Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg
Teil 1: Die Jahre 1968 bis 1971

Materialien zur Studentenbewegung und Hochschulpolitik

Von Jürgen Schröder, Berlin, 31.1.2011

Für die hier betrachteten Jahre 1968 bis 1971 waren uns bisher nur vereinzelte Dokumente zugänglich, die daher nur einen sehr beschränkten Einblick in die Herausbildung der Erlangen-Nürnberger Studentenbewegung erlauben. Es wird daher um Zusendung weiterer Quellen gebeten.

Die Friedrich-Alexander-Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg hat zwar offenbar eine gewisse Tradition als Indoktrinationsanstalt (vgl. 1923), auch wenn sie nicht einmal den bewährten Nürnberger Trichter erfand, wurde in der bundesdeutschen Linken aber vor allem ganz entgegengesetzt durch die eigenmotivierte Ernsthaftigkeit ihrer linken Studiosi bekannt. Diese, in Form der Basisgruppen an den einzelnen Fachschaften, Fakultäten oder Instituten bzw. Seminaren ist speziell bemüht um die sozialistische Politik im Ausbildungssektor (vgl. 4.6.1970), engagiert sich aber wohl auch eifrig in den aktuellen hochschulpolitischen Auseinandersetzungen, in der internationalen Solidarität und in der Arbeiterbewegung (vgl. 20.11.1970, 1.5.1971, 7.7.1971), wobei erste theoretisch wegweisende Äußerungen von der Basisgruppe Germanistik gemein gemacht werden, die wiederum in engem Arbeitskontakt zur Roten Zelle Germanistik München steht (vgl. 6.5.1971). Bald folgen weitere Grundlegungen dieser Gruppen auch zur Wissenschaftstheorie in den Naturwissenschaften, während die widersprechende, auf den Berliner Kommunistischen Studentenverband (KSV) sich kaprizierende Strömung zunächst auf die Rote Zelle Medizin beschränkt zu sein scheint (vgl. Juli 1971).

Organisatorischer Ausdruck der auf die Theorie orientierten Strömung wird dann am 17.6.1971 die Marxistische Gruppe Erlangen-Nürnberg, die im folgenden Wintersemester 1971/72 einen beherrschenden Einfluss auf den AStA und die Studentenbewegung in Erlangen auszuüben schien, während sie in Nürnberg mit der Sozialistischen Hochschulgruppe (SHG) verbündet war.

Auszug aus der Datenbank „Materialien zur Analyse von Opposition“ (MAO)

1923:
Die Uni-Spitze Heidelberg (vgl. Juni 1970) berichtet vom politischen Mandat:"
Der Erlanger REKTOR Preuß erklärte 1923 in seinem Rektoratsbericht: 'Ja, wir wollen zurück - zurück vor dem letzten Schritt zu Abgrund und Chaos, rückwärts zur alten Höhe, rückwärts zu ewigen Anfängen, rückwärts zu Gott dem Herrn, der Eisen wachsen ließ und auf den Sternen waltend sitzt von Ewigkeit zu Ewigkeit.'"
Quelle: AStA Uni Frankfurt:AStA-Materialien zum Politischen Mandat,Frankfurt o.J. (Juni 1971),S.2

10.08.1968:
Laut 'apo press' München demonstrieren in Regensburg "Studenten, Schüler und junge Arbeiter, vorwiegend Mitglieder der SDAJ, gegen die Arretierung des Panzergrenadiers Walter Listl. Die Demonstranten, die aus München, Nürnberg, Regensburg und Erlangen gekommen waren, erhoben mit ihrer Solidaritätsaktion … einen eindrucksvollen Protest". U.a. werden auch vom LSD aus Erlangen Flugblätter verteilt.
Q: apo press Nr.11,München 11.8.1968,S.10

09.09.1968:
Vermutlich heute erscheint die Nr.15 der 'apo press' München (vgl. 1.9.1968, 16.9.1968). Die Mitglieder des RC Augsburg wollen "demnächst zu einer Koordinationssitzung aller bayerischen RC's einladen. Im Betracht kommen die Clubs in Erlangen, Lindau, München, Nürnberg und Ulm. Neben der Koordinierung der Arbeit sollte das Treffen nach Meinung der Augsburger vor allem dem Erfahrungsaustausch dienen".
Q: apo press Nr.15,München 9.9.1968

03.07.1969:
Die DKP gibt die Nr.14 ihrer 'Unsere Zeit' (UZ) - Regionalausgabe Baden-Württemberg/Südbayern/Nordbayern heraus und berichtet auch von den Studentenstreiks in Würzburg, Nürnberg/Erlangen und Regensburg.
Q: Unsere Zeit Baden-Württemberg/Südbayern/Nordbayern Nr.14,Essen 3.7.1969

Mai 1970:
Die DKP Hochschulgruppe Erlangen-Nürnberg gibt vermutlich Anfang Mai ein Flugblatt zu den Kasseler Gesprächen (vgl. 21.5.1970) heraus.
Q: DKP Hochschulgruppe Erlangen-Nürnberg:Flugblatt,Erlangen o.J. (1970)

04.06.1970:
Der AStA der FAU Erlangen-Nürnberg gibt seine 'Faust-Informationen' Nr.3 (vgl. 20.11.1970) heraus. Die Auflage beträgt 5 000 Stück. Der Leitartikel lautet "Sozialistische Politik im Ausbildungssektor". Vom Numerus Clausus (NC) wird berichtet über ein gemeinsames Seminar von Initiativausschuß Ausbildungssektor, AStA und Roter Zelle Erlangen am 2./3.5.1970, an dem 35 - 40 Schüler aus Nordbayern teilnahmen. Berichtet wird dabei auch vom Verbot der Schülerbasisgruppen (vgl. 3.2.1970), welches in Weiden bereits praktiziert worden sei.
Berichtet wird auch über das Wissenschaftszentrum Berlin (WZB), in "Zur Schulung der Basisgruppen" macht die BG Germanistik einen Lektürevorschlag. In "Streng vertraulich?" geht es um die Berufungsverfahren in der Pädagogik aber auch in der Germanistik.

Berichtet wird: "Schloßgartenhappening untersagt!" weshalb der AStA zum Boykott des Schloßgartenfests des Rektors aufruft. Aufgerufen wird anläßlich des Prozesses von Bobby Seale von der Black Panther Party (BPP) zur "GI-Agitation in Erlangen". Berichtet wird auch vom Deutschen Jugendhilfetag (vgl. 10.5.1970), in "Die Rechte läuft Amok. Obstruktion und Erpressung der ADM" über die Aktion Demokratische Mitte der CSU und in "Kleidersorgen" über die Anschaffung von Talaren.

Geworben wird für die im AStA erhältlichen Texte:
- "Bildungsökonomie-Paper";
- "N.C. Broschüre" (NC), vermutlich von der Roten Zelle Erlangen (vgl. Mai 1970);
- "input"; und
- "Jugendzentrums-Paper" vermutlich von der Roten Zelle Erlangen.
Q: Faust-Informationen Nr.3,Erlangen 4.6.1970

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20.11.1970:
Der AStA der FAU Erlangen-Nürnberg gibt seine 'Faust-Informationen' Nr.6 (vgl. 6.4.1970, 6.5.1971) mit einem Leitartikel zum Hochschulrahmengesetz (HRG) heraus. Die Auflage beträgt 5 000 Stück. Vom Rektor der FAU, Nikolaus Fiebiger, wird dargestellt die "Die neue Ethik des N. Fiebiger". Ein Artikel widmet sich dem BAFöG, geschildert wird auch das "Mensa Chaos". Von der IG Metall (IGM) und der Metalltarifrunde (MTR) 1970 wird berichtet im Artikel "Zum Lohnkampf der Metallarbeiter", von der FAU und ihrem StP über die "Auflösung des 13. Studentenparlaments - Blindwütige Obstruktion der ADM" der CSU. Aus Mosambik wird berichtet in "Cabora Bassa… …World of Siemens".
Q: Faust-Informationen Nr.6,Erlangen 20.11.1970

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01.05.1971:
In Nürnberg folgen, laut SALZ Hamburg, über 1 000 dem Aufruf von 60 Betriebsräten und Vertrauensleuten zur Demonstration.
Die Gruppe Arbeiterpolitik Nürnberg (vgl. 30.5.1971) berichtet, dass der DGB im Saal gefeiert habe. In einem unabhängigen Maikomitee hätten IGM-Jugend, DGB-Jugend, HBV-Jugend, SDAJ und DKP, die Gruppe Arbeiterpolitik, Spanier und Studenten mitgearbeitet. Drei Flugblätter seien mit einer Auflage von 30 000 verteilt worden. An der DKP-Demonstration hätten sich dann 300, an der des Maikomitees (MK) 700 beteiligt. Erwähnt wird auch ein Maikomitee bei AEG-Kanis.

Die Gruppe Arbeiterstimme (Arsti - vgl. 3.12.1973) berichtet später, dass das Maikomitee auf Initiative des Montagskreises der späteren Marxistischen Gruppe (MG) Erlangen / Nürnberg (vgl. Juni 1971) gegründet worden sei.

Der Montagskreis sei aus der Studenten und Lehrlingsbewegung hervorgegangen. Die Studenten hätten die gewerkschaftliche Jugendarbeit, vor allem in der IGM, unterstützt und besonders Jugendbildungsarbeit betrieben, woraus sich der Montagskreis entwickelt habe, der u.a. im IGM OV tätig war und bei der Kaiser MF (National Machinery Co.) die Jugendvertretung dominierte und einen betrieblichen Lehrlingsarbeitskreis unterhielt. Arbeitskreise habe es auch bei Bosch und Siemens gegeben.
Q: Arbeiterstimme Nr.1 und 5,Nürnberg 30.5.1971 bzw. 3.12.1973; Roter Morgen Nr.11,Hamburg 5.6.1972;Kommunistische Arbeiter Zeitung Nr.7,Hamburg 26.5.1971;Arbeiterstimme Nr.9,Bremerhaven Mai 1971,S.5

06.05.1971:
Der AStA der FAU Erlangen-Nürnberg gibt seine 'Faust-Informationen' Nr.7/8 (vgl. 20.11.1970, 24.5.1971) mit einem Leitartikel zur "Pariser Kommune 1871" heraus. Die Auflage beträgt 6 000 Stück. Berichtet wird in "Bund-Länder-Kommission" (BLK - vgl. 25.6.1970) von der Bildungsplanung, aber auch über die "Berufungspolitik in Bremen oder: Die Selbstentlarvung des bürgerlichen Wissenschaftsbetriebs". Von der FAU wird berichtet über die StPW in "Studentenparlaments-Wahlen. Wahlsieg der Basisgruppen - adm/CSU verliert Sitze", wobei die Basisgruppen nun mit 15 Sitzen die stärkste Fraktion sind. Aus der Pädagogik bzw. vom Pädagogicum wird berichtet über das Kultusministerium bzw. die "KM-Bürokratie". Es erscheint auch der Artikel "Zur Kritik der bürgerlichen Germanistik dargestellt anhand des Konflikts um die politische Propädeutik der BG/FS Germanistik". Berichtet wird auch über die AStA-Wahlen. Ein Artikel äußert sich "Zum 1. Mai. Kampftag der Arbeiter", ein anderer zum Bund Freiheit der Wissenschaft (BFdW). Geschildert wird die "Bornierte Wissenschaftspolitik am anglistischen Seminar", gegen die sich Basisgruppe und Fachschaft engagieren. Berichtet wird "Luftangriffe über Indochina verstärken sich. Der antiimperialistische Kampf Nordvietnams" sowie mit Hilfe des 'Iran-Report' aus Frankfurt vom Feb. 1971: "Conföderation Iranischer Studenten Nationale Union (CISNU) vom Schah-Regime verboten - Terror im Iran".

Geworben wird für die "Materialien zur politischen Ökonomie des Ausbildungssektors" von Elmar Altvater und Freerk Huisken, die erhältlich sind im Politladen. Im AStA gibt es unentgeltlich verschiedene wissenschaftliche Zeitschriften und Tageszeitungen, aber auch die 'Münchner Studentenzeitung' (MSG) und unregelmäßig andere Studentenzeitungen sowie auf Koreanisch die Gesammelten Werke und andere Publikationen von Kim Ir Sen aus der DVR Korea.
Q: Faust-Informationen Nr.7/8,Erlangen 6.5.1971

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24.05.1971:
Der AStA der FAU Erlangen-Nürnberg gibt spätestens Anfang dieser Woche seine 'Faust-Informationen' Nr.9 (vgl. 6.5.1971, 7.7.1971) mit einem Leitartikel "Gegen politische Disziplinierung der Studentenschaft" zum Politischen Mandat heraus. Die Auflage beträgt 6 000 Stück. Von den Basisgruppen der naturwissenschaftlichen Fakultät werden in die "Wissenschaftstheorie in der Nat. Fak." die Zwischenergebnisse des Wissenschaftstheorieseminars der Basisgruppen vorgestellt. Gefragt wird zu den UK (ÖTV-Bereich): "CSU-Lades neuer Chef der Uni-Kliniken?". Dargestellt wird auch "Der Fall Mausbach und die Medizin. Die Halbgötter in weiß schlagen zurück" zu den Chefärzten am Krankenhaus. Zur JAPO äußert sich der Artikel "Kampf den reaktionären Prüfungsordnungen - Juristenausbildungsreform", zur DPO der Beitrag "Diplomprüfungsordnung. Abschluss nach acht Semestern?" wobei aufgerufen wird zum Teach-In der Phil. Fak. am 26.5.1971. Ein Artikel äußert sich "Zur Situation in Spanien". Geworben wird für das Sonderheft 1 der 'Probleme des Klassenkampfes' (PROKLA), welches Ende Mai erscheinen soll.
Q: Faust-Informationen Nr.9,Erlangen 1971

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Juli 1971:
Die Rote Zelle Medizin Erlangen gibt eine Sondernummer ihrer 'Kampf - Kritik - Umgestaltung' (vgl. Nov. 1971) mit dem Leitartikel "Das sozialistische Studium der Medizin aufbauen!" heraus.

Vom eigenen Teach-In am 29.6.1971 wird leicht gekürzt dokumentiert der Beitrag: "Zur Poliklinik-Kampagne der ROTZMED", die in der letzten Maiwoche stattfand.
Q: Kampf - Kritik - Umgestaltung Sdr.Nr.,Erlangen Juli 1971

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07.07.1971:
Der AStA der FAU Erlangen-Nürnberg gibt seine 'Faust-Informationen' Nr.10 (vgl. 6.5.1971, 26.10.1971) mit einem Leitartikel zum Politischen Mandat "Maßnahmen gegen den AStA von der Studentenschaft vorerst abgewehrt" heraus. Die Auflage beträgt 6 000 Stück. In "Den Sozialismus in seinem Lauf hält weder Senat noch Kumist auf" wird eine Rede des AStA-Vorsitzenden auf dem Teach-In vor der Senatssitzung am 23.6.1971 dokumentiert. Berichtet wird auch über die Wehrkunde (WKE - vgl. 25.6.1971) in Bayern sowie über "Private Rechtsschulen". In "Zur Einschätzung des VDS" wird berichtet von der gemeinsamen Fraktion der ML und der vier großen bayrischen ASten (Erlangen, München, Regensburg und Würzburg), die von Roten Zellen bzw. Basisgruppen getragen werden. Gefordert wird "Hut ab vor dem RCDS" wobei das S als SS-Rune stilisiert wird. Berichtet wird über das "Bundesausbildungsförderungsgesetz BAFöG" sowie von der LMU über die "Auseinandersetzungen an der Universität München. Gefragt wird "BFdW auf dem Vormarsch?". Die Marxistische Gruppe (MG) Erlangen-Nürnberg schildert aus dem CPK-Bereich die Chemietarifrunde (CTR) 1971 bzw. "Die Lohnkämpfe der Chemiearbeiter". Dokumentiert wird eine Erklärung der CISNU Iran vom 17.6.1971. Für den 5.10.1971 wird die erste Nummer der 'Probleme des Klassenkampfs' (PROKLA) angekündigt, für Mitte September aber schon deren Sonderheft 2, Dieter Heilmann / Bernd Rabehl: Die Legende von der 'Bolschewisierung' der KPD (alle drei Teile)". Der Kinderladen Erlangen sucht noch Kinder. In "Mensch Maier schafft Ordnung" wird berichtet vom Streikverbot für Oberschüler und Fachoberschüler in Bayern, selbst wenn die Eltern wie im Landkreis Freising Ende Mai selbst die Streiks anregen.
Q: Faust-Informationen Nr.10,Erlangen 7.7.1971

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