau“ bestimmt. Ihre „ungeheure Belastung in Familie und Betrieb mache es ihnen sehr schwierig, überhaupt Zeit zum Nachdenken, geschweige denn zu politischer Tätigkeit zu finden“. „Deshalb bleibt im Augenblick noch die Organisation von Betriebsgruppen über die Sammlung einzelner Sympathisanten und Genossen aus den verschiedenen Abteilungen, die naheliegendste Organisationsmöglichkeit.“
Quelle: Rote Pressekorrespondenz, Nr. 21, West-Berlin, 1.7.1969.

12.07.1969:
Laut „RPK Nr. 22/1969 wird an diesem Tag ein „Basisgruppenfest“ der „Basisgruppe Wedding“ gesprengt, teilweise unter körperlicher Gewalt. Genossen seien „festgenommen“ worden. Der „vorgeschobene Anlass“ sei „ruhestörender Lärm“ gewesen.
Q: Rote Pressekorrespondenz, Nr. 22, West-Berlin, 18.7.1969, S. 9.

18.07.1969:
Die Nr. 22 der „RPK” erscheint. Inhalt der Ausgabe ist:
- Bolivianische Guerilla - Der Kampf geht weiter
- Die Angst der Kapitalisten
- Die schwarzen Panther. Ihre Organisation und Praxis
- Campagne für das Sozialistische Zentrum. Plaketten und Aufkleber im RC
- Autorensyndikat - Keine Solidaritätsadresse
- Polizei sprengt Basisgruppenfest
- Erfolgreicher Widerstand der Mieter
- Entwicklung der Wohnungswirtschaft
- Arbeiterkultur und Gegenmilieu - Arbeitstreffen auf Burg Waldeck
- Sendezeiten von Radio Habana

Im Artikel „Bolivianische Guerilla - Der Kampf geht weiter” wird auf die Verhaftung des Kampfgefährten Che Guevaras, Inti Peredo, eingegangen, der „vor wenigen Tagen von den Truppen der bolivianischen konterrevolutionären Armee verwundet gefangengenommen wurde“. „Die Gefangennahme und die letzten Ereignisse weisen auf eine intensive militärische und politische Tätigkeit der Befreiungsbewegung hin.“ Der Befreiungskampf des bolivianischen Volkes „scheint eine neue Qualität gewonnen” zu haben. Die Verhaftung von Peredo sei keineswegs eine Niederlage. Jetzt müsse sich zeigen, „wie stark die Bewegung in den Massen verankert und fähig ist, den Kampf entschlossen fortzuführen“.

Der Artikel vom Arbeitskreis 3. Welt (Freiburg/Breisgau) endet mit dem Hinweis: „Unter der Führung von Inti Peredo, der bei der Gruppe von Guevara kämpft, wurde die ELN reorganisiert. Inti Peredo gab eine Erklärung ab, dass sie den Kampf in den Bergen wieder aufnehmen werden.“

Mit „Die schwarzen Panther. Ihre Organisation und Praxis“ wird ein Artikel, der aus „The Black Panther“, der der „Zeitung der Black Panther Party“, entnommen ist, veröffentlicht. „Dieser Artikel ist ein Bericht über den Aufbau und die Arbeit der Black Panther Party in Illinois mit ihrem Hauptquartier in Chicago.“

Zur „Campagne für das Sozialistische Zentrum“: Hier werden einige Informationen genannt, „die sich auf die technische Realisierung und auf die Finanzierungskampagne beziehen“. „Das SOZIALISTISCHE ZENTRUM kann … nur das Ergebnis einer massenhaften Kampagne sein, die auch die notwendigen technischen Kader stellen muss, oder es wird nur ein Republikanischer Club mit größeren Räumen”. Bis heute hätten sich nur der RC-Vorstand und der RPK-Beirat „theoretisch mit diesem Problem“ beschäftigt. „Die Finanzierungskampagne läuft unter der Parole: Wenn wir heute zu tausenden mit dem Lohn eines Arbeitstages das SOZIALISTISCHE ZENTRUM bauen, so schaffen wir Morgen die SOZIALISTISCHE MASSENORGANISATION.“ Plaketten und Aufkleber können im RC erworben werden.

Werbung wird in dieser Ausgabe für „Jürgens Buchladen, Dahlem-Dorf“ (West-Berlin) gemacht.

Hinweis der „RPK“-Redaktion: „Von dieser Nummer an erscheint die RPK während der Ferien als Doppelnummer - 14-tägl.“
Q: Rote Pressekorrespondenz, Nr. 22, West-Berlin, 18.7.1969.

01.08.1969:
Die Nr. 23/24 der „RPK” erscheint. Inhalt der Ausgabe ist:
- Jetzt beginnt der Widerstand gegen Bonns Griff nach Westberlin
- Zur Geschichte der Justizkampagne
- Entwicklung der Wohnungswirtschaft
- Bauernagitation in Italien
- Rede eines Bauern
- Chile - Der gescheiterte Dritte Weg
- Gegen den Strom (Vorstellung der Zeitschrift)

Im Artikel „Jetzt beginnt der Widerstand gegen Bonns Griff nach Westberlin” gehen die Verfasser von der 1968 erfolgten „Verabschiedung der NS- oder Notstandsgesetze“ aus. Jetzt würde sich die Situation so darstellen: „In Westberlin gibt es nur die in der Souveränität des Willens der Westberliner Bevölkerung ruhende und die von den Besatzungsmächten abgeleitete Hoheitsgewalt.“ Jetzt sei die Rechtslage so, dass durch verschiedene Gesetze (etwa: zur Bundeswehr) und „juristische Konstruktionen“ ein „eklatanter Rechtsbruch“ erfolgt. Am Beispiel von der „übereilten Auslieferung der Deserteure“, die vom Berliner Senat „verschleppt worden“ seien, zeige sich die Kollaboration der „westdeutschen Kapitalisten mit dem Westberliner Senat“.

Im Artikel „Zur Geschichte der Justizkampagne“ wird auf die bisherige Arbeit des „Ermittlungsausschuss“ eingegangen. Er habe als „arbeitende Gruppe innerhalb der sozialistischen Bewegung“ nichts mehr „zu suchen“. Zudem verhindere er „die Emanzipation der Genossen und handelt objektiv konterrevolutionär“. Der Artikel ist von der „Initiativgruppe Berliner Referendare“.
Q: Rote Pressekorrespondenz, Nr. 23/24, West-Berlin, 1.8.1969.

05.08.1969:
Die Nr. 25/26 der „RPK” erscheint. Inhalt der Ausgabe ist:
- Der antiimperialistische und antirevisionistische Kampf der sozialistischen Opposition in Westberlin
- Verschleppung der Deserteure
- Augenzeugenberichte
- Arbeiterkonferenz
- Ruhrkampagne
- Bericht aus der Zelle
- Bundeswehrkampagne
- Sozialistisches Zentrum und die Organisationsfrage
- Gegen den Strom.

Im Artikel „Der antiimperialistische und antirevisionistische Kampf der sozialistischen Opposition in Westberlin” wird auf die „Protestaktion gegen die Verschleppung der Bundeswehrdeserteure durch den Berliner Senat“ und auf die Umgehung von Gesetzen, die eine „Auslieferung“ und „Verschleppung“ durch die Behörden der BRD möglich machten, eingegangen. Gleichzeitig wird auf die „ideologischen Formen bürgerlicher Realpolitik“ eingegangen und erklärt, dass sie „eine tödliche Gefahr für die sozialistische Opposition in sich birgt“. Deshalb, „weil sie die Prinzipien der Diskussion, Aufklärung, Kritik und Selbstkritik verleugnet“. Gegen die „Verschleppung der Deserteure“, soll die „Bundeswehrkampagne“ mobilisieren. Sie muss „auf die Absicht der Umstrukturierung der Armee nach der Verabschiedung der Notstandsgesetze eingehen“. Sie muss versuchen, „eine sozialistische Agitation in die Armee hineinzutragen und muss deshalb gerade wehrpflichtige Sozialisten in die Armee schicken, damit sie dort subversiv tätig werden“.

Bundeswehr und NATO werden weiter in dem Artikel untersucht. Sie stünden in einem Zusammenhang mit der „neuen Ostpolitik des Imperialismus“. Demzufolge würden sie zum „Objekt des politischen Geschehens“, etwa der „Roll-Back-Strategie“ im Rahmen des „erweiterten Osthandels“. Hier bezieht der Artikel zur „Politik der friedlichen Koexistenz der Sowjetunion“ Stellung, die insgesamt eine „Rechtfertigungsideologie der sowjetischen Außenpolitik“ darstelle und nicht „Ausdruck der ‚Läuterung‘ des Imperialismus durch die Sowjetunion“. Letztendlich habe das „seine Ursache und seine theoretische Grundlage in einem kruden Ökonomismus, der sich an die wirtschaftlichen Erfolge und Errungenschaften einer historischen Epoche fixiert“.

Der Artikel zur „Arbeiterkonferenz“ (12.-13.7.) berichtet über den bisherigen Stellenwert der „Basisgruppen“. Arbeiter sollten aber nicht in „Basisgruppen“, sondern nach Möglichkeit in „die Betriebsgruppen aufgenommen werden“.

Die Konferenz debattierte weiter über den Stellenwert der Gewerkschaften, speziell zu den Fragen:
- BVG
- Konzertierte Aktion
- NS Gesetze
- Mitbestimmung.

Mit diesen „Stufen der Herrschaftssicherung“ hätten sich „die Gewerkschaften als objektiv arbeiterfeindlich entlarvt“. Dazu wird eine Position zum Betriebsrat erarbeitet, der „von den Arbeitern als eine Gegenmacht gegenüber der Unternehmensleitung empfunden wird“. Daran wird Kritik geübt. Dem Betriebsrat wird eine „Gegenmacht von Arbeitern“ gegenübergestellt. „Nur die Arbeitermacht, nur die Basis, kann Veränderungen grundsätzlicher Art herbeiführen, nicht Institutionen.“

Der Artikel zur „Ruhrkampagne“ wartet mit „Arbeitshypothesen zur Untersuchung des Ruhrgebiets“ auf. Schwerpunkte der Untersuchung sind:
- spezifische Bedingungen im Ruhrgebiet, abweichende Entwicklungstendenzen der monopolkapitalistischen Wirtschaft
- verschiedene Wirtschaftsbranchen
- Strukturen der einzelnen Konzerne , nationale und internationale Verflechtung, Investitionstätigkeit, Produktion
- politische Entwicklungstendenzen (SPD, CDU, Unternehmerverbände, Gewerkschaften, DKP, SDS, KPD/ML)

Von den politischen Parteien wird nur die DKP eingeschätzt. Und insgesamt ihre „verhängnisvolle Funktion“ kritisiert. Die sei Ausdruck der „Ideologie des Revisionismus“, weil sie sich an „die kapitalistischen Normen des Konsums und den Idealen der westlichen Demokratie“ orientiere.

Der Artikel „Sozialistisches Zentrum und die Organisationsfrage“ will noch einmal das Verhältnis der „Massenorganisation an den Universitäten“ (Basisgruppenorganisation) zu den „proletarischen Betriebsorganisationen“ klären.

Letztlich ist der Artikel zur „Bundeswehrkampagne“ von der Einsicht getragen, dass „eine solche Kampagne nur dann Erfolg haben wird“, wenn es gelinge, neben der Demonstration praktische Solidarität mit den Genossen Deserteuren durch unsere Aktionen in diesen Orten die praktischen Ansätze der dort kämpfenden Genossen zu stabilisieren“.

In der Ausgabe wird u. a. für „Jürgens Buchladen“ in Dahlem (West-Berlin) sowie die Zeitschrift „Gegen den Strom“ geworben.
Q: Rote Pressekorrespondenz, Nr. 25/26, West-Berlin, 5.8.1969.

29.08.1969:
Die Nr. 27/28 der „RPK” erscheint. Inhalt der Ausgabe ist:
- Zum Besuch Ben Nathans. Für ein revolutionäres Palästina. Für einen antiimperialistischen Nahen Osten
- Die Rote Garde Berlin und der 21. August (dazu wird ein Flugblatt „zu dem von der Roten Garde veranstalteten Teach-In“ veröffentlicht, „um die Nichtbeteiligung der unterzeichnenden Gruppen an der Demonstration von der Roten Garde und Spartacus am 21. August zu begründen“)
- Arbeiterkonferenz
- Diskussionsbeiträge zur Desertationskampagne
- Projekt Betriebskindergärten.

Der Artikel „Zum Besuch Ben Nathans. Für ein revolutionäres Palästina. Für einen antiimperialistischen Nahen Osten” ist vom „Palästina-Komitee (West-Berlin)” und will die Richtung weisen für eine „zu leistende Analyse in der Klärung der Frage: welches waren die wesentlichen Elemente, die die Entstehung einer nationalen-jüdischen Bewegung (des Zionismus) Ende des 19. Jahrhunderts in Europa verursacht haben“. Drei Elemente wollen die Verfasser als „Ursache für die Entstehung des Zionismus festhalten“:
- Das ökonomische Element
- Das politische Element
- Das ideologische Element.

Sodann wird das Problem Palästina am Beispiel des „Beginns der palästinensischen Befreiungsbewegung“ konkretisiert und erklärt, dass das „Schicksal der Palästina-Araber, Hauptopfer der gesamten politischen Entwicklung im Nahen Osten seit 1915 … in einem Leben in elenden Flüchtlingslagern, vor allem im Gaza-Streifen und in den von den Haschemiten besetzten Teil Palästinas“ bestehe.

Die „ungelöste Frage der palästinensischen Arbeiter“ sei auch „als auslösendes Moment anzusehen, das zur Eskalation zwischen Syrien und Israel“ führe. Das hieße, „den Klassenkampf in den betroffenen Gesellschaften (einschl. Israel) zu neutralisieren, dessen Fortsetzung gerade den progressiven Prozess darstellt“.

Im Artikel „Die Rote Garde Berlin und der 21. August“ kritisieren Tilman Fichter und Jürgen Werth die RG Berlin, die in der „Stalin-Frage“ die gleichen Fehler begehe, „wie diejenigen, die den Revisionismus mit dem Sturz Novotnys und dem Machtantritt Dubceks beginnen lassen“. Die Parole der RG („Unterstützt den revolutionären Kampf des tschechoslowakischen Volkes“) sei zum jetzigen Zeitpunkt falsch, weil es heute in „der CSSR keine revolutionäre Avantgarde gibt“ und die „erst wieder aufgebaut werden muss“.

Dazu nimmt auch ein Flugblatt Stellung, das von
- Rote Zelle Germanistik (ROTZEH)
- INFI im SDS
- AstA-Kollektiv der FU
- S.A.L.Z.
- Beirat und Redaktion der Roten Pressekorrespondenz unterzeichnet ist.

Zur „Arbeiterkonferenz“ vom 12./13. Juli wird ein „korrigierter Bericht“ und das „Referat: Über die Situation der Arbeiter in der Sozialistischen Bewegung“ veröffentlicht, das den Unterpunkt: „Über die Situation der Arbeiter in der sozialistischen Bewegung“ enthält.

Diskussionsbeiträge zur „Desertionskampagne“ sind von
- Horst Mahler
- Martin Schmidt
- Christian Semler.

Heike Sanders vom „Aktionsrat der Frauen“ eröffnet in dieser Ausgabe die Diskussion über „Betriebskindergärten“ „mit einer Kritik am Betriebskindergartenprojekt“.

Reklame wird in der Ausgabe gemacht für:
- Jürgens Buchladen (West-Berlin)
- Buchhandlung Karin Röhrbein (West-Berlin)
- die Zeitschrift „Gegen den Strom“.

Hingewiesen wird noch darauf, dass ab 28. August „allen Genossen ein medizinischer Dienst des BLAUKREUZES im Republikanischen Club zur Verfügung“ stehe.
Q: Rote Pressekorrespondenz, Nr. 27/28, West-Berlin, 29.8.1969.

05.09.1969:
Die Nr. 29 der „RPK” erscheint. Inhalt der Ausgabe ist:
- Zur Kritik sozialistischer Jugendarbeit am Beispiel des Falken-Camps in Schweden
- Jugendlager Oberwarmensteinach
- Antiparlamentarische Aktion
- Zur Funktion der Justizkampagne
- Sozialistischer Buchladen
- Diskussionsbeiträge zur Desertionskampagne.

Reinhard Bolk, Mitglied des Sexual-politischen Zentrums im Falkenlager, nimmt zu der Frage der „wichtigen experimentellen Bedeutung sozialistischer Erziehungsarbeit” Stellung. Unterthemen des Artikels sind:
- Zur Geschichte des Falken-Camps
- Zusammenarbeit von Massenmedien und Bürokratie
- Das Falkenlager
- Ausgewählte Einzelbeobachtungen
- Kritik und Perspektive.

Der Artikel zur „Antiparlamentarischen Aktion” verweist auf die Tatsache, dass in der BRD Wahlveranstaltungen „nicht mehr ohne aufwendigen Polizeischutz stattfinden“ könnten.

Im Artikel „Zur Funktion der Justizkampagne” wird die Debatte aus der „RPK” 23/24 fortgesetzt. Diese Kampagne müsse dort geführt werden, „wo die Justiz ihren Nachwuchs rekrutiert: im Hochschulbereich und während des juristischen Vorbereitungsdienstes“.

Fortgesetzt wird die Diskussion zur „Desertionskampagne“ mit Beiträgen von:
- Werner Hofmann
- Alexander von Staub
- Horst Mahler
- Projektgruppe Ruhrkampagne.

Reklame wird in der Ausgabe gemacht für:
- Kreuzberger Buchladen
- Jürgens Buchladen
- Buchhandlung Karin Röhrbein.

Stellung wird bezogen zur Gründung des „Politischen Buchs“ (Anfang September 1968). Dazu verfasst das „Politische Buchladen Kollektiv“ eine Stellungnahme. Danach soll u. a. „eine Kommunikation- und Informationszentrale“ geschaffen werden, „um die politische Diskussion wichtiger Texte … in einen weiteren Kreis zu tragen“ und die „Ablösung „des traditionellen Buchhandelssortiments durch politische Schriften und Agitationsmaterial“ gefördert werden. Wichtig sei auch „die Durchbrechung der gesetzlich vorgeschriebenen Preisbindungen“.

Dazu zähle:
- Weitergabe von Schriften zum Selbstkostenpreis
- Verkauf von Büchern und Schriften zum Selbstkosten- und Organisationspreis
- Koordinierung der linken Buchläden
- Eingliederung in den SDS
- Reproduktion der im Politischen Buch arbeitenden Genossen.
Q: Rote Pressekorrespondenz, Nr. 29, West-Berlin, 5.9.1969.

05.09.1969:
Laut „RPK 29/1969 soll an diesem Tag in Oberwarmensteinach eine Demonstration des Falkenlagers „zum Gebäude der Kriminalpolizei“ stattfinden.
Q: Rote Pressekorrespondenz, Nr. 29, West-Berlin, 5.9.1969, S. 10.

05.09.1969:
Laut „RPK Nr. 29/1969 soll an diesem Tag im RC eine Diskussion mit Reinhard Bolk, Heinz Beinert und Peter Bischoff zum Thema „Kritik sozialistischer Jugendarbeit am Beispiel des Falkenlagers in Schweden“ stattfinden.
Q: Rote Pressekorrespondenz, Nr. 29, West-Berlin, 5.9.1969, S. 13.

06.09.1969:
Laut „RPK Nr. 29/1969 sollen an diesem Samstag und am folgenden Sonntag zwei Filme gezeigt werden:
- Cuba, Sommer 1968
- Nicht löschbares Feuer (Napalm).
Q: Rote Pressekorrespondenz, Nr. 29, West-Berlin, 5.9.1969, S. 13.

10.09.1969:
Laut RPK 22/1969 soll an diesem Tag auf der Burg Waldeck im Hunsrück ein „Arbeitstreffen“ beginnen. Es soll bis zum 15. September dauern. „Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren - in denen es sich vorwiegend um ein Chanson - Folklore -Festival handelte - soll diesmal, aufgrund vielfältiger Anregungen von Teilnehmern des Vorjahrs, der Scherpunkt auf die Analyse der Funktion künstlerischer Arbeit in der bestehenden Gesellschaft gelegt werden.“

Themen sollen sein:
- Zeitgenössische Arbeiterkultur - Arbeiterlieder
- Theoretische, praktische und künstlerische Äußerungen zum Befreiungskampf und zum Faschismus
- Das scheinbar apolitische Lied
- Polit-Beat, Straßentheater und Kabarett
- Funktion der Kunst- Unterhaltung, Gegeninformation, Solidarisierung, Ritual, Antizipation
- Kommunikationswirkung beim Rezipienten - Diskussion über empirische Ergebnisse
- Kunst zwischen Anpassung und Aufhebung.
- Gegenmilieu, Gegenöffentlichkeit, Gegenökonomie Selbstorganisierung der Bedürfnisse
- Strategie und Taktik.
Q: Rote Pressekorrespondenz, Nr. 22, West-Berlin, 18.7.1969, S. 11.

12.09.1969:
Die Nr. 30 der „RPK” erscheint. Inhalt der Ausgabe ist:
- Streik in Westdeutschland
- Streik bei Fiat-Turin
- Gerichtstermine
- Antiparlamentarische Aktion
- Vietnam.

Der Artikel „Streik in Westdeutschland“ geht auf die „Septemberstreiks“ ein, auf die Kampfaktionen um mehr Lohn bei der „Hoesch-AG“ in Dortmund, bei „Klöckner“ in Bremen und Osnabrück, beim „Rheinstahlkonzern“ und auf die „Streiks der Bergarbeiter im Saargebiet“. Hingewiesen wird darauf, dass die Streiks „gegen die Gewerkschaften geführt wurden”, um Lohnerhöhungen zu erreichen. Besonderes Schwergewicht legt der Artikel u. a. auf die „Hoesch-Werke“, speziell wird auf die „Westfalenhütte“ eingegangen, die als Initiator für andere Streiks genannt wird. Die Streiks seien aber nicht „politisch“ motiviert gewesen, schon „gar nicht als antikapitalistisch“. Die DKP habe die „Streiks mitgetragen, gleichwohl es falsch ist, ihre Kader und Organisation zu überschätzen“.

Im Einzelnen: „Entstehung und Verlauf des wilden Streiks im Ruhrgebiet, Bremen und dem Saarland geben Aufschluss über die Entwicklung der Widersprüche des bundesrepublikanischen Spätkapitalismus. Auszugehen ist von der Wirtschaftsrezession 1966/67, die bekanntlich mit folgenden Methoden der konzertierten Aktion aufgefangen werden konnte:

a) Einleitung einer Exportoffensive
b) Einfrieren der Löhne durch langfristige Tarifverträge und geringe Steigerungsraten der Löhne
c) Umschulungsmaßnahmen, Abwiegelung und Disziplinierung der Arbeiter durch die Gewerkschaften
d) Infrastrukturmaßnahmen des Staates zur Mobilisierung von Kapital und Arbeit
e) Intensivierung des Kapitalakkumulationsprozesses und der Rationalisierung

Mittels dieses Katalogs ‚konzertierter Maßnahmen’ wurde der Konjunkturaufschwung eingeleitet, der sich inzwischen zu einer Überkonjunktur entwickelt hat. Der Umsatz der einzelnen Branchen stieg durchschnittlich um 15%, der der expandierenden Industrien um über 20%. Infolge des Exports, der gesteigerten Inlandsnachfrage, einer enorm gesteigerten Ausbeutung und der eingefrorenen Löhne stiegen die Konzerngewinne drei mal schneller als die Nominallöhne.

Die sich abzeichnenden Widersprüche wurden zuerst als verschärfte internationale Konkurrenz der verschiedenen staatsmonopolistischen Gesellschaften sichtbar. Die permanente Währungskrise, insbesondere die Franc-Abwertung, war deutlicher Ausdruck hierfür. Die Nichtaufwertung der DM bedeutet, dass sich die expandierenden Industrien - und innerhalb dieser die Großkonzerne - durchgesetzt haben. Der Exportanteil dieser Konzerne beträgt zwischen 30 und 50%. Aufgabe der gegenwärtigen Warenexportoffensive ist die längerfristige Durchführung einer Kapitaloffensive, die gleichfalls begonnen hat.

Der neoimperialistischen Expansion nach außen ging einher im Inneren eine gesteigerte Ausbeutung der Arbeiterklasse. Der durchschnittliche Produktivitätszuwachs betrug 8%, verbunden mit steigenden Arbeitsanforderungen, höheren Unfallraten, Überstunden - alles bei den inzwischen völlig unangemessenen Tariflöhnen. Es stellte sich heraus, dass die langfristig abgeschlossenen Tarifverträge durch Drückung der Lohnkosten Exportprofite garantierten.

Seit Juli/August mehrten sich im Ruhrgebiet kurzfristige Streiks, die jedoch überwiegend auf die jeweiligen Abteilungen beschränkt blieben. Gleichzeitig fand eine weitere Vorbereitungsphase statt, indem ‚plötzlich’ zu geringe Hitzegelder, unzureichende Teeversorgung für die Hochofenarbeiter, die sanitären Einrichtungen Gegenstand verstärkter Kritik wurden. Diese Entwicklung blieb den Gewerkschaften nicht unbekannt. Der Chef der IG Bergbau bat am 15. August die Konzerne, doch die Lohnverhandlungen vorzuziehen (der Tarifvertrag läuft erst im Dezember ab). Am 18. August wurden die Arbeitsdirektoren beim Arbeitgeberverband Eisen/Stahl vorstellig, um über die steigende Unruhe unter den Arbeitern zu berichten; vergeblich! Insgesamt ist das eine bekannte Demonstration gewerkschaftlicher Mitbestimmung. Anfang September wurde für die metallverarbeitende Industrie ein neuer Tarifvertrag ausgehandelt, für den Brenner von den Konzernen gelobt wurde: 8% Lohnerhöhung, lange Laufzeit, nur sehr allmähliche Verlängerung der Urlaubs und Verkürzung der Arbeitszeit. Wie bekannt, wurden die Verhandlungen zentral und geheim geführt. Mit diesem Vertrag wurden die Gewerkschaften Opfer ihrer eigenen bürokratischen Tarifpolitik. Zum einen regte sich Widerspruch innerhalb der metallverarbeitenden Industrie, zum anderen sahen die Arbeiterfraktionen, deren Verträge erst zum Jahresende kündbar waren, nicht mehr ein, warum sie aufgrund dieser rechtlichen Konstruktionen auf sofortige Lohnerhöhungen verzichten sollten. Der abgeschlossene Tarifvertrag stimulierte die Stellung eigener Forderungen. Die Streiks sind also einmal Konsequenz einer konjunkturell bedingten verschärften Ausbeutung, die sich besonders in der Stahlindustrie auswirkte. Nach mehreren mageren Geschäftsjahren versuchten die Konzerne die Gunst der Stunde durch verschärfte Produktionssteigerungen zu nutzen. Zum anderen sind sie insoweit gegen die Gewerkschaften gerichtet, als gerade durch die Praxis bürokratischen Aushandelns deutlich wurde, dass die Interessen der Arbeiter nicht mehr vertreten wurden.

Zu den konjunkturell bedingten und den von den Gewerkschaften selbst hervorgerufenen Ursachen der Streiks, kommen jedoch noch wichtige strukturelle. Die strukturellen Ursachen sind einmal für den Streikverlauf von Bedeutung, darüber hinaus legen sie einige Methoden der Gewinnung von Extraprofiten offen.

Beschleunigt durch die Rezession und die internationale Konkurrenz haben Kapitalakkumulationsprozesse durch Konzernvergrößerungen sowie innerhalb der Konzerne verstärkte Rationalisierungsmassnahmen stattgefunden. 1966 wurden die Hoesch AG und die Dortmund-Hörder Hütten Union fusioniert, ohne dass eine Lohnangleichung stattfand. Der fusionierte Konzern erwirtschaftete also zusätzliche Profite, indem er für gleiche Arbeit unterschiedliche Löhne zahlte. Da die Konzernleitung auf Verhandlungsforderungen des Betriebsrates, der für die Hoesch-Werke Westfalenhütte, Phoenix und Union eine einfache Angleichung verlangte, mit Hinhaltetaktik beantwortete, beschloss die Vertrauensleuteversammlung den Streik, nachdem eine erneute Dividendenerhöhung bei Hoesch bekannt wurde. Ähnlich gelagert ist der Rhein-Stahl-Konzern, der als nächster und am intensivsten bestreikt wurde. Der Konzern versuchte aus seiner schlechten Gewinnlage über eine Reorganisation der Produktion herauszukommen. Längerfristig wird diese Reorganisation die Stilllegung einiger Abteilungen und Werke bedeuten; kurzfristig bedeutet sie eine verschärfte Konkurrenz der produktionsgleichen Betriebe untereinander. Die schwache Gewinnlage, die Tendenz, bestimmte Betriebe stillzulegen, sowie die Lohndifferenzierung durch betriebliche Konkurrenz führten zu unterschiedlichen und relativ zurückbleibenden Löhnen, also zu Erzielung von zusätzlichen Profiten in der gegenwärtigen Konjunkturlage.

Für Klöckner in Bremen und Osnabrück spielen regionale Lohndifferenzen für die dort besonders hart geführten Auseinandersetzungen ebenfalls eine Rolle. Aufgrund der günstigen Arbeitsmarktstruktur sind dort die Löhne hinter den Löhnen der Stahlarbeiter im Ruhrgebiet zurückgeblieben. Die streikenden Arbeiter in Bremen und Osnabrück wollen über den Streik einen gewaltsamen regionalen Lohnausgleich herbeizwingen.

Ähnliches gilt für den Streik der Bergarbeiter im Saargebiet. Während der Rezession wurden die staatlichen Gelder vorwiegend in das Ruhrgebiet gepumpt, so dass im Saargebiet sehr vie geringere Strukturbereinigungen stattgefunden haben. Diese beibehaltene Strukturkrise, verschärft durch eine gewisse ländlich Reservearmee, führten zu einem allgemeinen Zurückbleiben der Löhne, insbesondere aber im Bergbau. Lohnangleichung und die Forderung nach vorgezogenen Lohnerhöhungen (der Tarifvertrag ist im Bergbau erst zum Jahresende hin kündbar). Dies dürfte dort mit wesentliche Ursache der Streiks gewesen sein. Insgesamt gehört das Saargebiet heute zu den strukturschwächsten Industriegebieten. Die Franc-Abwertung machte sich aufgrund der Absatzorientierung nach Frankreich am stärksten bemerkbar. Die Exporteinbußen lassen dem Saarland bei dem nächsten Konjunkturabschwung einen bevorzugten Platz zukommen.

Untersucht man nun Organisation und Klassenbewusstsein der streikenden Arbeiter, so ist die Einschätzung der Gewerkschaften einfach, die der DKP nicht sehr viel schwieriger.

Aus dem bislang Dargelegten ist deutlich geworden, dass diese Streiks zum Teil wenigstens gegen die Gewerkschaften geführt wurden. Sie sind derzeitig damit beschäftigt, durch radikale Forderungen (14%ige Lohnerhöhung) und Vorverlegung der Tarif Verhandlungen abzuwiegeln. Die Gewerkschaftsbürokratie hat an den Streiks keinen Anteil. Die Kompromissvorschläge, die die Betriebsräte ausgehandelt haben, sind von den Arbeitern abgelehnt worden (Hoesch, Eisenwerke Neunkirchen).

Die DKP war auf die Streiks insgesamt als Partei nicht vorbereitet, Arbeitskämpfe waren nicht ‚geplant‘. Die Analyse der im August erschienenen DKP-Betriebszeitungen ergibt, dass sich diese auf den Wahlkampf in Form von Anti-NPD-Agitation konzentrierten. Sekundär beteiligten sie sich an der anfangs beschriebenen ‚Motzerei’. Von einer zentral vorbereiteten Lohnkampagne kann keine Rede sein.

Wichtig ist, dass die DKP-Betriebsgruppe tatsächlich Kaderaufgaben während der letzten Monate wahrgenommen hat. Sie war daher aktionsfähig, als die Forderungen des Betriebsrates nach Lohnangleichung vom Konzern erneut hinhaltend beschieden wurden und die Dividendenerhöhung bekannt wurde. (Einzelheiten siehe Hoesch-Bericht). Am Montagabend wurden die Vertrauensleute über telefonisches Schneeballsystem mobilisiert, am Dienstag früh der Streik ausgerufen, der schwerpunktmäßig in den Stahlwerken I und II sowie dem Walzwerk begann. Er war von vornherein nicht als Abteilungsstreik konzipiert. Die Eroberung eines werkseigenen Feuerwehrwagens mit Lautsprechern sowie die Bildung einer Delegation, die durch alle Abteilungen zog, führte zur Durchsetzung des allgemeinen l Streiks.

Insgesamt lässt sich die Dialektik von allgemeinen Entwicklungstendenzen, konzernspezifischer Konkretion, Aktionsbereitschaft der Arbeiter-Kader, Agitation der Vertrauensleute und Spontaneität der Arbeiter für Hoesch relativ gut beschreiben.

Zweifelsohne hatte der Streik in der Westfalenhütte für andere Betriebe Initialcharakter, die Spontaneität nahm mit der Ausweitung der Streiks zu; gleichzeitig lassen sich jedoch gewisse überbetriebliche Organisationsstrukturen aufzeigen: Die DKP versucht seit längerem, konzernspezifische Beratungen ihrer Kader durchzuführen. Zumindest für Hoesch und Rheinstahl haben diese Beratungen lange vor Streikausbruch begonnen. Bei der völligen Isolierung der betrieblichen Vertrauensleute und Betriebsräte voneinander hat die DKP mit dieser Taktik den Erfolg: an diesen Beratungen nehmen zunehmend die Sympathisanten teil. Für die Streiks standen damit kommunikationsfähige informelle Kader zur Verfügung, allerdings unter strikter Kontrolle der Partei: Diese Organisation ermöglichte eine schnelle und gezielte Information und Agitation der anderen Hoesch-Werke und Konzerne.

Während des Streiks ist die DKP nicht als Partei aufgetreten, ihre Kader agitierten ausschließlich als Arbeiter. Des weiteren ist kennzeichnend für die Taktik der Partei, dass auftretende Konflikte zwischen Vertrauensleuten und der Streikführung einerseits, sowie den Betriebsräten und Gewerkschaften andererseits von ihr möglichst verkleistert würden. Ansätze einer prinzipiellen Kritik des Betriebsrates wurden personalistisch gewendet: einzelne Betriebsräte haben versagt. Offiziell ausgegeben wurde eine Strategie der Arbeitsteilung zwischen Streikführung und Betriebsrat. Letzterer an die Betriebsfriedenspflicht gebunden, habe die Aufgabe mit den Konzernen zu verhandeln, die Streikleitung dagegen die Aufgabe der Agitation; ein Verfahren, dass der Strategie der Ausweitung der Mitbestimmung ebenso Rechnung trägt, wie der Verhinderung radikaler Aktionen.

Schließlich muss noch darauf verwiesen werden, dass die DKP im Laufe des Wahlkampfes stillschweigend eine Frontbegradigung vorgenommen hatte. Nachdem deutlich wurde, dass das Wahlbündnis ADF nicht viel taugt, wurde die Bündnispolitik im Betrieb als das zentrale Moment ausgegeben. Hierin mag die Ursache für die generelle Unterstützung der Streiks seitens der DKP liegen.

Zweifelsohne hat die DKP die Streiks mitgetragen, gleichwohl ist es falsch, ihre Kader und Organisation zu überschätzen. Einmal ist die Aktionsbereitschaft der Arbeiter hoch, zum anderen dauern die Streiks meist nicht sehr lange. Dort, wo die Auseinandersetzungen härtere Formen annahmen, spielte die DKP eine untergeordnete Rolle, wie in Bremen, Neunkirchen und Duisburg. Von einer Vermittlung zwischen Streikbereitschaft der Arbeiter und revolutionären Kadern kann also hier keine Rede sein.

Über das sich in den Streiks entwickelte Bewusstsein genaueres auszusagen, ist zur Zeit noch recht schwierig. Deutlich zeichnen sich lediglich Unterschiede zwischen Bremen, Saar und Ruhrgebiet ab. In den Klöckner-Werken besteht eine klassenbewusste Kadergruppe. Streikführung und Dauer lassen eine zunehmend anti-gewerkschaftlich und anti-kapitalistische Tendenz erkennen. Dabei ist die Zusammensetzung der Belegschaft von Bedeutung: ein Kern erfahrener kommunistischer Facharbeiter, der den Streik führt, und eine Belegschaft, die überwiegend aus angelernten Arbeitern, die erst seit ‚kurzem’ von der Landwirtschaft und kleingewerblicher Tätigkeit in die Betriebe wechselte. Aufgrund der etwas größeren Arbeitskraftreserven ist bei Klöckner der während der Rezession erfolgte Lohnabbau noch nicht wieder rückgängig gemacht worden.

Im Saargebiet findet im Bergbau derzeit ein totaler Streik statt, das Bewusstsein der Bergarbeiter weist jedoch stark berufliche-ständische Momente auf. Symptome sind die Verbrennung roter Fahnen, antigewerkschaftliche Stimmung bei gleichzeitigem Beifall für den CDU-Ministerpräsidenten sowie Parolen: ‚Bergarbeiter wieder an die Spitze der Lohnskala.’ Die an der Saar naheliegende Vermittlung von kapitalistischer Strukturkrise und Klassenbewusstsein der Arbeiter wird durch diese ideologischen Bewusstseinsstrukturen zur Zeit blockiert.

Im Ruhrgebiet ist ein spontanes Arbeiterbewusstsein feststellbar, Ausdruck der ökonomischen Bedingungen, dessen politische Entfaltungstendenzen noch nicht recht abzuschätzen sind. Mit allen Vorbehalten lassen sich folgende Charakteristika ausmachen:

a) Die Unzufriedenheit war vor Beginn der Streiks groß. wie die Arbeitsniederlegungen und die beschriebenen Motzerei belegen.

b) Die Streiks haben erstmals seit längerer Zeit die relativ private Verarbeitung von Konflikten durchbrochen und Ansatz von Selbstbewusstsein und Solidarität geschaffen, (letztere wird freilich weniger bewusst akzentuiert.)

c) Sämtliche Forderungen waren rein gewerkschaftliche Forderungen, im wesentlichen Lohnerhöhungen.

Dort, wo der Streik sich gegen Rationalisierung und Arbeitsplatzbewertung richtete (MTM), konnte er sich nur sehr ungenau artikulieren. Von Bedeutung ist die Einfachheit der Forderungen: generelle Lohnerhöhung, ausgedrückt in absoluten Forderungen und nicht in Prozentangaben. Die Forderung 30 Pfennig ist leichter vermittelbar und hat solidarischere Konsequenzen als arbeitsplatzspezifisch abgestufte Prozentforderungen.

d) Die Streiks werden kaum als politische begriffen, schon gar nicht als antikapitalistische. Parolen in diese Richtung werden zurückgewiesen.

Kritik an der sozialen Symmetrie, an Konzernen und Gewerkschaften, bleibt vorpolitisch, das heißt privat. Zur Zeit lassen sich relativ häufig verbalradikale Einzeläußerungen finden die jedoch nicht in Aktionen umgesetzt werden.

Erwähnt werden müssen noch die Anti-NPD-Aktionen, die derzeit in dreierlei Spielarten vorgetragen werden:

Einmal einer staatlich verordneten, was sich in gemeinsamen Flugblättern von CDU, SPD und DGB ausweist, zum anderen in der bürgerlich-demokratischen Version der DKP und schließlich in antiautoritären und radikaldemokratischen Aktionen der Lehrlinge und Schüler. Teilweise deuten sich Aktionsbündnisse zwischen dieser Fraktion und Teilen der Vertrauensleute an auf der Grundlage: ‚Ihr seid doch die einzigen, die was tun.’ Militantere Aktionen haben also die Funktion, Kontakte - wenn auch oft nur sporadische - zu klassenbewussten einzelnen Arbeitern herzustellen. Diese Tendenz kann jedoch nicht als durchgängig behauptet werden, was jedoch wohl auch an der mangelhaften Organisation dieser Aktionen liegt.

Die beschriebenen Aktionen ergeben eine eindeutige Aussage über die Situation der revolutionären Linken im Ruhrgebiet: sie ist miserabel schwach: das ist freilich nicht nur ein quantitatives Problem, sondern vor allem ein Kaderproblem. Schulung und Aktionen, die auf Schulung hinführen, sind die nächsten wichtigen Aufgaben. Diese Schulung hätte als notwendige Schwerpunkte Betriebsarbeit, Lehrlings- und Schüleragitation. Die spezifischen Ruhrgebietbedingungen weisen sich vor allen durch die Notwendigkeit einer Auseinandersetzung mit revisionistischen Gruppierungen aus. Diese Auseinandersetzung ist bislang vorwiegend auf allgemein-theoretischer Ebene geführt worden, dagegen fehlen Vorstellungen, was realrevolutionäre Agitation und Aktionen sind, wie die Revisionisten exemplarisch zu entlarven sind. Beispielsweise ist die abstrakte Gegenüberstellung von Arbeiterkontrolle gegen Mitbestimmung recht nutzlos. Arbeiterkontrolle allein als Forderung besagt gar nichts, welche Forderungen zu stellen sind und in welchen Aktionen sie durchzusetzen sind.

Die Erfahrungen dieser Streiks lehren die Vordringlichkeit einiger theoretischer Arbeiten: insbesondere der konkreter Konzernanalysen, Entwicklung der Lohndifferenzierungen in der Arbeiterklasse, Widersprüche innerhalb der Gewerkschaften. Verhältnis von betrieblicher Agitation und außerbetrieblicher Angriffe gegen die verschiedenen staatlichen Institutionen, Entwicklung von Lehrlings- und Schülerkampagnen neu.

Die nächsten Aufgaben der Berliner sozialistischen Opposition sind durch die spontane Streikbewegung der Arbeiter in der Bundesrepublik gestellt.” Zum Bewusstsein in der Arbeiterklasse, scheint das Ruhrgebiet zum tragenden Gerüst zu werden. Hier sei „ein spontanes Arbeiterbewusstsein festzustellen“. Jetzt sei es wichtig, „Aktionen und Schulungen“ durchzuführen, die „konkrete Konzernanalyse“ voranzutreiben und die Entwicklung der „Lehrlings- und Schülerkampagnen“ voranzutreiben.

Im Artikel „Streik bei Fiat-Turin“ werden die Kämpfe beschrieben und einzelne italienische Gruppen, die etwa bei den Streiks aktiv waren, analysiert. Dazu zählt u. a. auch die „Unione.“ Selbige kommt hier nicht gut weg. Sie spielte eine „dürftige Rolle“ und beteiligte „sich nicht an irgendwelchen Betriebsgruppen, sondern schrieb höchstens in ihrer Zeitung gelegentlich über den Streik und verteilte in diesen Tagen Flugblätter vor den Fabriktoren“.

Zur „Antiparlamentarischen Aktion“ wird auf verschiedene Aktivitäten eingegangen, etwa Nahverkehr (Roter Punkt) und NPD-Veranstaltungen. Für die nächste Zeit sei es wichtig, das „Schüler- und Lehrlingsgruppen außerhalb der Universität“ geschaffen werden. Dazu gesellen sich „Kampfaktionen im Sozial- und Konsumbereich“ sowie der „Kampf gegen den Imperialismus der Bundesrepublik“.

Im Artikel zu „Vietnam“ wird auf die „Mängel der bisherigen Vietnam-Kampagne“ eingegangen. Ein „Hauptmangel“ sei es gewesen, „dass die erste Mobilisierungsphase der Studenten, die mit dem moralischen Protest gegen den Imperialismus begann, nachträglich als ‚abstrakter Internationalismus‘ abgetan wurde“. Ein „zweiter Mangel“ sei es gewesen, „dass die Verunsicherung, die bei vielen Genossen und Nichtgenossen nach dem Beginn der Vietnam-Friedensverhandlungen in Paris eingetreten war nicht beseitigt wurde. Die Ursache dieser Unsicherheit ergab sich aus indem Versäumnis, die Folgen der Pariser Verhandlungen auf die Kämpfe in Vietnam zu analysieren“. Die „Vietnamkampagne“ soll wieder aufgenommen werden. In dieser Ausgabe wird damit begonnen, die „Klassenkämpfe in beiden Teilen Vietnams“ zu analysieren.

Reklame wird in der Ausgabe gemacht für:
- die Zeitschrift „Gegen den Strom“
- Jürgens Buchladen (West-Berlin)
- Das Politische Buch (West-Berlin)
- Voltaire Flugschriften („Freiheit für die Deserteure“)
-„Großstadtguerilla (von: R.F. Williams, R. B. Rigg).
- Mao: „Der große strategische Plan“).
Q: Rote Pressekorrespondenz, Nr. 30, West-Berlin, 12.9.1969.

12.09.1969:
Laut „RPK 30/1969 sollte an diesem Tag im RC eine Diskussion über die „Justizkampagne“ stattfinden. Sie fällt aus. Grund: Ein stattfindendes Teach-In zur gleichen Zeit „zur Streiksituation in Westdeutschland“.
Q: Rote Pressekorrespondenz, Nr. 30, West-Berlin, 12.9.1969, S. 12.

13.09.1969:
Laut „RPK 30/1969 sollen am 13. und 14.9. im RC Filme über Palästina gezeigt werden.
Q: Rote Pressekorrespondenz, Nr. 30, West-Berlin, 12.9.1969, S. 12.

19.09.1969:
Die Nr. 31 der „RPK” erscheint. Inhalt der Ausgabe ist:
- Einige Lehren aus den Streiks
- Währungspolitik als Bestandteil sozialistischer Strategie
- Vietnam
- Rote Punkt Aktion in Heidelberg

Im Artikel „Einige Lehren aus den Streiks“ analysiert Wolfgang Lefèvre die Streikbewegung in Westdeutschland und deren Konsequenzen im Hinblick auf die Arbeit der Gruppen in West-Berlin. Untersucht werden:
- Traditionelle gewerkschaftliche Kampfformen der Arbeitsniederlegung
- Der Streik in den Hoesch-Werken
- Der Streik in den Klöckner-Werken (Bremen)
- Konsequenzen für die Arbeit in Westberlin.

Für die „Hoesch-Werke“ erklärt er u. a., dass die Arbeitsniederlegungen, „Kampfformen wie sit-ins“, „weit über den traditionellen, im Wesentlichen von den Gewerkschaften bestimmten Praxisrahmen hinausgehen“. Das zeige, dass die „Widersprüche zwischen Gewerkschaften und Belegschaften“ wachsen.

Als „Konsequenzen für den Kampf in Westberlin“ werden herausgearbeitet:
- Die Notwendigkeit der Selbstorganisation
- Unterstützung der „revolutionären Entwicklung der Arbeiterklasse”
- Reorganisationsdebatte
- Debatte über die Betriebs- und Basisgruppenarbeit
- Reorganisation unserer Arbeit.

Der Artikel „Währungspolitik als Bestandteil sozialistischer Strategie“ gibt „Material zur Aufwertung der D-Mark“ an die Hand. Punkte sind:
- Das Weltwährungssystem
- Die Währungskrise
- Die Währungsoffensive des deutschen Imperialismus
- Aufwertung oder Nichtaufwertung
- Die nächste Krise kommt bestimmt.

Im „Vietnamartikel“ wird die Analyse aus der Ausgabe 30/1969 fortgesetzt.

Weiter erscheint ein längerer Artikel zum „Roten Punkt“ in Heidelberg: „Rote Punkt Aktion in Heidelberg.“

Reklame wird in der Ausgabe gemacht für:
- die Zeitschrift „Gegen den Strom“
- Das Politische Buch (West-Berlin)
- Jürgens Buchladen (West-Berlin)
Q: Rote Pressekorrespondenz, Nr. 31, West-Berlin, 19.9.1969.

20.09.1969:
Laut „RPK 22/1969 soll an diesem Tag im RC eine „Filmveranstaltung“ stattfinden: „Kuba - Sommer 1968 von Ulrich Knauth“. Zudem: „Nicht löschbares Feuer (NAPALM) von Harun Faroquhl.“
Q: Rote Pressekorrespondenz, Nr. 22, West-Berlin, 18.7.1969, S. 12.

26.09.1969:
Die Nr. 32 der „RPK” erscheint. Inhalt der Ausgabe ist:
- BVG-Streik
- Teach-In zum Berufsbildungsgesetz
- Klöckner-Streik
- Welche Organisation brauchen die Studenten?

Zum „BVG-Streik“ heißt es, dass in der letzten Woche „die Streikwelle auf Westberlin übergriff“. Insgesamt wird er als „wilder Streik“ bezeichnet. Der „Klöckner-Streik“ auf der „Klöckner-Hütte in Bremen“ wird überschwänglich mit „Vom antigewerkschaftlichen zum antikapitalistischen Kampf“ bezeichnet. Abschließend favorisieren dazu die Verfasser die „politische Schulung der Masse der Arbeiter“. So würden sich die „Kader im Kampf entwickeln. Und sie müssen „im Betrieb verankert sein“, auch in „einer kommunistischen Partei“.

Der Artikel „Welche Organisation brauchen die Studenten?“ basiert auf einem Papier aus der Berliner FU von der „Wiso-ad-hoc-Gruppe und vom ML Studentenkollektiv WISO”. Darin wird u. a. ausgeführt: „Es bedarf einer Organisationsform, die nicht nur die erfasst, die … auf den Hauptwiderspruch dieser Gesellschaft, zwischen Kapital und Arbeit zu schließen in der Lage sind und schon sozialistische Praxis machen. Vielmehr müssen die Massen der Studenten organisiert werden, die durch den Kampf an der Uni … antikapitalistisches Bewusstsein … entwickeln und später zu bewusst sozialistischer Praxis gelangen können … Der von den Germanisten und dem INFI ferngesteuerte AStA des letzten Semesters nahm die Auflösung der studentischen Massenorganisation … faktisch schon vorweg … Selbst diese geringfügig zentralisierende Institution (AStA) wurde durch das Hochschuldiktat liquidiert, was den Aufbau einer zentralisierenden, studentischen Massenorganisation auf qualitativ höherer Ebene als bisher notwendig macht. DIESE ORGANISATION KANN KEINE A PRIORI SOZIALISTISCHE SEIN, DA IHRE HAUPTFUNKTION SEIN MUSS, SOZIALISTISCHES BEWUSSTSEIN ERST NOCH ZU ENTFALTEN …

Die Aufgabe von sozialistischen Kaderorganisationen ist die Arbeit am Hauptwiderspruch … UNIVERSITÄRE KADERORGANISATIONEN WIE DIE ROTZEG SIND DESHALB FÜR SOZIALISTEN EIN UNDING … Der adäquate Organisationstyp für die Masse der Studenten muss deshalb eine MASSENORGANISATION sein, die als Kriterium für die Mitgliedschaft lediglich die Unterstützung für allgemein formulierte Ziele und die materielle Unterstützung in Form von Beiträgen vorsieht. …

Obwohl die sozialistischen Studenten in Gruppen nach unterschiedlichen ideologischen Linien und damit verbunden in verschiedene Praxisbereiche gegliedert sind, fallen ihnen doch an ihrem universitären Arbeitsplatz gemeinsame Aufgaben zu, die eine zusammenfassende Organisierung möglich machen (‚Rote Studentengruppen’ als Nachfolgeorganisation der ad-hoc-Gruppen). Diese Organisation kann schon deshalb keine Kaderorganisation sein, weil dadurch Fraktionen sehr bald eine Mitarbeit unmöglich gemacht würde …”

Jedoch haben „diese lose organisierten ‚Roten Studentengruppen‘ am universitären Arbeitsplatz“ die Aufgabe, „die Festlegung einer gemeinsamen antikapitalistischen Hochschulpolitik, die Initiierung von Kampagnen auf Universitäts- und Fachbereichsebene, d. h. einmal die Bestimmung der Politik er studentischen Massenorganisation einschließlich der Besetzung der entsprechenden Ämter, sowie die Agitation der überhaupt nicht organisierten Studenten … Es folgt, dass diese Organisation die PERMANENTE AKTIONSEINHEIT DER EINZELNEN FRAKTIONEN für den Hochschulbereich ist.”

Die studentische Massenorganisation solle eine Studentengewerkschaft sein. Für diese wird u. a. das Folgende geplant: „Mitglied kann nur werden, der bereit ist, sich in die Tradition der Studentenrevolte zu stellen und in Höhe des bisherigen AStA-Beitrags materielle Unterstützung leistet.”

Reklame wird in der Ausgabe u. a. gemacht für:
- Das politische Buch (West-Berlin)
- Jürgens Buchladen (West-Berlin).
Q: Rote Pressekorrespondenz, Nr. 32, West-Berlin, 26.9.1969.

27.09.1969:
Laut RPK 32/1969 wollen sich an diesem Tag verschiedene Gruppen im „INFI“ treffen, um dort über die Arbeit der Genossen in Italien zu debattieren.
Q: Rote Pressekorrespondenz, Nr. 32, West-Berlin, 26.9.1969, S. 13.

28.09.1969:
Laut RPK 31/1969 soll an diesem Tag in der Alten Mensa der TU eine „Antiparlamentarische Wahlparty“ stattfinden.
Q: Rote Pressekorrespondenz, Nr. 31, West-Berlin, 19.9.1969, S. 15.

01.10.1969:
Laut RPK 32/1969 will sich an diesem Tag der „Aktionsrat zur Befreiung der Frau“ im RC treffen.
Q: Rote Pressekorrespondenz, Nr. 32, West-Berlin, 26.9.1969, S. 13.

03.10.1969:
Die Nr. 33 der „RPK” erscheint. Inhalt der Ausgabe ist:
- Die Entwicklung der Klassenkämpfe in der BRD und die Bundestagswahlen 1969
- Warnstreik bei Ohrenstein & Koppel in Berlin-Spandau
- Zum BVG-Streik (mit einem Flugblatt der Betriebsgruppe BVG
- Vietnam
- Sardinien
- Aktionsrat zur Frauenemanzipation
- Pantheretten und die Emanzipation

Im Artikel „Die Entwicklung der Klassenkämpfe in der BRD und die Bundestagswahlen 1969” wird auf Fraktionen des Monopolkapitals eingegangen, auf die CDU/CSU und die SPD. Das nährt die Theorie vom „kleineren Übel“. Die Arbeiter hätten möglicherweise die SPD unterstützt, um eine „Atempause“ zu gewinnen. „Sie hoffen, dass durch eine starke SPD oder gar durch eine ‚kleine Koalition‘ der Abbau der Demokratie in der Bundesrepublik langsamer voranschreiten würde.“ Das würde das „alte Problem der Taktik der sozialistischen Organisation im Klassenkampf noch einmal zur Diskussion“ stellen. Die Fraktionen der Arbeiterklasse seien nur dann bereit, sich der Sozialistischen Opposition anzuschließen, „wenn sie eine klare sozialistische Strategie des Kampfes entwickeln und sie fähig wird, den Klassenkampf zu organisieren“.

Die ADF betätigte sich im Wahlkampf „opportunistisch”. In ihren Methoden orientierte sie sich „an bürgerlicher Realpolitik“. Auch die DKP sei „Opfer“ dieser Taktik geworden. Das habe sie völlig blind gemacht „für die in den Streiks und Demonstrationen sich aufzeigenden Aufgaben des Klassenkampfes“.

Die Betriebsgruppe „Orenstein & Koppel in der Basisgruppe Spandau” veröffentlicht erstmals einen Artikel, der über einen Warnstreik bei O&K Spandau berichtet.

Zudem schreibt die „Betriebsgruppe BVG“ in Zusammenarbeit mit „Betriebsgruppe AEG-Brunnenstraße“ und „Betriebsgruppe DWM“ den Artikel zum „BVG-Streik.“ Auch die letzten beiden Gruppen werden erstmals erwähnt.

Der „Vietnam“-Artikel setzt die Diskussion aus der RPK 31 fort. Thema: „Krieg führen und verhandeln“.

Der Artikel „Sardinien” berichtet über den „Antikolonialistischen Widerstand.“

Ein Artikel „Aktionsrat zur Frauenemanzipation“ beschäftigt sich mit der (Un-)Möglichkeit der Befreiung der Frauen im Kapitalismus. Der Artikel geht u. a. auf die Widersprüche zwischen der „Institution Familie“ und der Kapitalbildung ein, auf die „Unterdrückung“ und das „Erdulden dieser Unterdrückung“. Er wirft in diesem Zusammenhang das Problem der Kinder und der Kindererziehung in die Debatte ein. „Familie und Sozialismus“ seien miteinander unvereinbar. Daher: „Der Kampf um die Verantwortlichkeit aller für alle Kinder ist der erste Schritt zur Befreiung der Frau.“

Dazu erscheint der Artikel „Pantherette und die Emanzipation.“ Veröffentlicht wird darin ein Interview mit einer Genossin der „Black Panther Party“, abgedruckt aus „The Black Panther“ Vol III“, Nr. 21, 13.9.1969.

Reklame wird in der Ausgabe gemacht für:
- SoPo, Nr. 3
- Das Politische Buch (West-Berlin)
- Jürgens Buchladen (West-Berlin)
- Buchhandlung Karin Röhrbein (West-Berlin)
- Walthers Buchladen (West-Berlin).
Q: Rote Pressekorrespondenz, Nr. 33, West-Berlin, 3.10.1969.

10.10.1969:
Die Nr. 34 der „RPK” erscheint. Inhalt der Ausgabe ist:
- Streik bei den Howaldtwerken Kiel
- Flugblatt des AStA
- Finanzierungskampagne des Sozialistischen Zentrums
- Emanzipation der Frauen
- Sardinien
- Revolutionäre Berufspraxis für Juristen?
- Währungspolitik.

Der Artikel zum „Streik bei den Howaldtwerken Kiel“ versucht sich an einer Einschätzung der „studentischen Aktivitäten während des Streiks“. Die Aktivitäten der „studentischen Linken“ werden als miserabel bezeichnet. Dies aus folgenden Gründen:
- es gab keine Betriebsbasisgruppe
- keine relevante Gruppe, die eine „Initiative in diese Richtung“ entwickelte
- keine Möglichkeit, gegen die Positionen der DKP „von studentischer Seite aus einzugreifen“.

Die DKP mit ihrem „Werftecho“ kam über die „konsequente Attacke der Direktion nicht hinaus“. „Der Staatsapparat, die SPD, die Gewerkschaft oder der Betriebsrat, der während des Streiks eine windelweiche Politik des Speichelleckens bei der Direktion betrieb, wurde als Feind sorgsam ausgespart.“ Die Politik der DKP wird als „bloß links-gewerkschaftlich“, „typisch trade-unionistisch“ bezeichnet. Ein Eingreifen für die studentische Linke bei Howaldt müsse versuchen, eine „politische Perspektive für die Arbeiter zu entwickeln“. Dazu werden ein „Flugblatt der Werftarbeiter“ und ein „Flugblatt des Asta der Uni-Kiel“ veröffentlicht.

Zum „Sozialistischen Zentrum“ wird ein „Zwischenbericht über die Finanzierungskampagne für das Sozialistische Zentrum“ veröffentlicht.

Der Artikel „Zur Emanzipation der Frau“ setzt sich mit dem vorherigen aus der Nr. 33 auseinander und referiert über die „politische Bedeutung der Frauenemanzipation“. Festgehalten wird, dass die „Familie (im Kapitalismus, d. Verf.) einerseits als kulturelle Institution (Sozialisationsfunktion) fungiert, zum anderen als private Konsumgemeinschaft. In der Aufrechterhaltung der Familie durch den Staat (bei gleichzeitigem Entzug der Kinder aus der Familie), drückt sich das unvollständige und auf einem bestimmten Punkt fixierte Maß an Vergesellschaftung aus.“

Im „Rahmen einer noch zu schaffenden Organisation“ müssen vorab „Ausgangsbedingungen“ realisiert werden. So müssen Forderungen erfüllt werden, um „einzelne Individuen und Gruppen“ zu unterstützen, z. B. Gelder bereitstellen, „um Wohnungen für Frauen und Kinder zu mieten“. Da sei das „Sozialistische Zentrum“ gefragt. Der Artikel ist von der „Linkskommunistischen Frauenschulungsgruppe.“

Der Artikel zu „Sardinien“ ist von Peter Neitzke.

Im Artikel „Revolutionäre Berufspraxis für Juristen?“ setzt sich Dorle Eberwein u. a. mit der „Justizkampagne“ auseinander.

Im Artikel zur „Währungspolitik“ wird eine „kritische Stellungnahme“ zu einem Beitrag aus der „RPK“ Nr. 31 veröffentlicht.

Reklame wird in der Ausgabe gemacht für:
- Jürgens Buchladen (West-Berlin)
- Buchhandlung Karin Röhrbein (West-Berlin)
- Das Politische Buch (West-Berlin)
- Kreuzberger Buchladen (West-Berlin).
Q: Rote Pressekorrespondenz, Nr. 34, West-Berlin, 10.10.1969.

17.10.1969:
Die Nr. 35 der „RPK” erscheint. Inhalt der Ausgabe ist:
- Solidarität mit der sozialistischen Opposition in den USA
- Organisation der Studenten: Rote Zellen
- Zur Gründung der Roten Zelle Mathematik (Rotzmat)
- Zu den Streiks an der Saar
- Währungspolitik
- Zur Frauenemanzipation
- Sozialistisches Zentrum in Friedrichshain
- Erklärung des Bundesvorstandes des SDS zur Delegiertenkonferenz
- Arbeitskreis Wohngemeinschaft und Kommunen.

Der Artikel „Solidarität mit der sozialistischen Opposition in den USA“ erklärt, dass in den USA am 15. Oktober ein „Boykott aller Colleges und Universitäten“ stattfinde. Grund: die angekündigten „gewaltigsten Vietnamdemonstrationen …, die es seit der Vietnambewegung gegeben hat“. Das „Moratorium Nixon, sein Verlangen nach einer zweijährigen Schonzeit, werde von den Studenten mit einem eigenen Moratorium beantwortete.“ Zur Unterstützung schicke der SDS Berlin ein „Solidaritätstelegramm“ an die „kämpfenden Genossen in Chicago und anderen Städten.“

Mit der Auseinandersetzung um die Frage „Welche Organisation brauchen die Studenten?“ entstehen in Berlin zwei weitere Rote Zellen, die Rote Zelle Mathematik FU (Rotzmat) und die Rote Zelle Ökonomie FU (Rotzök). Der Gründungsaufruf der Roten Zelle Mathematik wird abgedruckt. In der Auseinandersetzung lehnt die ROTZEG den Vorschlag der WISO-ML (Aufbau einer Studentengewerkschaft) ab und schlägt u. a. vor, „auf einer Veranstaltung der ad-hoc-Gruppen aller Hochschulen die studentische Massenorganisation als Organisation der ‚Roten Zellen’ zu diskutieren”. Die ROTZEG spricht sich für die Umwandlung der ad-hoc-Gruppen in Rote Zellen aus. Die ROTZEG propagiert des Weiteren ein Sozialistisches Zentrum in bewusster Abgrenzung gegen die KPD/ML und gegen die ML-Fraktion. Für die ROTZEG gibt es folgende Aufgabenbereiche:

„1. Umwandlung der ad-hoc-Gruppen in Mitgliederorganisationen.
2. Verpflichtung zur Agitations- und Rekrutierungsarbeit unter den studentischen Massen.
3. Aufstellung eines „Gegenstudienplanes“, der die Funktionalisierung wissenschaftlicher Ressourcen für den Klassenkampf sowie die ökonomische Organisation des Studiums der Genossen gewährleisten soll.
4. Diskussion der außeruniversitären Perspektive, die sowohl die Bereitstellung des erlernten Wissens für die außeruniversitären Gruppen garantiert, wie auch die strategische Bedeutung des Kampfes in den durch die spätere Berufspraxis vorgegebenen Überbauinstitutionen klärt.”

Organe der sozialistischen studentischen Massenorganisationen sollen sein: „Vollversammlung aller Mitglieder der Roten Zellen” der „Delegiertenrat” und der „Exekutivausschuss”.

Bekanntgegeben wird die Gründung der „Rotzmat“. Ihre Statuten werden veröffentlicht.

In „Zu den Streiks an der Saar” wird die Rolle der DKP so eingeschätzt: „Die DKP spielte höchstens bei der Vorbereitung von überbetrieblichen Informationen via Flugblatt eine Rolle. Sie war nicht auf den Streik vorbereitet.“ Offenbar hatte „Betriebsprojektgruppe Heidelberg“, die einen Artikel aus den „Roten Kommentaren“ zu dieser „RPK“-Ausgabe beisteuert, Kader im Betrieb, hie: „Neunkirchener Eisenwerke.“ So meint man: „Der Erfolg dieser Agitation beruhte sicher darauf, dass die Kader als Arbeiter agitierten, nicht als Mitglieder einer Partei.“ Es wird sogar von einer „gewissen Politisierung des Streiks“ gesprochen. Und abschließend festgehalten: „Das Bewusstsein, das den Streik motiviert, ist das Bewusstsein der Ausbeutung. Das Bewusstsein, das sich in den Streik explizit artikuliert, ist dessen Übersetzung ins Ökonomische.“

Im Artikel „Zur Frauenemanzipation“ spricht sich der „Aktionsrat zur Befreiung der Frau“ für eine „Politisierung“ desselben aus. Es soll u. a. mit einer Schulung begonnen werden, um „Perspektiven zur Veränderung unserer politischen und privaten Praxis“ zu bekommen. Diese „Analyse schafft zudem erst die Bedingungen für die politische Aktion über den bisherigen Rahmen des Aktionsrates hinaus, z. B. Agitation und Organisation von Arbeiterinnen“.

Die „Erklärung des Bundesvorstandes des SDS zur Delegiertenkonferenz“ macht deutlich, dass er „von der Welle der wilden Streiks vollständig überrascht war und unfähig zu irgendwelcher wirklichen Unterstützung der kämpfenden Arbeiter.“

Berichtet wird auch aus Baden-Württemberg von der Betriebsgruppe Friedrichshafen.

Reklame wird gemacht für:
- Jürgens Buchladen (West-Berlin)
- Buchhandlung Karin Röhrbein (West-Berlin)
- Das Politische Buch (West-Berlin).
Q: Rote Pressekorrespondenz, Nr. 35, West-Berlin, 17.10.1969.

24.10.1969:
Die Nr. 36 der „RPK” erscheint. Inhalt der Ausgabe ist:
- Vietnam, Vietnam
- Proletarierinnen-Zentrum (Proz-ML)
- Rotzmat
- Rosta-Kino.

Im Artikel „Vietnam, Vietnam“ wird auf die Protestbewegung gegen den Vietnamkrieg in den USA am 15. Oktober eingegangen. Der Artikel wird flankiert durch einen „Überblick über die bewaffneten Befreiungsbewegungen in Ostasien (Indonesien, Thailand, Burma)“. Der Wortlaut „des10- Punkte-Programms der FNL vom 8. Mai 1969“ beinhaltet „Prinzipien und grundlegende Inhalte einer globalen Lösung des Südvietnam-Problems“, ein „Beitrag zur Wiederherstellung des Friedens in Vietnam“. Zu Vietnam soll ein Film gezeigt werden. Der Botschafter Südvietnams, Nguyen Duy Lien, soll auf einem Vortragsabend zum Thema „Die Friedensaussichten in Vietnam“ sprechen.

Im Artikel zum „PROLETARIERINNEN ZENTRUM (PROZ-ML)” wird ausgeführt:

„KRITIK UND SELBSTKRITIK DER BISHERIGEN BETRIEBS- UND BASISGRUPPENARBEIT AM BEISPIEL DES BETRIEBS KINDERLADENPROJEKTS UND DER FRAUENBETRIEBSGRUPPE WEDDING.

l. Wie entstand der Gedanke der Frauenbetriebsgruppe und des Betriebskinderladens?

Die Idee zu einer Frauenbetriebsgruppe entstand in einem studentischen Frauenarbeitskreis, der, nachdem er sich eine Zeitlang mit Theorie beschäftigt hatte, merkte, dass darüber keine wirkliche Emanzipation möglich ist, sondern nur in der Praxis. Außerdem fiel in Betriebsgruppen auf, dass hier fast ausnahmslos Männer waren, obwohl in den entsprechenden Betrieben vorwiegend Frauen arbeiteten. Den Grund für die mangelnde Mitarbeit der Arbeiterinnen sahen wir darin, dass die Frauen ein noch geringeres Bewusstsein hätten als die Männer. Dies erklärten wir uns durch die doppelte Unterdrückung der Arbeiterinnen in Familie und Betrieb. Wie konnte den Frauen geholfen werden?

Die gleiche Motivation hatte uns schon vorher zur Gründung der anti-autoritären Kinderläden geführt. Die Studentinnen und Studentengattinnen sollten dadurch freigesetzt werden für diejenige politische Arbeit, für die bislang nur ihre Männer Muße hatten. Die zeitraubende Aufzucht der Kinder sollte jetzt kollektiv und arbeitsteilig gemeistert werden. Die Debatten über anti-autoritäre Kindererziehung verschlangen jedoch die freigesetzte Zeit und darüber hinaus. Die Lösung der Probleme der Kindererziehung und der sexuellen Über-Kreuz-Beziehungen der Eltern erschien uns als ein unabdingbarer Schritt zur Revolution. Den allein richtigen und notwendigen Schritt zur Revolution, das Hauptziel, nämlich die Organisierung des Proletariats, verloren wir aus den Augen.

2. Welchen Gewinn haben wir aus unseren Erfahrungen mit den anti-autoritären Kinderläden für die Betriebsarbeit gezogen?

Wir glaubten, dass in den Genuss der antiautoritären Kinderläden, auch die Arbeiter kommen müssen. Wir meinten, dass es sehr schwierig sein würde, das Modell der antiautoritären Kinderläden auf die Arbeiterkinder zu übertragen, weil die Arbeiter ihre Kinder viel repressiver erzögen als wir vor Gründung der antiautoritären Kinderläden unsere eigenen Kinder erzogen hatten. Diese Schwierigkeiten der Übertragung würden, so meinten wir, geringer werden, wenn wir die antiautoritären Kinderläden mit den Betriebsgruppen verknüpften. Wir dachten, die Arbeiter könnten besonders gut anhand der Probleme antiautoritärer Erziehung über ihre eigene Unterdrückung im Betrieb aufgeklärt werden: Eine kollektive Kindererziehung kann nur dann erfolgreich sein, wenn die Eltern ihren bisherigen Erziehungsstil problematisiert haben. Das kann nur der Fall sein, wenn sie den Zusammenhang zwischen der Unterdrückung am Arbeitsplatz und repressivem Klima in der Familie erkennen (Kinderladen-Info 7).

Was folgt daraus für die Arbeiterinnen: Wir meinten, dass das Bewusstsein der Arbeiterklasse da am wenigsten ausgeprägt sei, wo die Unterdrückung am stärksten sei, nämlich bei den Arbeiterinnen. Deshalb meinten wir, uns speziell um Frauen kümmern zu müssen und innerhalb von Frauenbetriebsgruppen ihnen ihre Unmündigkeit bewusst zu machen. (BG-Info 5) Wir glaubten mit einem Vehikel - dem Betriebskinderladen - in Frauenbetriebsgruppen bei den Arbeiterinnen Einsicht in ihre eigene Unterdrückung erst schaffen zu müssen. Wir forderten also von Telefunken einen Betriebskindergarten und versuchten, über diese Forderung Arbeiterinnen für die Mitarbeit in der Frauenbetriebsgruppe zu gewinnen. Der Entwicklung des Projekts eines Betriebskinderladens in der Basisgruppe Wedding war bei Telefunken eine betriebliche Unterschriftensammlung zur Forderung eines Betriebskindergartens vorausgegangen. Die Aktion wurde durchgeführt von der Betriebsgruppe Telefunken in Verbindung mit einem linken Betriebsrat. Diese Forderung als taktischer Schritt war zweideutig. Einerseits sollte sie zur Organisierung der Arbeiterinnen als Sozialistinnen in Frauenbetriebsgruppen dienen, andererseits wäre die Erfüllung dieser Forderung nicht im Interesse der Arbeiterklasse, weil der Kapitalismus langfristig an Betriebskindergärten interessiert sein kann, um die Unterdrückung der Arbeiterklasse zu verschärfen.

Warum ist der Kapitalismus an Betriebskindergärten interessiert? Ein Betriebskindergarten bedeutet erstens Freisetzung von mehr Frauen für die Arbeit in der Produktion. Zweitens bietet er dem Kapitalisten die Möglichkeit, bei gespannter Lage des Arbeitsmarktes die Frauen an den Betrieb zu binden. Drittens kann der Kapitalist so auch noch die Kindererziehung bestimmen. Telefunken hat unsere Forderung jedoch inzwischen abgelehnt. Die Kapitalisten insgesamt haben im Augenblick Interesse daran, Sozialleistungen auf den Staat abzuwälzen und damit den Reallohn des Arbeiters zu senken, weil der Arbeiter dadurch die Sozialleistungen über die Steuern im Endeffekt selbst bezahlen muss. Im Moment ist die Reserve an Frauen (und an Gastarbeitern) noch hoch genug, die Lage auf dem Arbeitsmarkt noch nicht gespannt, und also kann Telefunken es sich noch leisten, keinen betriebseigenen Kindergarten zu haben.

Als sich abzeichnete, dass unsere Forderung nicht erfüllt werden würde, entwickelte sich in der Basisgruppe eine Diskussion über den Nutzen eines von der Basisgruppe betriebenen Betriebskinderladens. Wir sahen die Möglichkeit, durch Aufgreifen eines Bedürfnisses der Arbeiterinnen (Kindererziehung) an sie ‚heranzukommen‘. Über die Arbeit an den Grundlagen der Kindererziehung sollten sie auf den Grundwiderspruch hingeführt und politisiert werden. Eine Genossin - Angestellte bei Telefunken - berichtete von mehreren Arbeitskolleginnen, die ein starkes Unbehagen an den Erziehungsmethoden der staatlichen Kindergärten geäußert hätten. Dies bestärkte unsere Vorstellung von der Richtigkeit unseres Konzepts. Dadurch, dass wir den Arbeiterinnen einen Betriebskinderladen schenkten, wollten wir die Arbeiterinnen an die Betriebsgruppe als einzig mögliche Organisationsform binden, ohne zu überprüfen, ob Betriebsgruppen die richtige und einzige proletarische Organisationsform sein können.

3. Was haben wir für Fehler gemacht?

Schrittweise hatten wir also unser Ziel vergessen. Unser beschränktes Ziel war gewesen, Arbeiterinnen in Frauenbetriebsgruppen zu organisieren. Wie suchten wir das zu ereichen? 1. durch Propagierung eines Betriebskindergartens und spätere Politisierung der Frauen über Erziehungsprobleme. 2. Mobilisierung der Frauen zur Durchsetzung von l. Über die Forderung des Betriebskindergartens, über die Schaffung eines Betriebskindergartenkonflikts in Betriebsversammlungen.

Wo die Taktik von keiner Strategie kontrolliert wird, kann sie immer nur wieder Taktik hervorbringen. - Dies gipfelt in folgendem: ‚Die Arbeit mit den Kindern dient in erster Linie dazu, parallel zur Betriebsorganisation an die Eltern auch im Reproduktionsbereich heranzukommen. Dabei kann uns das starke Interesse der Eltern an einer besseren Zukunft der Kinder behilflich sein.’ (KL-Info 7) - Wenn also aus Taktik nur Taktik entsteht, wird Taktik schließlich naturwüchsig zum Inhalt der Politik. Diese ‚Politik der Taktik aus der Taktik’ konnte nur entstehen, weil versteckte Motive, die aus der Klassenlage der Studenten resultierten, immer wieder hervorbrachen und zum eigentlichen Ziel wurden: Auch für die Studentinnen ist es wichtig, sich mit Arbeiterinnen auseinanderzusetzen, weil sie (die Studentinnen) die Unterdrückung zwar verschleiert, aber doch ähnlich erfahren und weil sie dadurch (durch die Auseinandersetzung mit den Arbeiterinnen) sich emanzipieren und lernen, selbständig politische Arbeit zu leisten (BG-Info 5)

4. Wie ist diese opportunistische Politik zu erklären?

Wir gingen von falschen Vermutungen über die Bewusstseinslage des Proletariats aus. Wir hatten die marxistisch-leninistische Theorie der Klassengesellschaft, ohne sie angeeignet zu haben, ersatzlos verworfen und aus den Erfahrungen der Geschichte der Arbeiterbewegung keine Konsequenzen gezogen. Spätestens nach dem ersten Versuch einer Analyse über die Lage der Arbeiterinnen (s. RPK Nr. 21) hätten wir unsere Anstrengungen für die Organisierung der Proletarierinnen verstärken müssen. Denn das Ergebnis der Analyse war, dass die Arbeiterinnen sich sehr wohl ihrer doppelten Unterdrückung bewusst sind, jedoch resignieren, weil sie mit Recht sich nicht vorstellen können, wie ihre Lage durch eine Politik der Taktik sich entscheidend verändern sollte. (Bei der jetzt stattfindenden Schulung am Kommunistischen Manifest sagte die Genossin M., BG Wedding: ‚Es war mir nie glaubwürdig, wie das alles, was wir machten, zur Revolution führen soll‘).

5. Was hat uns davon abgehalten, die notwendigen Konsequenzen zu ziehen?

Letztlich erklärbar ist das nur aus unserer Vorgeschichte als Kleinbürger. Wir hatten an der Universität gemerkt, dass Studenten allein die Revolution doch nicht machen können. Obwohl wir wussten, dass das Proletariat allein die Avantgarde der Revolution sein kann, gingen wir praktisch so vor, als wären wir auf der Suche nach einem geeigneten Bündnispartner. Da wir davon ausgingen, dass der Spätkapitalismus alle manipuliere, war es für uns so schwierig, das Proletariat zu entdecken. Nachdem wir uns entschlossen hatten, anzunehmen, dass es ein Proletariat zwar gibt, aber ein manipuliertes, musste unsere Aufgabe sein, ‚die Macht der Manipulateure’ zu brechen. Wir glaubten, das Klassenbewusstsein des Proletariats wieder zum Leben erwecken zu müssen durch Aufklärung . Was wussten wir aber über die Lage der Arbeiter unterm Kapitalismus, dass wir sie hätten aufklären können? Nichts. Deshalb nutzten wir zufällige persönliche Bekanntschaften mit Arbeitern, knüpften neue, sammelten einige der Arbeiter in den ersten Basisgruppen und versuchten, auf Flugblättern unser ‚Wissen’ in ihre ‚manipulierte’ Sprache zu übersetzen. Wir wollten die Arbeiter für unsere Revolte gegen die Konsumgesellschaft und ihren Polizeiterror modeln.

6. Was ist die Rolle der Intellektuellen als Revolutionäre?

Es werden durch den Fortschritt der Industrie ganze Bestandteile der herrschenden Klasse ins Proletariat hinabgeworfen oder wenigstens in ihren Lebensbedingungen bedroht. Ein Teil der Bourgeoisie geht zum Proletariat über und namentlich ein Teil der Bourgeoisideologen, welche zum theoretischen Verständnis der ganzen geschichtlichen Bewegung sich hinaufgearbeitet haben. (Marx-Engels: Kommunistisches Manifest).

Diese objektiven Bedingungen der Proletarisierung der intellektuellen Lohnarbeiter genügen nicht, um die Intellektuellen ihre Aufgaben innerhalb jeder revolutionären Phase erkennen zu lassen. Wir müssen unsere kleinbürgerliche Verachtung des Proletariats und unseren intellektuellen Hochmut kritisieren und zerstören. Das Proletariat ist nicht unser Gehilfe auf dem Weg zur Revolution. Die Diktatur des Proletariats ist nicht die Diktatur der Intellektuellen über das Proletariat. Wenn wir revolutionäre Intellektuelle sein wollen, müssen wir dem Proletariat dienen.

Was heißt das?

Die Intellektuellen haben im noch nicht entfalteten Klassenkampf die Aufgabe, sich mit Hilfe der Arbeiterklasse umzuerziehen und sich gemeinsam mit den Proletariern die Theorie und Praxis der Marxismus-Leninismus und der Mao-Tse-Tung-Ideen anzueignen, um daraus Lehren für die Führung des Kampfes zu ziehen. Die Intellektuellen haben die Aufgabe, ihre Produktivkraft den Interessen des Kapitals zu entziehen und sie dem Proletariat dienstbar zu machen, d. h. sie müssen ihr Wissen und ihre Fähigkeiten in der dem Klassenkampf angemessenen Form vergesellschaften. Sie müssen die Theorie des Proletariats Vermassen durch die Schulung. Durch Schulung wird die Theorie Bestandteil, später Waffe im Klassenkampf, indem sie die ideologische Grundlage für die Organisierung des Proletariats zur Klasse schafft, indem sie der Arbeiterklasse ihre geschichtliche Aufgabe bewusst macht, indem sie schließlich die Arbeiterklasse in die Lage versetzt, in allen Bereichen der geschichtlichen Entwicklung die Führung zu übernehmen.

II. WARUM MÜSSEN WIR DIE PROLETARIERINNEN ORGANISIEREN?,

Weil es der nächste Zweck der Kommunisten ist, das Proletariat zur Klasse zu bilden (s. Kommunistisches Manifest, 58).

Aus dem Verhältnis von Lohnarbeit und Kapital ergibt sich die Konkurrenz der Arbeiter untereinander. Die Folge davon ist die Spaltung des Proletariats in miteinander konkurrierende Parteiungen. Diese Parteiungen sind: Arbeiter und Arbeitslose, Lehrlinge und der übrige Teil des arbeitenden Proletariats, Facharbeiter und Hilfsarbeiter (Lehrlinge), Arbeiterinnen und Arbeiter, ausländische Arbeiter und deutsche Arbeiter, nicht arbeitende Proletarierinnen und Arbeiterinnen, qualifizierte und dequalifizierte Arbeiter und Arbeiterinnen, Arbeitskinder und erwachsene Proletarier und Proletarierinnen. Diese Parteiungen verhalten sich in unterschiedlichen Graden widersprüchlich zueinander. Die Kommunisten müssen das Proletariat zur einheitlichen Klasse zusammenschweißen, d. h. das Proletariat dazu führen, in kämpferischer Solidarität die Konkurrenz zwischen den Parteiungen des Proletariats zu überwinden. Verschiedene Parteiungen des Proletariats sind bereits geeint: in der Familie. Die Familie eint das Proletariat im Interesse der Stabilisierung der Konkurrenz. Die Familie bietet dem Kapitalisten die Möglichkeit, seinen Profit zu maximieren. Der Lohn des Arbeiters kann gesenkt werden mit der Folge, dass weitere Mitglieder der Reproduktionsgemeinschaft Familie sich verkaufen müssen. Damit gerät der Arbeiter in Konkurrenz zur Arbeiterin, die für einen geringeren Lohn als er arbeiten muss, damit gerät die Arbeiterin in Konkurrenz zur proletarischen Hausfrau. Sind die Arbeiterinnen Lohndrückerinnen für die Arbeiter, so sind die Ehefrauen der Arbeiter Lohndrückerinnen für die Arbeiterinnen.

Die ursprüngliche Funktion der Familie als Produktionsgemeinschaft (z. B. die bäuerliche und handwerkliche Produktionsgemeinschaft) ist zerstört. Die Familie als Reproduktionsgemeinschaft, d. h. die einzige Funktion, die die Familie für das Proletariat je hatte, kann im Kapitalismus nicht aufgelöst werden. Der Kapitalismus braucht die Familie als materielle Interessengemeinschaft. Er sichert sie ab z. B. durch ein Rechts-, Versicherungs-, Steuer- und Krankenkassenwesen, das es dem Proletariat unmöglich macht, unter kapitalistischen Produktionsverhältnissen die Familie aufzuheben. Die Familienideologie kann ihre Wirkung auf das Proletariat tun, weil der Kapitalismus interessiert daran ist, proletarische Familien zu erhalten, in denen nicht alle Mitglieder in den Produktionsprozess eingegliedert sind. Wenn die Proletarierin nicht arbeitet, besteht zwischen ihr und dem Arbeiter eine vom Kapitalismus als naturwüchsig interpretierte Arbeitsteilung. Diese Interpretation hilft die tatsächlich durch den ökonomischen Zwang zur Familie aufrechterhaltene Konkurrenzsituation zu verschleiern. Warum ist der Kapitalismus daran interessiert, solche kleinbürgerlichen proletarischen Familien aufrechtzuerhalten? Weil die proletarischen Hausfrauen ein Teil der industriellen Reservearmee sind.

Es kommt darauf an, dass die Arbeiterinnen, die proletarischer Hausfrauen und die Arbeiter erkennen, dass es nur ein Interesse des ganzen Proletariats geben kann: den Kampf gegen den Kapitalismus gemeinsam aufzunehmen.

III. WIE KÖNNEN WIR DIE PROLETARIERINNEN ORGANISIEREN -UND WO ?

Überall dort, wo die Proletarierinnen sind, muss unsere Agitation und Propaganda sie erreichen. Durch Agitation und Propaganda muss bei den Proletarierinnen die Motivation zur Schulung und Organisierung erzeugt werden. Mit der Schulung beginnt die Organisierung.

Unsere Agitation und Propaganda setzt unsere eigene Schulung voraus. Unsere Schulung muss organisiert beginnen. Dieser dialektische Dreischritt von Agitation und Propaganda, Schulung und Organisierung ist nur zentralisiert möglich. Der Prozess der Zentralisierung unserer politischen Arbeit ist sein Hauptmoment.

l. AGITATION UND PROPAGANDA

Wir haben bei unserer Agitation vor allem in den Betrieben die Erfahrung gemacht, dass wir nicht notwendig die politisch bewußtesten Arbeiter und Arbeiterinnen erreichten, sondern in jedem Fall die kontaktfreudigsten. Wir haben diese Arbeiter und Arbeiterinnen in unsere Betriebsgruppen mitgenommen und vielfach ein freundschaftliches Verhältnis zu ihnen gewonnen. Das positive Moment der individuellen Agitation ist zugleich sein gefährliches. Positiv und unabdingbar ist, dass in der individuellen Agitation ein Stück der Entfremdung zwischen den Arbeitern aufgebrochen wird. Das Mindestmaß an Vertrauen, das Grundlage der gemeinsamen politischen Arbeit ist, kann nur so hergestellt werden. Solange aber die Betriebsgruppen isoliert voneinander bestehen oder nicht mehr als Informationsaustausch zwischen ihnen betrieben wird und solange der politische Inhalt der individuellen Agitation diffus oder nicht kontrollierbar ist, solange droht das, was in der individuellen Überzeugungsarbeit als Grundlage der politischen Arbeit erzeugt wird, zum Hauptgegenstand der Betriebsgruppenarbeit zu werden. Das Betriebsgruppenleben, das dann entsteht, ist gegengesellschaftlich, fällt der illusionären Freiraumpraxis anheim. Voraussetzung für unsere richtige politische Arbeit ist deshalb, dass sie zentralisiert, und das heißt kontrolliert geschieht.

Aber genügt es, dass unsere Betriebskader durch einheitliche Schulung und durch Kontrolle ihrer Arbeit zu besseren Agitatoren werden? Nein. Die Agitatoren in den Betrieben müssen durch Propaganda von außen unterstützt werden. Haben wir eine solche Propaganda bisher schon betrieben? Nein. Wir haben Flugblätter gemacht und Betriebszeitungen. Unsere Flugblätter und Betriebszeitungen waren Herbstblätter im Winde und keine Samenkörner, denn sie waren ungeplant, reaktiv und geschichtslos. Unsere Flugblätter und Betriebszeitungen waren nicht offen und nicht offensiv, sie haben keine Lernprozesse initiieren können. Unsere Flugblätter und Betriebszeitungen waren keine zentral organisierte Vermassung eines einheitlichen politischen Inhalts. Deshalb waren sie keine Propaganda.

Von Beginn unserer Arbeit an müssen Agitation und Propaganda einander ergänzen. Denn Agitation allein hat einen zu hohen Grad an Zufälligkeit und Individualität. In der ersten Etappe unserer Arbeit wird die Agitation noch Schwerpunkt haben müssen und die Propaganda wenige erreichen. Gerade diese wenigen, die durch die Propaganda und nicht in erster Linie durch die Agitation erreicht werden, werden wichtig sein am Anfang, da sie ein relativ hohes Maß an Entschlossenheit und den Willen, nicht mehr allein, sondern organisiert zu kämpfen, schon mitbringen. Bei ihnen wird die Motivation zur Schulung am stärksten sein.

Wo werden wir agitieren?

Überall dort, wo das Proletariat ist: in den Betrieben, in den Wohnvierteln, in den Kneipen, auf den Spiel- und Sportplätzen, in den Krankenhäusern.

Propaganda werden wir machen in einem Massenblatt, in Kinoveranstaltungen und auf proletarischen Kongressen. Was muss der Inhalt unserer Agitation und Propaganda sein? Wir müssen bei der Beantwortung dieser Frage eine unserer wesentlichsten Erfahrungen aus der Betriebsgruppenarbeit berücksichtigen: es geht nicht darum, den Arbeitern und Arbeiterinnen ihre beschissene Situation in Agitation und Propaganda noch einmal plastisch zu verdeutlichen. Wir können davon ausgehen, dass die Proletarier ihre Situation besser kennen als wir. Aufgabe, unserer Agitation und Propaganda ist es, den Kampf des Proletariats zu unterstützen. Was heißt das? Es kann nicht heißen, dass wir die Arbeiter dadurch für ihre Arbeitskämpfe stählen, indem wir sie vorrangig mit Details von Konzernstrategien bekannt machen, indem wir vorrangig die Einzelheiten der Unterdrückungsmaschinerie aufdecken. Beschränken wir unsere Agitation und Propaganda dem Inhalt nach auf Informationen über die Taktik des Kapitals, dann unterstützen wir die Arbeitskämpfe nicht wirklich, sondern machen sie lediglich überschaubarer.

Aufgabe unserer Agitation und Propaganda muss es sein, vorrangig den Trade-Unionismus zu durchbrechen. Denn ‚Trade-Unionismus bedeutet … ideologische Versklavung der Arbeiter durch die Bourgeoisie’. Das politische Klassenbewusstsein kann den Arbeitern nur von außen gebracht werden, d. h. aus einem Bereich außerhalb des ökonomischen Kampfes, außerhalb der Sphäre der Beziehungen zwischen Arbeitern und Unternehmern. Das Gebiet, aus dem dieses Wissen geschöpft werden kann, sind die Beziehungen aller Klassen und Schichten zum Staat und zur Regierung, sind die Wechselbeziehungen zwischen sämtlichen Klassen (Lenin, Was tun).

Inhalt unserer Agitation und Propaganda muss die ideologische Erziehung des Proletariats zur Klasse sein. Das Proletariat wird Klasse für sich nur werden können, wenn es lernt, mit den Wechselbeziehungen zwischen sämtlichen Klassen so umzugehen, dass sie seinem Kampf dienen. Sein Kampf aber zielt nicht ab auf einen Putsch im ökonomischen Bereich, erschöpft sich also nicht in Fabrikbesetzungen, sondern steuert hin auf die Umwälzung der ganzen Gesellschaft. Deshalb muss Inhalt unserer Agitation und Propaganda außerdem sein: ideologische Erziehung der Arbeiterklasse zum Sozialismus.

Was heißt das konkret?

Die Agitation und Propaganda unterstützt die Aufhebung der Konkurrenz zwischen den Parteiungen des Proletariats. Ihr Inhalt beantwortet immer wieder die Frage ‘wie wächst das Proletariat zur kämpferischen Klasse zusammen?’ durch Beispiele des solidarischen Kampfes von Proletariern und Proletarierinnen. Wir propagieren die Übernahme von Parolen der Arbeiterinnen und Jungarbeiter (z. B. Forderung nach 500 DM Lehrlingsgehalt) durch das gesamte Proletariat. Wir beschreiben und propagieren den Zusammenhang z. B. zwischen dem Kindergärtnerinnen-Streik und dem BVG-Streik in Berlin. Wir propagieren den proletarischen Internationalismus: der glorreiche Kampf der Chinesinnen, Vietnamesinnen, Palästinenserinnen, Black Pantherinnen wird die Proletarierinnen ermutigen, ihrem Beispiel zu folgen.

2. SCHULUNG

Die Grundschulung, zu der wir in unserer Agitation und Propaganda die Proletarierinnen motivieren wollen, wird der erste Schritt zu ihrer Organisierung sein. Warum? Weil sie dieselbe sein muss für alle Parteiungen des Proletariats. Sie muss einheitlich sein und zentral organisiert. Die Grundschulung wird durchgeführt an klassischen Texten, die von Marx über Lenin bis Mao eine einheitliche politische Linie aufweisen. Es geht darum, die Prinzipien dieser Linie sich anzueignen, sie zu instrumentalisieren für den Kampf des deutschen Proletariats. Nur auf diese Weise wird das Proletariat die seinem Kampf angemessene, aus ihm entwickelte und ihn weitertreibende Theorie als eine seiner Waffen bilden können. Welches sind die Prinzipien, die bei der Aufarbeitung der Kampferfahrungen dem deutschen Proletariat als Kriterien dienen können?

Erstes Prinzip:

Der Grundwiderspruch des Kapitalismus als die grundlegende proletarische Erkenntnis.

Zweites Prinzip:

Die Diktatur des Proletariats muss mit der Zerschlagung des bürgerlichen Staates errichtet werden. Was sind die Methode zu ihrer Sicherung und Entwicklung?

Drittes Prinzip:

Das dialektische Denken als Methode des proletarischen Kampfes und die Selbsterziehung der Massen zum sozialistischen Klassenbewusstsein.

Viertes Prinzip:

Kampf dem Revisionismus als Prüfstein der ersten drei Prinzipien. In der Aufbauschulung wird von den Kadern das erarbeitet werden, was Inhalt der Agitation und Propaganda sein wird. Es wird geleistet werden müssen eine kommunistische Kritik an den revisionistischen Parteien; zweitens das Studium der Geschichte der Arbeiterbewegung, um aus ihren Fehlern und aus ihren Siegen zu lernen; drittens das Studium der Geschichte der Organisierung der Proletarierinnen, die Analyse des internationalen glorreichen Kampfes der Frauen der unterdrückten Völker, das Studium der matriarchalischen Gesellschaft.

Einige der Proletarierinnen, die sich schulen werden, werden zur Unterbringung ihrer Kinder einen Kindergarten brauchen. Dieser Kindergarten wird Beginn einer Kinderorganisation sein, mit deren Aufbau aber nicht die Proletarierinnen primär betraut werden. Dieser Kindergarten wird nicht betriebsspezifisch sein, sondern mitten im Wedding liegen. Er wird ein Kinderhaus sein und eine Vielfalt von Organisierungen der Kinder in weiteren Kinderhäusern, Schülerläden usw. nach sich ziehen. Auf den Aufbau dieser proletarischen Kinderorganisation bereiten wir uns vor.

3. ORGANISIERUNG

Zentrale Organisierung kann nicht heißen Koordination der bestehenden arbeitenden Gruppen. Zentrale Organisierung heißt die Anstrengung auf sich zu nehmen, eine kampffähige und ideologisch gefestigte proletarische Organisation in allen proletarischen Bereichen zu bilden.

Im Augenblick ist eine Gruppe von Arbeiterinnen, Arbeitern, Hausfrauen, Studenten und Studentinnen dabei, sich auf die zur Erfüllung dieses Programms notwendigen Aufgaben vorzubereiten. Die Selbstschulung dieser Gruppe umfasst das hier beschriebene von ihr entwickelte Grundschulungs- und Aufbauschulungsprogramm. Oberstes Prinzip dieser Selbstschulungsarbeit ist ‚von den Massen lernen’.

Die Aufgaben, die von daher der Gruppe sich stellen, sind:

1. um Marxisten-Leninisten erst werden zu können, Erarbeitung einer Kritik und Selbstkritik der bisher von ihr betriebenen Praxis in den Betriebsgruppen, Frauengruppen und Kinderläden.

2. Hand in Hand damit die Entwicklung und Konkretisierung des hier vorgelegten Programms, d. h. vor allem Vorbereitung der Agitation und des für uns völlig neuen Arbeitsfeldes der Propaganda. Das Prinzip ‚von den Massen lernen, in die Massen tragen, aus den Massen schöpfen’ kommt in dieser ersten Etappe unserer Arbeit so zur Anwendung, dass wir überall dort, wo die Proletarierinnen sind, also auch in den Betrieben, kontrollierte Agitation betreiben nicht zum Zwecke einer Massenorganisierung zu diesem Zeitpunkt bereits, sondern um Analysen und Erfahrungen in der richtigen Argumentation machen zu können, auf denen unsere Propaganda dann aufbauen wird.

3. Sammlung und politische Zentralisierung aller Kräfte, die jetzt schon in der Richtung unseres Programms arbeiten, und zwar auf regionaler und nationaler Ebene.”

Die „Rotzmat“ geht in dieser Ausgabe u. a. auch die „Organisationsfrage“ ein. Dabei geht man davon aus, „dass wir als Intellektuelle nur dann die Möglichkeit einer sozialistischen Praxis haben werden, wenn diese sich bestimmt von den Erfordernissen des sozialistischen Kampfes an der Basis, d. h. des Klassenkampfes im Produktionsbereich“ leiten lässt. Die Mitglieder der „Roten Zellen“ müssten sich „am Grundwiderspruch zwischen Lohnarbeit und Kapital orientieren“. Der „revolutionäre Kampf gegen den Kapitalismus muss an allen Fronten geführt werden, speziell von uns im Produktionsbereich und im Ausbildungsbereich“. „Außeruniversitäre Praxis“ müsse nicht heißen „Aufgabe des Studiums“, sondern „Ausnutzung der Privilegien für den Klassenkampf“.

Bekannt gegeben wird die Gründung des „ROSTA-Kino“ durch das „Sekretariat der Sozialistischen Filmkooperative“. Gezeigt werden soll am 31. Oktober: „Lenin in Polen“ und der „Lebendige Lenin.“

Reklame wird gemacht für:
- Jürgens Buchladen (West-Berlin)
- Buchhandlung Jürgen Hahn (Bochum)
- Buchhandlung Ingeborg Becker (Hannover)
- Kunst- und Bücherscheune Gustorff-Franksen (Bochum).
Q: Rote Pressekorrespondenz, Nr. 36, West-Berlin, 24.10.1969.

25.10.1969:
Vermutlich um den 25.10. herum erscheint eine Ausgabe der RPK mit der Schlagzeile: "Ein Sieg der Linken!" Dazu heißt es: "Der Konterrevolution einen kräftigen Schlag versetzt. Komplizenschaft zwischen Berliner Senat und südvietnamesischer Marionettenregierung gründlich gestört!" Ein geplantes Treffen zwischen Saigon und dem Berliner Senat findet nicht statt. Erklärt wird auch, dass das "Risiko zu groß war". Aufgerufen wird zu einem Teach-in am 30.10. im Audimax und zu einer Vietnamdemonstration am 15.11. in West-Berlin unter der Parole: "Alles für den Sieg, den großen Sieg!".
Weitere Parolen sind:
- "Sieg im Volkskrieg!"
- "Nieder mit dem US- Imperialismus, dem Revisionismus und den reaktionären aller Länder!"
- "Nieder mit dem US- Imperialismus, dem westdeutschen Imperialismus! und dem japanischen Imperialismus!"
Quelle: Rote Presse Korrespondenz der Studenten-, Schüler- und Arbeiterbewegung, West-Berlin, o. J. (25. Oktober 1969).

31.10.1969:
Die Nr. 37 der „RPK” erscheint. Inhalt der Ausgabe ist:
- Ein Sieg der Linken
- Wahl zum Universitätskonzil (Position von Volkholz/Rabehl, ML, „Rotzeg” und „Rotzmat“)
- Wahlaufruf
- Wahlen zum Präkonzil. Scheinalternaiven und Cliquenwesen (persönliche Stellungnahmen von Gäng, Kröger, Makowski
- Währungspolitik. Stellungnahme des Beirats.

Im Artikel „Ein Sieg der Linken“ wird zu einer Vietnamdemonstration für den 15.11. aufgerufen. Die Hauptparole lautet: „Alles für den Sieg, den großen Sieg!“ Zudem: „Sieg im Volkskrieg!“ „Es lebe der Sieg der vietnamesischen Revolution!“, „Nieder mit dem US-Imperialismus, dem Revisionismus und den Reaktionären aller Länder!“, „Nieder mit dem westdeutschen Imperialismus!“, „Nieder mit dem US-Imperialismus!“, „Proletarier aller unterdrückten Nationen und unterjochten Nationen der Welt, vereinigt Euch!“, „Nieder mit dem Revisionismus und den Reaktionären aller Länder!“.

Im Artikel, oder besser, in der Artikelserie zur „Wahl zum Universitätskonzil“ positionieren sich Volkholz/Rabehl, die ML, „Rotzeg und „Rotzmat“. Dazu wird der „Wahlaufruf“ veröffentlicht, der von der „Sektion der Soziologen“, der „ad-hoc-Gruppe Historiker“, der „ad-hoc Gruppe Psychologie“ und dem „Studentenrat Philosophisches Seminar“ unterzeichnet ist.

Peter Gäng, Hannah Kröger und Rainer Maikowski argumentieren aus ihrer persönlichen Sicht über die Wahlen. Sie wollen versuchen, „in der Mitarbeit in der Roten Zelle Sozialwissenschaft … unsere Cliquenpolitik praktisch zu korrigieren“.

Dazu wird in der Ausgabe eine Anzeige des „Rosta-Kinos“ veröffentlicht. Anzeigen gibt es für:
- Bahnhofsbuchhandlung Gerhard Ludwig (Köln)
- Buchhandlung Ingeborg Becker (Hannover)
- Kunst und Bücherscheune Gustorff - Franksen (Bochum)
- den Trikont Verlag und einer Broschüre zu den „Black Panther.“
Q: Rote Pressekorrespondenz, Nr. 37, West-Berlin, 31.10.1969.

07.11.1969:
Die Nr. 38 der „RPK” erscheint. Inhalt der Ausgabe ist:
- Der Polizeimord an Carlos Marighella
- Zur Regierungserklärung
- Prozess gegen Horst Mahler
- Streik der Mediziner
- Selbstorganisation an der Abendoberschule
- Der Imperialismus und der Nahost-Konflikt.

Der Artikel „Der Polizeimord an Carlos Marighella“ erklärt zunächst, dass die „brasilianische Polizei unmittelbar ausführendes Organ der pentagonabhängigen Militärkaste ist, die seit 1964 das brasilianische Volk durch ein System lückenlosen Terrors zynisch und brutal unterdrückt“. Der Tod Marighellas bedeute, „ein Schlag, den die bewaffnete Konterrevolution gegen die brasilianische Befreiungsfront landen konnte. In der ganzen Welt würden „echte oder scheinbare sozialistische Führer ermordet, angeschossen oder überfallen: Che Guevara, Malcom X, Lumumba, Rudi Dutschke, Bobby Seal stehen für viele weniger bekannte”. Der Mordanschlag an Marighella „soll denjenigen gegenüber Stärke demonstrieren, denen gegenüber das Regime letzten Endes schwach ist, den Volksmassen und den bewaffneten revolutionären Streitkräften“. Die Herrschenden griffen deshalb zu diesem Mittel, weil „in Brasilien der militante Klassenkampf entfaltet ist“, weil die „brasilianische ALN unter schwierigen Umständen begonnen hat, der Militärdiktatur ernsthaften Widerstand zu leisten“.

Mit den brasilianischen Genossen haben auch die Deutschen „einen gemeinsamen Feind, das BRD-Kapital“ und einen weiteren, „den US-Imperialismus“. Der US-Imperialismus werde in Brasilien, „auf dem lateinamerikanischen Kontinent, die ihre zweite Niederlage nach Vietnam“ einstecken müssen. Das würde helfen, „das Ende ihrer neokolonialistischen Herrschaft in der BRD zu beschleunigen und daher ein echter Schritt zu unserer Befreiung sein“. „Die Ermordung unseres Genossen Carlos Marighella hat der unmittelbaren Anlass zu sein, die internationalen Verflechtungen der Monopole offen zu legen, daraus Resultate für unseren eigenen Kampf zu gewinnen. Solidarität mit unseren brasilianischen Genossen! Es lebe der Sieg im Volkskrieg.“

Im Artikel „Der Imperialismus und der Nahost-Konflikt“ wird ein Referat des „Palästina-Komitees“ veröffentlicht, das sich primär mit der ökonomischen Entwicklung und der imperialistischen Interessen der arabischen Gebiete beschäftigt.

Die ersten Prozesstermine zum Prozess gegen Horst Mahler werden veröffentlicht. Man habe versucht, gegen die Linke und „gegen Horst Mahler, als sogenannten Rädelsführer und Verteidiger“ ein „Berufsverbot zu erwirken“. Die Antwort darauf sei die „Schlacht am Tegeler Weg“ gewesen. Der Prozess gegen Mahler, der in der „ersten Instanz gewonnen“ wurde, werde jetzt fortgesetzt. Die Anklagepunkte lauteten: „Landfriedensbruch und Rädelsführerschaft“. Die Organisation der „Rote Hilfe“ werde sich als „politisch verbindlich organisierte Gruppe“ zu den Prozessterminen äußern.

Dazu wird noch über den „Streik der Mediziner“ referiert, wobei der wichtigste Abschnitt der über die „unterschiedliche Taktik der Linken“ ist. „Im Gegensatz zur ML-Fraktion schlug unsere Gruppe vor, die Aktionseinheit der Professoren zu zerschlagen, indem wir … unmittelbaren Druck auf sie ausübten, um damit den studentischen Forderungen größeren Nachdruck zu verleihen.“ Die ML habe sich „nach der Stimmung der Massen gerichtet und ihr apolitisches Verständnis über die Funktion solcher Gremien indirekt unterstützt. Für uns zeigt das Vorgehen der ML-Fraktion die Gefahr auf, die in diesem Kampf steckt: nämlich das Taktieren mit den Massen und nicht das Vorwärtstreiben des Bewusstseins bei den Massen“. Gefordert wird, „dass ab sofort die Klausuren an der Medizinischen Fakultät abgeschafft werden sollten“.

Der Artikel „Über die Selbstorganisation an der Abendoberschule“ ist von der „ad-hoc-Gruppe Silbermann“. „Der neuerliche Versuch, die verschiedenen Gruppen der linken Opposition in einer Massenorganisation zusammenzufassen, hat die ad-hoc-Gruppe Silbermann veranlasst, ihre mögliche Funktion innerhalb der Massenorganisation zu überdenken.“ Sie geht von den „beiden Schwerpunkten der linken Bewegung (Universität und Betrieb)“ aus und sieht sich „als ein Bindeglied zwischen diesen Bereichen“. Dann wird über die „Funktion der Erwachsenenbildung im Spätkapitalismus am Beispiel der Silbermannschule“ referiert, über die „Entwicklung der Konflikte-Entstehung der ad-hoc Gruppe“ und über die „Ergebnisse“ eines „Wochenseminars“ berichtet.

Eine Anzeige wird für das „Sozialistische Informationszentrum München“ geschaltet. Es hat sich am 18.10.1969 konstituiert, das sog. „SIZ“ im AStA der Ludwig-Maximillian-Universität. Im „SIZ“ sollen „Informationen, Dokumente und Analysen über die Praxis der verschiedenen Bereiche sozialistischer Politik in München gesammelt und weitergeleitet“ werden.

Darauf hingewiesen wird noch, dass vom 8.-18. November in der „Hochschule für bildende Künste Berlin“, die Ausstellung: „Kubanische Plakate“ zu sehen ist. Aufgerufen wird zur Demonstration am 15. November „gegen den amerikanischen Krieg in Vietnam, gegen US-Imperialismus und Kapitalismus“. Im „Rosta“ soll am 12. November der Film: „Hanoi im Dezember“ gezeigt werden.

Reklame wird weiter gemacht für:
- Buchhandlung Gerhard Ludwig (Köln)
- Buchhandlung Niedlich (Stuttgart)
- Jürgens Buchladen (West-Berlin)
- Das politische Buch (West-Berlin)
- Kunst- und Bücherscheue Gustorff-Franksen (Bochum).
Q: Rote Pressekorrespondenz, Nr. 38, West-Berlin, 31.10.1969.

12.11.1969:
Laut „RPK“ 39/1969 soll an diesem Tag auf die „jüdische Gemeinde in Westberlin ein Attentatsversuch unternommen worden sein“. Die „Spuren der Täter“ seien im RC vermutet worden. „Diesem Zweck diente eine umfangreiche und spektakuläre Razzia. Außer AStA wurde jedoch dort kein Sprengmittel gefunden. Aus den mittlerweile geäußerten Verlautbarungen offiziöser Kommentatoren darf man wohl schließen, dass das sogenannte ‚Sprengstoffattentat‘ der historischen Kontinuität polizeilichen Spürsinns a la Humphrey-‚Attentat‘ und Kommune I - ‚Bombe‘ zuzuordnen ist. Das Flugblatt der ‚Schwarzen Ratten TW‘, das als Aufforderung zum ‚Attentat‘ angesehen wird, sowie die Presseerklärung des RC zur Razzia sind in der letzten Nummer von ‚883‘ dokumentiert.“
Q: Rote Pressekorrespondenz, Nr. 39, West-Berlin, 14.11.1969, S. 15.

14.11.1969:
Die Nr. 39 der „RPK” erscheint. Inhalt der Ausgabe ist:
- Erklärung der Provisorischen Revolutionären Regierung der Republik Südvietnam
- Vom liberalen Protest zum Klassenkampf
- Aufgaben einer Vietnamkampagne
- Der Imperialismus und der Nahost-Konflikt
- Randgruppenstrategie
- Rotzmat.

In der „Erklärung der Provisorischen Revolutionären Regierung der Republik Südvietnam” wird auf die Rede Nixons verwiesen, die er am 3. November gehalten hat, „in der er schamlos zugunsten der Politik der USA plädiert hat, die sich darauf versteift, ihren Aggressionskrieg in Vietnam fortzusetzen“. Der sog. „Plan der Vietnamesierung des Krieges des USA-Präsidenten Nixons“, sei in „Wirklichkeit eine betrügerische Politik, die sich darauf richtet, Vietnamese gegen Vietnamesen kämpfen zu lasen, um ihren Aggressionskrieg fortzusetzen“. Weiter heißt es: „Die Saigoner Marionettenverwaltung - ein Werkzeug der Aggression der US-Imperialisten - widersetzt sich fieberhaft dem Abzug der amerikanischen Truppen aus Südvietnam und der Bildung der Koalitionsregierung auf der Grundlage der Verwirklichung der nationalen Eintracht zur Erreichung wirklicher freier und demokratischer Wahlen. Sie unterdrückt mitleidlos alle diejenigen, die Frieden, Unabhängigkeit und Neutralität befürworten und ernsthafte Verhandlungen mit der Provisorischen Revolutionären Regierung der Republik Südvietnam vorschlagen. Die Tatsache, dass die Nixon-Regierung sich darauf versteift, die äußerst reaktionäre und kriegslüsterne Marionettenverwaltung von Thieu-Ky-Khiem aufrechtzuerhalten, hat den aggressiven und hartnäckigen Charakter der USA zu Tage treten lassen.

Um sich der dringenden und legitimen Forderung von Millionen Amerikanern zu widersetzen, die von der USA-Regierung die sofortige Repatriierung der US-Truppen verlangen, bringt der amerikanische Präsident Nixon absurde Behauptungen über die Konsequenzen vor, die der Abzug der amerikanischen Truppen aus Südvietnam hervorrufen würde. Die Wirklichkeit ist es, dass mehr als eine halbe Million Soldaten des amerikanischen Expeditionskorps täglich der südvietnamesischen Bevölkerung Tod und Leiden gesät haben, dass sie die grundlegenden nationalen Rechte des vietnamesischen Volkes aufs gröbste mit Füßen getreten und die Sicherheit in Südostasien ernst bedroht haben. Sowie die USA ihre Aggression beendet und sofort alle amerikanischen Truppen repatriiert haben werden, werden so alle diese Übel und Verwüstungen in Südvietnam sofort ein Ende finden.

Der amerikanische Präsident Nixon hat seine Absicht zu Tage treten lassen, den amerikanischen Aggressionskrieg in Südvietnam zu verlängern und weiterhin die Rolle des USA-Imperialismus als Weltgendarm in Südostasien und in der Welt beizubehalten. Die vom amerikanischen Präsidenten Nixon verfolgte Kriegspolitik ist das einzige Hindernis auf dem Wege, der zur friedlichen und korrekten Lösung in Vietnam führt; sie ist der Grund für die Stagnation der Pariser Vietnam-Konferenz. Die Provisorische Revolutionäre Regierung der Republik Südvietnam denunziert und verurteilt aufs schärfste die hartnäckig weitergeführte Aggressionspolitik der Nixon-Regierung. Diese Politik wird ganz sicher scheitern.

Die Provisorische Revolutionäre Regierung der Republik Südvietnam erklärt wiederum feierlich, dass Südvietnam unabhängig und frei sein muss. Um diese edlen Ziele zu erreichen, hat die südvietnamesische Bevölkerung alle Proben bestanden, hat 25 Jahr lang ununterbrochen dafür gekämpft und ist fest entschlossen, bis zum endgültigen Sieg zu kämpfen. Das vietnamesische Volk, das amerikanische Volk und die Völker der ganzen Welt fordern, dass die USA-Imperialisten ihre Aggression beenden, alle amerikanischen Truppen und die der fremden Länder des amerikanischen Lagers aus Südvietnam abziehen, ohne irgendeine Bedingung zu stellen, darauf verzichten, die diktatorische, kriegslüsterne und korrupte Marionettenclique Thieu-Ky-Khiem aufrechtzuerhalten und es der südvietnamesischen Bevölkerung überlassen, selbst und ohne ausländische Einmischung ihre eigenen Angelegenheiten zu regeln.

Dies ist auch der Geist und der grundlegende Inhalt der Zehn-Punkte-Globallösung der Nationalen Front für die Befreiung Südvietnams und der Provisorischen Revolutionären Regierung der Republik Südvietnam… Die Provisorische Revolutionäre Regierung der Republik Südvietnam ruft alle Landsleute, alle Schichten der städtischen Bevölkerung Südvietnams, darunter die patriotischen Soldaten, Offiziere, Angestellten und Funktionäre in der Saigoner Armee und Verwaltung auf, sich für die Unabhängigkeit und Freiheit des Vaterlandes zu vereinen und jegliche Aggressionspolitik der amerikanischer Imperialisten zum Scheitern zu bringen.

Die Bevölkerung und die Provisorische Revolutionäre Regierung der Republik Südvietnam danken aufrichtig ihren Freunden in allen fünf Kontinenten für ihre beträchtliche Hilfe und Unterstützung für den Kampf des vietnamesischen Volkes gegen die USA-Aggression zur Rettung der Nation, und sie begrüßen aufs wärmste das amerikanische Volk, das dem gerechten Kampf gegen die Aggressionspolitik seiner Regierung in Vietnam einen starken Impuls gegeben hat.

Die Bevölkerung und die Provisorische Revolutionäre Regierung der Republik Südvietnam sind fest davon überzeugt, dass die sozialistischen Länder, die den Frieden und die Gerechtigkeit liebenden Länder, die internationalen demokratischen Organisationen, die fortschrittlichen Amerikaner und die Völker der Welt sich noch machtvoller der reaktionären und kriegslüsternen Politik des US-Präsidenten Nixon widersetzen werden, dass sie weiterhin den Kampf des vietnamesischen Volkes gegen die amerikanische Aggression und für die nationale Rettung bis zum endgültigen Sieg unterstützen werden.“ Die „Erklärung“ ist vom 8. November 1969.

Im Artikel „Vom liberalen Protest zum Klassenkampf“ wird ein Beitrag der „Genossen des amerikanischen SDS“ veröffentlicht.

Nicht unwichtig ist der Artikel „Über die Aufgaben einer Vietnamkampagne“, der unterzeichnet ist von: Krummacher/Rabehl/Volkholz. In diesem wird die „schleppend anlaufende Vietnamkampagne“ kritisiert, die „mangelnde Diskussion und Berücksichtigung des internationalen Klassenkampfes in der Strategie der sozialistischen, antirevisionistischen Opposition“. Die Kampagne zu Vietnam muss „die Selbstkritik unserer Internationalismusarbeit verbinden mit einem genauen Studium des nationalen und internationalen Klassenkampfs“. Sodann wird Kritik am „Internationalismus“ der Studentenbewegung geübt, „der im moralischen Protest kleinbürgerlicher Intellektueller gegen das kapitalistische System und in der globalen Identifikation mit den Befreiungsbewegungen bestand“.

Worum gehe es jetzt? „Die Kampagne in den einzelnen Gruppen über die Leitlinien der revolutionären Politik und über die zukünftige Struktur einer revolutionären Organisation im nationalen Maßstab“ muss jetzt beginnen“. „Das zur Zeit zentrale Gremium der revolutionären Gruppierungen, der RPK-Beirat, muss diese Kampagne beginnen. Die ständige Rückführung der zentralen Diskussionen in die Gruppen und deren Ergebnisse in das zentrale Gremium muss dabei gewährleistet sein. Eine Vorkonferenz der Gruppen, die im Beirat vertreten sind, bereitet eine Konferenz vor, in der über ein Bündnisprogramm der revolutionären Gruppen beraten und ein Gremium gewählt wird, das diese politischen Leitlinien propagandistisch in der Roten Presse-Korrespondenz vertritt, die Schulung danach ausrichtet und damit die Bedingungen schafft für die Konsolidierung der sozialistischen Opposition.

Die Vorschläge bedeuten nicht, dass wir abwarten sollen, bis die richtige Analyse erstellt ist, sondern dass in den einzelnen Gruppen und in der Roten Presse-Korrespondenz die nationalen und internationalen Probleme mit dieser Fragestellung diskutiert werden. Das Problem des ‚Nationalismus‘ interessiert nicht nur die FNL oder die amerikanische Progressive Labour Party, sondern auch uns. Die Bündnisfrage ist nicht nur eine Angelegenheit der FNL oder des amerikanischen Moratoriums, sondern berührt auch direkt unsere Strategie. Die Streiks in Turin dürfen für uns keine exotischen Berichte sein, sondern Lehrstücke, die uns Hinweise geben für die kommenden Streiks in Deutschland. Der abstrakte idealistische Internationalismus ist tot, es lebe der proletarische Internationalismus!“

Zur „Randgruppenstrategie“ veröffentlichen die Gruppen „Projektgruppe Jugendkommune“, „TU-Diplomaten Gruppe: Kommunehäuser für Jugendliche“, Sozialpolitischer Arbeitskreis der ESG/KHG“, „PH-Projektgruppe 4 im Märkischen Viertel“, „A-hoc Gruppe Strafvollzug“, „Gruppe Heimerziehung im Arbeitskreis Sozialarbeiter“ ihre Positionen. Auf einem Seminar sollen folgende Fragen näher beleuchtet werden:
- Rolle des Lumpenproletariats
- Verhalten des deklassierten Proletariats im Spätkapitalismus
- Deklassierte Proletarier und Selbstorganisation des Proletariats
- Praktische Konsequenzen.

Die „Rotzmat“ erklärt sich noch einmal zur Frage der „Massenorganisation“, ihrer „Gesamtstrategie“, die darauf hinauslaufen müsse, die „Klassengesellschaft zu zerschlagen“. Daher will sie die Studenten agitieren und rekrutieren, um sie „für den sozialistischen Kampf zu gewinnen“. Dazu: „Erkämpfung von Freiräumen“. Sie sollen der „Vorbereitung auf die spätere sozialistische Berufspraxis“ dienen. So soll ein „organisatorischer Kern“ geschaffen werden, der die politische und theoretische Arbeit einschließt, aber auch die „Zusammenarbeit mit bestimmten Gruppen ermöglicht“.

Aufgerufen wird zur Vietnam-Demonstration am 15. November.

Reklame wird gemacht für das „ROSTA-Kino“. Hier sollen vom 14.-23.11. u. a. folgende Filme gezeigt werden:
- 14.11.: „Das Irrlicht“ von L. Malle
- 15.11.: „Der Krieg ist aus“
- 16.11.: „Herkules, Rächer von Rom“
- 17.11.: „Der Teufelskreis“ - DEFA 1956
- 17.11.: „Der Reichstagsbrandprozess“
- 19.11.: „Die sechste Seite des Pentagon“
- 20.11.: „Chronik eines Mordes“ von J. Haslek
- 21.11.: „Killer Mc Coy“
- 22.11.: „Die Affäre Blum“ - DEFA 1958
- 22.11.: „Affäre Blum“.

Reklame gemacht wird noch für:
- Jürgens Buchladen (West-Berlin)
- Buchhandlung Karin Röhrbein (West-Berlin)
- Kunst und Buchhandlung Michael Siebrasse (Köln)
- Das Politische Buch (West-Berlin)
- Buchhandlung Jürgen Hahn (Bochum).
Q: Rote Pressekorrespondenz, Nr. 39, West-Berlin, 14.11.1969.

15.11.1969:
Laut „RPK“ 39/1969 soll an diesem Tag im RC eine Veranstaltung stattfinden. Thema: „Palästina und die westeuropäische Linke.“ „In dieser Veranstaltung wird auch über die jüngsten Ereignisse im Zusammenhang mit der Bombe im jüdischen Gemeindehaus diskutiert werden.“
Q: Rote Pressekorrespondenz, Nr. 39, West-Berlin, 14.11.1969, S. 15.

21.11.1969:
Die Nr. 40 der „RPK” erscheint. Inhalt der Ausgabe ist:
- Die richtige Linie des Antiimperialistischen und Antirevisionistischen Kampfes von den Massen bestätigt und unterstützt
- Rede auf der Kundgebung
- Die Vietnamkampagne wird weitergeführt
- Bitte des Vietnamkomitees
- Polizeiaktion und Attentat
- Klassenkampf in Nordirland
- Tagung des Beirats der RPK.

Der Artikel zur Vietnamdemonstration feiert die Erfolge. Demonstriert haben „über 10.000 Arbeiter, Schüler und Studenten am 15. November 69 gegen den US-Imperialismus und seine Verbündeten und für den Sieg der vietnamesischen Revolution.” In einer „Grußbotschaft” unterstützen sie den „heroischen Kampf des vietnamesischen Volkes”. Auch die deutsche Arbeiterklasse beginne jetzt, „sich gegen die monopolkapitalistische Ausbeutung neu zu organisieren”. Die Versammelten „erklären sich solidarisch mit dem Vier-Punkte-Programm der DRV und dem Zehn-Punkte-Programm der FNL”. Und sie unterstützt „die Forderung des vietnamesischen Volkes nach bedingungslosem, sofortigen Abzug der US-amerikanischen Truppen in Vietnam”.

Im Artikel „Tagung des Beirats der RPK” ruft der Beirat zu einer Tagung für den 29./30. November auf. U. a. heißt es: „Der vom Beirat zur Vorbereitung der Tagung eingesetzte Ausschuss einigte sich darin, dass eine Beiratsdiskussion nicht losgelöst von den notwendigen Organisations- und Praxisanstrengungen der verschiedenen Fraktionen zu führen sei. Das bedeutet aber auch umgekehrt, dass eine sinnvolle Diskussion nur von den Gruppen geführt werden kann, die in der Lage sind, ihre Strategie für die Bereiche Hochschule, Proletarischer Bereich und zur Frage des Internationalismus zu entwickeln, sowie deren Beziehung zueinander anzugeben. Das theoretische Konzept müsste allerdings an der Praxis der Gruppen geprüft werden. Als konkrete Beispiele der Überprüfung fraktioneller Positionen wurde das Verhalten gegenüber und die Teilnahme an der Vietnamkampagne und den Konzilswahlen angeführt; entsprechend müsste einer Strategie im proletarischen Bereich die Darstellung der Praxis an der Basis folgen.

Voraussetzung zur Teilnahme ist 2.) die Entwicklung von Vorstellungen über die ideologische Schulung und deren Beziehung zur Organisation. Erst nach Darstellung der oben benannten Punkte sollen die Gruppen 3.) ihre Vorstellung von der Funktion, Zusammensetzung und Arbeit des Beirats und 4.) das Selbstverständnis der RPK darstellen.
Ziel der Diskussion sollte es sein, die Widersprüche der Gruppen offen auszutragen und die Gemeinsamkeiten zu finden, die sich an den Vorstellungen einer nichtrevisionistischen Praxis zu definieren hätten.

Die Gruppen, die an dieser Diskussion teilnehmen wollen, werden aufgefordert, ihre Berichte zu den oben dargestellten Punkten bis zum Donnerstag, den 27. November, an den vorbereitenden Ausschuss per Adresse der Redaktion der RPK einzuschicken. Der Tagungsort wird den Gruppen nach Vorlage des Berichts mitgeteilt.

Um eine verbindliche Diskussion zu gewährleisten, sollen die Gruppen zwei bis drei ständige Delegierte benennen.

Die Thesen der M.L. und der Ruhrkampagne sind in der RPK abzuholen.“

Das „Vietnamkomitee“ veröffentlicht sein Referat vom 14. November: „Aufbau des Sozialismus in Nordvietnam unter den Bedingungen des Volkskrieges.“

Der Artikel „Polizeiaktion und Attentat“ von der „Kommune Herderstraße“ richtet sich gegen Schnüffelei der Polizei.

Der Artikel zu „Nordirland“ ist der erste seiner Art. Er will vor allem erklären, dass dort nicht „religiöse Fanatiker“ kämpfen.

Zudem wird eine Anzeige zum „ROSTA- Kino“ veröffentlicht. Gezeigt werden sollen u. a. die Filme:
- 21.11.: „Die sechste Seite des Pentagon“
- 22.11.: „Affäre Blum“
- 24.11.:„Rudi Dutschke - Interviewfilm 1968 und „Vietnam - Kongress“ und „Ostern 68“
- 27.11.: „Es lebe die Freiheit“
- 29.11.: „Kuhle Wampe“.

Anzeigen werden geschaltet für:
- Jürgens Buchladen (West-Berlin)
- Buchhandlung und Antiquariat Axel Lüders (Hamburg)
- Das Politische Buch (West-Berlin)
- Kreuzberger Buchladen (Wes-Berlin)
- Bookshop (West-Berlin)
- Zudem für „Count Down - Zeitschrift des Republikanischen Centrums Düsseldorf e. V.“.
Q: Rote Pressekorrespondenz, Nr. 40, West-Berlin, 21.11.1969.

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